Der Ysraal-Zwischenfall [Schlachtenbericht / Kurzgeschichte]

  • Der Ysraal-Zwischenfall

    -ursprünglich eine Serie Schlachtberichte, die als Kurzgeschichten aufbereitet wurden-


    Das Projekt der Ysraal-Kampagne wurde vorzeitig beendet und die Geschichte demnach nicht fertiggestellt; die dadurch entstandene Story, will ich hier aber noch einmal sauber und ohne Ballast zugänglich machen. Auch wenn sie leider open-end ist, und auch bleiben wird.


    Inhalt


    Prolog

    Kapitel 1: Merohavim Outskirts

    Kapitel 2: Haq'Yahel Defense Line - Before the Storm

    Kapitel 3: Haq'Yahel Defense Line - Charge at Dawn

    Kapitel 4: Underneath Haq'Yahel - Ressurection





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  • Prolog


    Abel Vargas blickte zu der verheerten Wachstation. Schwarze Rauchsäulen schossen aus dem brennenden Gebäude und hin und wieder hörte man krachende Explosionen, wenn das Feuer brennbares Material erfasste.


    Die schwächliche Wachmänner wurden schnell durch die fanatischen Chaosanhänger überwunden, und dass darauffolgende Massaker erfüllte Vargas mit Stolz. Die Kultisten, die ihm folgten, waren ein gutes Werkzeug. Er und seine Brüder konnten bisher unerkannt bleiben und den Aufstand aus den Schatten koordinieren – und solange ihre Anwesenheit nicht bemerkt werden würde, würde sich Gouverneur Tibris davor hüten, Verstärkungen anzufordern.


    Der Gouverneur rechnete damit, dass die PVS ausreichen würde, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Jede Anfrage an das Adeptus Administratum oder die Space Marines, hätte unangenehme Fragen zur Folge gehabt: War Tibris unfähig, die Aufständischen zu bekämpfen? Wieso konnte es soweit kommen, dass Chaoskultisten einen offenen Aufstand führten?


    Vargas wusste nicht, wieso diese Welt so wichtig war. Ysraal VI lag im abgelegenen Ricknah Sektor und verfügte über starke Verteidigungskräfte, hatte jedoch, abgesehen von einigen Promethiumraffinerien, kaum wichtige Ressourcen. Ein strategischer Alptraum, ein vergleichsweise harter Kampf ohne sichtbaren Nutzen. Und doch, der Ordensmeister der Nachtschleicher hat sie persönlich hier hin gesendet, um den planetaren Gouverneur zu stürzen. Lord Kanra, ein stiller, in sich gekehrter Hexer, führte die kleine Truppe und liess ebenso wenig durchblicken, was genau ihr Ziel war.


    Nach ihrer Ankunft vor drei Jahren begannen die Nachtschleicher, die Autorität des Imperiums zu untergraben. Durch exakt durchgeführte Überfälle, bei dem sie keinerlei Spuren hinterliessen, fingen immer mehr Menschen daran zu zweifeln, dass Tibris sie schützen konnte. Die Nachtschleicher folgten ihrem traditionellen Muster und attackierten aussschliesslich weiche Ziele – Zivilisten, Transportkonvois, Behörden. Kanra war dabei eine unschätzbare Unterstützung und verwischte ihre puren mit der Macht des Warps, während er gleichzeitig die Saat des Zweifels streute und so die ersten Chaoskulte ins Leben rief.


    Der Hexer hatte vor wenigen Tagen entschieden, dass die Zeit gekommen war, Ysraal in einem Flammenmeer untergehen zu lassen. So lange es ging, würden die Nachtschleicher noch in der Dunkelheit lauern, aber die imperialen Truppen würden wohl früher oder später ihre Anwesenheit bemerken. Die örtlichen Polizeieinheiten, konnten die blutrünstigen, dem Wahnsinn verfallenen Kultisten noch ohne Probleme ausschalten. Bei einem zu erwartenden Gegenangriff der PVS, würden Vargas‘ Männer aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingreifen müssen, damit der Aufstand nicht gleich im Keim erstickt werden würde.


    Während der Chaos Space Marine sich still seine Gedanken machte, schweifte sein Blick über den zerstörten Bezirk. Die Anhänger des Chaos hatten vollständig die Kontrolle übernommen. Vargas führte einen von drei Kulten, die gleichzeitig gegen die lokalen Behörden vorgingen. Sein Bruder Irakash führte einen weiteren und Lord Kanra befehligte den dritten und grössten Kult, welcher das Zentrum der abgelegenen Stadt Merohavim besetzen sollte. Die verrückten Anhänger des ursprünglichen Bösen liessen ihrem Wahnsinn freien Lauf. Auf dem grossen Platz, nur wenige Dutzend Meter von Vargas‘ Position, versammelten die Kultisten alle Bewohner, die sie aufgreifen konnten und stellten sie vor die Wahl: Entweder, sie schworen ab vom Leichenimperator, oder sie würden auf der Stelle hingerichtet. Die ersten der Imperialen hielten noch an ihrem Glaube fest, doch nachdem die Kultisten sie wortwörtlich in Stücke gehauen hatten und ihre Gedärme als groteske Girlanden zur Verschönerung des Stadtbildes über die Strassenleuchten hingen, nahm der Wiederstand zunehmend ab.


    Um sich der neu gewonnenen Anhänger Loyalität sicher zu sein, durften diese sogleich die Schlachtung ihrer vormaligen Mitbürgern übernehmen. Wer seinen Geist wirklich dem Chaos öffnete, übernahm das Gemetzel mit Freuden. Es spielte keine Rolle mehr – Freunde, Familie, Bekannte – wer sich nicht dem ursprünglichen Bösen anschloss, wurde rücksichtslos massakriert. Männer zerstückelten ihre Frauen, Mütter ihre Kinder. Chaos – absolutes, ungeteiltes Chaos.


    Durch die Intensität der Barbarei wurden vereinzelte, besonders psychopathische Kultisten, von der Energie des Warp übermannt und verwandelten sich in zuckende, sich verzerrende und verkrümmende Wesen, welche absurd schreckliche und schön zugleich schienen, ehe sie wütend auf die Umstehenden losgingen, die die Chaosbestien dann mit ungezieltem, wildem Gewehrfeuer niederstreckten.


    Über das Vox-System der Servorüstung meldete sich knackend Irakash, mit ruhiger, wisperten Stimme.

    »Abel. Kanra hat mich soeben Kontaktiert. Merohavim ist fest in unserer Hand. Tibris hat eine Kompanie der PVS zu dieser Position beordert.«


    »Sollen sie kommen. Wir warten – sollten unsere schwächlichen Freunde versagen, werden wir sie die Macht von Cthonis Ultra spüren lassen!«.

    Im Kampf gegen Astartes würde Abel Vargas auf längere Gespräche verzichten, da sie eventuell abgehört werden könnten. Aber gegen einfache Soldaten hatten sie nichts zu befürchten. So antwortete Irakash dann auch prompt.


    »Ja, Cthonis Ultra, das Juwel der Dunkelheit. Wir waren schon zulange fort, Abel. Lass uns diesen Kampf zu Ende bringen, um erneut durch die Finsternis unserer Heimat zu schreiten… Bruder, Lord Kanra sagte, die PVS wird seinen Bezirk frontal westwärts angreifen – das heisst, Du deckst die nördliche Flanke. Sobald das Gefecht begonnen hat, will Kanra, dass Du mit einem schnellen Angriff in die Flanke der Imperialen vorstösst. Das müsste ihren Gegenangriff sofort zum halten bringen – und mit etwas Glück, können wir die gesamte Kompanie einkesselt und niedermachen.«


    »Gut, Bruder. Melde Du Kanra, dass ich bereit stehen werde. Lass uns an den Eingeweiden dieser Leichenanbeter laben. Für das Chaos!«

    Ohne zu antworten, beendete Irakash die Voxübertragung. Vargas wusste, dass Irakash genauso voller Vorfreude auf das kommende Massaker war, wie er selbst. Doch ähnlich Lord Kanra, war Irakash eher zurückhaltend und ruhig. In den drei Jahren auf Ysraal VI, lernte Vargas, Irakash zu schätzen, denn er war ein effizienter Killer und ein zuverlässiger Marine. In der vergangenen Zeit, entwickelte sich eine Art Freundschaft zwischen Irakash und Vargas, denn beide hatten ein eher ruhiges Gemüt und hielten fest an Werten wie Disziplin und Gehorsam. Für viele Chaos Space Marines wurde die unermessliche Freiheit und die Macht, welche der Warp verlieh, zum Verhängnis. Sie folgten dann nicht mehr dem Chaos, sie verfielen ihm. Entweder wurden sie zu sabbernden, brutalen Berserker, wie die geifernden Kultisten, die die Nachtschleicher hier anführten. Oder der Ehrgeiz bringt sie dazu, alle und jeden zu verraten, nur um noch mehr Macht zu erlangen. Auch bei den Nachtschleichern gab es solche, doch Abel Vargas und Irakash Sarkh waren beide keine dieser Sorte. Vargas wusste nicht, ob es vielleicht auch sie früher oder später treffen würde, doch momentan begnügten sie sich, ihrem Ordensmeister zu folgen, um gegen die Lügen des Leichenimperators zu kämpfen. Wüssten die Menschen, welche wahrhafte Macht dem Warp innewohnt, würden sie wohl kaum einen verrottenden Leichnam anbeten.


    Die Zeit war gekommen, sich auf die annähernde PVS vorzubereiten. Vargas aktivierte die Energiezufuhr seiner Energiefaust, und zertrümmerte einen bronzenen Aquila, der an der Gebäudewand gleich neben ihm abgebracht worden war, bevor er den blutgetränkten Platz verliess, um seinen Kriegertrupp in Bereitschaft zu setzen. Es war soweit, den Imperator herauszufordern.

  • Kapitel 1: Merohavim Outskirts


    Obwohl der Himmel durch graue Wolken und pechschwarze Rauchschwaden soweit verfinstert war, dass kaum mehr Sonnenlicht zur Erde drang, leuchtete der Horizont rot-pulsierend, als ob heisses Magma immer wieder über die Dächer Merohavims schoss. Der Soldaten der PVS war klar, was dieses unheimliche und verzaubernde Lichterspiel zu bedeutend hatte. Merohavim stand in Flammen.

    Eine Terrorgruppierung hatte sich gegen den Gottimperator gewandt und huldigte nun irgendwelchen falschen Götzen. Pure Häresie, ein trauriges Ereignis, welches so schnell wie möglich gesühnt werden musste.


    Jeder der Männer wusste, was zu tun war: Merohavim musste zurückerobert, und jeder einzelne Ketzer hingerichtet werden.


    Leutnant Grimmstein hatte ein ungutes Gefühl. In den Mitteilungen der planetaren Regierung war die Rede von einer kleinen Gruppierung oder Sekte, die vom einzig wahren Glauben abgefallen war, doch wieso wurden dann gleich mehrere Kompanien der PVS mobilisiert? Wieso erhielt er keinerlei Informationen über den Einsatz? Was verschwiegen seine Vorgesetzten? Ausserdem, wie konnte es einer ‚kleinen Sekte‘ gelingen, eine ganze Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen?


    Unschlüssig, was er von der Situation halten sollte, musterte Grimmstein seine Umgebung. Die Einheit, der sein Infanteriezug angehörte, befand sich inzwischen am äussersten Rand der Siedlung, welche im nördlichen Dschungel Ysraals lag. Ausgebrannte Ruinen und zerstörte Gebäude zeugten von heftigen Kämpfen. Ausserhalb der verwüsteten Strassenzüge lag der dichte Dschungel, der nur von einigen wenigen Felsformationen durchbrochen wurde.


    Etwas Schreckliches musste passiert sein. Um eine solche Zerstörung herbeizuführen, wurden schwerere Waffen benötigt, als ein paar Häretiker hätten aufreiben können. Was ging hier vor sich?


    Plötzlich erreichte knackte das Funkgerät, welches der Funker seines Kommandotrupps auf dem Rücken trug. Ihr Kompaniekommandant war nur wenige Dutzend Meter weiter vorne, und führe die Gefechtskolonne von der Mitte der Einheit. Aufgrund dessen war der knappe Befehl des Hauptmanns klar und deutlich zu hören.


    »Feindkontakt in nördlicher Richtung. Alle Einheiten, bis Sichtkontakt vorrücken. Los, Los, LOS!«

    Nun war es also soweit. Nun würden sie den Feind zu Gesicht bekommen. Grimmstein hatte seine Befehle, und es stand ihm nicht zu, diese in Frage zu stellen. Doch war er ganz und gar nicht einverstanden – Vorrücken? In das dichte Dschungelgelände? Anstatt dass sich ihre Einheit in den Ruinen des Stadtrands eingrub, schicke der Hauptmann alle Soldaten blind in das unübersichtliche Gelände und überliess somit dem Feind die Initiative?


    Nichtsdestotrotz war es ihre verdammte Pflicht, für den Imperator zu kämpfen und falls notwendig zu sterben. Erfüllt vom Geist des Martyriums und der Entschlossenheit, jeden ketzerischen Feind hinwegzufegen, wies Grimmstein seinen Funker an, auf die Frequenz der Infanterietrupps zu wechseln und gab den Befehl weiter.


    »Die Verräter wurden entdeckt. Nördliche Richtung. Alle Mann, zur Dschungelgrenze vorrücken. Los! Los! Los!«


    »Trupp Eins verstanden. Wir rücken vor. Nördliche Richtung. Für den Imperator!«, kam die Antwort in Bruchteilen einer Sekunde zurück. Die Männer waren mehr als bereit, ihre Pflicht gegenüber dem Imperator zu erfüllen. Sogleich der erste Trupp den Befehl bestätigt hatte, meldete sich auch der andere, seinem Kommando unterstellten Trupp.


    »Trupp Zwei. In nördliche Richtung vorstossen. Vernichtet alle ketzerischen Hunde! Ende.«

    Weiter westlich seiner Position, erblickte Grimmstein die Infanterietrupps des ersten Zuges, die ebenfalls in die Richtung der Waldgrenzte losstürmten. Es waren erfahrene Männer, die über neueste Ausrüstung verfügten. Der Leutnant des ersten Zuges hatte mehrere Männer mit Meltern und Plasmawaffen unter seinem Befehl, die selbst stählerne Befestigungen einreissen könnten, sollten sich die Rebellen verschanzt haben.


    Die imperialen Soldaten erreichten den Dschungel in Rekordzeit. Die Geschwindigkeit des Verstosses erinnerte Grimmstein an die Geschichten über die heldenhaften Angriffe der Astarteskrieger; ohne Angst vor dem Tod, mit unermesslicher Ausdauer auf den Feind zustürmend. Es erfüllte ihn mit Stolz, solch tapfere Männer unter seinem Kommando zu haben. Hoffentlich trog ihn sein ungutes Gefühl, und er konnte alle seine Jungs lebend nach Hause bringen.


    Unverhofft vernahm der Leutnant ein ratterndes Grollen, als plötzlich ein gepanzertes Fahrzeug aus dem Dschungel vorpreschte. Die Panzerplatten waren in einem stumpfen, weiss-gräulichen Farbton gehalten, wobei ein geisterhaftes Lila gegen die Aussenkanten hin, dem Fahrzeug ein unwirkliches, schemenhaftes Aussehen verliess. Auf dem gepanzerten Dach fand sich eine groteske Galerie des Schreckens. Enthauptete Körper, Gedärme und Leichenteile waren chaotisch auf langen Messingpfählen aufgespiesst – ein klares Zeichen, dass es sich wohl kaum um Verbündete handelte.


    »Feind voraus! Gefechtslinie bilden!«, brüllte Grimmsein, als ein ganzes Stück weiter westlich eine Salve schweres Maschinengewehrfeuer auf einen Infanterietrupp des erste Zuges niederprasselte.


    Die überraschten Soldaten, welche die Situation noch nicht wirklich erfassen konnten, warfen sich verzweifelt zu Boden, wodurch sie sich von dem schlimmsten retteten.

    Kurz darauf öffneten sich die Panzertüren des massiven Fahrzeugs gleich voraus, und eine Horde furchteinflössende Häretiker sammelten sich nur wenige Meter vom ersten Trupp seines eigenen Zuges entfernt. Ohne zu zögern feuerten sie mit ihren Automatikwaffen einen Kugelhagel gegen Grimmsteins Männer, doch gerade rechtzeitig, um grössere Verluste zu vermeiden, warfen sich diese gegen Bäume, Wurzeln und Steine. Die allermeisten der Projektile schlugen im Dickicht des Dschungelgeländes ein und verfehlten ihre todbringende Wirkung.


    Grimmstein versuchte, sich einen Überblick zu schaffen, doch durch den schnellen Vorstoss Sekunden zuvor, waren die Soldaten der PVS hilflos in die Feuerlinie der Rebellen gestürzt. Das Panzerfahrzeug war ein grösseres Problem, waren die ganzen schweren Waffen doch im ersten Zug konzentriert, der aufgrund der Distanz unmöglich Feuerunterstützung geben konnte. Um Druck auf den Feind auszuüben, entschied der Leutnant, den zweiten Infanterietrupp seines Zuges schnell vorwärts zu bewegen, und den ausgebooteten Rebellentrupp zu Flankieren. Bevor er jedoch die entsprechenden Befehle erteilen konnte, wurde er Zeuge eines unglaublichen Schreckens.


    Als ob sich die absurden Kräfte eines höllischen Paralleluniversums manifestieren würden, zuckten fast ein Dutzend schimmernde Energieblitze gegen den Kommandotrupp des ersten Zuges. Im ersten Moment geschockt, als die unnatürliche Macht auf seine Kameraden niederprasselte, erkannte er erleichtert, dass nur ein einziger der Veteranen leblos zu Boden glitt. Er sprach ein kurzes Dankgebet an den heiligen Imperator – Leutnant von Lach, ein altgedienter Soldat, der bereits mehrere Male ausserhalb von Ysraal diente, war ein guter Offizier und treuer Freund. Sein Verlust würde Grimmstein hart treffen. Ausserdem mussten die Veteranen des ersten Zuges, ausgerüstet mit Meltern und Plasmawaffen, diesen verdammten Panzer ausschalten!


    Doch was war dies für verfluchte Hexerei? War es der Imperator selbst, der ihnen zürnte? Was sonst hätte die Macht, solche unmenschliche Energieblitze aus dem nichts zu erschaffen?

    Gerade als Grimmstein das Kommando zur Flankenbewegung geben wollte, erlebte er die bestialische Grausamkeit des Krieges aus erster Hand. Kurz nach dem Einschlag der unheimlichen Zauberkraft, folgte ein verheerender Feuerhagel. Eine grosse Menge Raketenprojektile jagten wie Boten des Todes gegen von Lachs Kommandotrupp. Schädel platzten und verstreuten Hirnmasse und Blut gleichermassen über den feuchten Waldboden. Gliedmassen wurden abgerissen und die Körper der Veteranen sprichwörtlich durchlöchert. Die Armeplast-Rüstungen wurden einfach pulverisiert. Nur Sekunden später, war von Lachs Trupp ausgelöscht. Es würde wohl nicht einmal genug von den Unglücklichen übrig sein, um sie zu identifizieren. Was waren das für Waffen, die eine solche Wirkung zeigten? Wer waren ihre Gegner?


    Erstarrt vor Schreck, gelang es Grimmstein trotz allem, seinem zweiten Infanterietrupp den Befehl zu geben, vorzurücken und die Flanke des Feindes zu bedrohen. Der Regimentskommandeur bewegte seinen Kommandotrupp nach Westen, um den in Bedrängnis geratenen ersten Zug zu unterstützen. Auf der Befehlsfrequenz vernahm Grimmstein, wie sein Kommandant dem ersten Infanterietrupp, der noch immer in Deckung am Boden lag, Befehle zubrüllte. Durch seine Erfahrung und Autorität gelang es dem Hauptmann, den Trupp zu sammeln und ein geordnetes, mehrgliedriges Feuer anzuordnen. Leutnant Grimmstein sah nicht, was das Ziel war, da es sich hinter dichten Dschungel-Dickicht befand, doch schien, dass das Lasergewehrfeuer auf die Schützen, welche von Lach niedermähten, gezielt war. Was er nicht wusste – nicht wissen konnte – war, dass die nervösen Infanteristen einen Grossteil der Schüsse verfehlten, und der Rest der Salve komplett von der Rüstung des Gegners abgefangen wurde.


    Inspiriert davon, wie der Regimentskommandeur trotz der bereits äusserst verzweifelten Lage stoisch die Kontrolle behielt, befahl Grimmstein seinem ersten Infanterietrupp ebenfalls ein mehrgliedriges Feuer auf den Rebellentrupp gleich voraus. Der Angriff seiner eigenen Mannen war erstaunlich erfolgreich; trotz der Deckung durch das Dschungeldickicht, wurde die Hälfte der gegnerischen Einheit niedergemacht. Die feigen Rebellen zogen sich Angesicht dieser schweren Verluste sofort zurück. Nur noch der Panzer stand im Weg, um dem ersten Zug zur Hilfe zu eilen.


    Als ob der Regimentskommandant exakt denselben Schluss zog, feuerte einer der Veteranen dessen Kommandotrupps seinen Melter. Nur noch ganz knapp in der maximalen effektiven Reichweite, zuckte der glühende Hitzestrahl gegen die Frontpanzerung des Transportfahrzeuges, und schüttelte den Panzer gehörig durch. Trotzdem schien er keinen grösseren Schaden genommen zu haben.


    Grimmsteins vorherige Zuversicht wandte sich in unergründliche Angst. Er wusste, dass der Imperator nur Sieg oder Tod akzeptierte. Aber er wollte nicht fallen – nicht hier, nicht gegen einen Gegner, von dem er weder Ziele noch Absicht kannte.


    In der Ferne sammelten sich die zuvor zurückgeschlagenen Rebellen. Es waren nur noch wenige, trotzdem schienen sie erpicht, sich wieder in den Kampf zu stürzen. Was gab diesen armseligen Aufständischen den Mut und die Kraft, gegen ausgebildete PVS zu bestehen?


    Ehe Leutnant Grimmstein sich weitere Gedanken machen konnte, heulte der mächtige Motor des archaischen Panzerfahrzeuges des Gegners laut auf. Die vier metallischen Auspuffrohre, die jeweils seitlich aus der Panzerung herausragten, spuckten tiefschwarze Rauchwolken aus und verpesteten die Luft mit dem beissenden Geschmack von verbranntem Promethium. Das Rebellen-Fahrzeug beschleunigte mit Höchstleistung, und die dreckverkrusteten Ketten trugen es unaufhaltsam nach vorne.


    Das Ziel des Panzers wurde bald offensichtlich: Er raste geradewegs frontal auf den Kommandotrupp des Hauptmanns zu! Diese Wahnsinnigen wollten ihn einfach überrollen!


    Mit der Tapferkeit eines Astartes orderte der Offizier seinen Trupp jedoch, die Formation zu ändern und dem Panzerschock geordnet aus dem Weg zu gehen. Das mächtige Fahrzeug kam nur wenige Fuss weit neben den Veteranen zu stehen und machte dann trotz dem anfänglichen Schock einen doch sehr verlorenen Eindruck. Der Leutnant war sich sicher, dass der Lenker nicht damit gerechnet hatte, dass der Kommandotrupp seine Position halten würde.


    Im selben Moment hämmerte eine Maschinengewehr-Salve gegen den Trupp des Hauptmanns. Die Häretiker, welche zuvor den Infanterietrupp des ersten Zuges beschossen, hatten scheinbar eine neue Zielpriorität erkannt. Grimmstein befürchtete das schlimmste, als der Kugelhagel auf seine Kameraden traf. Tatsächlich sank der Funker zu Boden, die Armaplastrüstung durchsiebt und ein grosser Teil des Schädels abgerissen. Der Hauptmann war ebenso getroffen, doch hatte er vergleichsweise Glück, denn so wie Grimmstein erkannte, war nur ein Teil seines rechten Oberarms abgerissen worden – wahrscheinlich ein Streifschuss und nichts, was man nicht mit Bionics hätte retten können.


    Weiter nördlich war das Feuergefecht zwischen Grimmsteins ersten Trupp und den zahlenmässig unterlegenen Rebellen weiter in vollem Gange. Hinter der dichten Vegetation in Deckung richtete das ungezielte und nervöse Feuer der Häretiker kaum Schaden an. Ein einzelner Soldat fiel zu Boden, vielleicht Verwundet, vielleicht tot. Ein tragisches Schicksal, doch Anbetracht der verzweifelten Lage, war Grimmstein froh, dass ‚nur‘ einer seiner Männer ausfiel.


    Hätte Leutnant Grimmstein gewusst, welche Schrecken noch auf ihn zukommen würden…



    Vargas war zufrieden. Obwohl die Chaoskultisten nicht gerade effizient waren und grössere Verluste einstecken mussten, konnten sie die Soldaten der PVS doch beschäftigen. Die Diener des Leichengottes kämpfen unerfahren; amateurhaft. Aber wer konnte es ihnen verdenken: Was waren die paar dutzend Jahre, die einer dieser Hunde an Erfahrung sammeln konnte, im Vergleich zu den Jahrhunderten, in denen seine Brüder und er schon kämpften? Ausserdem waren es Soldaten eines PVS-Regiments. Es würde ihn wundern, wenn wenigstens eine Handvoll dieser Schwächlinge schon zuvor einmal im Einsatz stand. Blutjunge, unerfahren Opfer für eine verlorene Sache. Der Imperator war wirklich grausam, seine Diener so hinschlachten zu lassen.


    Nicht wie das, was Vargas ihnen anbieten konnte. Freiheit. Das Recht, aus eigener Stärke seinen verdienten Platz zu erobern.


    Nach einem kurzen Blick auf die taktische Übersichtskarte, die über die Helmsysteme von einem Überwachungsrelais ganz in der Nähe abgerufen werden konnten, erkannte der Chaos Space Marine, dass der Trupp desertierter Soldaten der Imperialen Armee gegen den zweiten Trupp des ersten PVS-Zuges stürmte. Vargas gab ihnen den Auftrag, das Gebiet zu infiltrieren und dann aus nächsten Nähe anzugreifen, was jedoch nur bedingt erfolgreich war. Die Kampfkraft der verräterischen Soldaten war kaum grösser als die der Kultisten und beim Vorrücken auf den Feind hatte die Einheit bereits einige Verluste. Bewaffnet mit primitiven Messern und Schlagstöcken, waren sie den loyalen Soldaten jedoch im Nahkampf überlegen.


    Der brutale Sturmangriff brachte nicht den gewollten Erfolg. Auch wenn es auf beiden Seiten Tote gab, konnten die abtrünnigen Soldaten ihre vormaligen Kameraden nicht in die Flucht schlagen. Anstatt eines schnellen, überfallartigen Angriffs, vermischten sich beide Trupps zu einem unübersichtlichen Handgemenge. Es würde wohl noch einen Moment gehen, bis eine Seite den Kampf für sich entscheiden würde. Selbst wenn das die Leichenanbeter sein sollten – Vargas war sich seinem Sieg sicher.


    Ohne zu zögern, gab er seinen Brüdern den Befehl zum Vorrücken. Bisher hatten sich die Chaos Space Marines zu platziert, dass nur ein kleiner Teil der Imperialen, Sichtkontakt hatte. Mit überlegenem Bolterfeuer mähten sie den Kommandotrupp des ersten Zuges nieder und eliminierten zugleich die Waffenspezialisten sowie den Befehlshaber.


    Doch nun war die Zeit gekommen. Vargas wollte das Chaos des Gemetzels erfahren. Sollte der gegnerische Kommandant fallen, musste sich die PVS-Einheit zurückziehen. Es konnte nichts mehr schiefgehen.


    Nachdem Vargas und sein Trupp direkt auf den ersten Trupp des ersten Zuges zumarschierten, feuerten die Chaos Space Marines ihre Boltpistolen ab. Die Projektile durchschlugen die Armaplastrüstungen problemlos und obwohl viele Schüsse ihre Ziele verfehlten, sanken bereits drei der feindlichen Infanteristen zu Boden. Dann stürmte Vargas voraus, seine Brüder dicht hinter ihm. Die Wucht des Angriffs war gewaltig. Durch die vorgegangenen Feuergefechte zahlenmässig überlegen, standen zehn Astartes einer Handvoll imperialen Soldaten gegenüber. Mit der knisternden Energiefaust zerquetschte Vargas den Kopf des Sergeants, der nicht einmal mehr in der Lage war, auch nur einen Befehl zu brüllen. Seine Brüder droschen mit den Kettenschwertern auf die kaum geschützten Menschlein ein, welche als ein blutiges Gewirr aus Fleisch, Kleidung und Innereien zu Boden fielen. Nur einen Augenblick später, war der gesamte Infanterietrupp ausgelöscht. Die PVS-Truppen konnten nicht einmal reagieren, sie wussten nicht, was gerade passiert ist. Kein einziger Gegenangriff – nicht einmal der Versuch, mit dem Bajonett einen der Marines aufzuspiessen. Lächerlich. Der Kampf verlor so fast schon seinen Reiz.



    Leutnant Grimmstein glaubte seinen Augen nicht. Westlich von seiner Position stampften riesige Krieger aus dem Dickicht des Dschungels. Mit mächtigen Rüstungen, welche den ganzen Körper bedeckten und todbringenden Boltwaffen im Anschlag. Noch nie hatte Grimmstein einen echten Astartes gesehen. Natürlich kannte er die Abbildungen, welche ihre Legenden und Heldengeschichten illustrierte. Doch nie hätte er gedacht, hier auf Astartes zu treffen. Waren sie gerettet? Sandte der Imperator seine Todesengel, um Merohavim zu retten?


    Gerade, als Grimmstein realisierte, dass Astartes auf dem Schlachtfeld standen, passierte das absolut unmögliche. Nach einer wilden Boltersalve stürmten die Engel des Todes auf den ersten Trupp des ersten Zuges – und metzelten ihn komplett nieder. Die Space Marines zerhackten seine Kameraden sprichwörtlich. Eine Blutorgie, die Grimmstein nur den primitivsten Xenos zugetraut hätte.


    Der Imperator hatte sie verlassen. Er wusste nicht, wieso. Was sie falsch gemacht hatten.


    Doch wenn die Kinder des Imperators selbst ihre Waffen gegen seine Männer erhoben, musste die Sünde unermesslich gewesen sein.


    Den sicheren Tod vor Augen, war es der Hauptmann, den Grimmstein aus seiner Verzweiflung riss. Tapfer seinen Befehlen folgend, führte der Offizier seine Männer weiter an.


    »Zerstört es, Grimmstein! Zerstört es, verdammt!«, knackte es aus dem Funkgerät, welches einer der Männer in seinem Zugkommando am Rücken trug.


    Grimmstein schritt mit fast schon dämonischer Schnelligkeit zu seinem Funker herüber, und antwortete unverzüglich.


    »Verstanden, Herr Hauptmann.«, antwortete der Leutnant unverzüglich, nach dem er mit fast schon dämonischer Geschwindigkeit neben seinen Funker trat und ihm den Kommunikator aus den Händen riss. »Zerstöre Panzerwagen!«


    Dann wandte er sich zu seinen Spezialisten. Sie hatten zwar keine Panzerabwehrwaffen, aber Befehl ist Befahl.


    »Soldat Gerik, sofort konzentriertes Feuer mit schwerem Flammenwerfer auf das Heck des Panzers!«, brüllte Grimmstein. Als ob die Autorität des Hauptmanns jegliche Zweifel ausradierte, befolgte Gerik den Befehl ohne zu zögern. Mit dem schweren Flammenwerfer verwandelte er das Heck des Fahrzeuges in ein absolut tödliches, alles verzerrendes Flammenmeer. Als sich das diabolische Inferno lichtete, erkannte Grimmstein, dass der Angriff fast wirkungslos war. Das Magazin eines der dachmontierten Bolter war durch die Hitze explodiert. Die Waffe würde nicht mehr so schnell Feuern, aber der Panzer stand ansonsten völlig ungerührt da.


    Die Verzweiflung kehrte zurück, doch Grimmstein musste irgendetwas unternehmen. Da der Panzer selbst mit dem schweren Flammenwerfer nicht zu knacken schien, würde er versuchen, die rechte Flanke zu sichern und den Rebellentrupp, der sich schon seit längerer Zeit einen Schusswechsel mit Grimmsteins ersten Trupp lieferte, auszulöschen.


    Der Leutnant gab das Kommando, die Häretiker mit gliedweisem Feuer einzudecken. Froh darüber, Anweisungen von ihrem Offizier zu erhalten, knackten nur Sekunden später die Lasergewehre in schnellem, geordnetem Takt. Dennoch sank nur einer der feindlichen Männer zu Boden. Die PVS-Truppen waren nervös, überfordert und verzweifelt. Ein Grossteil der Salve verfehlte ihr Ziel, während die Vegetation ebenfalls einige Schüsse abblockte.


    Weiter hinten erkannte Grimmstein, wie sein zweiter Trupp aufrückte. Dieser hatte bisher die Flanke gesichert, bewegte sich aber in schnellem Tempo auf die Mitte des Schlachtfeldes zu, um zu retten, was zu retten war. Die Lage war Hoffnungslos, aber das Eintreffen weiterer Männer stärke immerhin die Moral.



    Ein knacken im Funk liess Grimmstein aufhorchen.


    »Der Imperator behüte euch, Männer.«, erklang die Stimme des Hauptmanns – gefasst, mit zugleich traurigem, als auch beherztem Tonfall.


    Der Leutnant blickte unwillkürlich zum Kommandotrupp des Regiments hinüber. Der Anblick erfüllte ihn gleichwohl mit Respekt, Ohnmacht und Verzweiflung. Die Veteranen des Kommandotrupps feuerten ihre Waffen auf die Astartes, welche Grimmstein für einen kurzen Moment nahezu vergessen hatte. Gleissendes Licht umhüllte die Marines, als Melterstrahlen und Flammenwerfen die erhabenen Krieger dem Höllenfeuer gleich umhüllten. Grimmstein erkannte, wie einer der Krieger durch die Hitze des Melters als Schlacke-Klumpen zusammensank. Zwei weitere fielen in loderndes Promethium-Feuer gehüllt auf die Knie, bevor sie, geschwärzt durch die Flammen der Läuterung zu Boden gingen.


    Was passierte gerade? Astartes griffen imperiale Soldaten an, welche ihrerseits die Waffen gegen die Söhne des Imperators richteten. Was bedeutete das alles? Waren die PVS in Wirklichkeit selbst Verräter? Wurden sie von den Engeln des Todes verraten? Nein, das konnte – das durfte nicht wahr sein. Dies waren Space Marines! Nie könnten sich die Retter des Imperiums gegen dessen eigene Armee richten. Ein Verrat in diesen Massstab durfte und konnte nicht geschehen!


    Ehe Grimmstein reagieren konnte, sah er, wie die Veteranen um den Hauptmann auf die Space Marines zustürmten, die Waffen zum letzten Gefecht erhoben, den Imperator preisend.


    Ein verzweifelter Angriff, in der Hoffnung, das Schlachtglück zurückzugewinnen. Doch wie sollten sie, unbedeutende Soldaten der PVS Ysraals, gegen die Abkömmlinge des Imperators bestehen? Wieso sollten sie dies überhaupt müssen?


    Einer der Soldaten seines Kommandotrupps versuchte währenddessen mit einer Fragmentgranate den Panzer gleich neben ihnen auszuschalten, doch die Detonation blieb wirkungslos.


    Nur einen Moment später, erreichte das Kompaniekommando die Astartes-Krieger. Mit Kampfmessern und Bajonetten schlugen die tapferen Soldaten auf die überlegenen Marines ein. Dem Hauptmann gelang es sogar trotz seinen Verletzungen, einen der übermenschlichen Gegner zu verwunden, worauf dieser stumm zu Boden glitt und leblos liegen blieb.


    Doch die Marines zögerten keinen Moment und konterten den Ansturm mit ihren grimmigen Kettenschwertern. Zwei der Veteranen wurden sofort übermannt und verbluteten Verstümmelt auf der blutgetränkten Erde. Der Hauptmann und der Träger der Regimentsstandarte wehrten jedoch alle Angriffe der Astartes ab. Grimmstein bot sich ein heldenhafter Anblick, als der Offizier neben der wehenden Flagge des Regiments schlag nach schlag abblockte und mit grimmiger Entschlossenheit dem Tode ins Auge sah. Wären seine Gegenüber keine Space Marines gewesen, hätte dieser Kampf Geschichte geschrieben! Doch wie heroisch konnte ein Gefecht gegen die besten des Imperiums schon sein? Wieso kämpften sie überhaupt gegeneinander?


    Nach dem sich der Hauptmann und der Fahnenträger gegen die Hiebe der Elitekrieger behaupteten, trat ihnen ein Marine entgegen, auf dessen Rückenmodul drei eiserne Spitzen nach oben ragten und dessen Helm mit furchteinflössende Hörnern besetzt war. Offensichtlich handelte es sich um den Anführer des Trupps. Umgeben von rot-schwarz zuckenden Blitzen erhob der Marine seine Energiefaust und schmetterte gegen den Torso des Hauptmanns, der den Schlag nicht mehr abwehren konnte. Wie eine Puppe wurde der leblose Körper mehrere Meter nach hinten geschleudert – er hatte keine Chance. Verkrümmt, alle Knochen gebrochen und mit sämtlichen Organen zu Brei gehauen, blieb der Hauptmann nun zusammen mit seinen Kameraden auf dem Feld der Ehre liegen. Mit unheimlicher Geschwindigkeit packte der Marine dann in einem zweiten Hieb die Schulter des Standartenträgers und riss den Körper förmlich entzwei. Das Kompaniekommando war nicht mehr, auch wenn der Hauptmann und seine drei verbliebenen Veteranen ebenso viele Space Marines mit in das Vergessen nahmen.


    Der Kommandant tot, der erste Zug ausgelöscht und einer unüberwindbaren Übermacht gegenüber, wurde Grimmstein klar, dass der Kampf zu Ende war. Er war nicht bereit, zu sterben. Der Imperator möge ihm verzeihen.


    Bevor der Leutnant jedoch den Befehl zum Rückzug geben konnte, feuerte der Panzer auf seinen Kommandotrupp. Obwohl er selbst nicht getroffen wurde, fielen drei seiner Soldaten dem Beschuss zum Opfer. Die Zugstandarte ging zu Boden. Es war Aussichtlos. Eine weitere Feuersalve traf den ersten Trupp und forderte dort zwei Tote.


    Grimmstein blieb nichts anders übrig, als sich so schnell es ging zurückzuziehen. Kaum mehr bei Sinnen, brüllte er die Befehle, wusste jedoch nicht, ob sie seine Trupps erreichten, da sein Funker wie ein Sieb durchlöchert, im Todeskampf zuckend neben der Leichen seiner Männer lag.


    Er rannte und hoffte, sich aus dem Feuerbereich der Rebellen entfernen zu können.


    Die Schlacht war verloren.

  • Kapitel 2: Haq'Yahel Defense Line - Before the Storm


    Nach dem Sieg in Merohavim konnten Abel Vargas‘ Truppen ohne Gegenwehr vorrücken. Einen mehrtägigen Marsch hinter sich, traf der Chaos Space Marine kurz vor der Siedlung Haq‘Yahel auf die Verbände seines Bruders Irakash und dem Chaoshexer Kanra. Kurze Zeit später orderte Kanra die beiden Marines zu einem der Rhinos, welche die Nachtschleicher nach Ysraal VI geschafft hatten. Eine letzte Lagebesprechung kündigte ihren nächsten Sieg an, so war sich Kanra sicher.


    Als er zum Treffpunkt durch das Lager der Chaoskultisten schritt und sein Blick über die lagernden Chaosanhänger glitt, erfüllte es ihn mit Stolz, sie befreit zu haben. Befreit vom Joch des Leichenimperators.


    Die Kultisten feierten ihre neugewonnene Freiheit. Einige gaben sich den Hass und der Gewalt hin und verstümmelten ausgezerrte Soldaten der PVS, die nach den letzten Kämpfen gefangen genommen wurden. Ein paar andere tanzen ekstatisch, berauscht von verbotenen Substanzen, mit leerem Blick. Vargas wusste, dass viele von ihnen kaum lange Überleben würden. Das Chaos bedeutete Freiheit, doch verschlang es die, die keinen gefestigten Geist besassen. Manch einer der Kultisten würde durch das Chaos immense Stärke erlangen und seine Träume leben, weit weg von der Unterdrückung durch die Adepti des Imperiums. Andere würden ihre Seele an die dunklen Götter verlieren. Das Fleisch grotesk verzerrt, geistlos, ein Spielball des Immateriums.


    Das Chaos konnte ein grausames Schicksal bedeuten. Doch die, die stark genug waren, fanden im Chaos ewige Verwirklichung – etwas, was der Leichengott Terras seinen Untertanen niemals hätte geben können. Ja, Vargas war sich sicher, sie waren zwar brutale Killermaschinen, aber im Grunde genommen waren sie Helden, Befreier der Galaxis.


    Wieso konnten die anderen Orden die Wahrheit nicht erkennen? Vereint könnten die Astartes jeden Feind bezwingen.


    »Abel. Gut Dich zu sehen«, flüsterte Irakash, der bereits vor dem Kommando-Rhino wartete. »Lord Kanra wartet bereits.«


    Die beiden Brüder betraten den Panzerwagen, dem man die fehlende Wartung deutlich ansehen konnte. Die Aussenpanzerung war durch Laser- und Granatenbeschuss geschwärzt, einzelne Panzerplatten waren weggerissen und überall ragten freigelegte Kabel und Hydraulikschläuche aus dem Inneren.


    Lord Kanra stand in der Mitte der Transportfläche, die Augen geschlossen, umgeben von einem bläulichen Leuchten, das ohne Quelle schien und seine antike Servorüstung gleichmässig beleuchtete.

    Seine Herkunft war sowohl Vargas als auch Irakash unbekannt. Sie wussten nur, dass er ursprünglich keiner der Nachtschleicher war, aber das volle Vertrauen ihres Ordensmeisters besass. Seine unscheinbar alte Servorüstung war so verbeult und ramponiert, dass es sogar möglich schien, dass Kanra ein Veteran des Bruderkrieges war. Der Farblack war nahezu vollständig abgeblättert, trotzdem schien es Vargas, als ob die Panzerung schon mehrfach umlackiert wurde.


    Als die beiden Chaos Space Marines vor den Hexer traten, öffnete dieser seine Augen, wobei für einen kurzen Augenblick kleine Warpflammen aus ihnen schossen. Mit einem leisen wispern, welches dennoch in Vargas Verstand wiederhallte, als ob ein Blutdämon ihn anbrüllen würde, richtete Kanra seine Worte an die beiden Nachtschleicher.


    »Der Weg scheint unklar. Diese Welt, birgt mächtige Geheimnisse. Ich habe euch bisher im ungewissen gelassen, was diese Mission angeht.«

    Gerade als Vargas antworten wollte, ergriff Irakash das Wort.

    »Lord Kanra, unser Leben gehört euch. Die Mission spielt keine Rolle.«

    Vargas musste zugeben, dass sein Bruder an sich Recht hatte. Sie unterstanden Kanras Befehl – so waren die Anweisungen ihres Ordensmeisters. Als Astartes lag es ihnen fern, dessen Befehle anzuzweifeln. Trotzdem, Kanra war keiner der ihren. Vargas wusste, dass dies auch Irakash durchaus bewusst war. Die Position des Hexers war nicht ganz so sicher, wie Irakash ihn glauben lassen wollte.


    Kanra nickte kurz und fuhr mit seiner Ausführung fort, sichtlich durch Irakashs aufgesetzte Loyalität geschmeichelt.

    »Auf dieser Welt liegen unsagbar alte Artefakte. Ich werde sie nach Cthonis Ultra bringen. Dies war mein Versprechen an Lord Caustos. Sie werden den Nachtschleicher unsagbare Macht verleihen.«

    »Um was für eine Art Artefakte handelt es sich, Lord?«, fragte Vargas nach.

    »Die Visionen sind verschwommen… ich sehe es nicht klar. Doch sie haben die Macht, ganze Welten leerzufegen. Meinem Studium zufolge, müssen hier, unter der Siedlung Haq’Yahel, die alten Ruinen liegen, wo ich finde, was ich suche. Und genau darum, rief ich euch zu mir. Darum, war es nötig, diese Welt zuerst ins Chaos zu stürzten. Weder die Kultisten, noch unsere Feinde sollen wissen, um was es in Wirklichkeit geht. Sie könnten sich… unglücklich in unseren Weg stellen. Morgen, bei Sonnenaufgang, führt ihr einen Angriff gegen die Verteidigungslinien des Imperiums. Mein psionische Abbild wird euch führen, während ich den Zugang zu den Ruinen suche. Habe ich, was ich suche, verlassen wir diese Welt für immer. Einige meiner ergebensten Kultisten blieben in Merohavim zurück und sind gerade dabei, ein Warpportal direkt in eure Heimat zu beschwören.«, Kanra legte eine kurze Pause ein und durchbohrte die Marines mit seinem leeren Blick.

    »Ich zähle auf euch. Beschäftigt die Leichenanbeter. Ihr werdet spüren, wann es an der Zeit ist, sich zurückzuziehen. Habt ihr Verstanden?«

    »Ja, Lord Kanra. Wir folgen euch!«, bestätigten die beiden Nachtschleicher in fast perfekter Synchronität. Die ganze Operation machte durchaus Sinn. Das Erklärte auch die ganze Geheimhaltung. Die Kultführer wären ansonsten Gierig geworden und hätten die Artefakte für sich selbst beanspruchen wollen. Sie würden Kanra vertrauen. Zumindest, bis die Artefakte zurück auf Cthonis Ultra waren. Dann, ja, dann, müsste der Hexer die Artefakte ihrem Orden übergeben – oder sie würden sich die Artefakte einfach mit Gewalt holen.



    -



    Mit einem lauten brummen stoppte die Chimäre unweit der befestigten Militärkaserne, welche den Kern einer kleinen Anlage nahe der Stadt Haq’Yahel bildete. Lord-Kommissarin Cathrine Kimura sprang lässig vom Dach des Transportpanzers und verschaffte sich sofort einen Überblick. Die Kaserne bestand aus einem einzigen Gebäude und war in einem armseligen Zustand. Trotzdem sollte hier die Kommandozentrale entstehen. Mehrere dutzend Schritte nach Osten war eine kleine Landeplattform für planetare Jagd- und Transportflieger. Einige schwere Bolter der PVS hatten sich dort hinter Sandsäcken verschanzt und überwachten das Gebiet vor ihnen, wo der wilde Dschungel Ysraals begann. Weiter hinter dem Landeplatz müsste sich ein Treibstoffdepot befinden, welches im Falle eines Angriffs ein wichtiges strategisches Ziel darstellte.


    Die Sonne war bereits untergegangen, so dass die Schützenpanzer der mechanisierten Armageddon-Legion das Gelände mit kaltem Scheinwerferlicht fluten mussten, um letzte Kampfvorbereitungen zu treffen.


    Cathrine begab sich nach Norden, wo sich bereits in wenigen hundert Metern notdürftig ausgehobene Schützengräben der PVS lagen, die sich hierhin zurückgezogen hatten.


    Dort angekommen, erblickte sie erschöpfte, aber kampfbereite Soldaten. Die Überreste der planetaren Verteidigungskriege, die Gouverneur Tibris wenig erfolgreich gegen die Aufständischen hetzte.


    Ihre kalten, schmalen Augen fixierten den nächsten Soldaten. Mit der Anmut einer Dämonette trat sie vor den ausgezerrten Mann. Seine müden Augen schienen sie erst gar nicht wirklich wahrzunehmen. Als er sich dem schwarze Mantel und der rote Schärpe bewusst wurde, schreckte er sofort hoch und erstarrte vollständig. Das schlecht rasierte, verdreckte Gesicht stotterte panisch etwas, was Cathrine jedoch weder Verstand noch verstehen wollte.


    »Der befehlshabende Offizier, Soldat!«, fauchte die Lord-Kommissarin mit befehlshaberischem Ton, der wahrscheinlich selbst einen Space Marine dominiert hätte.

    Noch immer völlig verschreckt und verdutzt, murmelte der Soldat noch immer unverständlich, zeigte mit seinem Arm jedoch in die Richtung eines kleinen gedeckten Unterstands.

    Ohne den Mann noch länger zu beachten, ging Cathrine in die gewiesene Richtung, so elegant, dass man hätte meinen können, sie flöge über das feuchte Erdreich.


    Grimmstein nahm sofort Haltung an, als die Gestalt in der Uniform eines Kommissars seinen Unterstand betrat. Ohne zu zögern machte er Meldung.

    »Leutnant Grimmstein. Ysraal VI, PVS. Zweiter Zug, zweite Abteilung. Provisorische Verteidigung Haq’Yahels. Zu Befehl, Sir!«

    Grimmstein war beunruhigt. Es stand zwar ein Angriff bevor – aber er war dem Feind in Merohavim gewichen. Er rechnete damit, dass jeden Moment ein Boltgeschoss seinen Schädel zertrümmern würde.

    Cathrines grüne Augen schienen Grimmstein förmlich aufzuspiessen. Dann nickte die Lord-Kommissarin jedoch anerkennend. Forsch entliess sie Grimmstein aus der Achtungsstellung.

    »Ich habe das Gefecht um Merohavim mitverfolgt. Ihr habt eure soldatische Pflicht erfüllt. Ab sofort übernehme ich. Rühren.«

    »Danke, Sir«, gab Grimmstein unverzüglich zurück. »Ich stehe Ihnen zu Diensten, Sir!«


    Der Leutnant war sich bewusst, was für ein Glück er hatte. Viele hätten ihn wahrscheinlich einfach Exekutiert. Doch diese Kommissarin schien sich der Lage bewusst zu sein. Sie schien Grimmstein für ihren Rang viel zu jung. Ein richtig hübsches Ding, wäre da nicht der eiskalte Blick und die fast schon boshafte Aura der Autorität, die jegliche emotionale Reaktion sofort im Keim erstickte.

    »Ich habe mich auf dem Weg hierhin bereits über die Lage informiert.«, fuhr die Kommissarin unbeirrt weiter. »Eine Streitmacht des Chaos steht kurz vor der Stadt. Wir werden sie hier aufhalten. Leutnant, Ihr und die Überreste der PVS halten den Feind in dieser Verteidigungsstelle auf. Die mechanisierten Verbände des 101. Armageddon werden nach Feindkontakt eingreifen und als gepanzerter Hammer jeglichen Widerstand brechen. Kein Rückzug, keine Kapitulation. Ich erwarte, dass Ihr den Gegner um jeden Preis aufhaltet.«

    Grimmstein wusste, dass dieser Befehl absolut war. Die Stellung halten – oder bei dem Versuch dabei, sterben. Nun gab es keinen Ausweg mehr. Der heilige Gottimperator forderte sein Leben. Und er war bereit, dieses zu geben.

    »Bestätige. Stellung um jeden Preis halten. Wir werden unser Leben für das Imperium geben, Sir!« Er hatte keine andere Wahl, denn der Befehl dieser Frau liess keinen Widerspruch zu. Dennoch war Grimmstein verunsichert. Die Lord-Kommissarin wusste offensichtlich mehr über ihren Feind, als er selbst – obwohl er derjenige war, der Gegner die mysteriösen Astartes gekämpft hatte. Mit all seinem Mut gesammelt, entschied er, die Frage zu stellen, die in ihm brannte.

    »Aber bei allem Respekt. Ihr nanntet unseren Gegner „das Chaos“. Was meint ihr damit?«


    Cathrine schaute dem Leutnant weiter direkt in die Augen, das grün ihrer Augen wie ein gefährliches Gift, das jederzeit Grimmsteins Seele zerfleischen konnte. Trotzdem entschied sie sich, ihm eine Antwort zu geben.

    »Das Chaos. Ihr habt es gesehen. Groteske Bestien. Abtrünnige Astartes. Wahnsinnige Menschen, die sich kreischend in den Tot stürzen. Das ist es, das Chaos. Der alte Feind. Sie spotten gegen den Gott-Imperator. Weit weg von hier führt die Imperiale Armee einen erbitterten Krieg gegen das Chaos. Mehr müsst ihr nicht wissen. Vernichtet alle, die sich gegen das Imperium stellen. Es gibt Schrecken, die noch viel grösser sind, als die, die ihr hier gesehen habt. Dankt dem Imperator, wenn ihr nicht mehr darüber erfahren müsst.«



    Ohne eine Antwort abzuwarten, kehrte Cathrine dem Leutnant den Rücken zu und verliess die Stellung.

  • Kapitel 3: Haq'Yahel Defense Line - Charge at Dawn


    Die Sonne erhob sich langsam am Horizont und färbte die wilden Ausläufer des grossen Dschungels in unheilvolles Orange. Übermüdet und erschöpft weckten die Wachposten ihre unruhig schlafenden Kameraden. Obwohl die Rebellen nahe waren, schien sich die Nacht wie eine schützende Hand über die Truppen der PVS gelegt zu haben. Es gab in der vergangenen Stunden keinen Feindkontakt, wenn auch alle wussten, dass die gegnerischen Horden jederzeit angreifen konnten.


    Grimmstein zündete sich ein Loh-Stäbchen an, das er zuvor von einem jungen Soldaten zugesteckt bekam. Er kannte den Mann nicht, der kaum älter als achtzehn Jahre sein konnte, obwohl sein Gesicht von den letzten Tagen gezeichnet war – fahl und eingefallen, die Augenlieder geschwollen.


    Die Männer mussten zu viel durchstehen, dachte der Leutnant, doch dafür wurden sie ausgebildet. Der Imperator erwartet von ihnen allen, zu kämpfen. Und zu sterben.


    Ein Seufzer entwich Grimmstein, als er daran dachte, wie viele Ysraaler schon ihr Leben gaben. Doch irgendwie hatte er sich mit den unzähligen Verlusten abgefunden. Nein, sogar etwas Mut geschöpft. Lord-Kommissarin Kimuras Anwesenheit wirkte sich zu Grimmsteins eigenem erstaunen inzwischen sehr beruhigend aus. Dass sie ihn verschont hatte, zeugte von ihrem strategischen Kalkül. Er war sich sicher, dass diese Frau die Stärke hatte, den Feind zu besiegen.

    Ohne die Gedanken weiterzuverfolgen, zog er ein weiteres Mal an dem leicht glühenden Stäbchen. Es schmeckte fürchterlich, was aber auch daran liegen konnte, dass Grimmstein seit seiner Zeit als Rekrut keinen dieser Sargnägel mehr angerührt hatte.

    Unverhofft kam ihm einer seiner Männer entgegen. Mit schweissgebadeter Stirn und kreideweissem Gesicht Salutierte der Soldat kurz, bevor er anfing, etwas zu stammeln.


    »Sir… Ich… ich höre sie… Sie flüstern! Sie kommen! Wir… wir… wir müssen…«


    Der Leutnant unterbrach den Soldaten mit einer zackigen Handbewegung. Man hätte meinen können, der Mann sei dem Wahnsinn verfallen, dass die Schrecken bei Merohavim zu viel für seinen armen Verstand waren. Doch irgendwie spürte Grimmstein, dass da mehr war. Er wusste Intuitiv, dass diese arme Seele nicht verrückt war. Da draussen kam wirklich etwas auf sie zu.


    »Alle Mann, Gefechtsposition! Feindlicher Angriff steht bevor! Macht euch bereit, Jungs!«


    Leutnant Grimmstein brüllte so laut er konnte. Es war soweit. Viele der Soldaten zögerten im ersten Moment, verwirrt und überrascht über die bellenden Befehle, welche die an sich ruhige Morgenstimmung in Rekordzeit verzerrte und nur die panische Angst vor dem Angriff des Chaos zurückliess.

    Grimmstein sammelte seinen improvisierten Kommandotrupp und machte sich bereit, die Verbände weiter hinten in Bereitschaft zu versetzten, fühlte sich seinen Kameraden jedoch Verpflichtet, den Mut, den er selbst gefasst hatte, mitzugeben.


    »Männer! Der Imperator schützt uns! Finstere Mächte haben uns geschlagen, gegeisselt und unsere Ehre besudelt! Viele unserer Brüder und Schwestern wurden abgeschlachtet, jeder hier hat Kameraden verloren. Doch der Gottimperator sieht prüfend auf uns hinab! Wir dürfen nicht weichen! Es gibt keinen Schritt zurück! Heute stehen wir für unsere Ehre ein und gewinnen sie zurück! Für den Imperator!«


    Viele, wenn auch lange nicht alle, öffneten ihren Geist für die Glorie des Imperators. Einige knieten nieder und beteten um göttlichen Schutz, andere hoben ihre Lasergewehre und lobpreisten den Imperator in neu gewonnenem Eifer. Selbst die, die angesichts der bevorstehenden Schrecken zusammenzuckten und stumm mit dem Leben abschlossen – Grimmstein konnte auch diese verstehen. Doch die wenigen Offiziere, die übrig waren, gaben ihr Bestes und stimmten mit ein.

    Für den Imperator! Ehre dem, der in seinem Namen stirbt! Seine Hand führt uns!, überall gab es einzelne, die den Kampfgeist hatten, in der vermeintlich aussichtslosen Lage auf einen glorreichen Sieg zu hoffen. Zufrieden mit der allgemeinen Moral, wandte sich Grimmstein von der Front ab, um bei Kimura Meldung zu machen, als sogleich erste Infanterietrupps der Rebellen aus dem Dickicht des Dschungels krochen. Seine Intuition lag richtig. Der brabbelnde Soldat hatte wahrhaft den Angriff vorausgesehen. Grimmstein danke dem Imperator, der armen, verwirrten Seele den Blick in die Zukunft gewehrt zu haben.


    Das Klicken der Lasergewehre verschmolz zu einer misstönenden Symphonie, als die roten Energiestrahlen auf die Häretiker niederprasselten. Die Offiziere koordinierten das Feuer ihrer Untergebenen, die Gliedweise mit hoher Kadenz gegen die anstürmenden Gegner schossen.

    Einige der Rebellen trugen die Armaplastrüstungen in Farbe der PVS – ein trauriges Zeichen, dass einige der Überlebenden von Merohavim die Seiten gewechselt hatten. Doch die gezielten Feuersalven der kampfbereiten Loyalisten streckten die vorrückenden Verräter nieder, als ob der Imperator selbst die tödlichen Laserstrahlen in ihr Ziel führte.


    Noch bevor der Funker aus Grimmsteins Kommandotrupp eine Verbindung aufbauen konnte, um das HQ über den Angriff zu informierten, stürmten Chimären des 101. Armageddon aus dem rückwertigen Bereich vor. Die Lord-Kommissarin schien den Angriff vorausgesehen zu haben und ihre Männer rechtzeitig in Bewegung gesetzt zu haben.

    Kampferprobte Veteranen der Stahllegion verliessen, gedeckt von den donnern der schweren Bolter der Panzer, den Schutz ihrer Transporter. Noch während dem Verlassen der Fahrzeuge feuerten sie gezielte Lasersalven auf die anstürmenden Feinde, ehe sie in perfekter Formation Stellung bezogen. Grimmstein bewunderte diese Krieger. Die Legionäre spielten in einer völlig anderen Liga als seine PVS-Männer.


    Ein grausames Geschrei liess Grimmstein aufhorchen. Groteske Bestien stürmten aus dem Dickicht, sodass der Leutnant im ersten Moment glaubte, ein bizarrer Alptraum manifestierte sich in der realen Welt.

    Bestialisch verformte Fleischklumpen, übersäht mir Mäulern, Augen und fleischigen Tentakeln torkelten auf die Grabenstellung zu, wo Grimmstein so eben noch den Männern das Halten der Stellung befohlen hatte. Jede schien verkommener als die andere. Verschmolzene menschliche Gesichter starrten Geistlos zu den Verteidiger der PVS, während sich die Gestalten langsam und entschlossen der Abwehrstellung näherten.

    Erst als die Bestien scherfällig in die Grabenanlage stolperten, begriff Grimmstein, dass die unheiligen Kreaturen echt waren. Es war ihm sofort klar, dass das keine Xenos waren. Selbst die verkommenste aller Spezies wäre nicht in der Lage, solch groteske Fleischgolems hervorzubringen.


    Obwohl durch bereits mehrere Treffer mit Brandwunden versehrt, richteten zerfleischten die Ungeheuer im wahrsten Sinne des Wortes die Männer der PVS. Mit gewaltigen Klauen rissen sie die Körper einfach in zwei oder schnappten mit geifernden Mäulern nach den armen Seelen, die so Treu dem Imperator folgten.

    Sekunden später, flohen die Überlebenden des Angriffs in fast schon unmenschlicher Geschwindigkeit. Die Hälfte des Trupps wurde ohne weiteres Zerfleischt. Selbst Grimmstein wankte bei dem Anblick und erinnerte sich an Catherines Worte.


    Es gibt Schrecken, die noch viel grösser sind, als die, die ihr hier gesehen habt. Dankt dem Imperator, wenn ihr nicht mehr darüber erfahren müsst.


    Der Leutnant wünschte sich, nie wieder auf einen solchen Feind zu treffen. Was mussten die Legionäre des 101. schon durchgestanden haben? Was musste die Lord-Kommissarin bereits mit angesehen haben? Und doch: Sie alle waren noch immer Treu dem Imperator ergeben. Sie kämpften, ohne Rücksicht auf die Schrecken, denen sie sich entgegenstellen würden. Grimmstein verstand, dass er diese Diener des Gottimperators nicht nur bewundern sollte. Sie sollten verehrt werden, für das Opfer, dass sie für die Menschheit erbrachten. Erfüllt vom Geist des Fanatismus, befahl er seinem Funker, Kontakt zu den Trupps etwas weiter hinter der Frontlinie aufzunehmen.

    Sofort beorderte er sie nach vorne, um sich dem Schrecken zu stellen, so, wie es die Legionäre der Lord-Kommissarin taten. Als er sich versicherte, dass die Verbände nachrückten, hob er sein Kettenschwert und bewegte sich gegen die anstürmenden Gegner.

  • Kapitel 4: Underneath Haq'Yahel - Ressurection


    Blaue Feuer krochen dem Boden entlang und erhellten das eherne Gewölbe mit diffusem Licht. Die psionische Flammen gingen Lord Kanra voraus, der resolut durch die Jahrtausend alte Anlage schritt. Ein Gefolge aus besonders loyalen Kultisten – und solchen, die nur von unstillbarer Gier nach Wissen und Macht getrieben wurden – folgten ihm in dichtem Abstand. Rasch drang die Expedition immer tiefer unter die Oberfläche vor.


    Das düstere Gewölbe war, bis auf die Lichter der Chaosanbeter, in völlige Dunkelheit gehüllt. Sowohl die Wände, als auch Boden und Decke waren aus einem metallischen Material und trotz dem massiven Gewicht der Servorüstung, schien es den Hall der schweren Schritte zu verschlucken. Nur das beunruhigende hastige Atmen der Kultisten und ihr sowohl erstauntes als auch furchtsame Geflüster waren zu vernehmen.

    Unmenschlich anmutende Reliefs zierten die Gänge. Sie waren übersäht mit Runen eines lang vergessenen Volkes. Runen, die Lord Kanra trotz seiner endlosen Studien noch nie gesehen hatte.


    Plötzlich vernahm der Hexer eine Signatur in den überlegenen Sensoren seines Servohelmes, die von hinten auf die nachziehenden Kultisten zukam. Bevor er das Signal zuordnen konnte, materialisierte sich ein monströses Wesen aus der vollkommenen Dunkelheit. An einer langen, mehrgliederigen Wirbelsäule hing zwischen breiten Schulterblättern das ausdrucklose Gesicht eines Toten. Zwei Arme, die in grausamen Klauen und Stacheln endeten, hingen für den Bruchteil einer Sekunde leblos an der Gestalt herunter, bevor sie unverhofft in blitzschneller Bewegung, mit der Leichtigkeit einer Energiewaffe, einen glücklosen Nachzügler zu fassen bekam.


    Die Kreatur zerriss den Körper, als wäre er nur ein Fetzen Papier. Sauber in zwei Hälften geteilt, fielen die inneren Organe des Kultisten wie blutiger Schnee dazwischen zu Boden, während das Scheusal die zuckenden Körperteile, aufgespießt mit seinen fürchterlichen Klingen, in die Höhe hob.

    Lord Kanra gab sofort den Befehl, das auch ihm unbekannte Wesen aufzuhalten. Er durfte nicht scheitern!

    Seine Anhänger hatten trotz dem initialen Schock relativ schnell eine Verteidigungsformation angenommen und feuerten mit den einfachen Automatikgewehren auf den unheimlichen Schatten, der sich just in diesem Moment einfach aufzulösen schien. Die Gestalt dematerialisierte einfach und verschwand so rasch in der Dunkelheit, wie sie erschienen war. Sekunden später zuckten grüne Entladungen nur einen Handbreit von den ahnungslosen Kultisten entfernt, und die Gestalt kehrte in die Realität zurück. Mit teuflischer Geschwindigkeit begann sie, kalt berechnend und absolut skrupellos, die Reihen der Kultisten auszudünnen, als weitere der schwebenden Metallwesen aus der Dunkelheit erschienen. Sie erschienen in völliger Stille - ohne auch nur das geringste Geräusch, das die sterblichen hätte warnen können. Als ob die massiven Wände des alten Gewölbes für sie kein Hindernis darstellte, schwebten die Dinger einfach durch sie hindurch, direkt auf Kanras Truppen zu.


    Des Hexers Verzweiflung wuchs. Er blickte in den Warp, doch konnte er nichts erkennen. Die Wesen hatten keinerlei Schatten im Immaterium. Keine Seele, keine Empfindungen – maschinengleich, hinterließen die unbekannten Angreifer überhaupt keine Spuren im Warp.

    Kanra sammelte seine Macht und schleuderte den Wesen einen psionischen Blitz entgegen, der seinen Weg fand und mit einem hallenden Krachen im metallischen Körper einer der Kreaturen einschlug. Doch anstatt von blauem Feuer verzerrt zu werden, löste sich der Körper auf – dematerialisierte sich, nur um einem neuem Angreifer Platz zu machen.


    Visionen des Wandlers der Wege, den der Chaoshexer durch schier endloses Studium sich untertan gemacht hatte, erfüllten seinen Geist. Das Artefakt war ganz nah. Nur noch einige Schritte. Er musste sich nur beeilen – seine Männer zurücklassen und unbeirrt vorwärtsschreiten. Denn die erweckte Macht des Artefaktes, würde ihm geben, was er braucht.

    Plötzlich war Kanra genau bewusst, was er zu tun hatte. Die Macht des Warpgottes, dessen Allwissenheit er sich bemächtigt hatte, wies ihm den Weg zum Sieg.


    Während die fremdartigen Wesen seine Begleiter Mann für Mann zerstückelten, kehrte der Hexer ihnen den Rücken zu und ging mit schnellem Schritt tiefer in das Gewölbe, geführt von Visionen aus den Abgründen des Warp.

    Lord Kanra hatte das Zeitgefühl verloren, er wusste nicht, wie viel Abstand er nun zu seinen Männern hatte. Auf jeden Fall waren die Schüsse der einfachen Automatikwaffen inzwischen verstummt. Er war alleine in der Dunkelheit, in unendlicher, verschlingender Stille.

    Er fand sich schliesslich in einem grossen Raum wieder und erblickte einer riesigen Tafel, die mit Runen übersäht waren, die er nicht einmal ansatzweise verstand. Doch vertraute er dem Wissen, dass er dem Architekt des Schicksals abgerungen hatte. Seine Finger, von Warpenergie umhüllt, flogen wie von selbst über die Runentafel und berührten die Symbole darauf in scheinbar unlogischer, unvernünftiger Abfolge. Sobald das Artefakt aktiviert wurde, würde die ultimative Macht ihm sein. Die Mission auf Ysraal VI war so gut wie beendet.


    In dem Moment, in dem er die Erfüllung seiner Ziele vor sich sah, begannen die Runen in grellem Grün zu erglühen. Nicht nur die Tafel – der ganze Raum – das ganze Ruinengewölbe - alles begann zu erzittern. Linienmuster, Runen und Schaltkreise, die überall an den Wänden und Decken der vermeintlichen Ruine erkennbar wurden, begannen auf eine besorgniserregende Art zu pulsieren, als auch sie in grünem Licht erstrahlten.

    Kanra war Siegessicher. Doch von einem Moment auf den Anderen, wich diese Siegessicherheit purem Entsetzen. Alles um ihn herum fühlte sich leer und tot an. Seine Verbindung zum Warpraum schien völlig getrennt, seine ganze psionische Macht einfach ausradiert. Höllische Schmerzen ließen ihn in die Knie gehen. Hatte der Wandler der Wege nicht versprochen, ihn zu großer Macht zu führen? War nicht er es, der ihn in diese Lage brachte? Wie war das möglich, unterjochte er, Kanra, doch die mächtigste Kreatur des Warpraums? Wie konnte diese ihn dann in die Irre führen?


    Bevor ihm bewusst wurde, dass er Tzeentch niemals beherrschte, sondern er nur ein Spielzeug desselben war, fand sich Kanra von humanoiden Maschinenskeletten umzingelt wieder, die nach der Aktivierung der Runentafel aus versteckten Nachbarkammern der grossen Halle kamen. Säuberlich polierte Keramikplatten zierten ihre Brust und Schultern, was gar nicht richtig zu dem hohen Alter der Ruine zu passen schien. Während Kanra vor Schmerzen gekrümmt sich hilflos am Boden windete, schritten die Skelettkrieger unaufhaltsam auf ihn zu, als sie all seine psionische Energie aufsaugten. Der Hexer hatte keine Chance. Bestialische Schmerzen und ein immer grösser werdendes Gefühl der absoluten Leere erfüllten auf verheerende Art sein Bewusstsein. Der Chaos Space Marine war kaum noch mehr als ein verängstigtes Tier, das hilflos verkrampf im Dreck lag. Dann erreichten ihn die Kreaturen. Unheilvolles Grün züngelte aus den eleganten Sensen, als sie problemlos die Servorüstung des Hexers durchtrennten und ihn in Stücke schlugen.

  • Mondschatten

    Hat das Label von [Adeptus Astartes] auf [Astra Militarum] geändert
  • Stahl-Opa

    Hat den Titel des Themas von „Der Ysraal-Zwischenfall [Astra Militarum/Chaos Space Marine/Necrons, Schlachtenbericht]“ zu „Der Ysraal-Zwischenfall [Schlachtenbericht / Kurzgeschichte]“ geändert.