Seid gegrüßt,
in den letzten Tagen hatte ich ausgiebig den neuesten Shooter im 40K Universum von Focus Home Interactive gespielt, obwohl ich hätte eigentlich an meinen Söldnern basteln müssen.
Das Wort "Procrastinating" würde hier wohl voll ins Schwarze treffen.
Sei's drum.
Obwohl doch erst nur 50% der Kampagne abgeschlossen sind, habe ich knapp 14h in das Spiel investiert, fast alles Nebenmissionen. Dank 20 Jahren Videospiele kann ich einen ersten Erfahrungsbericht zu Necromunda: Hired Gun verfassen, sowohl als Veteran der Shooterszene wie auch etwas eingesessener 40K Fan.
Kurzfassung für die Ungeduldigen
Heruntergebrochen ist Necromunda: Hired Gun ein Doom(Eternal)-Klon der 20er Jahre, versucht gleichzeitig sich ein wenig von Borderlands was mit zunehmen und möchte das Alles zusammen unter der Deckmantel von 40K präsentieren. Gelingen tut dies nur sehr begrenzt.
Man merkt dem Spiel sehr schnell an, dass Fans von 40K und alter Shooter hier am Werk waren und man das Beste versucht hat, aus einem AA-Budget soviel wie möglich heraus zu holen, aber dennoch an vielen Ecken Einstriche machen musste.
Wem kann ich das Spiel empfehlen?
- Jeder, der ein Verlangen an 40K Spielen aller Art hat und sich dabei wünscht, die Lizenz würde nicht einfach sinnlos verwurstet werden
- Freunde von Shootern der alten Schule alá Doom, Quake, Unreal, Painkiller
- Spieler mit einer höheren Toleranzgrenze für mangelnde Story und spielerische Abwechslung
Überblick
Necromunda: Hired Gun ist ein First Person Shooter, angesiedelt in der namensgebenen Hive World. Ihr schlüpft in die Rolle eines namenlosen Kopfgeldjägers und schießt euch in 13 Haupt- sowie unendlich vielen Nebenmissionen quer durch die Unterwelt der wohl bekanntesten Makropole des 40K Universums. Dabei verfolgt ihr nur ein Ziel: mehr Geld, mehr Beute, mehr Spielspaß pro investierten Euro.
Fluff
Da es sich hier um eine 40K Forum handelt, ist wohl der Fluff das aller Erste, was ich ein wenig detailiter anschneiden sollte.
Ich bin jetzt nicht so bewandert mit Necromunda selber, aber auch ich erkenne, wenn vor allem Enthusiasten hier am Werk waren.
An allen Ecken trieft es nur so von Fan-Service.
Es ist ziemlich eindeutig, dass viel Mühe eingeflossen ist, die Akzente von Necromunda/40K so detailiert wie nur möglich zu gestalten.
Von 40K selbst ist das unglaubwürdige Größenverhältnis gut umgesetzt ( Gebäude hohe Statuen, ein Güterzug, doppelt so groß wie ein modernes Containerschiff?!), während gleichzeitg die beklemmende Stimmung der Underhives eingefangen wird (Alles ist alt und wurde seit Jahrhunderten nicht mehr gewartet).
Das Ganze geschah jedoch auf Kosten des Inhalts vom Spiel selbst.
Man könnte es aus der Perspektive des Fluffs auch als interaktiven Screenshot bezeichnen: Man steht zwar in der Welt von 40K, erlebt aber nix 40K-haftiges.
Tiefgreifende Interaktionen mit der Umgebung sind Fehlanzeige. Die 3 bekanntesten Gangs von Necromunda werden zwar dargestellt, sind aber nur 08/15 Kanonenfutter, die sich im normalen Gameplay kaum voneinander unterscheiden. Vereinzelt fallen ein paar Namen, die einem Nerco-Fan bestimmt etwas mehr sagen werden, aber nicht wirklich von Bedeutung sind.
Steuerung
Die Alten unter uns werden sicher noch den Begriff Doom-Klon kennen.
In den 90er wurde so ziemlich jedes Spiel, welches vom Design her an Doom 1-2 anlehnte als Solches bezeichnet. Dieser Begriff triff auf Necromunda: Hired Gun am Besten zu.
Genauer gesagt, handelt es sich hierbei um einen Klon von Doom Eternal. Keine 30 Sekunden sind notwendig um festzustellen, woran sich die Entwickler orientiert haben:
- dauerhaftes Sprinten
- Doppelsprung
- an der Wand laufen
- Seilhaken
- kein Fallschaden
- Regeneration der Lebenspunkte durch Treffer am Gegner
Dabei ist die Steuerung sehr einfach gehalten (was velleicht auch an der Portierung zu Konsolen liegen kann) und geht ziemlich schnell in die Reflexe über.
Gameplay
Es ist eindeutig, dass Streumon Studio keine Freunde von Spielen wie Calladoody sind. Wer versucht, langsam sich heran zu tasten, der verliert. Passend zum Setting ist brachiales Vorgehen ist hier der Tenór. Dies ist auch bitter nötig, denn während in den Hauptmissionen die Anzahl der Gegner fest definiert ist, werden in den Nebenmissionen unendlich viele Wellen von Gegnern auf euch einbrechen. Gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden kann dies schnell sehr nervig werden, vor allem wenn deren Bewaffnung Hit-Scan basiert ist.
Wenn wir wir gerade von Waffen reden ...
Waffen und Ausrüstung
Autoguns, Shotguns, Bolter, Plasma .. pick your poison.
Außer dem Flammenwerfer und der Meltagun sind alle bekannten Schießprügel des Imperiums vertreten. Brauchbar sind Sie alle, auch ohne dass man Sie modifiziert (Ja, es gibt Waffenmodifikationen), wirklich effektiv sind aber die Schießprügel mit dem höchsten Schaden pro Minute.
Neue Waffen können über den Händler der Hubwelt erkauft werden, in seltenen Fällen lässt auch mal ein Gegner was Brauchbares fallen, die meiste Zeit wird Beute aber durch Kisten ergaunert, die in den Leveln versteckt sind.
Das Spiel versucht hierbei Borderlands zu imitieren und vergibt den gleichen Waffentypen unterschiedliche Raritätsstufen + zufällige Waffenmods, wenn Sie als Loot fallen.
Dies hilft für die Langlebigkeit, da man ja in den Nebenmissionen die Kisten immer neu aufmachen kann, in der Hoffnung auf besseren Loot.
Gleiches gilt übrigens auch für eure Rüstung.
Mastiff
Ein Gimmick.
Hundeliebhaber mögen mich jetzt verteufeln wollen aber der tierische Begleiter war mehr für die Werbetrommel gedacht, als relevantes Spielelement:
- Wird der Köter gerufen, ploppt vor der eigenen Nase einfach auf
- Die KI setzt für das Tierchen aus, so dass es nicht wirklich als Nahkämpfer zu gebrauchen ist
- Cooldown ist viel zu lang
- einzig die Funktion Gegner kurzfristig durch Wände zu zeigen ist praktisch.
Der Spielspaß wird durch die Ab- oder Anwesenheit des Mastiff kaum beeinträchtigt
Story
Hier gibt es nur wenig zu berichten, weil das Spiel selbst auch wenig liefert.
Zwar existiert eine Geschichte, die aber so belanglos erzählt wird, dass Sie wie ein weißes Rauschen an einem vorbei geht.
Man schlüpft in die Rolle eines namenlosen Kopfgeldjägers, beauftragt damit den Mord einer bekannten Person aufzuklären.
Es stehen bis zu 16 Charaktere zur Auswahl, die aber keinen Einfluss auf das Spiel haben. Ist wirklich nur entscheidend, in welcher Haut du dich wohler fühlst.
Auch hier wurde wieder viel Potenzial verschenkt ... außer natürlich Streumon hat es mit Absicht so dünn gehalten weil deren Hauptaugenmerk auf dem Aspekt lag:
"Mach 'ma Shoota in Necromunda!"
Ich weiß es nicht.
Sound
Zu Beginn war das Spiel von einer Soundmischung geplagt, bei der relevante Töne wie Sprachausgabe im Hintergrund untergingen; wurde aber mit dem ersten Patch behoben.
Auch hier gibt es sonst nicht viel zu erzählen.
Necromunda hört sich genauso an, wie man es sich vorstellt: schwere Industrie, übertönt von noch schwereren Waffensounds.
(Für die es relevant ist, der Bolter klingt auch wie ein Bolter).
Einzig der Soundtrack hebt sich ein wenig heraus:
Statt der typischen Chorgesänge oder militanten Orchestern tönt hier brontaler Heavy Metal aus den Boxen.
Das mag zwar untypisch für 40K an sich sein, passt jedoch prima ins Spiel Design.
Fazit
Necromunda: Hired Gun hat viel Potenzial.
Ich bin der Überzeugung, das lediglich das Budget, der Publisher oder das kleine Team Gründe sind, weshalb es nicht noch mehr aus seinem bereits soliden Grundgerüst heraus holt.
Als offene Spielwelt wäre es für Necromunda Fans wahrscheinlich ein feuchter Traum gewesen aber auch als level basierender Shooter kann es sehr spaßig werden.
Aufgrund der sehr mageren Story und der schnell wiederholenden Gameplay Spirale kann es zum jetztigen Zeitpunkt nur all jenen empfohlen werden, die sowieso kein Problem damit haben ihre linke Maustaste festzukleben oder sich über jedes Spiel freuen, welches nicht einfach nur die 40K Lizenz drauf klatscht, die typischen Highlights nutzt und es als fertig abstuft.
Ein paar Patches, die noch die restlichen kleinen Makel ausbügeln. DLC, welche die Levelanzahl um ein Stück erweitern.
Wenn das noch erscheint, kann Hired Gun ein Top-Spiel werden, welches in die Nähe von "Space Marine" kommt.
Wer Fragen zu dem Spiel hat, haut mich an.
Ich denke ich kann so ziemlich alles beantworten können.