[40K] Kill Team

- Macragge -
Niedriger Orbit

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Niedriger Orbit
An Bord der Mirage

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In Transit
An Bord der Mirage

Altes Narbengesicht schwang sich auf die Felsformation, über die der Feind sich bewegte. Mit seinen mächtigen Scheren holte er aus und sprang dann in die Höhe, um den Felsgrat zu greifen. Dann zog er sich an den Klauen hoch, holte mit seinen beiden anderen Armen weiter Schwung und katapultierte sich somit elegant auf den Felsen. Sich in den Schatten den Felsens zu kauern hatte nun wirklich nicht seinem Naturell entsprochen – wenn es ging suchte er den direkten Kampf – und den hatte er nun.

Wie eine Horde Jungtiere hatten sich die großen Kreaturen des Feindes eines hinter dem anderen durch den Wald geschlichen, aber an dieser natürlichen Engstelle hatte er sie überrascht. Nun überrannte sein Schwarm den Feind, obwohl nicht alles wie geplant verlief. Manche Kreaturen des Feindes hatten in großen Taschen auf ihren Rücken mächtige Felsbrocken getragen – und diese gegen seinen Schwarm geworfen. Am Verlöschen den psychischen Signaturen in seinem Hinterkopf konnte altes Narbegesicht abschätzen das der Schaden dadurch enorm war – das würde er sich merken und in Zukunft würde sich sein Schwarm von diesen Kreaturen fernhalten.

Aber das war nun egal – die große Mutter verlangte die Vernichtung des Feindes und er würde sie herbeiführen – seine Stürmer hatten sich gegen die größten Kreaturen geworfen und bereits zahlreiche davon getötet – jedoch nicht ohne eigene Verluste. Jetzt da er sich selbst einmischte, würde auch das enden. Vor sich auf dem Felsgrat kauerten zwei mittelgroße Kreaturen – ihre symbiotischen Ableger schauten aus ihnen heraus und gestikulierten wild.

Sofort fixierte er die kleine Kreatur die sich in dem näheren Krabbler eingenistet hatte. Diese starrte aus einem einzigen, unregelmäßig geformten Auge zurück. Pheromone glitten mit jedem Atemzug durch seine Riechorgane und ein komplexes Muster an Gerüchen und Ausdünstungen haftete diesem Symbionten an. Dann war es klar – er hatte ähnliche Muster oft genug erfasst um zu wissen um was es sich hier handelte. Das kleine Biest war ein Anführer – physisch zwar schwach, jedoch in der Lage die Anstrengungen des Feindes effektiv zu koordinieren – also eine reale Gefahr. Und sie hatte Angst - was diese kleinen Kreaturen unberechenbar und somit noch gefährlicher machte. Allerdings würden die zwei Krabbler für ihn kein Hindernis darstellen, und altes Narbengesicht stampfte los um sich seiner Feinde zu entledigen.

Mahler spürte nicht wie ihm der Urin am Bein hinunter lief. Eigentlich spürte er gar nichts. Seitdem der Tyrann sich auf die Brücke geworfen hatte, und die Augen dieses Monsters ihn fixiert hatten, fühlte er sich… hypnotisiert. Da war ganz einfach eine Urkraft, der er selbst nichts entgegenzusetzen hatte. Er würde hier sterben, das war unausweichlich. Und damit setzte eine typisch menschliche Kettenreaktion ein.

Physisch gesehen gehört der Mensch zu den eher schwachen Spezies der Galaxis, und diese Tatsache ist ein Urinstinkt der schon seit Urzeiten dafür sorgte, das Heldenmut in der Regel von Feigheit verdrängt wird und der Mensch zur Gattung der Fluchttiere der Galaxis gezählt wird. Dies war und ist eine natürliche Reaktion in der Gegenwart von überlegenen Feinden, zu denen die Spezies der Tyraniden sicherlich zählt. Und doch bedeutete das auch, das der Mensch, wenn er in eine Ecke gedrängt wurde, wenn er keine Hoffnung auf Flucht erkennen konnte und der Tod unausweichlich schien – ja dann wurde er zum Biest. Wie eine Minxratte ihre Brut auch gegen einen Groxbullen verteidigen würde, so würde ein Mensch auch gegen einen Schwarmtyrannen antreten, wenn er nichts mehr zu verlieren hätte.

"Kauder! Rückwärts! Gas! Gas! Gas!" brüllte Mahler in sein Mikro und mit einem Ruck setzte sich die Chimäre in Bewegung. Mahler zog seine Laserpistole und deckte den Kopf des Tyrannen mit Lichtblitzen ein. Das tat dem natürlich nicht weh, sorgte aber für Ablenkung. "Rammen!" brüllte Mahler weiter und Kauder trat das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Irritiert durch die Blitze um ihren Kopf hielt die Kreatur kurz inne – zu lang. Zwei blinde Schwarmwachen warfen sich der Chimäre entgegen um ihren Herren gegen das anrollende Monster abzuschirmen, aber hier lagen die Gewichtsverhältnisse anders. Die erste Wache prallte gegen die Seitenpanzerung und wurde durch das Brückengeländer in die Schlucht geschleudert. Die Zweite hackte eine Klaue tief in die Heckluke, konnte sich dadurch jedoch nicht mehr rechtzeitig befreien und kam unter die linke Kette. Das Biest zerplatzte unter dem Gewicht der Chimäre wie eine reife Frucht unter einem Reifen. Dann prallte die Chimäre gegen das rechte Bein des Tyrannen und holte das Monster von den Hufen.

Durch den Aufprall wurde die Chimäre herumgeschleudert, entging dadurch der ersten Klaue des Tyrannen, nur um von der Zweiten der Länge nach aufgeschlitzt zu werden. Der Antrieb jaulte, die Kette riss und Panzerungsfetzen stoben durch die Luft. Die Chimäre schleuderte bedenklich, krachte in das Brückengeländer und geriet in eine ausgeprägte Schieflage. Mahler wurde aus der Turmluke geschleuderte und kugelte über die Fahrbahn. Den nächsten Augenblick würde er seinen Lebtag, sofern davon noch etwas übrig war, nicht vergessen. Als sich der Leutnant auf die geschundenen Arme hochrappelte, sah er wie der Tyrann wieder auf die Hufe kam, sich aufrichtete und mit einem markerschütternden Brüllen sich auf die hilflos verkeilte Chimäre stürzte.

Zu seinem Entsetzen sah Mahler, wie der Tyrann seine beiden sensenartigen Klauen jeweils komplett durch die Chimäre schlug und dann mit den monströsen Scheren den Panzer packte. Mit einem ohrenbetäubenden Schrei wurde Mahler der Zeuge eines beispiellosen Kraftaktes. Mahler schrie, der Tyrann schrie und hob langsam den Panzer über den Kopf – um ihn dann in zwei Teile zu zerreißen.

Die Batteriephalanx des Multilasers implodierte und zündete dabei das aus den geborstenen Tanks blubbernde Promethiumgemisch. Ein Feuerball hüllte den Brückenabschnitt ein, der mit seiner Druckwelle den Tyrannen umwarf und Mahler noch ein paar Meter weiter über den Asphalt schleuderte. Die Feuersbrunst versenkte Mahler Haut und Haar und hätte er nicht seine Filtermaske getragen, wären ihm die Lungen verbrannt. Mahler rappelte sich auf. Das hats dem wohl gegeben. Zu seiner freudigen Überraschung stellte er fest, das er immer noch seine leer geschossene Laserpistole krampfhaft umklammerte.

Und keinen Moment zu früh. Mahler sah über die Schulter, wie gerade ein Schwarm Ganten den Erztransporter, der seinem Panzer gefolgt war, überrannte. Das Gefährt wurde praktisch in seine Teile zerlegt während der Fahrer verzweifelt versuchte mit seiner Schrotflinte die Viecher auf Abstand zu halten. Noch hatten sie die verstärkte Fahrerkabine nicht aufgebrochen, aber das war nur eine Frage der Zeit. Mahler warf die Batterie aus und lud nach. Dann stellte er den Wahlhebel auf max. – das würde ihm zwar nur etwa ein Dutzend Schüsse liefern, aber die hatten es in sich. Er ging runter auf ein Knie, stabilisierte die Pistole mit beiden Händen und zog ab.

Der Erste Schuss durchschlug sauber den Kopf eines Ganten, der gerade im Begriff war das Dach des Führerhauses aufzubrechen. Der Zweite ließ den Kopf eines Ganten zerplatzen der gerade an der Tür nagte. Schuss um Schuss reduzierte Mahler die Horde – und er war auf einmal unendlich dankbar für die endlosen Trainingsstunden bei den Sportschützen an der Universität. Trotzdem hatte sein Erfolg einen ungewünschten Nebeneffekt. Nachdem der siebte Gant leblos mit zerschossenem Hirn auf die Fahrbahn gefallen war, hatte Mahler ihre Aufmerksamkeit erregt. Wie ferngesteuert drehten plötzlich die übrigen fünfzehn Mitglieder der Rotte den Kopf in seine Richtung und fixierten ihn mit durchdingenden Blicken.

Mahler wurde unter den Blicken flau im Magen. Er warf die fast leere Batterie aus und schob eine Frische in den Griff der Laserpistole – seine Letzte wie er feststellen musste. Das war also das Ende. Sorgsam zielte er auf den Hormagant der ihm an nächsten war und blies ihm das Hirn aus dem Hinterkopf. Den Tod ihres Brutkameraden spürend zischten die restlichen Mitglieder der Rotte böse und sprangen von dem fast gänzlich zerfledderten Transporter. Eine Sekunde machten sie noch Anstalten als ob sie auf Befehle warten würden, und Mahler nutzte die Gelegenheit um einen weiteren Gant zu Boden zu schicken.

Die Hormaganten machten den Eindruck einer gespannten Feder die sich gleich auf ihn stürzen würden – und schreckten dann auf einmal geschlossen zurück. Mahler war so verblüfft, das er vergaß zu schießen. Dann spürte er es auch. Das massive Stampfen gewaltiger Schritte ließ die Brücke erbeben. Mahler riskierte eine Blick über die Schulter. Das hätte er besser lassen sollen. Aus dem Feuer und Rauch der vernichteten Chimäre stampfte ihm der Tyrann entgegen. Aus dem Rauch trat er heraus wie ein wütender Kriegsgott, vom Feuer der Explosion geschwärzt und angekokelt, Rauchfahnen hinter sich herziehend. Sein Schrei war urtümlich, durchdingend und voller Zorn. Die massiven Scheren klackten laut und die Sensen zischten durch die Luft, der Hass auf diese erbärmliche kleine Kreatur die es gewagt hatte ihm weh zu tun troff förmlich aus den verbliebenen vier Augen.

Die Ganten wichen zurück. Ihrem Meister wollten sie so nicht begegnen. Mahler überlegte kurz, ob es sich lohnen würde auf das Monster zu schießen, aber das wäre hier nun wirklich nur eine lächerliche Geste gewesen und so ließ er die Pistole auf die Fahrbahn fallen und wartete auf sein Ende.

Schrapnell und Feuer stoben über die Fahrbahn, warfen Mahler erneut zu Boden und wüteten fürchterlich unter den Ganten. Leuchtspuren schwerer Boltgeschosse tanzten über die Brücke und das hohe Heulen bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit getriebener Turbinen kreischte durch die Kakophonie der Schlacht. Eine elfenbeinfarbene Walküre bremste direkt über der Brücke ab, und sackte dann der Fahrbahn entgegen. Die Türen waren aufgeschoben und an den Waffenstationen standen Krieger in beinernen Rüstungen, und die schweren Bolter die sie bedienten spien Tod und Verderben.

Sororitas! schoss es Mahler durch den Kopf. Einer dieser Engel in Beige machte eine auffordernde Handbewegung und das ließ sich der Leutnant nicht zwei mal sagen. Mahler hastete auf allen Vieren der Walküre entgegen, während die Sororitas an den Waffenstationen weiter feuerten. Mit schweren Boltgeschossen wurde der Tyrann zielsicher eingedeckt, obwohl die Plattform bedenklich schwankte und das Fluggerät Anstalten machte gänzlich abzusacken.

Die zweite Walküre donnerte mit voll aufgerissenen Triebwerken über die Brücke und spie einen Hagel aus Raketen gegen den Tyrann. Die meisten gingen daneben und rissen große Löcher in die Fahrbahn – die Brücke bebte bedenklich. Die Druckwelle der Explosionen ließ die erste Walküre seitlich absacken, gerade als Mahler sie erreichte. Der Leutnant machte einen Satz – und bekam etwas zu fassen – einen gepanzerten Unterarm. Die Triebwerke der Walküre heulten noch lauter und das Gefährt begann sich von der Brücke weg zu bewegen. Mahler strampelte und mit Hilfe der Sororitas gelang es ihm sich in die Kabine zu ziehen – dabei warf er einen Blick über die Schulter. Es war ein denkwürdiger Anblick.

Der Tyrann stampfte über die Brücke auf sie zu und beschleunigte. Kurz bevor er sie erreicht hatte setzte er zum Sprung an – gerade als die Brücke endlich den Gesetzten der Physik nachgab und in sich kollabierte. Das rettete die Walküre und somit den Menschen das Leben. Seinem Sprungbrett beraubt wurde aus dem Satz des Tyrannen nur ein kleiner Hüpfer und der Schlag mit der Sensenklaue, der die Maschine eigentlich hätte Zweiteilen sollen streifte sie nur mit der Spitze – genug jedoch um die eine Waffenstation samt Schützen und einem guten Stück Bodenblech aus dem Fluggerät zu schlagen – geschockt starrte Mahler auf den Ort wo eben noch seine Retterin gewesen war - jetzt nur noch ein ausgefranstes Loch im Rumpf.

Während die beiden Walküren über die Baumwipfel beschleunigten sah Mahler wie der Rest seines Konvois verschlungen wurde – keine zehn Minuten nachdem der Angriff begonnen hatte, war der letzte Mensch am Boden tot. Er fühlte sich sterbens elend.

Altes Narbengesicht schüttelte sich und Brocken von Plastonid und Beton regneten von Ihm herab, als er sich aus dem Schutthaufen erhob, der von der Brücke übrig geblieben war. Langsam richtete er sich auf und stellte dabei fest, das ihm der Sturz zwar ein paar Schrammen beschert, ihn aber nicht ernsthaft verletzt hatte. Er hielt inne um mit seinem Geist hinauszufassen. Die psionischen Lichter seines Schwarms ebbten in Aktivität ab – offenbar war der Feind verschlungen. Altes Narbengesicht wendete den Kopf und schaute den beiden Punkten nach, die sich rasch zum Horizont hin entfernten. Er legte den Kopf schief. Das war ein Feind den er sich merken würde. Der hatte es drauf. So klein und doch so zäh. Altes Narbengesicht zuckte mit den Schultern, eine Geste die fast Menschlich anmutete - Beim nächsten Mal – beim nächsten Mal.

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In Transit
An Bord der Mirage

Darius schlenderte durch die Gänge des großen Schiffs. Das Gespräch mit dem Inquisitor hatte ihm nachhaltig zu denken gegeben. Wahllos bog er ab, wanderte durch Korridore, betrachtete Maschinenparks, Waffenstationen, Habitatkomplexe, Magazine. Er schlenderte durch Küchen voll hektischer Aktivität, leere Schalfsaele, Übungshallen und Technikräume. Überall begegnete man ihm mit Respekt und er stellte erfreut fest, das seine Kodierung offensichtlich eine Generalfreigabe enthielt – keine Tür blieb ihm verschlossen.

Und doch war er nicht ganz bei der Sache. Obwohl er sich auf seiner Wanderung alles einprägte und somit sich eine mentale Karte des Schiffs erstellte, war er doch irgendwie abgelenkt. Wie fängt man einen Schwarmtyrannen ? Mit einem Netz? Das Problem beschäftigte ihn nachhaltig und er ersonn und verwarf reihenweise Szenarien an deren Ende ein gefesselter Tyrann zu seinen Füßen lag. Das Bild wirkte jedoch urkomisch, und Darius kam zu dem Schluss, das das Unterfangen selbst mit Hilfe der gesamten Vierten Kompanie kaum durchzuziehen sein.

Er schlenderte gerade durch einen Korridor auf einem der unteren Decks und war so in Gedanken versunken, das er fasst den Servitor umrannte, der ihm entgegen kam. Mit einer eleganten Pirouette wirbelte der Marine trotz seiner beeindruckenden Masse und Panzerung um den Servitor herum, der zielstrebig den Korridor entlag rollte – seine Sensoren durch die schweren Gegenstände die er trug maßgeblich beeinträchtigt. Der Servitor stoppte als Darius ihm auswich, und rollte dann wieder an, als er entschied, dass sich nichts mehr im Weg befand. Darius wurde aus seinen Gedanken herausgerissen und schaute dem davon rollenden Servitor nach. Der trug doch…

Darius ging dem Servitor nach. Der rollte unbeirrt weiter und schien den Marine nicht zu bemerken. Der Korridor war recht dunkel, der Nachtzyklus hatte auf dem Schiff eingesetzt und die Beleuchtung war herunter gefahren – der Mensch brauchte ganz einfach einen Tag / Nacht Rhythmus um sich wohl zu fühlen. Als der Servitor durch den nächsten Lichtkegel rollte wurde Darius' Ahnung zur Gewissheit. Der Servitor trug einen MkIV Helm und einen reaktiven Schulterpanzer – einem roten Helm und einen blauen Schulterpanzer. Darius folge dem Servitor mit angemessenem Abstand, um dessen Handlungen nicht zu beeinflussen.

Langsam gelangten sie in einen Bereich des Schiffs, den Darius noch nicht erkundet hatte. Plötzlich bog der Servitor rechts ab und verschwand in einem kurzen Korridor, der in einen runden, schmucklosen, Raum mündete. Der Servitor rollte in die Mitte des Raumes und verharrte dort bewegungslos. Als Darius bemerkte, das der Servitor mitten auf einer runden Platte gehalten hatte, begann diese auch schon sich unter Dampfwolken zu bewegen und wurde mit lauten Getöse und Zischen auf einem Hubzylinder Richtung Decke gefahren. Dort öffnete sich eine metallene Iris um den Servitor samt Plattform zu verschlucken. Darius ging langsam um den Aufzug herum, konnte jedoch keine Steuereinrichtung entdecken.

Noch bevor er einmal um den Hubzylinder herum gegangen war, setzte sich dieser wieder in Bewegung und brachte die Plattform zurück zum Boden – ohne Servitor. So nahe an der Plattform stehend konnte Darius den Taster erahnen, der sich in der Mitte der Plattform befand, und den der Servitor touchiert hatte. Er trat auf die Plattform und betätigte den Schalter mit der mächtigen Panzerung seines rechten Fußes. Sofort hob sich die Plattform, die Iris öffnete sich wieder und Darius wurde in gleißendes Licht geschoben.

Als die Plattform zur Ruhe kam, fand sich der Space Marine in dem senkrecht ausgeleuchteten Zentrum eines dunklen, runden Amphitheaters wieder, dessen Ausdehnung und Höhe sich in der Dunkelheit verlor. Lediglich ein Kreis starker Scheinwerfer weit über ihm leuchtet die Plattform und eine Anzahl steinerner Bänke, die darum herum positioniert waren, gleißend hell aus, der Rest verschwand in den Schatten. Der Kontrast war verblüffend und eine Anzahl an Empfindungen schossen Darius durch den Kopf. Zuerst war da Abwehrbereitschaft, die Darius zu seinem Kampfmesser greifen ließ, da er sich von dutzenden gerüsteten Kämpfern umrundet sah. Darauf folgte Erstaunen, da sich keine der Gestalten um ihn herum auch nur das geringste Bewegte, und er nahm an, dass er sich im Zentrum einer riesigen Rüstkammer befand.

Als sich jedoch seine Augen an den Kontrast anpassten und er immer mehr Details an den Rüstungen um Ihn herum erkennen konnte, wurde Darius bewusst, dass er sich jedoch wo ganz anders befand. Die Servorüstungen, die in konzentrischen Kreisen um die Lichtinsel gruppiert waren, waren alle im matten Schwarz der Death Watch, mit den bunten Applikationen der jeweiligen Ursprungschapter lackiert. Darius konnte die Markierungen von gut zwei Dutzend verschiedener Chapter identifizieren, so wie noch eine erheblich größere Anzahl an Markierungen und Symbolen, von denen er noch nie gehört, geschweige denn jemals gesehen hatte. Und alle wiesen erhebliche Kampfschäden auf.

Darius trat von der Plattform und in die Dunkelheit hinein in einen Wald aus Stahlpfosten, die die Servorüstungen, oder was davon übrig geblieben war, aufrecht hielten. Durchlöcherte Brustpanzer, zerrissene Schulterpanzer, ausgekohlte Beinschienen und aufgeplatzte Helme legten jeweils stumm Zeugnis ab vom gewaltsamen Tod ihrer Träger. Vor jeder Rüstung befand sich eine kleine Marmorpyramide mit einem Messingschild. Darius bleib vor einer Rüstung stehen, deren zerfetzter und ausgebrannter Brustpanzer einen direkten Plasmatreffer erahnen ließ. Der Gelbe Helm und die geballte schwarze Faust auf dem noch erkennbaren Schulterpanzer drückten auch jetzt noch den Stolz des Imperial Fist aus, der sie einst getragen hatte. Carl 825M40 war darauf zu lesen.

Eine Bewegung weit rechts von Ihm ließ Darius herumfahren. Funken sprühten in der Dunkelheit als ein Schweißbrenner eingesetzt wurde. In dem flackernden Licht konnte er den Servitor erkennen. Darius schlenderte langsam auf das Konstrukt zu. Halb verdeckt durch die uralte Rüstung eines lange toten White Scar schaute er dem Servitor bei der Arbeit zu. Der machte sich gerade daran den Helm auf der Rüstung mit ein paar Schweißpunkten zu befestigen. Der Rüstung eines Ultramarine.

Mit der Arbeit fertig fuhr der Servitor seinen Schweißarm ein, rollte ein Stück zurück und verbeugte sich dann tief im Zeichen des Aquila. Dann rollte er Richtung Plattform und Ausgang zurück. Ob dieser für einen Automaton völlig ungewöhnlichen Geste schaute Darius dem Servitor noch so lange nach bis dieser verschwunden war, bevor er selbst an die Rüstung heran trat und das Schild las. Barbaros 957M41 stand dort eingraviert. Darius konnte sich düster an einen Truppführer der 6. erinnern, der diesen Namen trug, aber das er den Orden verlassen hatte, war ihm nicht bekannt.

Langsam trat Darius tiefer in die schaurigen Reihen und die Dunkelheit hinein, hier und da einen Blick auf die Plaketten der Umgekommenen werfend. Nolon 577M41, Parceus 132 M38, Iseus 286M40. Die ältesten Zeugnisse dieses Pflichtbewusstseins gegenüber der Inquisition stammte aus M37. Dann war er an der Wand des Kuppelsaals angekommen – auch hier waren Namen und Datumsangaben eingraviert. Diese waren allerdings noch jeweils um ein Symbol, das die Chapterzugehörigkeit des Gefallenen anzeigte, ergänzt. Offensichtlich die Namen all derer, deren Körper und Rüstungen nicht geborgen werden konnten, ging es Darius durch den Kopf. Er drehte sich um und blickte nun vom Rand des Amphitheaters in sein hell erleuchtetes Zentrum. Von hier aus konnte man das ganze Ausmaß der Halle erkennen – sie hatte einen Durchmesser von bestimmt 200 Metern und war an ihrer höchsten Stelle - dort wo die Lichtstrahler angebracht waren – bestimmt 50m hoch. Darius ließ den Blick über die konzentrischen Kreise an Rüstungen schweifen. Das waren bestimmt 1000 Rüstungen die hier ausgestellt waren, wenn nicht mehr. Ein beeindruckender Anblick.

Langsam machte sich Darius auf den Weg zurück zum Eingang. Auf halbem Wege wurde er plötzlich einem Eindruck in seinem linken Augenwinkel gewahr und stutzte. Er sah zu der Rüstung hinüber und war sich sicher. Kein Zweifel, er hatte sich nicht geirrt. Mit wenigen raschen Schritten war er an fünf, sechs Rüstungen vorbei geeilt und stand nun vor dem Objekt seiner Betrachtung. Kautus 918M41 stand auf dem Messingschild zu lesen. Die Rüstung, eine alte Mk V, sah aus als wäre sie in einen Hagelsturm gekommen. Sie war so völlig zerdellt und durchlöchert, wie es nur eine großkalibrige, Hochfrequenz-Schnellfeuerkanone erreichen konnte. Mindestens drei der Treffer im Brustbereich, sowie zwei penetrierende Helmtreffer mussten tödlich gewesen sein. Und trotz all des Schadens war das Chaptersymbol noch deutlich zu erkennen. Ein Astral Claw. Was hat ihn nur hierhergeführt?

„Ihr überlegt gerade, was Kautus wohl gefühlt haben muss, als er von Lufgt Hurons Verrat erfuhr. Das habe ich mich auch oft gefragt,“ rief jemand plötzlich. Darius wirbelte herum, er hatte einen weiteren Besucher gar nicht wahrgenommen. Bruder Choptas saß, immer noch in sein weißes Gewand gehüllt, auf einer der Bänke einen Steinwurf entfernt. „Die Rebellion war schon zehn Jahre alt, als Kautus gefallen ist – er muß es also gewusst haben,“ rief Darius zurück als er sich hinunter zur Eingangsplatte begab. Unten angekommen setzte er sich auf eine Bank neben Choptas. Gemeinsam blickten Sie in die stummen Reihen.

„Was immer es auch gewesen sein mag, seine Treue galt weiter dem Imperator. Sonst wäre er nicht hier.“ „Sonst wäre er nicht hier,“ stimmte Choptas zu. „Ist das der Sinn dieses Ortes? Eine Erinnerung an all die Opfer die im Namen des Imperators hier erbracht wurden?“, fragte Darius. „Ganz sicherlich ist er das. Aber noch etwas mehr, denke ich. Es gemahnt einen auch der Pflicht zu folgen. Besonders wenn man an Kautus denkt.“ Darius setzte sein Kinn auf eine gepanzerte Faust. „Ist das auch unser Schicksal? Werden dereinst unsere Rüstungen diesen Wald ergänzen?“ Choptas verschränkte die Hände im Nacken und blickte nach oben ins Licht. „Und als weiterer Mahner zukünftige Generationen an ihre Pflicht zu erinnern? Sicherlich nicht der schlechteste Nachruf. Vorausgesetzt man bleibt treu wie Kautus.“ Choptas grinste zu Darius hinüber. Darius erwiderte mit einem vernichtenden Blick.

„Entschuldigt. Ich wollte nicht andeuten, das… aber lassen wir das. Ich habe gewusst Ihr würdet hier sein. Es bestätigt meinen Eindruck von euch.“ „Euren Eindruck? Ihr wolltet wohl dem neuen Chef etwas auf den Zahn fühlen? Und was ist dabei herausgekommen?“ „Hmmm. Tja, der Inquisitor hat da wohl eine gute Wahl getroffen. Ein Space Wolf hätte wohl zuerst eine der Kombüsen erkundet, oder die Trainingshalle – die auch das erste Ziel unseres werten Bruders der Black Termplars war. Ihr aber… ihr habt hierher gefunden. Bezeichnend.“ „Ja, der Inquisitor. Interessanter Bursche. Dass es ihm gelungen ist gleich zwei hohe Offiziere von verschiedenen Orden zu rekrutieren ist bemerkenswert – und ebenfalls bezeichnend. In der Regel werden doch Scriptoren nicht an die Death Watch abgestellt. Also hat er euch wie mich explizit angefordert. Was ist euer besonderes Talent, das der Inquisitor es auf euch abgesehen hatte? Und wie habt ihr mich eigentlich gefunden? Das Schiff ist ja groß.“

Choptas räusperte sich. „Ähem. Das eine hängt wohl mit dem anderen zusammen. Ihr habt Recht, wenn ihr sagt, das Inquisitor Steinbrecht explizit mich angefordert hat. Ich bin ein sehr spezialisierter.. Empath. Ich spüre… Seelen.“ Darius bedeutete Choptas mit einer fragenden Geste das näher auszuführen. „Ich kann die Anwesenheit… die Nähe intelligenter Wesen spüren. Vorausgesetzt sie sind biologischen Ursprungs. So habe ich euch auch gefunden – ich bin einfach eurer Seele nachgegangen.“ Darius rieb sich fragend des Kinn. „Alle Wesen in der Nähe?“ Choptas lächelte schwach. „Im Grundsatz alle Wesen in der Galaxis. Aber die Schwelle meiner passive Wahrnehmung befindet sich in etwa 50km Entfernung.“ Darius sah Choptas ungläubig an. „Ihr spürt alle Seelen in diesem Umkreis? Ist das nicht verwirrend? Eine Sinnesüberlastung?“ Choptas lachte. „Nein, nicht wirklich. Man gewöhnt sich daran. Es ist so wie ein Hintergrundrauschen, wie viele geflüsterte Stimmen in einem Saal. Man kann es ganz gut ignorieren. Nun, manche Seelen sind einfacher zu ignorieren als andere.“

Darius hob eine Augenbraue. „Und wenn sie sich konzentrieren?“ Choptas sah ihm in die Augen. „Dann spielt Entfernung keine Rolle.“ Darius lächelte süffisant und nickte. „Dann hat Steinbrecht sie also als unseren Bluthund vorgesehen. Sie sollen uns so ein intelligentes Biest finden.“ Choptas atmete hörbar ein. „Ja… ja das ist wohl die Aufgabe die er für mich vorgesehen hat. Dazu müsste ich jedoch zunächst einmal die Signatur eines solchen Biests aufnehmen. Also es persönlich kennenlernen, oder mich intensiv mit jemandem unterhalten der dem Biest gegenüber gestanden hat.“ „Wie soll das funktionieren?“, fragte Darius verdutzt. „Nun, vielleicht war Seele nicht der richtige Ausdruck als ich die Signatur beschrieb, die mir ein intelligentes Lebewesen präsentiert. Es ist natürlich das, jedoch auch noch viel mehr. Gefühle, Empfindungen, Überzeugungen – solche Dinge. Wenn ich mich intensiv konzentriere, und das Objekt meiner Betrachtung auch, dann werden auch andere, anhaftende Signaturen klar. Jede Seele hinterlässt bei Denjenigen die sie berührt einen Eindruck, je nach Intensität der Begegnung einen bleibenden oder flüchtigen. Und da ich denke, dass man sich an die Begegnung mit einem Schwarmtyrannen, sofern man sie überlebt, doch recht intensiv erinnern wird, glaube ich, dass ich die Signatur einer solchen Kreatur mit etwas Hilfe schnell ausmachen kann.“

Choptas stand auf. „Insofern hat jeder Mensch, jede Kreatur eine einzigartige, sich entsprechend der Umstände verändernde Signatur, aus der man eine Menge mehr lesen kann, als nur seine Anwesenheit.“ „Das gibt sicherlich interessante Einblicke in die Zusammensetzung des Teams und der Crew.“ Darius kam eine Idee. „Zum Beispiel unserer etwas ruppiger Kapitän. Irgendein Grund warum unsere gute Kate so sauer und heftig auf mich reagiert hat?“ Da Darius keine Erfahrung im Umgang mit Frauen hatte, erachtete er die Einsichten eines Empathen nicht als unfairen Vorteil in seinem Kleinkrieg mit dem Kapitän, eher als Herstellung der Chancengleichheit.

Choptas lachte erheitert auf und drosch Darius eine Faust auf den linken Schulterpanzer. „Weil sie in euch verknallt ist! Total! Vom ersten Augenblick an! Wie ein junges Mädel verliebt bis über beide Ohren!“ Darius konnte es nicht glauben. Das war ein Gebiet auf dem er nun wirklich absolut keine Erfahrung hatte. Choptas lachte immer noch als er auf die Platform trat und nach unten aus dem Schrein verschwand. Darius blieb noch ein paar Minuten sitzen um sich dieses neuen Problems anzunehmen. Was Liebe anging stand er vor einem ernsthaften Problem. Er liebte den Imperator und seinen Primarchen. Aber das war ja wohl etwas anderes. Er erinnerte sich ganz dunkel an ein Heim und seine Mutter, die er wohl sehr geliebt haben muss, aber das Gefühl war undefiniert. Schließlich war er im Alter von fünf Jahren von seiner Familie getrennt, und zur möglichen Ausbildung an den Orden übergeben zu worden. Was die Gefühle zwischen Erwachsenen unterschiedlichen Geschlechts anging, war er absolut blank. Ziemlich verwirrt und beunruhigt machte sich Darius auf den Rückweg zu seinem Quartier. Liebe. So ein Quatsch. Choptas muss sich irren.

Die Panik lag unterschwellig in der Luft. Noch herrschte irgendwie Disziplin und die Massen an Soldaten, PDF, Sororitas sowie die ganz normalen Imperialen Bürger und Würdenträger, die über den Raumhafen strömten, verhielten sich noch halbwegs normal – die Anspannung war jedoch spürbar. Die zwei Walküren schossen dicht über die Äcker die die Provinzhauptstadt Stavos umgaben hinweg, hoben kurz an um über die hohen Betonmauern des Befestigungswalles zu hüpfen und bremsten dann stark ab, um eine Anzahl freier Landeplattformen anzusteuern, die sich zwischen den verschiedensten Raumtransportern versteckten. Raumtransporter sie sich auf den Abflug vorbereiteten.

Unter dem Heulen der Treibwerke und aufschießenden Staubwolken setzten die beiden Transportflieger fast gleichzeitig auf den von vielen Starts- und Landungen geschwärzten Rockcrete auf. Die beige gepanzerten Kriegerinnen sprangen aus den Fahrzeugen und formierten sich zum Abmarsch, die letzte Sororitas die ausstieg lächelte Mahler kurz an, klopfte ihm auf die Schulter und murmelte „Kopf hoch. Noch mal Glück gehabt.“ Mahler sah der Kriegerin nach – trotz der schneeweißen, vermutlich gebleichten, Haare und dem harten Gesichtsausdruck war das Gesicht doch erstaunlich jung gewesen.

Als die Triebwerke seiner Walküre langsam erstarben, machte sich auch der Leutnant der PDF auf den Weg. Mahler trat auf den Raumhafen und sah sich um. In der Nähe befanden sich noch drei weitere Walküren der Sororitas; die fünf Flieger wirkten winzig zwischen all den Transportern, Barkassen und Jachten. Überall marschierte Militär, überall wuselten mit Koffern und Kisten bepackte Zivilisten und Akolythen herum. Noch verhielten sich die Leute diszipliniert – standen ruhig in Schlangen vor den Transportern um Evakuierungsplätze zu ergattern – noch.

Trotz all des Gewusels kam sich Mahler verloren vor – allein und verloren. Niemand beachtete ihn, niemand würdigte ihn auch nur eines Blickes. Alle hatten ihre eigenen Probleme. Nach ein paar Minuten entschloss sich Mahler, einen der Logistikoffiziere anzusprechen, die die Heerschaaren an Bodenpersonal dirigierten, die all die Maschinen umwuselten, betankten, beluden, bewaffneten.

Mahler grüßte einen Hauptmann zackig, der blickte jedoch von seinem Commpad nur kurz auf. „Was gibt es LT?“ „Leutnant Mahler, 4. Zug - Heimatschutzregiment 26 – Alpha Kompanie. Einziger Überlebender der Bergbausiedlung KL-6 von Peron Chemicals. Ich versuche zu meinem Regiment zurückzukehren!“ Der Hauptmann sah auf, und es schien als ob er Mahler jetzt erst richtig wahr nahm. Der abgerissene Zustand des LT sprach Bände. „Tut mir leid, ich wurde zur Flotte abkommandiert. Mit den PDF habe ich nichts mehr zu tun. Ich wüsste auch keine Einheit, die hier am Raumhafen Stavos Nord noch stationiert ist. Fragen sie doch mal bei der Leitstelle nach. Die können vielleicht helfen.“ Er zeigte kurz zu einem mit Sendemasten gekrönten Turm an der Außenmauer und wandte sich dann ab um sich wieder um sein Bodenpersonal zu kümmern.

Mahler machte sich auf den Weg zu der Leitstelle. Diese entpuppte sich als ein Raumhafentower, von der Außenmauer etwas zurückgesetzt, diese mit seiner verglasten Aussichtsleitstelle etwas überragend. Gekrönt von einem Wald an Radar-, Modar- und Funkantennen stellte es einen ruhenden Pol in der ganzen Hektik dar. Als sich Mahler dem Tower näherte, strömte auf einmal eine bewaffnete Truppe aus dem Turm heraus und nahm Aufstellung. Es waren etwa zwanzig Mann, ein bunter Haufen aus Imperialer Garde, PDF, Flottensicherheitsdienst und Arbites – bewaffnet mit einem wilden Sammelsurium an Gerätschaften. Als die Truppe Aufstellung genommen hatte und Mahler den Turm fast erreicht hatte, trat ein Kommissar der Imperialen Garde aus dem Turm.

Der Kommissar trug die typische schwarze Kluft seines Berufsstandes, dazu jedoch im Gegensatz zum traditionellen Bild auch noch ein großkalibriges Sturmgewehr so wie eine große Anzahl an Magazinen in Umhängetaschen. Als Mahler an der Truppe vorbei zum Eingang gehen wollte, grinste der Kommissar breit und hielt ihn auf. „Ah, da kommen Sie ja wie gerufen!“ Der Kommissar hing dem verdatterten Offizier die beiden Magazintaschen um den Hals und drückte ihm das Sturmgewehr in die Hand. „Moment. Ich war eigentlich…“ „…gerade hier um das Kommando zu übernehmen.“ Als Mahler eine miese Mine zog nahm ihn der Kommissar bei Seite. „Hören sie zu, Lt. Im Gegensatz zu meinen Kollegen glaube ich, dass es effektiver ist mit Überzeugung zu führen als mit der Boltpistole im Nacken. Deshalb… egal wo sie gerade herkommen und wo sie hinwollen, sie sind jetzt hier. Und ich brauche sie. Schauen sie sich mal um. Was sehen sie?“

Das Gewehr noch immer in der Hand sah sich Mahler um. Die Aktivität auf dem Raumhafen schien noch weiter zugenommen zu haben. „Ich sehe eine Evakuierung.“ Der Kommissar schüttelte den Kopf. „Nein, sie sehen die Endphase einer Evakuierung. Sehen sie. Noch herrscht geschäftige aber vergleichsweise geordnete Ruhe. Was glauben sie was passiert wenn all diesen Leuten hier auf dem Feld klar wird, das nicht genug Platz für alle auf den Transportern ist? Aber sehen sie – da startet zwar wieder ein Transporter, aber es kommen auch noch leere Transporter wieder rein. Das heißt also, das das hier noch alles läuft. Aber nur so lange wie es koordiniert abläuft – und dafür ist der Kontrollturm hier verantwortlich. Sobald hier das Chaos ausbricht, werden keine Schiffe mehr kommen. Deshalb müssen wir ihn schützen – so lange es geht.“

Mahler starrte den Kommissar an. Der Kommissar rollte die Augen. „Aber egal. Wenn sie und ich hier noch einen Weg raus haben wollen - dann muss das hier weiter laufen. Und dazu sind sie jetzt da. Zum Glück. Dann kann ich mich um ganz wichtige Dinge kümmern. Sie aber,“ und damit packte der Kommissar Mahler an der Schulter, drehte ihn herum und deutete auf einen Bunkerkomplex nicht weit vom Tower entfernt. „sie werden jetzt diese 23 armen Seelen übernehmen und dort die Bastion Nord/Ost-2 verstärken. Die schweren Waffen der Bastion decken das Vorfeld ab und flankieren vor allen Dingen den Wall vor dem Kontrollturm. Fällt die Bastion, fällt der Wall, fällt der Tower – und dann geht hier alles zum Teufel. Also los.“

Damit wendete der Kommissar sich ab und ließ Mahler mit der Truppe zurück, die ihn erwartungsvoll ansah. Mahler räusperte sich. Schon wieder hatte er urplötzlich die Verantwortung für Menschen in seine unerfahrenen Hände gedrückt bekommen. Egal. Ihm blieb hier ja wohl nichts anderes übrig. Wenn sie und ich hier noch einen Weg raus… Mahler traf eine Entscheidung. Die beste Chance das hier zu überleben bestand tatsächlich darin, die Evakuierung so lange wie möglich am Laufen zu halten. Wer weiß, vielleicht gab es sein Regiment schon gar nicht mehr. Hier und jetzt galt es einen Unterschied zu machen. Dann konnte er vielleicht auch noch einen Platz ergattern…

Mahler stellte sich vor die Truppe. „Ich bin Lt. Mahler, ehemals Heimatschutzregiment 26 – und ihr neuer kommandierender Offizier. Wir haben unsere Befehle. Deshalb – fertig werden. STILL-gestanden! REEECHTS UM! Im Gleichschritt – MARSCH!“ Der Leutnant führte die bunte Truppe zur Bastion Nord/Ost-2

Der Schwarm spülte durch das Schwemmland des Flusses. Altes Narbengesicht benötigte jetzt keinen Späher mehr – er folgte nur noch den offensichtlichen Spuren vorausgeeilter Abteilungen. Bald würde er mit seinem Schwarm ein Nestzentrum des Feindes erreichen. Die Befehle der Großen Mutter waren unverändert, aber jetzt da er seinem Schwarm freien Lauf lassen konnte, und nicht gegen die Befehle der Mutter ankämpfen musste war er hier völlig in seinem Element. Er verspürte ein unglaubliches, ungewöhnliches Gefühl – es war etwas wie Freude, jedoch noch etwas mehr. Altes Narbengesicht sprang übermütig über einen Baumstamm, dem er auch problemlos aus dem Weg hätte gehen können. Seine Scheren klackten im Rhythmus seiner stampfenden Schritte, mit den Rückseiten seiner Sensenklauen stupste er hier und da einen Ganten an um ihn zu beschleunigen. Altes Narbengesicht beschloss, dass das Leben nicht besser werden konnte. Er hatte… Spaß.

Nord/Ost-2 war neben einer Bastion auch ein Bunker- und Grabenkomplex, der in die Außenmauer des Raumhafens integriert war. Von seinem Platz auf dem zentralen Befehlsbunker aus hatte Mahler einen herrlichen Blick über die Felder, Wiesen und Gerätescheunen des Ackerlandes - bis zum Schwemmland des großen Flusses in ein paar Klicks Entfernung. Mahler nahm den Optifeldstecher vor dir Augen. In der Ferne war undeutlich Bewegung zu erkennen. Mahler seufzte und sah zu Sgt. Kübler hinüber, dem eigentlichen Befehlshaber dieses Postens. Der war unendlich erleichtert gewesen als Mahler mit dem Trupp aufgetaucht war.

„Da sind ja unsere Freunde!,“ meinte der zu kurz geratene lakonisch. Mahler schürzte die Lippen. „Das sind laut Karte noch etwa 10 Klicks. Dafür brauchen die Biester gut eine halbe Stunde. Wenn wir nur ein paar Bomber hätten…keinerlei Deckung da draußen auf den Äckern.“ Kübler zuckte mit den Schulter. „Was ich übers interne Komnetz mitgehört habe deutet darauf hin, das alles was fliegt als Begleitschutz für die Transporter eingesetzt wird. Es geht wohl in der oberen Atmosphäre heiß her.“ Mahler schaute in den Himmel. Ein leichter gelblicher Schleier schien sich ganz oben am sonst makellos blau-grünen Himmel auszubreiten. „Wenn es nur nicht wieder Sporminen regnet reicht mir das vorläufig.“

Vor nicht ganz zwanzig Minuten waren ein gutes Dutzend Kapseln im Vorfeld der Wallanlage heruntergekommen – offensichtlich vom Kurs abgekommen. Die Flack-Türme mit ihren Hydra-Batterien hatten die Hälfte noch in der Luft in ihre Bestandteile zerlegt, den Rest hatten die schweren Waffen der Bastion erledigt. Entfernt war das wummern von Artillerie zu hören. „Es geht wohl los. Die ersten Schwärme sind in Reichweite der Artillerie an der Westseite.“ Mahler drehte sich um, und schaute über die Mauer auf den Raumhafen. In der Nähe des Wracks eines nicht mehr raumflugtauglichen Frachters hatte eine Batterie Basilisken Aufstellung genommen.

Mahler drückte auf sein Ohrmikro, das er jetzt in den Funkkreis der Basis eingeklinkt hatte. „Hier Nord/Ost-2. Hammer bitte kommen!“ „Hier Hammer, kommen!“ „Hier Nord/Ost-2. Feind ca. 10000m vor eigenen Stellungen. Status Hammer? Kommen!“ „Hier Hammer. Sechs 155mm Geschütze ausgerichtet nach Nord. Hochbrisanzmunition geladen. Effektive Reichweite zwischen 2000 und 9000 Meter. Erwarten Feuerbefehl. Kommen!“ „Hier Nord/Ost-2 Zielkoordinaten folgen. Ende!“

Mit ungeheurem Getöse machte sich ein Raumtransporter auf den Weg in den Orbit. Mahler blickte zurück über die Felder und hob den Feldstecher wieder vor die Augen. Die Bewegung am Horizont schien deutlich näher gekommen zu sein. Kübler beschattete seine Augen mit einer Hand. „Ich habe ein ganz mieses Gefühl.“ Mahler reichte ihm den Feldstecher. „Das ist nicht nur ein Gefühl.“ Kübler ließ langsam den Feldstecher sinken. „Scheiße. Das ist eine…eine FLUT!“ Mahler hatte die Käfer mehr als satt. Fatalistisch hatte er sein Schicksal angenommen. Er drückte wieder auf sein Mikro. „Hier Nord/Ost-2. Hammer erwartet Feuerbefehl. Feuer.“ Nichts passierte. „…Ehhhhhh – hier Hammer. Zielkoordinaten? Kommen!“ Mahler musste trotz allem schmunzeln. „Die sind egal. Ihr könnt nicht daneben schießen.“ Und damit war alles gesagt.

Es war ein Rausch. Altes Narbengesicht zog die Luft tief durch seine Riechorgane. Die Kinder seines Schwarms vereinten sich mit denen vieler anderer Schwärme, während die ungeheure Masse weiter vorwärts rollte und aus dem Schwemmland heraus auf die Äcker hinaus strömte. Altes Narbengesicht griff mit seinem Geist hinaus und betrachtete seine Umgebung. Die psychischen Signaturen des Metaschwarms waren wie die Sterne des Himmels - unendlich zahlreich. Zwischen all den Lichtern erkannte er vereinzelt die pulsierenden Geister anderer Schwarmherrscher – es waren viele hundert.

Nicht weit von ihm entfernt brach plötzlich die Erde auf. Schlagartig war Altes Narbengesicht wieder im Hier und Jetzt und analysierte die Lage. Fontänen aus Erde, Feuer und Rauch, angereichert mit den zerfetzten Bruchteilen vieler Schwarmkinder schossen aus dem Boden. Während er weiter mit der Masse des Metaschwarms vorwärts trieb betrachtete Altes Narbengesicht das Muster der Ausbrüche und kam zu dem Schluss, dass diese zwar heftig, aber in keiner Weise für den Schwarm bedrohlich waren. Das Nest des Feindes hier war viel grösser als die kleinen Nester des Waldlandes. Und sicherlich auch viel besser verteidigt, wie die Ausbrüche der gespuckten Waffen zeigten. Es würde darauf ankommen die Schwachstelle zu finden…

Altes Narbengesicht bremste ab und ließ den Schwarm an sich vorbei fließen. Das Nest war bereits eine deutlich sichtbare Linie, nicht mehr weit entfernt. Sollten doch die Anderen versuchen diese Verteidigung zu überrennen – er würde warten und sehen wie sich der Kampf entwickelte – und im entscheidenden Moment eingreifen. Dazu würde er jedoch Hilfe brauchen…

Die ersten Ausläufer des Schwarms hatten sich dem Raumhafen so weit genähert, dass man Einzelheiten erkennen konnte. Kübler kauerte hinter der Brüstung und hielt ein Lasergewehr krampfhaft umklammert. Das Dauerfeuer der Basilisken machte eine Verständigung fast unmöglich. Mahler hatte sein Sturmgewehr auf die Brüstung gelegt. Es war noch nicht einmal geladen. Sein Magen grummelte und ihm war zum Kotzen zu Mute – aber es würde wohl nicht viel bringen wenn er sich jetzt über die Brüstung erbrach – außer auch noch den letzten seiner Soldaten zu demotivieren. Also schluckte er die Galle und die Angst hinunter und hob den Feldstecher wieder vor die Augen. Wenn es nicht so bedrohlich gewesen wäre – ja dann wäre es ein erhabener Anblick gewesen, der jeden Xenologen in Entzücken versetzt hätte.

Mahler konnte auf nur einen Blick ein gutes Dutzend unterschiedlicher Tyranidentypen ausmachen – von kleinen flinken Biestern bis zu den großen, fetten Brocken. Er drückte wieder auf sein Mikro und öffnete den Funkkreis. Seine Stimme war erstaunlich ruhig – viel ruhiger als er sich fühlte. „Hier Nord/Ost-2. Hammer bitte kommen.“ Nun traf Mahler das Wummern der Kanonen direkt über den Wall und indirekt über das Mikro. „Hier Hammer. Kommen!“ „Beschuss weiter aufrecht erhalten. Zielpunkte um 500m zurücknehmen. Kommen.“ „Wenn wir weiter so schießen, haben wir in 20 Minuten keine Munition mehr! Kommen!“ Mahler verzog den Mund in ein trauriges Grinsen. „Wenn ihr aufhört zu schießen, sind wir in zwanzig Minuten nicht mehr hier. Ende.“ Mahler wechselte auf den Bastionsfunkkreis. „Hier Mahler an alle. Bereit machen. Zielverteilung gemäß Schießliste. Alles hört auf mein Kommando.“

Der Schwarm schwappte wie eine Welle gegen das Nest. Der Feind war zahlreich und zäh. Er spuckte aus vielen Höhlen heraus und Altes Narbengesicht spürte wie hunderte Lebenslichter des Schwarms jede Sekunde erloschen. Doch das war unwichtig. Die Menge des Metaschwarms war unzählbar. Bald würde man den Feind überwinden und in das Nest einbrechen.

Doch der Vorwärtsdrang stockte. Altes Narbengesicht schaute zum Nest hinüber und musste feststellen, dass jeder Versuch des Schwarms in das Nest einzubrechen vereitelt wurde. Schon hatte sich ein dichter Teppich von zerbrochenen Kindern des Schwarm am Fuße des Nests gebildet. Verschiedene vorgeschobene Höhlenkomplexe schienen die Schwerpunkte der Verteidigung zu sei. Altes Narbengesicht betrachtete diese genauer. Besonders ein Höhlenkomplex schien sich hartnäckig zu widersetzen. Wieder stellte sich dieses Hochgefühl ein. Das war eine Herausforderung! Das war es wofür er lebte! Sanft griff er mit seinem Geist hinaus in den Schwarm und fand was er suchte. Die Gehirne waren leicht zu beeinflussen. Langsam zog er sie an sich.

Altes Narbengesicht stand völlig ruhig. Seine Wachen hatten sich vor ihm postiert um jeden Beschuss des Feindes auffangen zu können. Immer mehr Geister sammelten sich um den Schwarmherrscher. Dann, als er das Gefühl hatte genügend Kräfte gesammelt zu haben deutete er mit einer psionischen Klaue auf das Nest. Eins…

Etwa fünfzig Carnifexe, die sich um seine Position gesammelt hatten, begannen erst langsam, dann immer schneller auf das Nest des Feindes zu zutraben.

„DIE BROCKEN! DIE BROCKEN KOMMEN AUF UNS ZU!“ Der Funkkreis der Bastion war plötzlich von angsterfüllten Kreischen überlagert. Auch Mahler hatte die Gefahr erkannt. Er hatte jedoch schon so viel Angstschweiß vergossen, dass seine Blase leer war und er sich nicht bepissen konnte. „RUHE IM FUNKKREIS!“ donnerte er in sein Mikro. „Bolternester 1 – 4 flankieren weiter den Wall! Laser- und Plasmakanonen konzentrieren ihr Feuer auf die ‘Fexe auf 11 Uhr! Handwaffenfeuer weiter auf alles was näher als 50m kommt! Weiter feuern!“ Auch seine Stimme hatte einen latenten, hysterischen Unterton.

Plötzlich stand der Kommissar wieder neben ihm. Der warf einen Blick auf die wimmelnde Masse vor der Mauer und schaute dann Mahler mit angstgeweiteten Augen an. Es gelang ihm trotzdem etwas gequält zu lächeln. Der Kommissar klopfte Mahler auf die Schulter. „Das… das machen Sie hervorragend! Weiter so!“ Mahler klickte sich durch die Funkkreise der Basis. „Hier Nord/Ost-2. Flack Turm Nord, kommen!“
Quietschende Statik überlagerte das Funknetz. „Hier Flack Turm Nord. Was gibt es?“ „Ansammlung schwerer Brocken einen Klick östlich von euch. Könnt ihr helfen? Kommen!“ „Ziel aufgefasst. Automatische Zielerfassung manuell übersteuert. Zieht die Köpfe ein!“

Mahler sah zu seiner Befriedigung wie die Quadläufe der Hydra auf dem Turm westlich seiner Position herunter und herum schwenkten. Dann entfesselte das Geschütz einen Feuersturm.

Altes Narbengesicht rückte langsam im Schatten der Carnifexe vor. Gleichsam sammelte er ein Meer aus Kriegern und Hormaganten um sich, um das Nest zu fluten. Plötzlich strömte Feuer von einem schlanken Hügel in die vordersten Reihen seiner Angriffstruppe und verwandelte ein Dutzend seiner Carnifexe in Fontänen aus Blut und Fleisch. Er griff wieder mit seinem Geist hinaus, spürte wieder all die Signaturen des Schwarms um sich herum – und über sich…
Zwei…

„JAAAA! Zeigt‘s Ihnen!!!“ brüllte der Kommissar und feuerte seine Boltpistole in die heranwabende Masse. Mahler schloss die Augen und atmete erleichtert aus. Das würde ihnen etwas Zeit verschaffen. Er tippte wieder auf sein Mikro. „Mahler an alle. Feuer weiter auf die ‘Fextruppe konzentrieren. Wenn wir die brechen ist erst einmal ein bissel Luft… Moment mal. Wer hat was von Feuer einstellen gesagt??“

Der Leutnant sah sich um – und ihm fiel die Kinnlade herunter. Die Hydra hatte das Feuer eingestellt und schwenkte ihre Läufe wieder nach oben, um dann den Himmel zu beharken.

„SPORMINEN!“ brüllte jemand von rechts. Und in der Tat – es regnete über dem ganzen Raumhafen Sporminen.

Pandemonium. Anders kann man es nicht beschreiben. Was vor einer Sekunde, trotz des schweren Abwehrkampfes an der Mauer, noch geordnet vor sich ging, brach in der Nächsten zusammen. Wo soeben noch Menschen in Reihen standen, wo Passierscheine kontrolliert und Akten verladen wurden, da war auf einmal nur noch ein wütender Mob der versuchte sich in die Zugangsluken der Transportschiffe zu quetschen. In ihrer Panik griffen alle die darüber verfügten zu ihren Waffen und ein wilder Schusswechsel Jeder gegen Jeden explodierte um jeden Transporter herum, als jeder versuchte sich den Zugang zu einem rettenden Evakuierungsplatz freizuschießen. Und zwischen all den in Panik verfallenden Menschen brachen kleine Gruppen von Tyraniden aus ihren Sporkapseln hervor, um das Ihrige zu dem Gemetzel beizutragen.

Mahler hatte jetzt sein Gewehr ergriffen und feuerte auf eine Gruppe Ganten die hinter der Mauer herunter gekommen waren. Der Kommissar packte ihn bei der Schulter. „Das war’s! Sehen Sie!“ Und er deutete auf einen sich nähernden Raumtransporter, der kurz vor seinem Landefeld wieder Schub gab und durchstartete. Auch alle anderen Transporter machten sich an den Abflug, egal wer noch in den Luken hing, oder wie weit der Betankungsvorgang fortgeschritten war. Das machte das Chaos und die Panik perfekt. Auf dem ganzen Raumhafen zündeten Transporter ihre Manövrierriebwerke, um damit sowohl nahe Menschen als auch Tyraniden zu Asche zu verbrennen. Nun ist jedoch leider der Luftraum über so einem Raumhafen begrenzt, und ein Transporter muss sich frei manövrieren wenn er seine Haupttriebwerke zünden will, die ihn in den Orbit bringen können…

Ein grau lackierter Stückgutfrachter erhob sich auf Flammensäulen, nicht beachtend, dass er noch an zahlreichen Treibstoffleitungen hing die seine Tanks mit Promethium füllten. Die Fesselung an den Boden brachte den Frachter in Schieflage und er war gezwungen herumzuschwenken – genau in den Startkurs einer alten Planetenfähre. Die krachte in die linke Flanke des Frachters und drückte ihn zu Boden – Leitungen Barsten und Tankwagen platzten und dann…

Die Druckwellen der explodierenden Tankfahrzeuge erfassten die halb abgehobenen Transporter und Yachten und schoben sie zusammen wie ein Herbststurm trockene Blätter. Die einsetzende Kettenreaktion war gewaltig – nur hier und da gelang es einem sehr guten, oder sehr glücklichen Piloten, der Mauer oder einem anderen Fahrzeug auszuweichen und vom Boden weg zu beschleunigen. Der Raumhafen verwandelte sich in nur einer Minute von einem geordneten menschlichen Vorzeigeobjekt in ein Flammenmeer in das immer wieder die Wracks halb gestarteter Raumtransporter stürzten. Die viele Munition, die am Boden zur Bestückung von Jägern und Transportern gelagert war, sorgte für das Übrige.

Seine Carnifexe erreichten das Nest gerade als mächtige Flammensäulen in den Himmel schossen. Er hatte den Angriff perfekt koordiniert – die Bruten in den Sporminen hatten den Feind so weit abgelenkt, das er seine Sturmkinder zum Ziel führen konnte. Und wie sie sich um das Nest bemühten. Seine Carnifexe brachen ein, rissen auf und verschlangen was der Feind her gab. Wieder so ein Hochgefühl. Altes Narbengesicht schob seine Wachen bei Seite und rannte so schnell ihn seine Hufe tragen konnten zum Nest. Mit zwei, drei Sätzen seiner kräftigen Beine katapultierte er sich auf die Mauer – die an verschiedenen Stellen bereits nachgab und es dem Schwarm erlaubte auf das Flugfeld zu fluten. Er fühlte sich großartig. Er hatte den Feind besiegt. Er blickte in all seiner Majestät auf das Schlachtfeld und wusste er war unüberwindbar. Altes Narbengesicht reckte seine vier Arme in die Höhe und brüllte seinen Triumph heraus.

Mahler und der Kommissar rappelten sich auf, nachdem die massiven Explosionen auf dem Flugfeld sie umgeworfen hatten. Mahler verfiel bei dem Anblick in einen Schockzustand. Die Tyranidenflut hatte die Mauer jetzt voll erreicht, und große Brecher waren gerade dabei aus der Bastion und den umliegenden Bunkern Kleinholz zu machen. Der Hauptwall hatte an zwei Stellen bereits nachgegeben und die Tyranidenflut ergoss sich wie ein Wasserschwall auf das Flugfeld. Das war gezeichnet von brennenden Wracks und zwischen vielen Leichen panisch herumrennenden Menschen, so wie jagenden Tyraniden. Nur an zwei, drei Stellen gab es noch geordneten Widerstand.

Der Kommissar packte Mahler am Arm und zog ihn Richtung Abgang. „Los, Weg hier!“ Er musste seine ganze Kraft aufbieten um den katatonischen Leutnant zu bewegen. Plötzlich tauchte Sgt. Kübler vor ihnen auf. „Moment! Sie können uns doch hier nicht so einfach…“ Küblers Kopf zerplatzte in einer Fontäne aus Blut und Gehirnmasse als der Kommissar ihm aus nächster Nähe ins Gesicht schoss. „Keine Zeit! Das Fenster schließt sich!“ Überstürzt trampelten die beiden Flüchtenden an der zusammensackenden Leiche des Sgt. vorbei die Metalltreppe Richtung Landefeld hinunter. Unten angekommen rannten sie Richtung Kontrollturm, wo sich ein Widerstandsnest formiert hatte.

Ein Trupp Sororitas, verschanzt hinter provisorischen Barrikaden aus Fahrzeugschrott und Frachtkisten, hielt hier mit disziplinierten Boltersalven und dem hohen Zischen von schweren Flammenwerfern und einem Multimelter noch einen kleinen Verteidigungsbereich aufrecht. Mahler und der Kommissar erreichten die Barrikaden genau in dem Augenblick, als die Verteidiger einen weiteren Angriff einer Gantengruppe zusammenschossen. Mit etwas ungelenken Hechtsprüngen purzelten die Beiden hinter einen Satz Frachtkisten. Das Dröhnen der Bolter und zischen des Melter machte eine Kommunikation fast aussichtslos. Der Kommissar sprang auf und beteiligte sich mit seiner Pistole am Abwehrfeuer, während Mahler noch den Kopf schüttelte um wieder ins Hier und Jetzt einzutreten.

„Gilt die Abmachung noch?“ brüllte der Kommissar zur Führerin des Soro-Trupps hinüber. Die Prioris des Trupps drehte sich um, erspähte ihre neuen Mitstreiter und kam langsam zu ihnen herübergeschritten. „Die Abmachung? Zwei Shuttleplätze gegen zwei Fässer Klasse-A Flugpromethium? Na, da wir dank Ihnen tanken konnten gilt das!“ Der Kommissar grinste über das ganze Gesicht, während er flux seine Boltpistole nachlud. „Dann schlage ich vor, dass wir abfliegen. Hier gibt es keinen Blumentopf mehr zu gewinnen.“ Die Prioris ließ ihren Blick über die Barrikade und den Raumhafen schweifen. Ihre Antwort war nur noch ein betretenes Flüstern. „Ja, hier ist kein Sieg mehr möglich.“

Ein gewaltiger, das Stakkato der Waffen übertönender und alles durchdringender Urschrei ließ die Verteidiger wie ein Mann herumfahren und zu der gottgleichen Gestalt eines Schwarmherrschers aufblicken, der auf den Trümmern der Bastion stehend seine Gliedmaßen triumphal in den Himmel reckte.

Altes Narbengesicht brüllte. Er brüllte seinen Sieg und seinen Herrschaftsanspruch hinaus. Er machte klar, dass er es war, der hier das Sagen hatte, nicht irgend ein anderer Schwarmherrscher. Er war es, der hier den Sieg errungen hatte. Er war es, mit seiner Erfahrung und seinem Wissen von tausend Schlachtfeldern. Er würde hier herrschen, und er würde auf ewig weiter herrschen, dafür hatte die Große Mutter gesorgt. Das Wissen um die Unzerstörbarkeit seines Geistes bei gleichzeitiger, regelmäßiger Sterblichkeit seiner Form ließ ihn vor Glück erschaudern. Er war wahrhaft unsterblich.

Ein warmes psychisches Pulsieren umfasste seinen Geist als die Große Mutter neue Befehle gab.

FRESSEN FRESSEN GUT GEMACHT

Altes Narbengesicht wusste das dieses Lob nur ihm galt. Jetzt galt es zu verschlingen, galt es diese Welt für den Hunger der Großen Mutter vorzubereiten, und dann, wenn alles vollbracht war, galt es in den Schoß der Mutter zurück zu kehren, um für einen neuen Kampf wieder geboren zu werden. Aber bis dahin galt es noch ein wenig diesen neuen Empfindungen zu frönen. Das Glück der erfolgreichen Schlacht vitalisierte ihn. Dieses Gefühl galt es zu verlängern und auszukosten. Er würde jetzt noch ein wenig mit der Beute spielen und noch etwas… Spass? haben. Schon jetzt waren die Sporen in der Luft, die diese Welt verändern würden. Er sog wieder die Luft tief durch seine Riechorgane um den Geschmack des Sieges auszukosten.

Da waren die Gerüche des Sieges – die Ausdünstungen des Schwarms in seiner hektischen Aktivität, der Geruch von Feuer, Zerstörung und etwas Fäulnis, der den Geruch des Sieges immer begleitete, und der Geruch der Angst des Feindes, wenn man ihn besiegt hatte und zum letzten Schlag ausholte… der Geruch des Feindes… Altes Narbengesicht fuhr herum. Er KANNTE diesen Geruch. Das war doch… ja das war ein Geruch… Mit seinen sechs nach seiner Verletzung wieder regenerierten Augen suchte er fiberhaft das Schlachtfeld ab.

Da, nicht weit von Ihm entfernt, in einer Gruppe von Feinden, da war er. Da war der kleine Symbiont, der ihm so übel mitgespielt hatte, und es dann gewagt hatte zu verschwinden. Na, der kam ihm gerade recht. Altes Narbengesicht wandte sich der Gruppe zu, deutete mit seiner rechten Schere auf das kleine Biest und brüllte eine Herausforderung.

„Ich glaube, der mag uns nicht.“ Der Kommentar der Prioris sorgte für unangebrachte Heiterkeit in der Gruppe. „Nix wie weg hier.“, kommentierte der Kommissar. Langsam, jeweils Halb-Trupp überschlagend fiel die Gruppe hinter den Kontrollturm zurück und hastet entlang der Außenwand Richtung Nord/Ost-Ecke des Raumhafens. Zwei Sororitas mit schweren Flammenwerfern deckten den Rückzug und setzten alles in Brand das sie passierten. Mahler trabte mit dem Sturmgewehr neben den Schwestern her, ab und zu einen Feuerstoß in Richtung verschiedener Tyraniden abgebend, die ebenfalls über das Flugfeld trabten. Die kleine Gruppe umrundete einen alten, abgestellten Frachter und kam so zur Nord/Ost-Ecke, in der zwei startbereite Walküren mit laufenden Triebwerken warteten.

Neben jeder Walküre stand ein leeres Fass Klasse-A Treibstoff auf einem Rollwagen. Die Gruppe hatte gerade den alten Transporter umrundet als jemand plötzlich „Achtung!“ schrie. Ein Krachen und Vibrieren ging durch den alten Frachter und zu seinem Entsetzen musste Mahler feststellen, dass der Tyrann, den sie eben noch auf der Mauer gesehen hatten, nun oben auf dem Frachter stand auf sie herab blickte. Die Triebwerke der Walküren heulten auf. „Weg hier los, los, los!!!“, brüllte der Kommissar, und alles rannte auf die beiden Walküren zu, die nun langsam herumschwenkten um den Flüchtenden geöffnete Seitentüren zu präsentieren.

Mit einem Brüllen machte der Tyrann einen Satz hinunter zwischen die Fliehenden. Die Disziplin der Sororitas war bemerkenswert. Wo Mahler und der Kommissar weiter auf die Walküren zu rannten, drehten sich die Kämpferinnen geschlossen um, um sich dem Monster zu stellen. Bolterfeuer aus einem halben Dutzend Waffen prasselte auf den Tyrann ein, und Flammenzungen der Schweren Flammenwerfer schufen ein Wand aus Hitze. Die der Tyrann ganz einfach ignorierte. Das massive Monster sprang unheimlich beweglich zwischen die Kämpferinnen, holte nach rechts und links aus, so dass die beige gepanzerten Körper nur so durch die Luft flogen.

Mit lauten Kampfschrei griff die Prioris, ihr Kettenschwert in weiten Bögen schwingen, den Tyrannen an – nur um ganz einfach von der Masse des Monsters niedergewalzt und zu Pampe zertrampelt zu werden. Mahler wirbelte herum als er den Krach direkt hinter sich hörte… und wieder einmal rutschte ihm das Herz in die Hose. Vor ihm ragte ein Monster auf, wie er es sich in seinen schrecklichsten Albträumen nicht hätte vorstellen können. Doch… er KANNTE dieses Monster. Das war doch dasselbe wie… Mahler zog den Abzug durch und leerte das Magazin aus nächster Nähe in den Tyrannen.

Der Rückstoß der Waffe ließ Mahler ein paar Schritte zurückweichen, stolpern, und sich auf den Hosenboden setzen. Die Einschläge der großkalibrigen Geschosse rissen Chitinfetzen aus Brust und Kopf des Tyrannen, schienen diesen jedoch nicht zu beeindrucken. Mahler saß auf seinem Hosenboden, die leere Waffe in den Händen und nicht in der Lage sich der hypnotischen Macht des Schwarmherrschers zu entziehen. Mit unglaublicher Wucht wurden die beiden Sensenklauen des Tyrannen rechts und links von Mahler in den Boden gehauen – und dann beugte sich das Monster ganz langsam vor, bis nur noch eine Handbreit Platz zwischen dem Kopf des Menschen und dem schwertergleichen Maul des Biests war – ein Kopf so groß wie eine Baggerschaufel.

Reflexartig klickten die riesigen Krebsscheren des Monsters zusammen während das Biest Mahler mit seinen Augen fixierte und den Menschen durchdringend musterte. Blitze psychischer Energie wanderten über den Kopf der Bestie und sprangen zu Mahler über.

Mit einem wilden Schrei machte der Kommissar kehrt und rannte auf das ungleiche Paar zu - dabei seine Boltpistole nahtlos abfeuernd. Blitzschnell befreite der Tyrann eine Klaue aus dem Rockkrete des Flugfeldes und hielt sie dem Angreifer entgegen. Der Kommissar konnte in seinem wilden Sturmlauf nicht mehr ausweichen und pfählte sich selbst – ein halber Meter mit Blut und Eingeweiden verschmierte Klaue ragte schon aus seinem Rücken bevor er zum Stillstand kam. Ungläubig starrte der so gepfählte zunächst auf seine penetrierte Brust hinab, dann in das Gesicht des Feindes. In einem letzten Akt des Trotzes wollte der Kommissar dem Tyrannen ein Boltgeschoss durch ein Auge ins Hirn feuern – aber sein Körper gehorchte ihm schon nicht mehr. Reglos betrachteten sich die beiden Kämpfer, bis das Licht aus den Augen des Menschen entschwand.

Der Tyrann wandte sich wieder seinem sitzenden Gegenüber zu. Die Blitze zwischen Mahler und dem Kopf des Tyrannen entluden sich wieder – irgendwie wurde eine Verbindung hergestellt. Dann brüllten Mahler und der Tyrann, sie brüllten vor Schmerz und Agonie als Mahlers Gesicht verkohlte und seine Haare Feuer fingen – als der Hitzeschlag des Multimelters die linken Arme des Tyrannen verdampfte und sich in den Körper der Bestie fraß. Mahler spürte noch, wie ihn irgendjemand packte und über den Boden schleifte, aber dann umfing in die traumlose Dunkelheit.

Altes Narbengesicht schrie. Der Schmerz überlagerte alle seine Sinne. Er konnte keinen Gedanken fassen. Da war nur Schmerz, heißer, brennender Schmerz. Jede Faser seines Seins wand sich in unerträglicher Agonie – nur langsam, ganz langsam ging der Schmerz zurück, als die regenerativen Fähigkeiten seines Körpers den Turbo einlegten. Er biss die Zähne so fest zusammen, das Einige brachen und Andere sich durch seinen Kiefer bohrten. Mit der gesamten Macht seines psychischen Selbst zwang er sich und seine Sinne wieder unter Kontrolle.

Er lag auf der Seite. Und obwohl er lag hatte er das Gefühl er würde sich permanent nach rechts drehen. Sein Gehirn schaltete schnell und Altes Narbengesicht zwang sich die Desorientierung, die der Verlust aller linken Augen mit sich brachte, zu ignorieren. Der Schmerz war zwar noch da, aber nun unter Kontrolle. Er sah sich um. Wie hatte das passieren können? Wie hatte er diesen tödlichen Gegner übersehen können? Dann war es ihm klar. Er hatte damit gerechnet, das seine Wachen sich um den schwer bewaffneten Symbiont, der sich am Rande seines linken Blickfeldes aufgebaut hatte, kümmern würden. Er hatte auch einen entsprechenden Befehl pulsiert – aber nicht auf das Echo gewartet. Und die Tatsache, dass er seine Wachen am Eingang des Nests zurückgelassen hatte war ihm wohl entgangen.

Mit Hilfe seiner rechten Scherenklaue kam er langsam auf die Hufe – nur um ein paar Schritte nach rechts zu taumeln, ausgelöst durch das Ungleichgewicht seines Körpers ob der fehlenden, linken Gliedmaßen. Wo war der Feind? Jetzt gab er eine einfache Beute ab – doch das würde nicht lange so bleiben. Wo waren sie? Da – da krochen und hüpften die kleinen Biester zu den Flugbestien – solche hatte er auch schon einmal gesehen. Altes Narbengesicht riss das Maul auf und brüllte seinen Hass hinaus – dabei überall abgebrochene Zähne und dunkles Blut verspritzend. Dieser kleine Symbiont würde ihm wieder entwischen. Jetzt, da er ihn so gut kannte, überlagerte ein alles verzehrender Hass auf die kleine Kreatur seine Sinne. Blind vor Wut taumelte Altes Narbengesicht auf die Flugbestien zu, die gerade eine Anzahl an Symbionten in ihren Transportmäulern verschluckten – darunter das kleine Biest das ihm schon wieder so zugesetzt hatte.

Schneller, immer schneller torkelte er auf die Flugbestien zu, die bereits über dem Boden flatterten und gleich wegfliegen würden. Aber nicht mit ihm. Das würde er verhindern. ER war das Alte Narbengesicht. ER war unsterblich, Er würde immer seine Feinde vernichten. Gerade als die Flugbestien Anstalten machten in den Himmel zu ziehen, erreichte er sie und konnte gerade noch eines von ihnen mit der rechten Schulter rammen. Die Bestie torkelte und rammte das Nest, sich dabei die ausgestreckten Hinterbeine abreißend um dann auf der anderen Seite des Nestwalls mit einem lauten Todesschrei aufzuschlagen. Dir zweite Bestie flatterte ungehindert in den Himmel.

Der Tyrann keuchte. Die Schmerzen waren immer noch da, genau wie die Desorientierung. Aber das würde er überleben. Er hatte schon andere Wunden überlebt. Und er hatte wieder eine wertvolle Lektion gelernt. Auch ein besiegter Feind war noch ein gefährlicher Feind. Nicht zu unterschätzen. Und dann war da noch der Moment, den er mit dem kleinen Symbionten geteilt hatte. Da hatte er in dessen Innerstes blicken können. Und was er gesehen hatte… das verstand er nicht. Noch nicht.

XI

- Rand des Macragge Systems -
In Transit
An Bord der Mirage

Darius klappte das Buch zu und erhob sich aus dem Sessel. Steif ging er durch den Vorraum seiner Suite, stellte das Buch zurück in die Schrankwand und rieb sich den Hintern. Verdammt, die Sitze in seinem neuen, luxuriösen Heim waren einfach zu weich.
Darius schielte zu seiner Rüstung die er abgelegt hatte hinüber. Obwohl er es ganz befreiend empfand hier an Bord nur in Hemd und Toga herum zu laufen, hatte seine Rüstung wohl auch ganz profane Vorteile – zumindest da hier alle Sitzgelegenheiten so weich waren.

Der Weg in die Sprungzone des Macragge Sytems hatte ein paar Tage gedauert und Darius hatte die Zeit genutzt sich mit dem Schiff vertraut zu machen, mit seinen neuen Teammitgliedern zu konferieren und das Buch zu lesen, das McMorn ihm so an den Kopf geknallt hatte. Er war versucht gewesen Choptas‘ Einsicht als Fehler abzutun und den Umstand ganz einfach zu ignorieren, aber immer wenn er McMorn begegnete, und das war täglich, ertappte er sich dabei bei ihrem Kapitän nach Anzeichen zu suchen, die Choptas‘ Diagnose betätigen könnten. Bis jetzt war da nichts Eindeutiges gewesen, aber McMorn war eine Frau die Ihre Gefühle gewöhnlich im Griff hatte – knapp, diszipliniert, professionell.

Letztendlich war das auch nur ein Randproblem, und sollte nicht weiter von der Mission ablenken. Trotzdem hatte sich Darius die Mühe gemacht das Buch über die alte Blumensteckkunst zu lesen, um bei der nächsten Gelegenheit McMorn zeigen zu können, das er durchaus im Stande war, sich auch mit „zivilen“ Themen auseinanderzusetzen.

Aber zunächst gab es eine Reihe an ganz praktischen Problemen anzugehen. Darius hatte noch nicht viel Zeit mit „seinem“ Kill Team verbringen können, und das Studium der Personalakten der anderen Mitglieder hatte im zwar klar gemacht, das er über eine Gruppe an ausgesprochenen Experten verfügte – aber ob sie auch als Team zusammen arbeiten würden, war noch die Frage.

Der Inquisitor hatte angekündigt, dass er die Grundzüge eines Operationsplans mit dem gesamten Team demnächst ausarbeiten wollte, und dass der nächste Sprung ins Immaterium sie alle ihrem Ziel näher bringen sollte. Darius war überzeugt nicht mehr viel Zeit zu haben bevor das Combat Team benötigt werden würde – Zeit es auf die Probe zu stellen.

Darius hatte seine Rüstung wieder angelegt und tappte durch das riesige Schiff um zunächst eine jeweils persönliche Einschätzung der anderen Marines zu bekommen, bevor er eine Reihe von Manövern abhalten würde, die den Rest offenbaren sollte. Dazu musste er aber zunächst einmal die Jungs finden. 5 Space Marines auf einem leichten Kreuzer verloren sich schnell. Glücklicherweise trugen alle Mitglieder des Teams einen Locator Beacon unter der Haut – Darius selbst allerdings noch nicht.

Mit Bruder Choptas hatte er ja schon im Schrein gesprochen und einiges über den Mann erfahren. Jetzt würde er die anderen Teammitglieder aufsuchen, um festzustellen was die auf dem Kasten hatten. Darius warf einen Blick auf sein Tac-Display am linken Unterarm – Bruder Raymon war ihm am nächsten. Warum also nicht mit diesem jungen Hitzkopf anfangen?

Darius hörte schon vom Weiten die charakteristischen Geräusche, die eine Übungsarena von sich gab. Das Hohe Sirren der Aktuatoren, das harte Klirren von Metall auf Metall, und der durchdringende Geruch von Schweiß und Schmieröl kündigten den Übungsbereich an. Darius betrat die Halle und sah sich um. Aus den Info-Täfelchen die ihm der Inquisitor ausgehändigt hatte wusste er was er zu erwarten hatte, aber es zu sehen war noch einmal etwas anderes.

Die Trainingshallen nahmen einen großen Bereich des Schiffs ein. Sich über mehrere Decks erstreckend war Platz genug für einen industriellen Übungskomplex der weitläufig genug war um sogar den mobilen Einsatz mit Fahrzeugen oder Sprungmodulen zu üben. Schießbahnen erlaubten den Einsatz sämtlicher Infanteriewaffen und die Hallen waren entsprechend abgeschirmt, so dass eine verirrte Sprengrakete nicht ein Loch in irgend ein wichtiges System reißen konnte – man konnte also scharf auf Zugebene üben – ungewöhnlich für ein ziviles Schiff.

Der vordere Bereich der Übungshallen war verschiedenen Nahkampfarenen vorbehalten so wie einem weitläufigen Magazin – was dort so alles an Waffen zu haben war würde Darius noch erkunden. Wie vermutet befand sich Bruder Raymon in einer der Nahkampfarenen und schlug sich mit vier Kampfservitoren herum. Darius trat an die Abschirmung heran und beobachtete den Kampf. Bruder Raymon trug zwar seine Servorüstung, jedoch keine Waffe – aber die brauchte er offensichtlich auch nicht.

Einer der mit Klingen ausgestatteten Servitoren lag bereits regungslos am Boden, die anderen Drei hatten Raymon eingekreist und bereiteten eine koordinierte Attacke vor. Dazu kam es aber nicht da der Marine einen blitzartigen Ausfall machte, den Angriff dieses Servitors blockte und ihn mit einer fast elegant anmutenden Wurftechnik in einen zweiten Servitor schleuderte. Während diese noch versuchten sich am Boden zu entwirren sprang Raymon den dritten Servitor an, wich geschickt dem aus seinen Kopf gezielten Doppelstich aus und zerschmetterte den Kopf Servitors mit einem gut platzierten Faustschlag. Der Kampf dauerte dann keine weiteren 20 Sekunden.

Schnell, dachte Darius und stark. Und diese Kampftechnik – die habe ich noch nicht gesehen... Bruder Raymon verließ den Käfig und überließ den Schrott dem Aufräumkommando. Mit einem überlegenen Lächeln trat er auf Darius zu. „Hat euch das gefallen, Captain?“ fragte er, während er lässige hab-acht Stellungen einnahm. „Beeindruckend“ erwiderte Darius nur. Raymon wippte auf den Absätzen und der Schalk stand ihm in den Augen. „Wünschen der Captain es auch einmal zu probieren?“ „Warum nicht?“

Raymon wies mit einer lässigen Geste auf die Magazinausgabe. „Ich überlasse euch gerne die Wahl der Waffen.“ Darius trat zur Waffenausgabe und nickte dem verschrumpelten Männchen hinter dem Tresen zu. Dieser lächelte den viel größeren Marine breit an. „Ich grüße euch Marine. Ich bin Inquisitor Steinbrechts Waffenmeister – ich heiße Golianth. Was darf es denn sein Bruder Captain?“ Darius musste schmunzeln. „Was habt ihr denn?“ Das Lächeln des Waffenmeisters wurde noch breiter. Er warf einen Blick über die Schulter in einen der Regalgänge. „Ich glaube ich habe alles was ihr euch vorstellen könnt. Auch... exotisches.“

„Eine einfache Übungsklinge bitte.“ Der Waffenmeister rollte auf seinen augmentischen Beinen zwischen die Regale. „Hab ich mir fast gedacht. Ich hätte hier ein Kurzschwert, das in Gewicht und Balance einer Ehrenklinge der Ultramarines sehr ähnlich ist.“ Der Waffenmeister drehte sich um und hielt zwei Klingen in die Höhe. „Übvariante oder die Energieausführung?“ „Das Energieschwert,“ fuhr Bruder Raymon dazwischen. „Oha, das wird ja interessant. Eure übliche Klinge?“ Bruder Raymon nickte nur. Meister Golianth rollte noch ein Stück weiter und holte einen langen Kasten aus dem Regal. Mit beiden Dingen unterm Arm rollte der Waffenmeister wieder zum Tresen.

Mit einer leichten Verbeugung übergab der Meister Darius seine Klinge. Etwas kürzer als sein eigener Arm, gerade, recht breit und schmucklos kam die zweischneidig geschliffene Energiewaffe daher. Darius machte ein paar Übungsschwünge und stellte fest dass der Waffenmeister nicht gelogen hatte – das Kurzschwert fühlte sich vertraut an. Mit einem Zucken des Daumens aktivierte Darius die Klinge – nun summte sie leise und leuchtete leicht – und würde nun Ceramit wie Butter schneiden.

Derweil öffnete Meister Golianth den Kasten auf dem Tresen und entnahm ihm ein Breitschwert. Die Klinge, die doppelt so lang und doppelt so breit war wie das Kurzschwert, war ebenfalls schmucklos – und dennoch von erlesener Qualität. Bruder Raymon umfasste den Griff mit einer Hand – obwohl beide daran gepasst hätten, und wirbelte dann die Klinge in einem komplexen Muster durch die Luft.

Oha – das wird lustig, dachte Darius, als die beiden Kampfer zur Arena herüber gingen. Die Arena Tür verriegelte und sperrte die beiden Kontrahenten auf einer kreisrunden Metallfläche, gut 15m im Durchmesser, ein. Abgeschirmt wie sie war, konnten jetzt die Kämpfer mit Macht um sich werfen wie sie wollten – Zuschauer am äußeren Energiezaun wären sicher, obwohl sie alles sehen und hören könnten. Die beiden Marines stellten sich gut drei Meter von einander entfernt auf. Darius gab einen kurzen Salut und ging dann in eine gehockte Kampfhaltung über, das Kurzschwert aktiviert und zum Stich bereit.

Bruder Raymon nahm das Breitschwert in beide Hände, hob die massive Parierstange vor sein Gesicht und ließ dann mit geschlossenen Augen seine Stirn gegen die Klinge sinken. So verharrte er ein paar Sekunden, öffnete dann die Augen, bohrte seinen Blick in Darius, und griff an.

Gleich von der ersten Sekunde an, wusste Darius, dass er hier um sein Leben kämpfte. Die weiten, jedoch schnellen Schwünge des Breitschwerts trieben ihn zurück. Seine Paraden konnten die Klinge abwehren, doch die Wucht hinter den Schlägen war beängstigend. Jedes mal wenn die Klingen sich kreuzten, glichen sich die Energiepotentiale der Waffen kreischend und Blitze zuckend an – was dem sonst lautlosen Kampf einen Höllenlärm bescherte. Lediglich seine Erfahrung aus vielen Kämpfen, und das er mit dem Kurtschwert deutlich schneller war als Bruder Raymon mit der langen Klinge, hatte ihn bis jetzt vor einem Treffer bewahrt. Er selbst hatte noch nicht einmal zum Angriff übergehen können.

Die Abwehrschlacht zog sich hin. Während Darius immer mehr um Luft kämpfen musste, schien Raymon nicht langsamer zu werden. Die Reichweite des Breitschwerts machte es unmöglich in die Nähe seines Gegners zu kommen – und nur so würde er einen Treffer platzieren können. Darius nahm es hin und beschränkte sich darauf zu verteidigen – und seinen Gegner zu studieren. Bruder Raymon schien ganz in dem Kampf aufgegangen zu sein – er nahm nur ihn war und nichts aus der Umgebung. Ein weiterer mächtiger Schlag ließ Darius drei Schritte zurücktaumeln – doch Bruder Raymon setzte nicht nach. Er blieb stehen, ließ die Klinge sinken und lächelte Darius an.

Darius ließ sich nicht zweimal bitten. Diese Gelegenheit musste er nutzen und er sprang seinen Gegner an, einen blitzschnellen Stoß auf die Brust gezielt. Völlig unerwartet gelang es Bruder Raymon den Stoß, so schnell er auch war, abzulenken. Und dann ging es erst richtig los. Er spielt mit mir! schoss es Darius durch den Kopf, als sein Gegner an Geschwindigkeit zulegte – und dann das mächtige Schwert schneller schwang als Darius sein Kurzes. Der Kampf dauerte keine zehn Sekunden länger, und Darius lag auf dem Rücken, sein Kurzschwert am Rande der Arena und Bruder Raymon über ihm – mit der Klingenspitze an der Kehle. „Das war zu leicht“, knurrte der jüngere Marine.

Sanftes Geklatsche vom Arenarand ließ beide Kämpfer den Kopf wenden. Dort standen McMorn und Meister Golianth, die den Kampf offenbar beobachtet hatte. Bruder Raymon drehte sich zu seinem Publikum um und verbeugte sich tief. Darius rappelte sich auf, hinkte zu seinem Schwert hinüber und hob es auf. Die Kämpfer verließen die Arena und brachten die Waffen zum Magazin zurück. „Ich hoffe die Darbietung hat Ihnen gefallen, Madame,“ wandte sich Bruder Raymon an McMorn, und an Darius gerichtet „ich denke das war’s fürs erste.“ Dann hielt der Sieger McMorn einen Arm hin und sagte: „Ich fühle mich ein wenig erschöpft. Darf ich sie zu einer Erfrischung einladen?“ „Aber gerne,“ schnurrte McMorn, hängte sich bei Bruder Raymon ein, warf Darius einen vielsagenden Blick zu und verließ am Arm des strahlenden Helden den Arenabereich.

„Arrogantes Arschloch,“ knurrte Golianth, „aber gut mit `ner Klinge.“ Darius legte sein Schwert auf den Tresen und fuhr sich durch das klatschnasse Haar. „Japp,“ stieß er etwas kurzatmig hervor, „ein echter Duellist. Vollkommen fokussiert. Und deshalb leichte Beute.“ Golianth hob eine Augenbraue. „Wie das?“ Jetzt war es an Darius zu lächeln - „Das wird sich noch zeigen.“ Meister Golianth räumte die Waffen weg. „Ihr braucht etwas mit mehr Reichweite.“ „Tja,“ Darius verschränkte seine Arme und lehnte sich an den Tresen, „leider hab ich nur mit dem Kurzschwert viel Übung. Mit dem Kettenschwert bin ich langsamer – zu langsam.“

„Ihr braucht etwas mit Reichweite, das euch nicht verlangsamt.“ „Ein Widerspruch in sich, meint ihr nicht?“ Meister Golianth signalisierte Darius ihm zu folgen. „Ich glaube ich hab da etwas.“ Darius folgte dem Krüppel in die Tiefen des Magazins. Ganze Berge an Schuß- und Nahkampfwaffen waren in den Regalen gestapelt – alles was das Herz begehrte. Sie kamen zu einer Panzertür die der Meister über drei verschiedene Schlösser entriegelte. Sie traten in einen gepanzerten Raum. Neonspots von der Decke beleuchteten gepanzerte Fächer, manche mit Sichtscheiben, andere so verrammelt da man denken könnte dahinter säße eine Bombe. Ein weiteres, schwer gepanzertes Schott riegelte das innere Sanctum ab. „Hier bewahre ich die etwas – besseren Stücke auf. Nein, sagen wir die etwas - exotischeren. Golianth trat an einen Wandtresor, entriegelte ihn und zog dann eine lange, gezackte, mattschwarze Klinge aus einem Fach, dem kalte Rauchschwaden entwichen. „Wie wäre es hiermit?“

Darius nahm die Klinge in die Hand und ging eine Kampf-Kata durch. Die Waffe war ein gutes Stück länger als das Kurzschwert, aber ähnlich in Balance und Gewicht. „Beeindruckend. Aber sie fühlt sich irgendwie nicht... richtig an. Was ist es?“ Golianth verstaute die Waffe wieder in der Wand. „Wundert mich nicht, dass ihr Vorbehalte habt. Liegt wohl an der negativen psychischen Signatur des Kris. Was bei einem Aarchon der dunklen Eldar auch nicht anders zu erwarten ist.“ Darius starrte die Hand an, die den rauen Griff umschlossen hatte. „Moment. Solche Xenosartefakte sind doch verboten!“ Golianth warf ihm einen mitleidigen Blick zu - „Genau. Und wer außer dem Ordo Xenos sollte sie haben?“ Damit öffnete er ein weiteres Fach.

„Vielleicht nicht ganz so mächtig, aber immer noch etwas ganz besonders...“ Golianth entnahm dem zweiten Fach ein langes, leicht gebogenes Schwert, das Silber und Gold blitzte. Die breite, beidseitig geschliffene klinge war mit seltsamen Runen übersäht, eine geschwungene Parierstange ging in einen knochenartigen Griff über. Darius nahm das Schwert, das entfernt an einen Säbel erinnerte und fühlte die Balance. Obwohl es sich etwas kopflastig anfühlte war das Gefühl nicht unangenehm. Wieder ging Darius die Kampfroutine durch – und diesmal fühlte es sich richtig gut an.

Darius entfernte seine Panzerhandschuhe und befühlte Metall und Griff mit seinen bloßen Fingern. Die Klinge fühlte sich warm, lebendig gar, an. „Wunderbar. Aber ich sehe keine Aktivierungsrune oder sonst einen Schalter. Ist es eine Energiewaffe?“ Golianth nahm die Waffe wieder entgegen und rieb sie liebevoll mit einem seidenen Lappen ab. „Das braucht sie nicht. Ich kann es technisch nicht erklären, aber der... der Geist der Waffe sorgt für Kraft und Schärfe. Sie steht in Macht und Durchschlagskraft einem Energieschwert, gar einer Energieaxt, in nichts nach. Hiermit hättet ihr Bruder Raymons Schwert in kleine Stücke geschlagen.“ „Ihr sagt andauern Sie. Was ist Es denn nun?“

Meister Golianth ließ seine Finger andächtig über die Klinge streichen. „Die persönliche Klinge eines Banshee-Exarchen. Wunderschön, blitzartig schnell, überaus mächtig – und absolut tödlich.“ Golianth sah Darius an, „Wirklich etwas ganz besonderes – für ganz besondere Anlässe.“

Darius verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue, das seltsame Artefakt begutachtend. „Ihr habt hier noch mehr derartiger verbotener Artefakte?“ Golianths Augen leuchteten wie die eines kleinen Kindes. „Eine ganze Sammlung! Dies ist nicht das einzige Verließ, jedoch das am besten gesicherte.“ Er klopfte gegen das schwerst gepanzerte Schott. „Da gibt es richtig tolle Sachen! Ihr glaubt eine Plasmapistole hat Durchschlagskraft? Hah! Da gibt es noch ganz andere Spielzeuge!“ Meister Golianth bebte vor Erregung und wrang die Hände. „Ich wage zu behaupten ich habe hier eine der umfangreichsten und am besten Sortierten Waffensammlungen im Segmentum! Was immer ihr wollt, ich habe es! Frostaxt? – Welches Äxtle hättens den gerne? Energiewaffe? Ork, Eldar, Tau, Imperium… ihr habt die Wahl! Jokaero Spezialanferitgungen? Was soll es denn sein? Tau Kampfanzug? Vier Varianten vorrätig. Oh Hauptmann Darius, ihr habt keine Ahnung was es alles gibt!“

Darius ließ sich von der Begeisterung des Waffenmeisters anstecken. „ Na, das Zeug ist hier wohl am besten aufgehoben – in den Händen der Inquisition.“ Meister Golianth gestikulierte wild. „Ja, aber wir sammeln ja nicht um des Sammelns willen! Wir betreiben Forschung! Hier, erklären Sie mir das!“ Der Meister rollte zu einer großen Truhe an einer Wand und öffnete den Deckel. Darin befand sich ein wahrer Haufen grobschlächtiger Projektilwaffen aller Kaliber und Zündungsmechanismen. Er griff aufs Geratewohl eine heraus und warf sie Darius zu. Der fing den Revolver, der in seiner Faust riesig wirkte, auf. „Was ist denn das für ein grobschlächtiges Teil?“ Meister Golianth stemmte die Fäuste in die Hüften. „Tja. miserable Spaltmaße. Klapprig ohne Ende. Laufkaliber und Trommelbohrungen passen nicht zusammen, Reibung in der Mechanik wie zugekittet. Versuchen sie abzudrücken.“

Darius versuchte es, aber die Mechanik wirkte verklemmt, wie Sand im Getriebe. Die Trommel zuckkelte, wollte sich aber nicht drehen, der Hammer nicht lösen. „Schrott,“ sagte er lakonisch. Golianth nahm den Metallklumpen wieder entgegen und warf ihn zurück in die Kiste. „Ja, aber in den Händen eines Orks funktioniert sie einwandfrei. Warum? Wieso können wir sie nicht einmal laden, und ein Ork bläst ihnen damit den Helm weg? Das gilt für den ganzen Orkplunder. Für uns nur ein Haufen Schrott, für sie wunderbar funktionierendes Handwerkszeug. Warum?“

Darius hatte bisher keine einschlägigen Erfahrungen mit Orks gemacht. Er zuckte mit den Schultern „Und?“. Sorgsam verschloss der Waffenwart die Kiste. „Das ist die Frage. Wir haben bis jetzt keine Antwort, nur ein paar Vermutungen. Aber das soll nicht ihre Sorge sein.“ Darius klopfte gegen das innere Schott. „Und was haben sie hier hinter versteckt?“ Der Meister starrte auf das Schott als könne er hindurchsehen. „Da liegen die wirklich exotischen Dinge. Einige interessante Artefakte. Ein paar Dinge von denen wir annehmen das es Waffen sind. Ein paar Dinge von denen wir wissen, dass es Waffen sind, deren Einsatz jedoch ganz einfach zu gefährlich oder die Handhabung zu unbekannt für einen Menschen wäre. Er wandte sich um und lächelte Darius schief an. „Ein paar Dinge darin sind so schlau wie sie und ich - zusammen.“

Darius atmete tief durch. „Das werde ich mal mit dem Inquisitor besprechen müssen.“ Meister Golianth nickte eifrig. „Tun sie das. Ich bin sicher er wird Ihnen die Augen öffnen.“

- Parador Secundus -
Dormitorium Medicae, Klosterfestung

Er schwebte. Obwohl, es war weniger ein Schweben, als ein Fliegen. Er flog. Er flog durch Wolken, wallende weiße Wolken, die seine Sicht beschränkten. Oder war es eher ein Nebel? Das Gefühl war jedoch berauschend. „Ich hatte schon immer fliegen wollen…“ dachte er, und er versuchte mit den Armen durch die Wolken zu steuern. Doch die Arme waren nicht da. Nichts war da. Nur unendliche Wolken, die durch sein Sichtfeld zogen. Trotzdem war der Flug erregend. Er spürte wie sein Herz klopfte, auch wenn er seinen Körper nicht wahrnahm. Und er war nicht allein. Leise, geflüsterte Stimmen schwirrten durch den Nebel...

…Aktivität zunehmend…
…kommt langsam…

Da war Licht. Irgendwo da vorne war helles Sonnenlicht. Er versuchte darauf zuzusteuern. Zuerst war das nicht möglich, er ruderte mit den Armen, das Herz klopfte, aber… die waren ja nicht da. Dann zwang er sich, sich auf das Licht das durch die Wolken strömte zu konzentrieren. Und siehe da – es kam näher.

…Wert annähernd…
…Level steigt…

Aber es brannte. Je näher er dem Licht kam, umso mehr brannte es auf seiner Haut. Auf einmal war es nicht mehr ein Fliegen, sondern eher ein Fallen. Er fiel auf das Licht zu, immer schneller, schneller, und das Brennen, es wurde immer stärker, immer stärker…

…200 zu 120…
…Level übersteigt…

Es tat WEH. Er wollte schreien. Aber er konnte nicht, konnte nicht schreien. Es brannte, brannte immer heißer…

…einleiten…
…sofort…

Weiße Wolken wirbelten durch sein Sichtfeld. Der Sturz endete abrupt und ging wieder über in ein Gleiten, ein einförmiges Schweben. Das Licht ebbte rasch ab, das Brennen hörte genau so plötzlich auf.

…nicht soweit…
…nächste Woche…

Leutnant Mahler, Zugführer im Dienste der Paradorischen PDF, blinzelte. Sein Atem ging schwer, er schnaufte heftig, als ob eine Erkältung ihm die Nasenhöhlen zugemacht hätte. Er wollte frei atmen, konnte aber nicht. Er lag. Lag auf etwas weichem. Einem Bett. Und jemand trat gegen das Bett, rhythmisch, unerbittlich. Sein Herz fing wieder an zu rasen, Schweiß bildet sich auf seiner Haut… dort wo er sich bilden konnte. Panik. Der Tyrann! Er war hier! Er wollte…

Ein feuchtes, kühles Tuch wischte langsam den Schweiß von einer Wange. Die Berührung war sanft, kühl, und sehr… angenehm. Das Herzrasen ging zurück, und Mahler wollte tief durch die Nase einatmen. Aber da versperrte etwas den Weg. Er konnte nur mit Mühe atmen. Wer auch immer gegen sein Bett trat, tat es regelmäßig.

„Schau an, da haben sie ja tatsächlich den Weg zurück gefunden.“

Diese Stimme. Jung, hell, angenehm… weiblich. Ganz langsam öffnete Mahler die Augen. Zuerst war alles undeutlich – dann ging ihm auf, dass er nur auf dem linken Auge etwas erkennen konnte. Rechts nur milchiges Grau. Langsam kam das Bild in Fokus. Eine hohe weiße Decke. Über ihm schwebend eine Hochleistunglampe wie über einem Operationstisch. Aber ausgeschaltet. Dahinter, bunte Lichtfetzen auf der weißen Decke. Wie Lichtstahlen durch ein Fenster. Ein Buntglasfenster.

„Ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung.“ Wieder diese Stimme. „Sie haben uns ganz schön Sorgen gemacht.“ Mahler wollte antworten, konnte aber nicht. Etwas hielt ihm den Mund zu. Diese Tritte an sein Bett. Würde Sie doch bitte endlich aufhören im Rhythmus seines Herzschlages gegen sein Bett… nein, das WAR sein Herzschlag. Sein Herzschlag der dumpf pochend von seiner rechten Körperhälfte mit jedem Schlag zurück geworfen wurde. Mahler versuchte sich aufzusetzen; eine sanfte, aber bestimmte Hand drückte ihn wieder in die Kissen.

„Na, na, so schnell geht das nicht. Nicht übernehmen. Sie standen schon fast vor dem Thron des Imperators. Da muss man es langsam angehen.“ Eine Gestalt beugte sich in sein Blickfeld. Er sah einen Kopf. Eine junge Frau, zartes Gesicht, mitfühlende, tiefe graue Augen, umrahmt von einem schneeweißen Bubikopf. Das grau-weiße Habit einer Schwester Hospitaler.

Die Frau legt ihm wider die Hand auf die Brust und erstickte somit jeden Versuch sich zu erheben im Keim. „Ganz ruhig. Sie wollen Antworten. Das ist verständlich. Aber Sie müssen sich Zeit lassen. Ich werde ihnen alles mitteilen was Sie wissen wollen.“ Mahler versuchte wieder zu antworten. Er bekam die Lippen nicht auseinander. Die Schwester lächelte. Mahler ging das Herz auf. „Sie können nicht antworten. Ihr Gesicht ist verbunden.“ Die Schwester legte nachdenklich einen Finger an die Nase. „Eigentlich ist alles an ihnen verbunden. Nur hier und da ist eine Stelle frei. Sie haben schwerste Verbrennungen, und wir waren sicher, dass sie es nicht schaffen.“ Das Lächeln kehrte in die Augen der Schwester zurück. „Aber sie haben es geschafft.“

In den folgenden Wochen erholte sich Lt. Mahler langsam, und er erfuhr was sich seit seinem Zusammenstoß mit dem Tyraniden-Tyrann auf Parador ereignet hatte. Er befand sich in der Klosterfestung der Schwestern vom Reinen Blute auf Parador Secundus - dem primären Mond von Parador Primus. Er war schwerst verletzt gewesen – und hatte die letzten vier Wochen im künstlichen Koma verbracht. Der Melterschuß, der den Tyrann außer Gefecht gesetzt hatte, hatte ihn nicht nur ein Drittel seiner Haut, sondern auch den rechten Arm mit Schulter, und sein rechtes Auge gekostet – nicht zu erwähnen jedes Haar an seinem Körper.

Nach einigen Tagen gelang es ihm aufzustehen, und auf seinen beweglichen Ständer mit den Blutbeuteln und Suprainjektoren gestützt, konnte er sogar das kleine Stück bis zum Kreuzgang humpeln, um aus dem großen Sichtfenster in den fast schwarz-blauen Himmel zu sehen. Dort hing Parador Primus jede Nacht groß am Himmel. Das wunderschöne, grün-graue Parador – jetzt nur noch ein hässlicher ocker-gelb-brauner Ball. Dort traf sie ihn.

Die meiste Zeit waren die Ordensschwestern damit beschäftigt, die Verteidigung, bzw. Evakuierung des Mondes vorzubereiten, weshalb sich außer den Schwestern Hospitaler sich nur selten Jemand in diesem Flügel blicken ließ. Umso überraschter war Mahler, als er wieder einmal in Gedanken Versunken vor dem Sichtfenster saß, und plötzlich Schritte hörte. Mahler wandte sich langsam um und eine Schwester der Sororitas kam energisch den Gang auf ihn zu marschiert. Kurz vor ihm hielt sie an. Die Frau wirkte klein, und trotz der ausladenden Rüstung zierlich. Sie hatte ihren Helm unter den Arm geklemmt, und auch ihr hübsches Gesicht umrahmte der schneeweiße Bubikopf, den hier alle Schwestern wie ein Teil der Uniform trugen. Steif verbeugte sich die Schwester vor ihm.

Mahler zog sich mit seinem verbliebenen Arm an seinem Medikamentenspender hoch und trat ihr entgegen. „Es tut mir leid. Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen.“ Mahler war verwirrt, „Wofür?“ Das Mädchen verbeugte sich noch einmal. „Ich bin Schwester Clydonia vom 2. Kampfverband / 3. Trupp. Ich habe die Ehre im Unterstützungstrupp den rechtschaffenden Zorn des Imperators zu seinen Feinden zu tragen. Es… Es war mein Multimelter der Sie getroffen hat. Ich bitte demütigst um Entschuldigung.“

Mahler war baff. Die Knie wurden ihm weich und er sank auf die Steinbank zurück. „Eh ja..“ stotterte er, „eh.. das ist dann wohl so.“ Mahler dachte wieder an den Tyrannen. „Aber wen sie ihn nicht angeschossen hätten, hätte er mich sicherlich zerrissen…“ Schwester Clydonia sagte nichts – sie machte lediglich ein betrübtes Gesicht. Mahler musste Schnaufen. „Bitte – nehmen Sie doch Platz – Ich bin im Moment nicht gut zu Fuß,“ versuchte er zu scherzen.

Die Schwester setzte sich neben Mahler auf die Bank, sehr gerade und steif – Mahler konnte förmlich spüren wie fremd und unangenehm dem Mädchen die Situation war. Er räusperte sich. „Wie sieht es mit der Verteidigung aus?“ Schwester Clydonia atmete den fest gehaltenen Atem aus. Mahler hatte den Eindruck dass eine unsichtbare Last von der Sorotita genommen wurde – jetzt da sie ein Thema gefunden hatten bei dem sie sich sicher fühlte. „Tja – wie sie sehen,“ und damit deutete sie durch das Sichtfenster in den Nachthimmel hinauf zu Parador Primus, „haben wir den Kampf verloren. Sämtliche Evakuierungs-maßnahmen sind eingestellt worden und wir konzentrieren uns jetzt auf die Verteidigung von Parador Secundus.“ Parador war ein hässlicher braun gelber Ball am Nachthimmel des Waldmondes und wenn man ganz genau hinsah konnte man die kleinen Schatten von Schwarmschiffen im tiefen Orbit ausmachen, die angefangen hatten das Leben von dem Planeten zu saugen.

„Und wie steht es da? Wir werden hier doch genau so enden wir alle auf dem Ball da oben.“
„Wir befestigen die Klöster und versuchen alles an Personal, was nicht unmittelbar der Verteidigung dient, aus dem System zu evakuieren. Die Schwarmflotte wird sich an Parador erst einmal satt fressen, das gibt uns etwa Zeit. Hilfegesuche sind an alle umliegenden Systeme und an die Sektorleitung gesandt worden – wenn wir Glück haben werden wir uns hier halten können.“ „Werde ich auch evakuiert? Ich tauge im Moment nicht wirklich zum Soldaten,“ stellte Mahler deprimiert fest.

Das Mädchen wandte sich ihm zu und taxierte ihn. Ihr Blick war durchdringend und irgendwie fordernd. „Normalerweise evakuieren wir alle Verwundeten, sofern sie transportfähig sind, aber…“ und hier ließ sie den Gedanken in der Luft hängen… „Man hat sie aufgrund ihrer erweiterten Kampferfahrung gegen diesen Gegner als wertvolle Unterstützung eingestuft – sie bleiben hier.“ Maler konnte das erst nicht glauben. „Echt? Und was soll ich machen wenn die Biester kommen? Mit meinem Urinbeutel werfen?“
Der Blick der Sororita war nach wie vor durchdringen. „Normalerweise sind meine Oberen im Orden nicht so freigiebig gegenüber Fremden – aber da nicht sicher ist ob wir das hier überstehen und um keine Chance ungenutzt zu lassen wurde beschlossen sämtliche Ressourcen in die Waagschale zu werfen – ich bin auch hier um sie zur augmentischen Wiederherstellung abzuholen.“

„Spüren sie das?“ Der Taster des Apothecarius berührte die Kuppe des Mittelfingers an Mahlers neuen, rechten Hand. „Ja“. „Heiß oder kalt?“ - „Kühl“. Der Mediziner wandte sich dem Kogitator neben dem Behandlungsstuhl zu und gab Daten in eine Kontaktmatrix ein. „Und jetzt?“ - „Warm“. „Das war zu erwarten – eine ganz normale Reaktion. Ihr Gehirn ist immer noch dabei die Signale aus der Interfacematrix in ihrer neuen Schulter zu interpretieren – deshalb werden sie feststellen, dass sie auch in den nächsten Wochen dem Temperaturgefühl in ihrem neuen Arm noch nicht trauen können. Aber das legt sich mit der Zeit.“

Der Mediziner gab Mahler eine Metallkugel an einem Kabel in seine neue Hand. „Wie letztes mal - achten sie auf den Monitor. Jetzt drücken sie zu – versuchen sie die Kraft ihrer Hand, dargestellt durch diesen Balken, hier zu dieser Ebene zu bewegen…“ Mahler drückte vorsichtig zu und die Druckbalken schoss sofort in den roten Bereich. Der Mediziner lachte leise. „He, he, he… Bitte sachte! Wäre das eine Pura-Nuss gewesen, wären wir beide jetzt grün besudelt! Seien sie sich darüber im Klaren was ich ihnen schon letztes mal erklärt habe! Ihr neuer Arm inkl. Schulter ist um einiges stärker und schneller, aber auch schwerer als der Rest ihres Körpers. Sollten sie im Gebet unbedacht die Hände wringen, können sie sich ihre linken Fingerknochen pulverisieren!“

Mahler stand aus dem Behandlungsstuhl auf und musste Kämpfen um das Gleichgewicht zu finden. „Und denken Sie an die neue Gewichtsverteilung in Ihrem Körper! Wir haben Arm und Schulter zwar an Wirbelsäule und Rippen angeflanscht, und auch Ihre Beine, insbesondere das Linke, verstärkt und erschwert, aber natürlich konnten wir sie nicht 100% ausbalancieren. Sie werden den Rest ihres Lebens mit einer leichten Desorientierung leben müssen – und der Tatsache dass sie jetzt auch gut 85 kg schwerer sind… Aber das alles hat auch Vorteile.“

Mahler strich sich mit der Linken über die rechte Hand und Arm – das Metall war nicht verkleidet und schimmerte matt blau/grau. Vielleicht zum ersten Mal seit zwei Wochen nach der Operation wurde er sich wirklich bewusst, was man alles an ihm verändert hatte. Dann griff seine verbliebene Hand an seinen kahlen Schädel, und an das Okularimplantat, das sein rechtes Auge ersetzte. „Ich kann es immer noch nicht glauben…“

„Tja, ich bin selbst über die Freigiebigkeit der Schwestern überrascht. Sie haben schließlich keine normalen Implantate bekommen wie sie die Garde oder PDF an Invaliden vergibt, sondern augmentischen Ersatz erster militärischer Güte – normalerweise nur hochrangigen Adligen, Militärs oder den Schwestern selbst vorbehalten. „Das da,“ und damit tippte der Apothecarius gegen Mahlers Arm, „wurde entwickelt um Menschen signifikant zu verbessern, nicht nur um fehlende Gliedmaßen zu ersetzen und Funktion wieder herzustellen. Selbst unsere Halbgötter des Adeptus Astartes verwenden nicht viel bessere Implantate,“ und da musste er grinsen,“ - aber natürlich größer.“

Mahler wankte langsam zur Tür. „Ich werde mich wohl daran gewöhnen.“ „Oh, keine Sorge, das werden sie. In 2 – 3 Monaten wird es sich anfühlen wie ihr eigener Körper – unser Gehirn ist da erstaunlich anpassungsfähig. Aber sie werden immer ihre neuen Kräfte aktiv kontrollieren müssen. Schließlich können Sie mit der Faust jetzt Wände einschlagen, oder einen Bolter einhändig abfeuern.“ „Ja, aber Suppe löffeln oder mit einem Stift schreiben kann ich immer noch nicht.“ „Das werden sie lernen. Zugegeben, sanfte Bewegungen mit ihrer Hand und Arm werden für Sie in Zukunft nur mit erhöhter Aufmerksamkeit möglich sein. Also passen sie auf! Ich hatte schon einen Fall, da hat eine neuer Augmentat seine Partnerin beim Sex zerbrochen – sprichwörtlich!“

- Immaterium -
In Transit
An Bord der Mirage

Der Frachtaufzug sank zügig den unteren Ebenen des Schiffs entgegen. Das letzte Gespräch mit dem Inquisitor hatte einen nachhaltigen Eindruck bei Darius hinterlassen, und er war sich immer noch nicht sicher, was er davon halten sollte. Die Argumentationskette des Inquisitors war lückenlos und schlüssig, und trotzdem widerstrebte es Darius sich seiner Argumentation anzuschließen. Vermutlich weil er sein Leben lang entsprechend indoktriniert worden war. Von frühester Kindheit an war er angehalten worden alles was die Aliens zu bieten hatten zu verachten und zu zerstören. Da war Steinbrecht ganz anderer Ansicht.

Zielsicher und logisch hatte der Inquisitor argumentiert, dass im Gegensatz zu den Erzeugnissen des Ketzers und des Chaos die Errungenschaften aller anderen Alienvölker nicht per se korrumpieren würden und es sich dabei meist lediglich um zwar fremde und komplexe, jedoch eigentlich harmlose Technologie handelte. Das war das zweite Anliegen des Ordo Xenos – zu überprüfen was von den Errungenschaften des Alien zum Nutzen des Imperiums verwendet werden könnte. Darius rieb sich das Kinn. Das war zwar alles logisch, aber trotzdem widerstrebte es ihm irgendwie.

Der Aufzug stoppte und spie ihn in die unteren Fahrzeughangar und Werkstätten aus. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt mit Jørgannsson zu sprechen, wollte das aber unbedingt nachholen, bevor sie in die Übungsszenarien einstiegen, die er mit dem Inquisitor auch schon ausgearbeitet hatte. Dass sich der Space Wolf in seiner Freizeit wohl überwiegend in den Fahrzeughangars herumtrieb, hatte ihn dann doch überrascht. Der Lärm aus den Werkstätten war laut. Überall wurde geschweißt, gehämmert und lackiert. Deckenkräne ließen Ersatzteile durch die Gegend schweben, Dutzende Servitoren und Tech-Adepten des Mars wuselten um Fahrzeuge und Flieger herum. Betriebsstoffe wurden abgelassen, um- und aufgefüllt. Munition aller Couleur wartete auf Bereitstellungswagen und wurde in Fahrzeuge eingerüstet. Ein heillosen Durcheinander, in dem Darius den Wolf zunächst nicht entdecken konnte, obwohl Jørgannsson gemäß Locator Beacon eigentlich hier sein müsste.

Dann entdeckte er die massiven Beine des Space Wolf, in ölverschmierten Arbeitshosen steckend unter dem Rumpf eines alten Rhinos hervorschauend. Neben ihm Stand ein Servitor mit Werkzeugbauchladen. Ein unablöslicher Strom an Flüchen und Grunzen strömte unter dem Fahrzeug hervor, der in einem gebellten „28er Schlüssel!!!!“ mündete. Darius griff in den Bauchladen des Servitors und reichte das gewünschte Werkzeug nach unten. Weiteres Grunzen und Fluchen ertönte, das in einem abrupten „Scheiße!“ und dem Geschepper eines über den Boden hüpfenden 28er Schlüssels endete.

Die folgenden Blasphemien die Jørgannsson ausstieß, über die die technischen Fähigkeiten des Imperators im Allgemeinen und die sexuellen Verhältnisse des Maschinengottes im Speziellen, während er unter dem Fahrzeug hervor kroch, beschloss Darius zu ihrer aller Seelenheil geflissentlich zu überhören. Der Wolf staunte nicht schlecht als er seinen neuen Chef über sich stehend, und ihm einen Lappen reichen sah. Jørgannsson rieb sich die Hände. „Na, was machst du denn hier in der Schlammzone? Mal bei der wirklich arbeitenden Bevölkerung vorbei schauen?“ Darius ergriff die Hand des Wolfs und zog ihn hoch. Wieder war er von der Statur des Space Wolf beeindruckt – auch im ölverschmierten Drillich und ohne Rüstung war er doch größer als Darius. „Personalgespräch“ lies Darius verlauten. Der Wolf setzte sich auf eine Kiste und griff zu einer großen, ungekennzeichneten Ölkanne und setze diese, nach einem kurzen Schnüffeln, an. „Da, dann sprich mal,“ grunzte Jørgannsson zwischen tiefen Zügen aus dem Krug. „Ich versuche mir ein Bild von meinen Teamkameraden zu machen – über das hinaus was in den Akten steht.“

Jørgannsson zog nur eine Augenbaraue hoch. „Da stand nichts über eine Affinität zu Fahrzeugen oder Reparaturvorgängen, obwohl die Liste ihrer Lizenzen zur Fahrzeugführung beeindruckend lang ist.“ „Nicht alles steht in den Akten.“ Schweigen. Darius versuchte es anders. Er deutete auf das Rhino. „Wo ist das Problem?“ Jørgannsson winkte ab. „Ach nur so ein paar Schrauben – falsch angezogen und jetzt völlig runde Köpfe. Komme aber in die Panzerungsvertiefungen mit ner Flex nicht rein – werde ich wohl herausschweißen müssen.“ „Kann ich helfen?“ das Grinsen des Wolfs wurde immer breiter – er stand auf und tippte Darius gegen den Brustpanzer. „Ausziehen.“ "Wieso denn das?“ „Weil man in einer Mk IV nicht unter den Panzer kommt.“

Fünf Minuten später lagen zur großen Verwunderung der Techpriester zwei Marines unter dem Rhino. „Da und da halten. Ich setze den Brenner hier an und schweiße den Kopf ab,“ dirigierte Jørgannsson,“und wenns klappt kommt die ganze Luke runter. Aufpassen, wiegt gut 150kg.“ Darius machte sich bereit die Panzerplatte aufzufangen. „Warum machen wir das nicht in einer Grube?“ „Weil die alle belegt sind und ich keine Lust habe mich mit den Marsianern übers Umparken zu streiten.“ „Sie halten nicht viel von den Techpriestern?“ Jørgannsson ließ die Flamme aufzucken und regulierte Gas und Sauerstoff zu einem weißblauen Brenner. „Ach, ein paar sind ganz ok. Aber mit der Masse sind das unwissende Fanatiker. Jetzt aufpassen – so eine Schweißperle auf der Haut ist unangenehm.“

Eine halbe Stunde später saßen die beiden Astartes durchgeschwitzt auf den Kisten vor dem Rhino und machten Jørgannssons Ölkanne leer, die mit Met gefüllt war. Die Panzerplatte lag zwischen ihnen – es war doch schwieriger gewesen als angenommen, da auch die restlichen Schrauben verkeilt gewesen waren und sie am Ende alle Acht hatten herausschweißen müssen. Der Wolf klopfte dem Rhino anerkennend auf die Frontplatte „Ist ein tapferes Mädchen. Hat lange gelitten und ihr Maschinengeist wird sich freuen, wenn ich jetzt endlich das lose Gestänge tauschen kann.“ „Sie sagten…,“ - der Wolf fiel Darius ins Wort. Er hielt ihm die Hand hin „Beor,“ bot er an. „Also gut Beor, du sagtest was über die Priester…“ Der Wolf schnaufte nur. „Ja, ja. Sie wissen viel und tun eine Menge, aber haben oft keine Ahnung was sie wirklich tun. Und das geht auf den Geist.“

Darius reichte die Kanne zurück. „Beispiel?“ Beor nahm einen tiefen Zug und rülpste. „Na wenn ich einen Motor anwerfe und gegen das Gehäuse trete um den Maschinengeist zu wecken. Das ist Blödsinn. Entweder ist das Teil mechanisch, und hat keinen Geist, oder er sitzt im Cogitator und ist sowieso immer wach – ein Tritt hilft höchstens einen hängenden Anlasser loszurütteln. Dumpfer Aberglaube, überall.“ Darius war überrascht. Er glaubte selbst nicht alles was die Priester des Mars so von sich gaben, aber einen derart kritischen Geist hatte er bei einem Hünen wie Beor nicht erwartet. „Hast dich wohl schon immer mit Mechanik auseinander gesetzt.“ „Oh, ja!,“ die Augen des Hünen leuchteten. „Bei uns im Dorf auf Fenris habe ich schon als Junge Armbrüste gebaut und mich eher für die Hebel interessiert mit denen man Baumstämme hochwuchten konnte. Die Lernmaschinen im Reißzahn waren eine Offenbarung. Ich konnte gar nicht genug von Technik bekommen. Haben mich nach meiner Zeit bei den Blutwölfen gleich in den Fuhrpark gesteckt – Kornus Eisenkralle – den habe ich bewundert!“

Darius deutete an dass er weiter erzählen sollte. „Einer unserer Eisenpriester. Hat mich unter seine Fittiche genommen - er hat mir viel beigebracht – auch das vieles was die Priester machen Humbug ist. Dann sollte ich selber Priester werden… und sie schickten mich zum Mars…“ Jørgannssons Blick ging in die Ferne. Erinnerungen schwemmten über ihn und lange Zeit herrschte Schweigen. Dann seufzte der Wolf tief. „Aber es sollte nicht sein.“

„Was ist passiert?“ Darius war jetzt wirklich neugierig. Er hatte den Wolf zunächst für den simpelsten seiner Soldaten gehalten und jetzt entwickelte er sich zu einem Diamanten. Beor zuckte mit den Achseln. „Ich habe ein Problem mit Autorität. Insbesondere mit der rituellen Autorität von Idioten.“ Da musste auch Darius grinsen. „Der Mars war in einer Hinsicht lehrreich. Er hat mir gezeigt das ich noch längst nicht alles weiß – aber doch eine Menge mehr als meine Lehrer auf dem Mars. Zumindest diejenigen die die angehenden Techmarines in den ersten drei Jahren betreuen. Das habe ich ihnen auch gesagt – ich hätte die Klappe halten sollen…“ „Das war aber bestimmt nicht alles. Nur wegen so einer Lappalie riskiert das Mechanikum nicht einen Space Marine Orden zu vergraulen, oder?“

„Nee. Hab mich mit meinem Magus überworfen. Ihn vor allen Schülern und seinen Vorgesetzten lächerlich gemacht.“ Jetzt brannte auch Darius. „Wie das?“ „Ach, das eingangs erwähnte Motor-Problem. Wir sollten einen alten Vielstoffmotor zum Leben erwecken und der Magos beharrte darauf, das der Geist der Maschine im Tiefschlaf sei und nur durch Tritte an die vorgeschriebene Stelle geweckt werden könne. Das funktionierte aber nicht und damit wollte er die Maschine als ‚gestorben‘ abschreiben. Ich habe ihm gesagt dass er ein Idiot ist, das der Motor gar keinen Geist habe und dann das Gehäuse abmontiert, das Massekabel wieder am Anlasser befestigt wo es ab-vibriert war und dann den Motor gestartet. Hat er nicht gut aufgenommen…“

Beide Marines lachten herzlich, bis ihnen die Tränen kamen. „Und..und..und dann haben sie mich für das Wühlen in den Innereien des Motors des Maschinenfrevels angeklagt. Ich wäre der Häresie schuldig und dürfte nie wieder eine Maschine bedienen! Na, ich war froh den Spinnern zu entkommen!“ Dann wurde Beors Mine schlagartig ernst. Traurigkeit schlich sich in seine Stimme. „Ich hatte gedacht im Reißzahn würden sie genauso lachen – hatte aber die politische Komponente völlig außer Acht gelassen. Das Adeptus Astartes ist für die Technik auf das Mechanikum angewiesen, und muss deshalb auch halbwegs nach deren Regeln spielen, hat mich Eisenpriester Kornus aufgeklärt. Kein Abschluss auf dem Mars – keine Priesterweihe. Ich durfte zwar alles fahren und fliegen, aber nicht öffnen oder reparieren, oder über das normale Interface hinaus mit einem Maschinengeist kommunizieren. Obendrein wurde ich als Versager angesehen - das war hart.“

„Und deshalb bist du schon lange hier.“ „Ja. Der Inquisitor hat mich gefunden und mir die Möglichkeit gegeben hier meiner Leidenschaft nachzugehen. Hier kann ich machen was ich will, keiner wagt es mir Vorschriften zu machen. In den letzten 80 Jahren habe ich durch Versuche und Experimente eine Menge dazu gelernt. Viel mehr als ich je im Orden würde machen dürfen. Ich gehe nicht mehr zurück. Für meine Brüder im Reißzahn bin ich schon lange tot.“ Darius war betroffen. Er konnte sich nicht vorstellen was es bedeutete seinen Orden zu verlieren, und sagte das auch. „Es ist nicht so schlimm wie du denkst. Ich kann hier wirklich alles machen und habe dank Steinbrecht Zugang zu Technologie wie kein Astartes vor mir – komm mal mit, ich will dir was zeigen…“ und damit stand Beor auf und lief durch die Halle. Sie kamen zu den Magazinen und Waffenwerkstätten und Boer schloss eine fest versigelte Werkstatt auf. Im Dämmerlicht einer einzelnen Deckenlampe zeichnete sich ein mächtiger Schatten ab.

Darius stutzte. „Was ist DAS?“ Strahlend wie ein kleines Kind zog Beor die Plane von dem Objekt. „Das ist mein Projekt der letzten zehn Jahre. Ich nenne es meine ‚Mobile Werkstatt‘.“ Vor Darius ragte ein Kampfanzug auf – sogar noch um einiges größer als eine mächtige Terminatorrüstung, und mit ausladenden Rückenmodul besetzt mit Armen, Greifern und Antennen. „Basis ist ein altes Centurion Chassis – frag mich nicht wo der Inquisitor das her hatte. Ich habs ausgeschlachtet und komplett neu aufgebaut. Größerer Reaktor, ein vierfach Parallelcogitator, mit Datenbank und eigenem Maschinengeist. Dazu ein invasives Neuralinterface gelenkt über diesen Sensorstachel zur Kontaktaufnahme, Analyse und im Extremfall offensiven Übernahme von elektronisch basierten Cogitatoren und Maschinengeistern. Dazu das übliche Techmarine-Chassi: Schweißbrenner der anders geregelt als schwerer Flammenwerfer fungieren kann, Melterarm für schwere Schneidarbeiten oder den Nahkampf und ein Hebearm mit zwanzig Tonnen Preßkraft.“

Darius hatte noch nie solch ein Konstrukt gesehen. Es sah aus wie ein wahnsinnig gewordener Cybot. „Und das da?“, Darius wies auf die ausladenden Schultern. „Tja,“ und Beor kratzte sich hinterm Ohr, „das da links ist ein Sendemodul, das ich von einem Tau-kampfanzug geklaut habe. Damit kann ich bis zu sechs Tau-Drohnen kontrollieren, die ich mit dem Neuralinterface gekapert habe. Die befinden sich hinten im Magazin, aber inert – die Kontrolle ist nicht 100% und die Drohnen machen manchmal was sie wollen. Und das auf der rechten Schulter ist… äh…“

Darius sah sich die kupfernen Kugeln und offenen Drähte, die sich wie ein Spinnennetz dazwischen ausbreiteten, kritisch an. Beor wrang die Hände. „Das ist noch im Versuchsstadium. Da hab ich versucht einen Ork-Kraftfeldgenerator nachzubauen. Funktioniert noch nicht so richtig. Das Feld kollabiert immer nach gut 30 Sekunden und auch der Parallelkogitator hat nicht die Rechenleistung die Energiezufuhr so zu modulieren das das Feld stabil bleibt. Liegt wohl an der Leistungsstufe des Feldgenerators. So etwas gibt es im Imperium nicht, jedenfalls nicht in der Größe einer Melone wie ich es brauche, die Kleinste die ich bekommen konnte wiegt drei Tonnen und ist etwa so groß wie der halbe Anzug. Also musste ich ein Orkteil einbauen – ist wohl nicht ganz kompatibel.“

Darius wurde fast übel. Er deutete auf die Hauptwaffe. „Ach das – das war einfach. Ein synchroner Massebeschleuniger von einem Tau / XV88 - die größte Spritze die ich bekommen konnte. Ganz einfach in die Sensormatrix zu integrieren, da ohne eigene Cogitatorfunktion.“ „Beor, du versuchst mir auf Umwegen zu sagen, dass du hier einen Ork/Tau/Imperiumshybrid geschaffen hast. Eine absolute Blasphemie vor dem Maschinengott.“ „Ja, aber er funktioniert! Also, zu 80%. Ich wollte noch eine Nahkampfwaffe integrieren – so als Klinge unter dem Massebeschleuniger – aber Inquisitor Steinbrecht hat sich geweigert das Schwert des Wraitlords, das er in einer seiner Stasiskammern hat, herauszurücken. Sagt es wäre zu wertvoll und der Geist des Schwertes würde sich wohl weigern mit den anderen Teilen des Anzugs zu kooperieren…“

Darius sah Beor lange an. „Mir wird langsam klar, warum dich die Techadepten vom Mars rausgeschmissen haben.“ „Tja – diese Kleingeister.“

- Parador Secundus -
Klosterfestung

Das Aufblitzen eines Multilasers tauchte die Dunkelheit in ein stroboskopartiges Halbdunkel. Mahler kauerte hinter einer Panzersperre aus Rockcrete. Er trug eine erweiterte, dunkelgraue, halb angetriebene Plaststahlrüstung – so nah an Power Armor wie es einem normalen Menschen ohne Neuralinterface möglich war zu tragen. Links und rechts von ihm kauerten Sororitas hinter ähnlichen improvisierten Befestigungen und feuerten in den Dunst. Die Schwester links neben ihm rief plötzlich „Bin leer! Lade nach!“ Mahler kam augenblicklich hoch und starrte in den Dunst. „Gebe Deckung!“ rief er während er die Schatten, die auf sie zu huschten ins Visier nahm und abdrückte.

Der Bolter kickte in seiner Faust und nur sein augmentischer Arm verhinderte einen Handgelenksbruch. Dutzende Ziele näherten sich seiner Position. Zielen – abdrücken, zielen – abdrücken; Bolt um Bolt schoss ins Dunkel und ließ Tyraniden platzen. Gelber Nebel waberte über Ihre Stellung. Mahler vertraute der Atemmaske, die gefilterte Luft und extra Sauerstoff aus seinem Anzug zog. Die Sicht wurde noch schlechter und Mahler war mehr als dankbar für sein Okularimplantat. Schnell ließ er verschiedene Wellenlängenmodi durchschalten um optimalen Kontrast zu erhalten – dass sein Bolter an die Zieleinrichtung des Implantats gekoppelt war machte Schießen und Treffen fast lächerlich einfach. Dann klickte die Waffe. Mahler ging sofort in Deckung. „Bin leer, lade nach!“ „Gebe Deckung!“ hallte es von rechts.

Mahler griff an seinen Gürtel und fand nur noch ein Magazin. Das rammte er in die Waffe und lud durch. Ein Flammmenschwall weiter links von ihm erhellte kurzfristig die Szenerie. „Letztes Magazin!“ rief er. Dann kam er wieder hoch um eine weitere Gruppe an Ganten ins Visier zu nehmen. 6 – 7 – 8 die Viecher zerplatzen unter dem konzentrierten Feuer des Abschnitts, aber es waren ganz einfach zu viele. „Bin leer! Lade nach!“ ertönte es von links – und dann gleich darauf auch von rechts. Der Munitionsstatus seiner Waffe zeigte noch fünf Schuss an. „Bin gleich leer!“ brüllte er. Die Biester waren nun ganz nah. Hormaganten, schoss es Mahler durch den Kopf. Sein Bolter klickte. „Achtung! Einbruch!“ brüllte er, als sich die Hormaganten niederkauerten um dann in ihre Stellung zu springen. Ein Viech sprang direkt zu ihm hinauf – mit einem hässlichen Zischen und hoch erhobenen Sensenklauen schoss es auf ihn zu – Mahler duckte sich.

Ein durchdringender Sirenenton hallte über das Schlachtfeld. Der Hormagant blieb gut 30 cm vor Mahler bewegungslos in der Luft hängen. Deckenlampen leuchteten auf und erhellten das mit Trümmern und Tyraniden übersäte Übungsfeld. Die Hologramme dutzender Aliens flackerten und verschwanden. Mahler stand auf, schob seine halbe Schutzbrille hoch und schnallte die Atemmaske ab. „Übungsunterbrechung. Am Leitstand sammeln,“ tönte es aus Lautsprechern hinter ihm. Mehrere Kampftrupps rappelten sich auf, traten aus den Deckungen und marschierten zum Leitstand. Der Trupp von Schwester Palmyra, dem Mahler zugeordnet war, sammelte sich am Schluss der Truppe. Etwa sechzig Schwestern plus Mahler sowie einige andere männlicher Klosterdiener hatten, organisiert in vier Trupps, an der Übung teilgenommen.

Obwohl sie so gerüstet waren wie Mahler und Lasergewehre und schwere Sturmgewehre trugen, sah man der Handvoll Männer doch an, das der Kampf eigentlich nicht ihr Metier war – Archivare, Techniker und Küchenpersonal – das Kloster warf alle Ressourcen in den Kampf. Die Schwester Principalis, die die Übung geleitet hatte trat auf den Gitterbalkon des Leitstandes und begann mit der Manöverkritik. „Diese Übung hatte wechselnde Schwerpunktverschiebungen des Angreifers zum Ziel. Dabei konzentrierte sich der Angriff zuletzt hauptsächlich auf den Abschnitt von Prioris Palmyra – wo dann letztendlich auch der Einbruch stattfand.“ Beschämt ließ diese den Kopf hängen. „Hier war der Munitionsverbrauch besonders hoch – Ihr habt zwar innerhalb des Trupps gute Munitionsdisziplin gehalten, aber ihr hättet rechtzeitig Hilfe von den andern Trupps anfordern müssen – allerspätesten als Lt. Mahler meldete er wäre beim letzten Magazin hättet ihr umformieren müssen.“ Betretenes Schweigen machte sich breit.

Dann lächelte die Schwester Principalis. „Kopf hoch Schwestern. Ihr habt den Perimeter ganze 27 Minuten lang gehalten – das ist deutlich besser als die vier Minuten in der ersten Übung. Und Schwester Palmyra, das ist kein Vorwurf – Ihr seid erst seit zwei Wochen Prioris und euer Trupp ist wild aus den Überlebenden von Parador Primus zusammengewürfelt. Da braucht es etwas Zeit bis sich alles findet. Jetzt Pause - Mittagsvesper und Gebet. In 20 Minuten wieder hier. Der Imperator beschützt. Wegtreten.“ Die Trupps zerstreuten sich und Schwester Palmyra rief noch einmal ihren Trupp zusammen.

„Das war schon besser, aber ich entschuldige mich für mein Versagen. Wir organisieren das jetzt etwas anders. Mahler – dank ihres Implantats und der Zielvorrichtung schießen sie schneller und genauer als alle Anderen – verbrauchen dabei aber auch mehr Munition. In der nächsten Übung teile ich ihnen ein extra Magazin zu – und auch den Schwestern rechts und links von Ihnen – damit die Aushelfen können. Sonst war die Feuerdisziplin gut. Schwester Clydonia – sollte sich wieder einmal abzeichnen, das sich irgendwo in unserem Abschnitt aufgrund Munitionsmangels ein Loch ergibt, will ich dort euren schweren Flammenwerfer um die Lücke zu füllen, damit wir zurückfallen können. Soweit die Änderungen. Imperator sei mit euch!“ „Der Imperator beschützt!“ echote der Trupp im Chor und löste sich auf um zur Essensausgabe am Ende der Trainingshalle zu marschieren.

Mahler war erschöpft. Das Trainingspensum der Schwestern war intensiv und man hatte ihm nicht viel Zeit gegeben sich von seinen Verletzungen zu erholen. Nur sein neuer, verbesserter Körper hielt ihn am Abend noch aufrecht. Müde schlurfte er hinter den Schwestern her und wünschte sich auch eine echte Servorüstung. Auch wenn seine Plaststahlrüstung fast so guten Schutz bot wie die der Schwestern und über ein paar Servos verfügte, war das Gewicht doch erheblich und unangenehm verteilt. Schwester Clydonia ließ sich zu ihm zurückfallen. „Na, Lt. Wie geht’s? Siehst gut aus, schon fast wieder fit.“ Mahler hatte sich in den letzten Wochen mit Schwester Clydonia angefreundet. Ihr fröhliches Wesen, und ihre Ähnlichkeit zu seiner echten, nun wohl verlorenen Schwester, zog ihn an.

„Ach Clydonia, ist doch nicht dein Ernst. Ich bin so fertig, dass ich jetzt eigentlich einen Mittagsschlaf anstelle einer weiteren Übung brauche. Ohne meinen Arm könnte ich das Ding gar nicht mehr heben,“ maulte er und tätschelte den Bolter. „Aber du bist echt gut damit.“ „Wenn du so ein Ding im Schädel hättest,“ und er tippte gegen sein Okkularimplantat, „dann wärst du das auch.“ Sie lächelte – „Ich bin froh dass ich noch beide Augen habe.“ „No shit. Wie macht sich der Brenner?“ Mahler beobachtete neidisch wie Clydonia mit dem schweren Flammenwerfer und dem übergroßen Rückenmodul spielend leicht neben ihm her hüpfte. „Ist halt ganz anders als der Multimelter den ich auf Parador zurücklassen musste. Jetzt gehe ich auf Flächenziele statt auf Punktziele. Aber geht schon.“

Sie hatten die Essensausgabe erreicht und stellten sich hinten an. „Soll ich?“ fragte Mahler. Clydonia nickte und Mahler machte sich daran ihr das Rückenmodul samt Werfer abzuschnallen. In den letzten paar Wochen hatte er so einiges gelernt was ihn früher nie interessiert, geschweige denn verfügbar gewesen wäre. Erste Hilfe unter Ausnutzung fortschrittlicher Medikits, alles über Rüstungen und exotische Waffen, auch Servorüstungen, Alienkunde. Manchmal war es ihm fast zu viel gewesen. Er lehnte seinen Bolter an Clydonias Rückenmodul und schnallte ein paar Rüstungsteile ab. Schnell waren sie mit der Schlange durch und hatten eine Tasse Suppe, ein Stück Brot sowie einen Energie/Vitaminrigel empfangen. Wasser gab es aus Feldflaschen.

Sie setzten sich auf ein paar Munitionskisten und schlangen das Essen hungrig hinunter. „Irgendwelche Neuigkeiten?“ fragte Mahler kauend. Clydonia schlüfte ihre Suppe leer. „Nö. Die Evakuierung nichtrelevanter Elemente läuft weiter, und die Befestigung des Klosters schreitet voran. Angeblich sind Elemente der Sektorflotte hierher unterwegs, aber wie du weist ist Parador abgelegen und industriell unrelevant. Wir werden hier einen heißen Tanz haben. Und ob noch rechtzeitig Verstärkung eintrifft weiß nur der Imperator. Bringst du die Schüssel zurück – ich muss zum Gebet.“ Damit ließ sie ihn sitzen und gesellte sich zu den anderen knienden Schwestern, die, geleitet von der Schwester Principalis, eine Lobeshymne auf den Imperator anstimmten um danach die restlichen acht Minuten ihrer Pause schweigend im Gebet zu verharren.

Mahler betrachtete die kniende Gruppe. Ihre uniforme Haartracht und Rüstungen täuschten über die breite Altersstruktur der Schwestern hinweg. Neben jungen Schwestern wie Clydonia waren alle Altersgruppen vertreten, auch Veteraninnen mit 30 Jahren Kampferfahrung. Ihre Hingabe war bewundernswert. Ihre Tage bestanden hauptsächlich aus dem Studium heiliger Texte, Kampfübungen und Gebeten. Hier und jetzt hatte die Klosterleitung das Studium und die Masse der Gebete zu Gunsten der Kampfübungen fallen lassen. Ein Leben ganz dem Imperator gewidmet. Wie lange mochte es wohl noch anhalten?

Er schritt zur kleinen Gruppe der in Dienst gepressten Klosterdiener hinüber. Diese saßen fast apathisch herum, zu ausgelaugt von den Morgenübungen um auch nur zu meckern. Für diese Nichtkombattanten war es noch viel schlimmer als für Mahler. Erstens hatte er seine Feuertaufe im Beisein der Schwestern schon erhalten, was ihm auch einen gewissen Respekt einbrachte, und zweitens war er militärisch vorgeschult, was ihm das Ganze einfacher machte. Diese Küchenhelfer hier in ihren schlecht sitzenden Rüstungen zu sehen, mit mehr Angst als Verstand, machte ihm noch einmal die Brisanz ihrer Situation deutlich. Wenn das Kloster auch vor Zuversicht, ja fast Vorfreude auf den Kampf mit den Feinden des Imperators brummte – diese sechs Männer machten deutlich wie Hoffnungslos dieser Kampf eigentlich wohl werden würde.

„Kopf hoch, Männer. Das war doch schon gar nicht so schlecht.“ Ein junger Bursche, der in seinem Leben 100-mal mehr Bücher einsortiert, als Schüsse abgegeben hatte blicke auf und ihn vorwurfsvoll an. „Wir werden alle sterben.“ Mahler lachte. „Ganz sicher werden wir das. Die Frage ist nur wann und wo.“ Zorn stand in den Augen des Jungen. „Na hier! Demnächst!“ „Wenn ihr weiter so beschissen feuert dann ganz sicherlich. Aber wenn ihr euch bemüht und den Schwestern eine echte Hilfe seid anstatt einer Last, dann stehen unser aller Chancen besser. Wer weiß schon welche Kugel die entscheidende ist, die das Ruder herum reißt und die Zeit verschafft, die nötig ist um hier heraus zu kommen. Wisst ihr es?“ betretenes Schweigen. „Natürlich nicht. Keiner weiß das. Wir wissen nicht mal ob diese Kugel schon produziert ist. Vielleicht gehen wir hier alle drauf. Kann gut sein. Ich hätte nicht gedacht dass ich Parador Primus überleben würde – aber hier bin ich. Also Kopf hoch und Kampf bis zum letzten Magazin – und darüber hinaus. Wer weiß schon was passieren wird.“

Die Männer starrten Mahler mit offenem Mund an. Verdammt, dachte er, jetzt höre ich mich schon an wie so ein eifriger Kommissar! „Also, ein bisschen mehr Engagement bei der nächsten Runde, wenn ich bitten darf. Hört das lieber von mir als von den Schwestern.“ Und damit drehte er sich um und stapfte zu seinem Trupp zurück wo Schwester Clydonia sich abmühte wieder das Rückenmodul aufzusetzen.