Eure damaligen Eindrücke zu 40K - Was war Grimdarker als die eigene Vorstellungskraft und was nicht?

  • Seid gegrüßt,


    für viele von euch ist es nun schon mehrere Jahrzehnte her, seit ihr zum allerersten Mal mit Warhammer in Kontakt gekommen seid und ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner von uns sofort alles genau wusste, was auf einen zukam, wenn es um die Geschichten des 40. Jahrtausends angeht.


    Was mich jetzt interessieren würde, ob ihr genauso auch Momente erlebt habt in eurem ersten Kontakt mit dem Fluff, in denen eure eigene Vorstellungskraft nicht erahnen konnte, wie grimmig das Setting in 40K wirklich ist und ob es auch Momente gab, in denen ihr selbst es sogar viel schlimmer im Geiste ausgemalt habt, als es dann doch tatsächlich war.


    Ich geb' euch mal 2x Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung, damit ihr besser versteht, was ich meine.

    Fangen wir umgedreht an, was war in meiner eigenen Vorstellung "Grim-Darker", als es tatsächlich von GW gewollt war:


    Dreadnoughts

    Es war 2004 als ich einen Artikel in der Gamestar las zu Relic's Dawn of War. Das war mein erster, bewusster Kontakt mit 40K.

    Einen der Berichtabschnitte werde ich nie vergessen. Es war die Beschreibung für Dreadnoughts.

    Hier wurde die Kampfmaschine als "wandelnde Urne" bezeichnet in der ein gefallener Marine beigesetzt wurde und die Moral der Truppe verstärkt.

    Damals dachte ich mir noch "Boah, das ist Makaber! Es reicht nicht aus, dass du im Kampf fällst. Nein! Anstelle dich zur Ruhe zu setzen, stecken Sie deine Überreste in ein laufendes Grab zur Schaustellung aller und deine ehemaligen Kameraden motiviert das auch noch?! Brutal."

    ... und obwohl ich zu dem Zeitpunkt noch überhaupt nichts über 40K wusste, hatte ich doch so den Eindruck, dass genau sowas in das Setting passt.


    In der Zwischenzeit weiß ich jetzt, dass kein wirklich toter Marine in dem Dreadnought steckt und nicht einfach nur so von dem Gerät rumkutschiert wird.

    Was Sie wirklich sind, ist natürlich auch nicht des gelbe vom Ei für einen Astartes, aber meinen ersten Gedanken empfand ich doch finsterer.


    Was war dann nun wesentlich grimmiger in der "Realität" als ich im ersten Moment angenommen habe?


    Der Imperator

    Ende 2004 als Dawn of War dann raus kam, hatte ich erstmal die Demo gespielt.

    In regelmäßigen Abständen hatten die Space Marines den Schlachtruf "Für den Imperator!" geschriehen.

    Wie gesagt, zu dem Zeitpunkt wusste ich noch Null von 40K. Ich ging ernsthaft davon aus, dass der Führer der Menscheit nicht dieses gott-ähnliche Wesen auf der goldenen Schüssel ist, sondern um einen mächtigen aber immernoch normalsterblichen Menschen handelt.

    Ein Mensch, der durch Macht, Intrige oder sogar politische Strukturen den Titel "Imperator" zugesprochen bekommt, das Volk der Menschheit als eine Art Galeonsfigur leitet und dann entweder abgewählt wird oder durch Tot sein Amt weitergibt.


    Quasi eine ähnliche Form des "Imperators" wie Palpatine aus Star Wars ... nur ohne die Sith/Jedi Spielereien. :ctan:

    Ein halbtoter Gott, der 1000 Seelen fressen muss, nur um einen einzigen Tag weiter existieren zu dürfen und von dem die gesamte Existenz des Imperiums abhängig ist, wäre mir nie in den Sinn gekommen.


    Sei's drum; bin ich in der Zwischenzeit schlauer geworden. :D

    Jetzt seid aber ihr gefragt.

    Hattet ihr auch solche Momente in den Anfängen eures Kontakts mit 40K? Hauts mal hier rein, würde mich echt mal interessieren.

  • Ich muss sagen, dass ich zu meiner Anfangszeit dieses "Grimdark" gar nicht unbedingt wahrgenommen haben. Für mich war das 40k Universum erstmal einfach nur groß, mit der Menschheit im Zentrum, Bedrohungen von außen und innen mit dem typischen nur Krieg dazu. Das war im Vergleich zu allem was ich davor gesehen, gelesen und gespielt hab, ein paar Shooter mal ausgenommen, schon sehr Grimdark. Dann folgten aber schon coole, überaus bunte Miniaturen.

    So wirklich interessiert hat mich das erstmal gar nicht. Ich hab ein bißchen Hintergrund und Geschichten gelesen was halt das Regelbuch und die Codicies so mitbrachten und ja, das war düster und brutal, aber jetzt nicht schockierend. Das wohl wirklich noch schockierendste waren die gerade angekündigten Dark Eldar. Ich wollte immer die bösen Spielen und nach ein paar ersten Schritten mit Marines wurden es dann auch die Dark Eldar. Chaos Spieler hatten wir schon zwei.

    Ich glaube, dass mich das eigentlich am meistenfaziniert hat, diese fehlende typische Unterscheidung in Gut und Böse. Es sind irgendwie alle böse, nur auf anderen Arten. Aber so wirklich als "Grimdark" hab ich das nicht wahrgenommen. Das war zu dem Zeitpunkt einfach cool. Das Grimdark kam deutlich später.


    So wirklich das erste Mal gedacht, dass das jetzt echt fies ist und unter die Haut geht, war eine eine Beschreibung in einem Buch, weiß gerade nicht mehr welches es war, in dem ein Servitor in einer Mauer beschrieben wurde. Dieser war dort eingelassen als lebendiger Teil der Mauer, der dort eine Tür oder irgendwas bediente. Also was eher einfaches, banales, was wir im Grunde aus der Realität von jeder Supermarkttür kennen.

    Aber dort hing er, in meinem Kopf mehr Maschine als Mensch, in der Mauer, die Arme rudernd und nur noch verzehrt als Mensch wahrzunehmen.

    Die Beschreibungen und Ausführungen verdeutlichten mir dann erstmalig so richtig, dass da ein menschliches Wesen ist, welches quasi teil dieser Mauer wurde und jeglicher Freiheit und Rechte, sogar des eigenen Willens beraubt wurde.
    Jeglicher Menschlichkeit beraubt, nur in seiner mechanischen Funktion aus Fleisch und Blut eine Tätigkeit ausübend, die eigentlich, zumindest in unserer realen Vorstellung durch eine (intelligente) Maschine ausgeübt werden könnte. Ich sag nur nochmal Supermarkttür. Da dies aber verlorene Technik ist, oder verboten ist, springt an der Stelle die Ressource Mensch ein. Und dann muss man sich deutlich machen, dass das kein Einzelfall ist, sondern eigentlich der technische Standard.


    Diese Darstellung und Utilsierung der Ressource Mensch war so mein erster Grimdark Moment. Durch das Lesen und die Auseinandersetzung mit dem Hintergrund wird einem erst richtig deutlich welche Art von Ressource es in diesem Universum in so großer Menge gibt, dass sie an sich nichts wert ist: Der Mensch an sich. Das einzelne Schicksal, der Mensch als solches, als Individum ist nichts wert. Einer von Millarden, auf Millionen von Welten. Fast jeder ist ersetzbar oder gar verzichtbar.

    Noch deutlicher zeigt sich das dann im Kampf und im Krieg. Schlachtfelder mit Millionen Opfere, ganze Planeten die ausgelöscht werden können sowie eben den Schicksalen als Servitoren. Der Mensch ist nichts wert. Er ist eine Ressource und nicht mehr. Alles was wir mit dem Menschsein verbinden wird entfernt, sei es mit der Waffe in der Hand oder eben als Teil einer Mauer. Umso spannender ist es dann wiederum, wenn ein Funken Menschlichkeit doch hervorblitzt, sei es wenn man einen Eindruck der "normalen Menschen" ihren Sorgen und Problemen in diesem Universum bekommt oder eben Momente auf den Schlachtfeldern.

    Das zeigt sich auf den Schlachtfeldern mit den Opfern, dass ganze Planeten ausgelöscht werden können sowie auch in Einzelschicksalen wie dem des Servitors, was ja auch kein Einzelschicksal ist. Der Mensch ist nichts wert. Er ist eine Ressource. Sei es mit der Waffe in der Hand oder eben als Teil einer Mauer.

    Also mein Moment in dem ich das Warhammer 40k Universum als "Grimdark" wahrgenommen hab, war als ich das Menschenbild in diesem Universum wahrgenommen habe. Später folgte dann noch das verzehrte Bild von Religion, gerade in Bezug auf Maschinen und Technik aber auch im Bezug auf den Imperator in seiner Radikalität und seinem Fanatismus.



    grüße

  • Spannende Frage.


    Ich könnte garnicht sagen, ob ich solche Momente überhaupt mal hatte. Zu einem deshalb, weil ich ausgeprägt im Hier und Jetzt lebe und mich deshalb sehr wenig an solche Erkenntnissprozesse erinnere.


    Und zum anderen, weil ich mit Eldar eingestiegen bin, da kam ich mit dem Grimdark des Imperiums erst später in Berührung. Da sind eher so peinliche Sachen in Erinnerung geblieben wie der Umstand, dass ich die Idee der Pfade zu Anfang noch nicht richtig begriffen hatte und Überlegungen angestellt hatte, welche Rollen Aspektkrieger im Zivilleben wohl ausfüllen könnten. :D Ist mir heute noch peinlich, aber was soll's.

    Bei den Eldar konnte ich nicht viel Grimdark finden. Vielleicht könnte man die Geisterkrieger als solches auffassen, oder das sich auf einem Pfad verlieren. Aber Eldar sind halt völlig anders, und das seltsame ist bei ihnen mehr oder weniger normal. Ich bin ja sogar so weit gegangen, dass auf meinem Weltenschiff es eine Garde aus Phantomwächtern gibt, die freiwillig aus der Unendlichkeitsmatrix fernbleiben und den Kristalldom bewachen. Also aus den düsteren Elementen des Fluffs was "helles" gemacht. Mein Weltenschiffvolk ist allgemein so aufgestellt, dass sie ihr Leben leben und das Beste daraus machen, ohne sich in Angst oder Selbstmitleid zu ergehen - dass dann aber auch mit allen Mitteln relativ rücksichtslos verteidigen.


    Das ganze Grimdark des Imperiums, naja, als ich da so richtig eingestiegen bin, steckte ich schon mitten im Geschichtsstudium. Da befasst man sich auf eine rational-distanzierte Weise mit sehr stark von unserem abweichenden Welt- und Menschenbildern. Natürlich ist bei 40K alles stark überzeichnet und vermischt, aber im Kern ist es nichts, was die Weltgeschichten, hauptsächlich Mittelalter, Frühe Neuzeit und Kolonialismus, nicht schon einmal hervorgebracht hätten.

  • Gar nicht so einfach. Als ich eingestiegen bin hatte ich keinen echten Blick für das Grim Dark Thema, da war es ein Spiel, in dem Space Marines Aliens verprügeln, wo man die Minis blöderweise selbst anmalen muss. Der echte mentale Einstieg waren dann Gaunts Ghosts. Hab die ersten Romane mit 17 oder so gelesen. Beim Schlachtruf "First and Only" läufts mir immer noch den Rücken runter.


    Ich hab vor gar nicht allzu langer Zeit ein modell gebaut, dass heute für mich die Definition von GrimDark40k ist: Die "Schützin" des Exorzist, eine Frau, die auf einer Orgel spielt, dabei mitten auf dem Schlachtfeld ganz in ihre Noten versunken ist und den Feinden des Imperators balistische Erlösung bringt.