Deathwatch: Xenojäger

  • Hallo zusammen, frisch auf der aktuellen RPC angeworben präsentiere ich euch Prolog und Kapitel eins meines Romanes: Deathwatch Xenojäger. Gegenwärtig gibt es insgesamt 12 Kapitel und das 13. und letzte ist in der Mache. Sofern entsprechende Nachfrage besteht, wird es ab dem 25.05.15 jeden Montag ein neues Kapitel geben.


    Ich wünsche euch viel Spaß und freue mich auf euer Feedback.



    PROLOG


    Aus dem stinkenden gelbgrauen Dunst, der zaghaft von der Morgendämmerung illuminiert wurde, erhob sich die gezackte Spitze einer kilometerhohen Makropole. Die Makropole war die Verkörperung eines gewaltigen, in Stahlbeton gegossenen Monuments. Es war jedoch kein Prunkbau der kulturellen Wohlstand repräsentierte und auch nicht das Produkt übersteigerter Hybris eines Despoten. Sondern dies war Colber Primus, ein hocheffizienter Lebensraum für achtzig Millionen menschliche Seelen. In diesem überfüllten Ballungszentrum lebten und arbeiteten die imperialen Bürger und Bürgerinnen, eingepfercht wie Nutzvieh. Viele würden in ihrem Leben niemals den Himmel jenseits des Betons und der planetenweiten Luftverschmutzung sehen, geschweige denn die natürliche Planetenoberfläche zu Gesicht bekommen. Nur die Elite war in der Lage sich in den höchsten Bereichen der Makropole aufzuhalten. Diese reichten bis in die unteren Atmosphärenschichten und erhoben sich funkelnd über den Schmutz rücksichtsloser Industrialisierung.
    Der Planet war vollständig mit Infrastruktur in unterschiedlichen Verfalls- und Baustadien bedeckt. Denn Colber Primus, die Makropole die Aufmerksamkeit der Inquisition auf sich gezogen hatte, war nur eine von vielen auf dieser sogenannten Makropolwelt Pekap Tercitus. Tief in den Eingeweiden der schwülen stickigen Megastadt hatte die heilige Inquisition zu Terra etwas entdeckt, dass schlimmer war als planetare Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Sonneneruptionen. Xenosbefall! Von der Sorte, die sich rasant ausbreitete und extrem schwierig zu entdecken war.


    Die Inquisition des Ordo Xenos war eine der mächtigsten Organisationen innerhalb des Imperiums der Menschheit. Fähig und befugt nach eigenem Ermessen einen Exterminatus über jene Welten zu verhängen deren Reinheit nicht mehr gewährleistet werden konnte. Für viele Inquisitoren wäre der vorliegende Fall Grund genug gewesen, die besagte Reinigung zu veranlassen. Jegliches organische und anorganische Leben, würde in einem apokalyptischen Inferno ausgelöscht und für Jahrhunderte oder gar Jahrtausende unmöglich gemacht werden. Maßstäbe die im Imperium der Menschheit marginal und somit vertretbar waren.


    Inquisitor Derwad Wendons vom Ordo Xenos, der den Befall in einem vergleichsweise frühen Stadium diagnostizierte, war jedoch noch nicht gewillt, die annährend siebzig Milliarden imperialen Bürger zu opfern, die auf der Makropolwelt lebten. Ältere Inquisitoren hätten diese Entscheidung vermutlich seinem jugendlichen Leichtsinn zugeschrieben. Er war schließlich nicht ganz neunzig Standardjahre alt und sah noch dazu nicht mal halb so alt aus. Jedoch verfügte die Inquisition noch über andere Mittel. Denn wenn der Exterminatus die läuternde Brandrodung war, so war die Deathwatch das Jätemesser.


    Deathwatch, ein Name ebenso sagenumwoben wie die legendären Spacemarines, jenen genetisch verbesserten Posthumanen, die seit mehr als zehn Millennien das Überleben und die Vorherrschaft der Menschheit sichern. Sie wurden auch als Astartes oder Engel des Todes bezeichnet und waren seid beinahe ebenso langen Zeiten in verschiedenen Orden organisiert.
    Einzig der Ordo Xenos der Inquisition hatte das Vorrecht Astartes aus verschiedenen Orden zu rekrutieren und gemischt in Exterminatorenteams zu kombinieren. Auf diese Weise vereinten sich die verschiedenen Stärken der Orden zu einer tödlichen Macht die kaum zu übertreffen war.


    Auch aus diesem Grund entschied sich Inquisitor Wendons dafür, eine astropathische Botschaft an die versteckte Ordensfestung Argenteus Irae zu übermitteln. Darin bat er um die Entsendung eines Exterminatorenteams nach Pekap Tercitus. Technisch gesehen hatte hätte er die Entsendung einfach per Befehl anordnen können. Jedoch hatte er sich von Beginn seiner Karriere an, stets äußerst zurückhaltend gegenüber den Posthumanen verhalten. Schließlich waren sie die Söhne des Gottimperators der Menschheit und er hatte nicht vor, nur auf Basis eines Förmlichen Abkommens und zur Bestätigung seines Egos, deren Missgunst auf sich zu ziehen.


    Er erhielt keine Rückmeldung, wie üblich. Anschließend ließ er seine stark modifizierte Fregatte zurück in den Orbit des befallenen Planeten fliegen. Nun lag eine weitere schwerwiegende Entscheidung vor ihm. Sollte er ein Embargo verhängen und die imperiale Flotte den Planeten abriegeln lassen? Oder sollte er geduldig abwarten? Bis die Spacemarines ankamen den Feind in falscher Sicherheit wiegen und dann mit voller Härte zuschlagen? Ein Embargo würde innerhalb weniger Tage eine katastrophale Unterversorgung mit elementaren Gütern wie Wasser und Nahrung verursachen. Der Planet war praktisch vollständig von der Versorgung durch andere Planeten abhängig. Allgemein galt Pekap Tercitus als fügsam, wenn jedoch der Nachschub ausblieb, würden alleine die Aufstände und Revolten Millionen von Toten fordern. Ohne Embargo bestand jedoch die Gefahr, dass sich der Xenosbefall durch die unzähligen interstellaren Transportflüge auf weitere Planeten ausbreiten würde.


    Nachdem er im Geiste sorgfältig die Alternativen abgewägt und darüber hinaus in einer Seance das Tarot des Imperators befragt hatte, entschied er sich für das Embargo. Einige Millionen Tote hier, wären leichter zu verkraften als eine Sektorweite Epidemie. Nachdem er sich vom tadellosen Zustand seiner schwarzen Uniform überzeugt hatte, hing er sich seine Amts Insignie um den Hals. Sie bestand aus rot lackiertem Metall und hatte die Form des Buchstabens I mit einem eingefassten schwarzen Totenschädel in der Mitte.
    Er setze eine ernste Miene auf und betätigte einige der Kontrollen an seinem Kommandothron. Innerhalb weniger Augenblicke hatte sein Schiff einen Prioritätskanal zu allen imperialen Schiffen und Kommunikationsnetzwerken in Funkreichweite geöffnet. Damit hatte er sämtliche ihrer technischen Schutzmaßnahmen überbrückt und vermutlich eine Menge Leute, die sich für wichtig und mächtig hielten, enorm verärgert.
    Diejenigen die über einen Holoprojektor verfügten, sahen das ernste Gesicht eines dunkelhaarigen Mittvierzigers mit ergrauten Schläfen der jedoch die eindeutigen Zeichen von Verjüngungsbehandlungen zeigten. Seine blauen Augen waren wie erbarmungslose Suchscheinwerfer, die jede verborgene Sünde erfassen konnten und niemals blinzelten.


    „Hier Spricht Inquisitor Derwad Wendons vom Ordo Xenos der heiligen Inquisition zu Terra. Ab sofort steht Pekap Tercitus unter Quarantäne. Schiffe die sich in Lande- oder Startvorgängen befinden werden diese unverzüglich abbrechen oder ohne Vorwarnung abgeschossen. Jeder Versuch den Planeten zu verlassen wird mit dem Tod bestraft. Auf Pekap Tercitus hat sich ein Makel eingeschlichen der alles bedroht, für das unser geliebtes Imperium der Menschheit steht. Aus diesem Grund wird die Bedrohung so lange eingekesselt, bis der Makel herausgeschnitten wurde.“ Inquisitor Wendons machte eine kurze Pause um die Bedeutung seiner Worte wirken zu lassen ehe er nach einer letzten Beschwörung den Kanal schloss.
    „Der Imperator beschützt!“


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    EINS


    „Apothekarius Ajax Centus, ihr wurdet ausgewählt, unseren Orden zu repräsentieren und euch selbst in einer Weise hervor zu tun wie es nur wenigen Brüdern ermöglicht wird!“ Captain Serbitar Amarand machte eine dramatische Pause und Ajax fragte sich worum es bei diesem spontanen Antreten und insbesondere dem Hervorheben seiner Person ging. „Zur Erfüllung des Abkommens zwischen den Adeptus Astartes und dem Ordo Xenos der heiligen Inquisition zu Terra, werdet ihr in den Schmelztiegel der Legiones Astartes, die Deathwatch geschickt!“


    Die ganze angetretene Formation und auch Ajax selbst nahmen diese Neuigkeit ohne sichtbare Regung auf. In seiner Funktion als Apothekarius hatte er bereits dutzende Einsätze hinter sich gebracht. Er war in der Lage gewesen die Gensaat jedes einzelnen Bruders unter seiner Fürsorge zu bergen, wenn dieser vom Imperator zu sich gerufen wurde.
    Eine derartige Erfolgsquote war zwar nicht beispiellos, jedoch eine Leistung die ihm zu respektablem Ruf und dem Spitznamen Totengräber verholfen hatte. Dennoch war er sich nicht sicher, ob seine Versetzung zur Deathwatch tatsächlich eine so große Ehre war wie von seinem Captain proklamiert. In der Vergangenheit war die Deathwatch angeblich häufig ein Mittel gewesen, um unbequeme oder auch charakterlich untypische Schlachtenbrüder aus der Truppe zu entfernen ohne diese öffentlich zu brüskieren.


    „Dies ist nicht nur eine besondere Gelegenheit dem Imperator zu dienen, sondern darüber hinaus die Chance unseren Brüdern aus den anderen Orden zu zeigen, dass Imperial Fists nicht einfach nur aus einem besonderen Holz geschnitzt sind, sondern aus Granit gemeißelt!“ fuhr Captain Amarand mit grimmiger Miene fort. Entsprechend den Traditionen löste sich Ajax aus der Formation, ging auf seinen Captain zu und kniete sich vor diesen auf die Steinplatten des Hangar Bodens.


    An den Wänden des Hangars hingen gewaltige Banner mit der Heraldik der Imperial Fists und deren sechster Kompanie. Zwischen den Bannern waren die Wände, ebenso wie die Wände das übrigen Schlachtschiffes, von Knochen gefallener Brüder bedeckt, welche mit übermenschlicher Sorgfalt graviert worden waren.


    Aus dem Schatten hinter Captain Amarand löste sich eine nicht weniger eindrucksvolle Gestalt in mattschwarzer Rüstung. Ihr Gesicht wurde von einer filigran gravierten Schädelmaske verdeckt und in der rechten Hand hielt sie Ihr Amtszeichen welches zugleich eine zerstörerische Waffe und ein Fanal für alle Feinde des Imperiums war. Der Ordenspriester stellte sich neben den Captain und begann eine Litanei zu beten.
    Seine Stimme, so rau und stark wie aneinander reibende Kontinentalplatten erfüllte alle Anwesenden mit Entschlossenheit und Ehrfurcht. Während des Gebets, in welches nun auch die übrigen Schlachtenbrüder einstimmten, befestigte der Ordenspriester Augenblickseide an der Rüstung von Ajax und überreichte ihm anschließend ein altes Energieschwert, welches von den besten Arcifiern des Ordens geweiht worden war.


    Ajax war, soweit es für einen Posthumanen wie ihn möglich war, ergriffen und von der Intensität des Augenblicks berauscht. Seine Zweifel an Ursache für seine Mission verblassten ein wenig. Als der Ordenspriester zum Abschluss der Zeremonie Ajax’ Helm mit seinem Crozius berührte und die Worte „Primarch, zu deinem Ruhm und für ihn auf Terra!“ rief, wiederholten die angetretenen Spacemarines den Schlachtruf ihres Ordens mit tosender Kraft.


    Zügig verließen die meisten Marines daraufhin den Hangar, bis nur noch Captain Amarand, der Ordenspriester und Ajax übrig waren. In respektvoller Stille warteten sie, bis sich das gewaltige Hangar Tor öffnete und die unendliche Tiefe des Weltraums zeigte. Nur durch ein Kraftfeld von der endlosen Weite getrennt sah er lautlos einen schwarzen Thunderhawk auf das geöffnete Tor zufliegen.


    Seine gepanzerte Nase zierte das Symbol der Deathwatch, welches vor statischen Entladungen funkelte, als das Schiff den Schild durchdrang. Gleichzeitig brach das charakteristische Heulen der mächtigen Triebwerke explosionsartig über sie hinein und ebbte kurz darauf wieder ab, als der Pilot den Thunderhawk in Fluchtrichtung auf das Deck aufsetzte.


    Sofort öffnete sich die Große Klappe im Bauch des Astartes Allzweckfliegers und eine imposante Gestalt in schwarz stampfte durch den Nebel der Abgase und Hydraulikdämpfe.
    Sie hielt eine Energiegleve in der rechten Hand und trug einen Purpurfarbenen Chorrock über der makellos gewarteten Servorüstung. Als die Gestalt in respektvollem Abstand zu den drei Imperial Fists stehen blieb, wurde der auf seinem rechten Schulterpanzer dargestellte weiße Rabe der Söhne von Corvus Corax sichtbar.


    „Grüße Captain, mein Name ist Nimerian, Hüter der Deathwatch.“ Stellte sich der Neuankömmling in lockerem Tonfall vor. „Das ist Ordenspriester Radek, dies ist Apothekarius Ajax Centus und mein Name ist Amarand.“ Stellte der Captain die übrigen Anwesenden vor, wobei er den genannten jeweils respektvoll zunickte.


    „Der Imperator beschützt, Brüder. Es ist mir sowohl eine Ehre als auch ein Privileg ihren Orden kennen zu lernen. Es erfüllt mich mit Stolz das Vorrecht zu haben, die Stärke und Zähigkeit der Imperial Fists in die Deathwatch einzusäen. Welcher Bruder wird das Abkommen erfüllen und zum Wohle des Imperiums ein Streiter der Inquisition werden?“ erwiderte der Hüter mit sorgfältig betonten Worten. Seine Respektbekundung untermalte er durch das beiläufige Abnehmen seines Gefechtshelmes.
    Darunter kam schneeweiße Haut zum Vorschein, welche in einen deutlichen Kontrast zu den blutroten Augäpfeln, der schwarzen Rüstung und nicht zuletzt dem purpurnen Chorrock stand.
    Sein Gesicht war von zahlreichen alten Narben bedeckt und er trug einen goldenen Dienststecker über der linken Augenbraue.
    Das Verhalten des Hüters überraschte Ajax ein wenig, da Brüder der Raven Guard in dem Ruf standen, eher still und pragmatisch zu sein und nicht viel auf Formalitäten oder Respektbekundungen zu geben. Captain Amarand schien dies ebenfalls aufgefallen zu sein. „Der Imperator beschützt, Nimerian von der Deathwatch. So viele höfliche Worte? Ich muss also davon ausgehen, dass ihr nicht nur einen meiner Männer aus seinem Orden reißt sondern auch noch einen gefallen Bruder mitbringt?“ entgegnete Captain Amarand trotzig und blickte an dem Raven Guard vorbei in den Thunderhawk. Dort wurde grade von Hebeservitoren eine große Frachtkiste ausgeladen.


    „Es ist mir eine Freude euch in dieser Annahme zu enttäuschen Captain Amarand. Tatsächlich hat sich Bruder Hergard entschlossen seinen Dienst bei der Deathwatch bis zum Ende seines Lebens fortzusetzen. In der Frachtkiste befindet sich seine alte Rüstung, welche den Imperial Fists gehört. Er hat sich neben einem tadellosen Ruf, das Crux Terminatus verdient und hat die Ausrüstung der Deathwatch zur Verfügung!“
    Captain Amarands Gesichtszüge waren unlesbar und er gab eine Antwort die spürbar in Ajax’ Richtung ging. „In diesem Fall bin ich erfreut darüber dass Hergard seinen Platz gefunden hat auch wenn ich seinen Verlust für den Orden dennoch bedauere. Ich hoffe Bruder Centus wird zu uns zurückkehren und unserem Orden mit der gewonnenen Weisheit dienen wenn es soweit ist.“


    „Das werden am Ende der Imperator und Apothekarius Centus selbst entscheiden, nicht wahr Bruder?“ wandte sich Nimerian nun ebenfalls an Ajax. Dieser überlegte sich schnell eine Antwort, die weder seinen respektierten Captain, noch seinen möglichen neuen Vorgesetzten zu verärgern drohte.


    „Ich vertraue da voll und ganz auf unseren geliebten Imperator. Um unseren Aufbruch nicht unnötig hinauszuzögern werde ich nun mein Quartier räumen. Ich denke bis der Thunderhawk aufgetankt ist werde ich aufbruchsbereit sein.“ erwiderte Ajax schließlich mit Blick zu seinem Captain und hoffte somit dem Spannungsfeld seiner Vorgesetzten ausweichen zu können.


    „Lassen sie sich Zeit Apothekarius, ich werde mit dem verehrten Hüter in den Tempel gehen und versuchen ihm die Weisheit des Imperators mit auf den Weg zu geben.“ grollte Ordenspriester Radek der sich bislang still verhalten hatte, mit einer Bestimmtheit die keinen Widerspruch duldete.
    Zwar stand er rein technisch im Rang unter Captain Amarand, jedoch verhalfen ihm Ruhm, Ehre und vor allem Weisheit zu einer Sonderposition die ihm weitreichende Autorität verlieh. Abgesehen davon war offensichtlich geworden, dass Captain Amarand keinen Wert auf weitere Gespräche legte und somit mehr als nur einverstanden mit den Worten des Ordenspriesters war.


    Ajax beschwor auf seiner Brust das Zeichen des Aquilas, senkte leicht den Kopf und entfernte sich zügig aus dem Hangar. Auf dem Weg zu seinem Quartier, welches eher einer Zelle glich, nahm Ajax die Vertrautheit seiner Umgebung mit einer Intensität wahr die ihn selbst überraschte. Zwar waren weder er noch die Imperial Fists insgesamt für Sentimentalität bekannt jedoch wurde ihm klar, dass ihm das Schiff mit seinen knöchern verkleideten Gängen fehlen würden. Die Nähe zu den geehrten Gebeinen seiner Brüder war immer ein stiller Quell der inneren Ruhe für ihn gewesen. Im Quartier angekommen zog er seinen Helm aus und legte ihn in die bereitstehende Frachtkiste. Alle Imperials Fists beteiligten sich am rituellen Gravieren der Knochen, Ajax Talent hierfür war bereits bei seinem ersten Versuch aufgefallen. Somit war es nicht verwunderlich, dass seine Gravurwerkzeuge und eine Rippe deren Bearbeitung er kürzlich begonnen hatte die einzigen Gegenstände waren die in seinem Quartier zu finden waren und von ihm eingepackt wurden.


    Danach machte er sich mit der fast leeren Frachtkiste auf den Weg ins Apothekarium um seine persönliche Kampf- und Spezialausrüstung abzuholen. Vor Ort sah er gleich, dass seine Ausrüstung bereits zusammengepackt auf einer unbenutzten Liege befand.
    Daneben stand Chefapothekarius Loktar. Loktar war sein Ausbilder gewesen und auch sein persönliches Leitbild. Der Veteran trug lediglich einen Wappenrock der seinen vernarbten Körper betonte und ihm das Aussehen einer steinernen Statue verlieh, dem Optimum für viele Imperial Fists. Sein völlig kahler Schädel der nur von zwei goldenen Dienststeckern verziert wurde drehte sich in Ajax‘ Richtung als dieser Eintrat.
    „Ajax, du warst stets ein engagierter Schüler und ich war immer vollkommen ehrlich zu dir. Deine Zeit als mein Schüler ist nun vorbei, und ich habe dir alles beigebracht was ich durch Lektionen vermitteln kann. Aus diesem Grunde habe ich, als Captain Amarand nach Kandidaten für die Deathwatch fragte, dich vorgeschlagen!“


    Ajax war einen Moment lang sprachlos, er hatte nicht gedacht dass sein Engagement dazu führen würde dass sein Vorbild ihn eigenhändig fortschickte. „Ich danke euch, dass ihr mich für würdig haltet diese Ehrung zu erhalten Loktar. Dennoch hatte ich nicht dass Gefühl dass Ihr mit euren Lektionen am Ende gewesen wärt.“


    „Was sollen diese Schmeicheleien Ajax, damit erniedrigst du uns beide. Mir ist klar wie unverständlich meine Gründe für dich sein müssen. Jedoch verfolge ich auch mit diesem Entschluss, wie immer, eine bestimmte Absicht.“ Bei diesen Worten überfiel ein trauriger Ausdruck das Gesicht von Ajax‘ altem Mentor und sah forschend in Ajax‘ Gesicht als er weitersprach.
    „Manche sehen in uns reine Feldsanitäter, aber das sind wir nicht!
    Wir tragen das Wissen und vor allem das Verständnis von allem was die Überlegenheit eines Astartes ausmacht.
    Wir halten die Orden am leben und wenden die Schwächen unserer Feinde auf eine Art und Weise gegen diese wie es nur wenige vermögen.“


    Entschlossen stimmte Ajax dem Veteranen zu, er hatte die Lektionen in sein Bewusstsein verankert und seiner Meinung nach auch verstanden daher erwiderte er.
    „Das habt ihr mich immer gelehrt und ich folge dieser Doktrin so gut es mir möglich ist. In aller Offenheit Loktar, ich sehe mich aus eben diesen Gründen als wichtigen Teil unseres Ordens und kann meine Entsendung nicht nachvollziehen.“


    Loktar schloss kurz die Augen wie er es immer Tat wenn Ajax falsch lag und er ihm den Fehler aufzeigen wollte.
    „Dann hast du diese Doktrin, wie du sie nennst, eindeutig noch nicht völlig verstanden. Was ich dir allerdings nicht zum Vorwurf machen möchte. Wir leben in einer Zeit in der mehr Wissen verloren geht als neu gewonnen oder auch nur bewahrt wird.
    Das bedeutet, dass wir, um unsere Aufgabe vollkommen auszufüllen, auch Forscher sein müssen.
    Ich bin praktisch mein Leben lang Apothekarius bei unserem geliebten Orden der Imperial Fists gewesen. Allerdings sehe ich immer deutlicher die Grenzen meines Wissens, welches ich seinerzeit vom geehrten Apothekarius Oswaft erhalten habe, der ebenfalls den Orden nie verlassen hat.
    Unsere Körper und Seelen sind so konstruiert, dass sie an nahezu jede erdenkliche Situation angepasst sind. Das muss auch für unser Wissen gelten, und hier kommt die Deathwatch ins Spiel.“


    „Ich glaube ich verstehe was ihr meint, aber wenn ich nicht zurückkehre werde ich nicht mal ein Apothekarius mit eingeschränktem Wissen sein können, sondern nur ein leerer Platz und ein fehlender Bewahrer der Vermächtnisse unserer Brüder.“ wandte Ajax ein und zog dabei leicht seine blonden Augenbrauen hoch.


    „Hab mehr Vertrauen in den Imperator! So wie Ordenspriester Radek. Denkst du jeder Marine erhält vor seiner Abreise ein so kostbares Schwert wie du? Diesen Umstand hast du allein dem Wirken und Vertrauen Radeks zu verdanken. Die Tatsache, dass er deine Auswahl und vor allem deine Arbeit als Forscher außerhalb seiner Kontrolle unterstützt sollte dir einerseits die Wichtigkeit und andererseits das Vertrauen verdeutlichen, welches die Kompanie und letztendlich der ganze Orden in dich setzt.“
    Die letzten Worte ließen Ajax, leicht beschämt, den Blick abwenden. Er war von dem Zutrauen beeindruckt und von seiner eigenen Blindheit überrascht. So tadelte er sich selbst für sein schändliches Misstrauen und entschloss sich zu einem letzten Zusammenkommen mit dem Schmerzhandschuh für viele Jahre.


    „Was soll ich sagen Loktar? Eure Weitsicht beschämt mich und straft gleichzeitig die angebliche Dogmatik der Imperial Fists lügen.
    Um weitere Torheiten meinerseits zu verhindern, lasst mich euch für die geduldigen Jahre der Ausbildung danken und ganz besonders für diese letzte Lektion der Demut. Seid gewiss, dass ich diese Aufgabe meistern werde, zur Ehre des Imperators, des Primarchen, der Imperial Fists und des in mich gesetzten Vertrauens.“
    Mit diesen Worten streckte er Loktar seine Hand zum Kriegergruß entgegen und war überrascht sogar die Andeutung eines Lächelns auf dem ledrigen Gesicht seines Lehrers zu sehen.
    Nach dem Gruß nahm er die Ausrüstungskiste von der Liege und verließ das Apothekarium in Richtung der unteren Deckbereiche.


    In der Kammer, welche für die rituelle Nutzung des Schmerzhandschuhs vorgesehen war, saß zu seiner großen Überraschung Ordenspriester Radek.
    Wie eine sehr detailliert gefertigte Statue, stand er völlig regungslos vor dem stabilen Gestell, welches die zu kasteienden Marines in Position halten konnte.
    Es konnte höchstens eine halbe Stunde vergangen sein, seid dieser sich mit Hüter Nimerian auf den Weg in den Tempel gemacht hatte. Von Nimerian war jedoch keine Spur zu sehen.
    „Gut dass Ihr hier seid, Apothekarius.“ grollte die unverkennbare Stimme des Ordenspriesters durch den von Schweiß und Stimulanzien geschwängerten Raum und fuhr fort.
    „Dass ich euch vor eurer Abreise noch hier antreffen würde bestätigt das Bild dass ich von euch habe und gibt mir Mut, dass ihr der vor euch liegenden Aufgabe gewachsen seid.“


    „Ich danke euch Ordenspriester Radek. Für euer Vertrauen und für eure Fürsprache. Ich bin hier, um mir den Wert der vor mir liegenden Aufgabe bewusst zu machen. Und um dieser mit gereinigter Seele zu begegnen.“ erwiderte Ajax.
    Schon immer hatte er gegenüber dem Ordenspriester das Bedürfnis empfunden Rechenschaft abzulegen.
    „Es ist kein Dank notwendig, denn ihr habt euch beides selbst verdient. Nicht desto Trotz bin ich der Meinung, dass heute kein Tag ist an dem ihr euch durch Schmerz reinigen solltet. Ich bin euer Ordenspriester und Wächter eurer Seele. Vor eurer Abreise sollt ihr etwas von mir erhalten, dass euch mehr nützen wird als die vergängliche Empfindung von Schmerz.“
    Radek nahm auf einer der Bänke Platz und während dem folgenden Gespräch, baute der Ordenspriester hinter seiner anonymen Maske eine persönliche Atmosphäre auf wie Ajax es dem verdienten Krieger nicht zugetraut hatte.
    Wortgewaltig und überzeugend fegte sämtliche von Ajax‘ Zweifeln beiseite und baute Ihn in einer Weise auf, die ihm die Trennung von seinen Brüdern weniger negativ erscheinen ließ.
    „Ich diene dem Imperator mit Herz und Seele. Meine Aufgabe ist es unseren geliebten Orden von innen heraus vor allen Gefahren zu beschützen. Darum bitte ich euch. Lernt soviel ihr könnt! Knüpft Bande zu den Brüdern anderer Orden auf dass wir Seite an Seite aus dem Schatten unseres finsteren Zeitalters hervortreten können. Tut was ihr tun müsst, aber nicht um jeden Preis!“ Darauf hin erhoben sich zuerst Radek und schließlich auch Ajax bevor der Ordenspriester endete.
    „Denn seid gewiss, dass ich euch, solltet ihr makelbehaftet zurückkehren, genauso sicher verdammen werde, wie ihr ein Held des Orden sein werdet, wenn ihr neu geschmiedet und rein zurückkehrt.“ Bei diesem Worten gewann Radeks Stimme wieder an Härte und er reichte Ajax seinen Arm zum Kriegergruß. Ajax ergriff diese schweigend aber entschlossen und verließ die Kammer um sich auf den Weg in seine bestimmungsvolle Zukunft zu machen.


    Im Hangar war erneut die komplette sechste Kompanie angetreten und bildete ein Ehrenspalier für ihn. Am Ende des Spaliers standen Captain Amarand und auch Radek der gerannt sein musste um ihn zu überholen. Vom Hüter war nichts zu sehen.


    Der Thunderhawk stand startbereit mit im Leerlauf tosenden Turbinen auf dem Deck, was wohl bedeutete, dass Nimerian bereits an Bord war. Ohne innezuhalten schritt Ajax durch das Spalier und betrat über die geöffnete Rampe den Thunderhawk. Die Rampe begann sofort sich zu schließen und die Triebwerke erhöhten ihre Leistung. Kurz darauf verließ das Schwarz lackierte Fluggerät den grell gelben Schlachtkreuzer in Richtung einer wartenden, anonym und schmucklos gestalteten Fregatte.
    Da es keine rückwärtigen Sichtfenster gab, konnte Ajax keinen Blick mehr auf jenes Schiff werfen, welches für die vergangenen dreißig Standardjahre seine Heimat gewesen war. Er fragte sich wer bei seiner Rückkehr noch da sein würde. An seiner Rückkehr hatte er, nach den persönlichen Gesprächen mit seinem Mentor und dem Ordenspriester, keinen Zweifel mehr.


    Mit ihm zusammen im Truppenabteil saß Nimerian und hatte anscheinend seine Nachdenklichkeit bemerkt. „Habt ihr bereits mit Brüdern anderer Orden zusammen gekämpft?“ fragte Nimerian freundlich und löste Ajax aus seinen Gedanken. „Nein, nicht direkt. Im Rahmen des Maldakdor Feldzuges war die sechste Kompanie zusammen mit zwei Trupps der Blood Ravens involviert, jedoch gab es keinen direkten Kontakt zwischen deren Einheiten und dem Trupp den ich unterstützt habe.“ antwortete Ajax wahrheitsgemäß und erinnerte sich an die Orkhorden, die dort niedergemetzelt worden waren.


    Es war sein erster Einsatz gegen Orks gewesen. Zu beginn war er noch von ihrer gleichzeitig direkten und dennoch sehr strategischen Kriegsführung überrascht gewesen. Sein Trupp hatte den Auftrag gehabt eine Munitionsfabrik zu sichern. Also gruben sie sich ein und bildeten ein Bollwerk wie es nur Imperial Fiste fertigbringen konnten. Sie töteten sicherlich mehrere Tausend Orks ehe die ersten Grünhäute in die Anlage eindringen konnten. Was dann folgte war ein wildes Gemetzel auf engstem Raum. Ein Ork Nob, anscheinend deren Äquivalent eines Sergeants, schwang einen monströsen Morgenstern und nachdem er beim Ausholen einem anderen Ork den Schädel einschlug versenkte er die von Stacheln übersäte Stahlkugel in der Brust eines Schlachtenbruders. Mit einem Aufschrei war Ajax vorgesprungen und hatte sein Kettenschwert tief in die Flanke das Orks getrieben. Dieser packte mit seiner großen grünen Pranke Ajax Scherthand und hielt sie an Ort und Stelle während er brutal an dem Morgenstern riss um ihn freizubekommen. Der Marine mit der mit dem zerschmetterten Brustkorb wurde wie eine Puppe hin und her geschleudert und Ajax sah mit entsetzen wie der riesige Ork mit seinem eisernen Kiefer nach seinem Kopf schnappte. Mehr aus Reflex hatte er daraufhin sein Narthetikum in den stinkenden Rachen getrieben bis der Bohrer durch den Hinterkopf wieder austrat. In diesem Moment hatte der Devastor des Trupps endlich seine Waffe nachgeladen und verschaffte Ajax den nötigen Freiraum um die Gensaat seines Bruders zu ernten. Während das hohe kreischen des Reduktors und das Hämmern des Bolters die Stellung erfüllten brach draußen die Hölle los. Ein Thunderhawk in den Farben der Bloodravens bombardierte die vorrückenden Orks und schaltete deren mörderische Gargbots und missgestalteten Kampfpanzer aus. Somit waren die Imperial Fiste in der Lage die Orks von der Fabrik zurückzudrängen und zu sehen wie die Luftstreitkräfte der Orks den Thunderhawk nur Knapp verpassten.


    „Interessante Brüder.“ Riss Nimerian ihn wieder aus den Gedanken. „Ihre akribische und zeitintensive Archivierung von Wissen vielerlei Gestalt wird ihnen ja gerne als Schwäche ausgelegt. Allerdings habe ich miterlebt wie effektiv sie ihre wenigen Brüder einsetzen indem sie die Pläne und Schwächen des Feindes präzise kontern und ausnutzen.“
    Auch an diese Tatsache konnte sich Ajax erinnern. Es war zwar nie offiziell verkündet worden, aber wer die formalen Berichte jenes Feldzuges analysierte konnte erkennen, dass die zwei taktischen Trupps der Blood Ravens bemerkenswerte Ergebnisse erzielt hatten. So bemerkenswert, dass ihre geringere Anzahl im Verhältnis zu der Truppenstärke der aufmarschierten Imperial Fists kaum noch aufgefallen war.
    „Bleibt nur noch die Frage zu welchem Preis. Soviel ich weiß haben die Blood Ravens mindestens drei Skriptoren ins Feld geführt und haben das Verhalten der Orks in einem Ausmaß verstanden und vorhergesehen, dass mir bis heute Sorgen bereitet. Ordenspriester Radek berichtete darüber hinaus noch von massivem und kompromisslosem Einsatz offensiver Psikräfte.“entgegnete Ajax kritisch.


    Alle Spacemarines wussten von dem Edikt von Nikaea, jedoch war es irgendwann im Laufe des entsetzlichen Bruderkrieges und der Erstellung des Codex Astartes widerrufen oder außer Kraft gesetzt worden. Die genauen Umstände dieser Ereignisse waren schleierhaft und von Gerüchten geprägt, aber selbst die Imperial Fists hatten schließlich ihr Skriptorium wieder eröffnet. Durchaus zum Missfallen zahlreicher Ordensbrüder.
    Diese Entgegnung ließ Nimerian jedenfalls amüsiert grinsen und er antwortete mit weiterhin freundlicher Stimme.
    „Ein Imperial Fist wie er im Buche steht. Ich möchte eure Überzeugung weder kritisieren oder verurteilen, dennoch bin ich gespannt ob und wenn ja wie sich diese Wandeln wird. Auch wenn es in den einzelnen Orden in der Regel nur wenige Psioniker gibt, so ist deren Anzahl innerhalb der Deathwatch deutlich höher.“
    Unschlüssig ob Nimerian ihn provozieren wollte versuchte Ajax das Gespräch von sich selbst abzulenken und nahm gleichzeitig zur Kenntnis, dass der Thunderhawk in den Hangar der Deathwatchfregatte flog.
    „Mich würde interessieren wie ihr persönlich zu diesem Thema steht Hüter. Hat sich eure Überzeugung im Laufe der Zeit gewandelt?“


    Ich halte unsere verehrten Skriptoren für einen unverzichtbaren Bestandteil im Waffenarsenal des Imperiums der Menschheit, Apothekarius. Für einen anregenden Disput über die Entwicklung von Überzeugungen nehme ich mir gerne Zeit sobald wir auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel sind. Nun werde ich auf der Brücke gebraucht um die Sprungvorbereitungen zu überwachen.“
    Wie aufs Stichwort setzte der Thunderhawk hörbar in seiner Haltevorrichtung im Hangar auf und Nimerian erhob sich. „Ich melde mich bei euch, Apothekarius Centus. Sobald sie ausgestiegen sind, wird unsere Dienerschaft ihnen ihr Quartier, das Apothekarium und selbstverständlich die Trainingseinrichtungen zeigen.“


    Ehe Ajax etwas erwidern konnte wandte sich der Hüter ab und verließ den Thunderhawk über die sich noch öffnende Rampe. Ajax griff sich seine Frachtbox mit der linken Hand und legte die Rechte auf den Knauf des neuen Schwertgriffs an seinem Gürtel.
    Am Fuß der Rampe fand sich einer der vom Hüter erwähnten Diener in schwarzer Uniform, welche nur mit dem Abzeichen des Ordo Xenos der Inquisition versehen war, ein und salutierte den massigen Kriegern. Er war offensichtlich an den Kontakt mit Posthumanen gewöhnt da Ajax bei ihm, anders als bei den meisten Sterblichen, nur minimale Nervosität registrierte. Der Hüter nickte dem Diener nur kurz im vorbeigehen zu während der Diener offensichtlich auf den Neuankömmling wartete.
    „Seid gegrüßt Lord Astartes, mein Name ist Vorys Malak und ich habe die Aufgabe sie bei der Überführung zu unterstützen. Darf ich euch zu eurem Quartier geleiten?“ begrüße der Diener den Astartes respektvoll. Seine Haare wären militärisch kurz geschoren und sein Gesicht war glatt rasiert. Eine Handvoll Kampfnarben verliehen ihm einen entschlossenen Ausdruck. Weitergehend fielen Ajax unscheinbare Operationsnarben an den Schläfen des Dieners auf. Mit einer Geste signalisierte er Vorys vorzugehen woraufhin sich dieser sofort in Bewegung setzte.
    Während sie schweigend durch das Schiff marschierten, erkannte Ajax die eindeutigen Anzeichen dafür, dass diese Fregatte schon sehr alt war. Dennoch kam sie ihm seelenlos und anonym vor. Kurz vor erreichen seines Quartiers wurde ihm bewusst was die Ursache für diesen Eindruck war. Es gab hier keine gravierten Knochen wie er es insbesondere von den alten Schiffen seines Ordens kannte.
    Auf dem ganzen Weg begegneten sie keiner anderen Menschenseele, lediglich einige Servitoren passierten sie teilnahmslos. Am Quartier angekommen blieb Vorys neben der Tür stehen.„Dies ist eure Unterkunft Lord Astartes, wünscht ihr, dass ich euch noch andere Orte, die für euch von Interesse sind, zeige?“
    „Vielen Dank, wenn ich ihre Dienste wieder benötige lasse ich es sie wissen. Sie dürfen wegtreten Vorys Malak.“
    Leicht enttäuscht zog dieser einen kleinen Nachrichtenzylinder aus seinem Gürtel und überreichte ihn in die riesige Hand des Posthumanen. Nach einem kurzen Salut den Ajax abnickte verschwand der Diener um die nächste Ecke und Ajax berat sein Quartier.
    Es war wie gewohnt mehr eine Zelle als eine Unterkunft im traditionellen Sinne. Es gab einen Schlafsockel, einen Tisch und einen Stuhl welche natürlich an die Physiologie eines Astartes angepasst waren. Darüber hinaus gab es eine Nische in der Rüstung und Waffen fixiert werden konnten. Den Abschluss machte ein kleiner in die Wand eingelassener Spind. Ajax stellte seine Frachtkiste hochkant in die Nische, setzte sich an den Tisch und öffnete den Nachrichtenzylinder. Darin war eine maschinengeschriebene Depesche die ihn über die Örtlichkeiten informierte welche ihn interessieren könnten.


    Während er las bemerkte er, dass sich die Fregatte in Bewegung gesetzt hatte weil ein für Beschleunigungen typisches Schaudern durch dass Schiff fuhr. Dabei prägte er sich ein zu welchen Trainingseinrichtungen er Zugang hatte. Die Trainingshalle zu finden war kein Problem, da er mit der Bauweise imperialer Fregatten vertraut war und machte sich auf den Weg um sein neues Energieschwert erproben. Auf dem Weg sah er bis auf einen Diener in mattschwarzer Kunstlederuniform nur weitere Servitoren, die ihren verschiedenen einprogrammierten Aufgaben nachgingen.
    Als er die Trainingshalle betrat aktivierten sich drin Leuchtpaneele und der charakteristische beißende Geruch von Astartes-Schweiß und spuren von Blut wehte ihm entgegen. Es gab einen Kampfring, Ständer mit Übungswaffen und servitorengesteuerte Übungskäfige. Ajax nährte sich einem Käfig, welcher sofort erwachte und ihm ein beleuchtetes Kontrollfeld entgegenstreckte.
    Mit geübter Schnelligkeit, Übungskäfige waren wohl überall gleich konzipiert, wählte er ein forderndes Programm, welches auf seine neue Energiewaffe eingestellt war. Entsprechend dem Codex Astartes zog er seinen Helm an und betrat den Käfig, welcher sogleich begann ihn zu attackieren. Auch wenn seine alte Kettenwaffe und seine neue Energieklinge beide Schwerter waren, unterschied sich deren Handhabung massiv.


    Energiewaffen waren elegantere Tötungswerkzeuge mit denen man gezielt kritische Treffer austeilen konnte ohne auf Schwachstellen angewiesen zu sein. Das knisternde Energiefeld des Schwertes schnitt durch die Meisten Rüstungen wie durch Papier.
    Ein Kettenschwert hatte auf dem Schlachtfeld dagegen ein sehr viel größeres Potential durch sein zorniges Röhren und brutalen rotierenden Zähne für Angst und Schrecken zu sorgen. Darüber hinaus war ein gut gezielter Treffer häufig verheerender, da sich die Zähne eigenständig in den Leib des Getroffenen gruben.
    Der Hauptunterschied machte sich jedoch beim Parieren bemerkbar. Unter der Rüstung war seine Haut schweißnass und er hatte bisher erst zwei Treffer einstecken müssen weil er die seine Paradetechnik noch nicht optimiert hatte. Trotz des konzentrierten Trainings im Käfig waren seine Sinne nach wie vor auf die komplette Übungshalle ausgedehnt und so bekam er mit, wie ein weiterer Marine die Halle betrat.
    Er trug eine blaue Rüstung mit einer sich deutlich abhebenden bordeauxrot lackierten rechten Faust. Ajax erkannte dessen Orden ohne den Schulterpanzer sehen zu müssen. Crimson Fists, Orden der Zweiten Gründung der Imperial Fists, die in dem Ruf standen versierte Xenojäger zu sein.
    Schweigend trat der namenlose Marine an den Käfig und beobachtete geduldig Ajax Training. Das Programm dauerte noch fünfzehn Minuten, dann wurden die vielen Arme des Servitorkäfigs inaktiv und eine Auswertung des Kampfes wurde berechnet.
    In der Zwischenzeit hatte der Crimson Fist seinen Helm abgenommen und entblößte sein von einem gepflegten schwarzen Bart geziertes Gesicht. Sein Schädel war sorgfältig kahlrasiert und betonte somit die Kantige Kinnpartie noch deutlicher. Er schien für Astartes-Verhältnisse jung zu sein und begrüßte Ajax mit zum Kriegergruß ausgestreckter Hand.
    „Ich bin Hovis Aggripar, interessante Vorstellung im Käfig. Bis vor kurzem habt ihr noch mit einem Kettenschwert gekämpft oder?“


    Ajax ergriff die ausgestreckte Hand und erwiderte den Gruß. Der rote und der gelbe Panzerhandschuh umfassten sich gegenseitig um den Unterarm. „Apothekarius Ajax Centus. Ihr habt ein gutes Auge Bruder. Das war tatsächlich meine erste Trainingseinheit mit Energieschwert. Es tut gut, einen kleinen Bruder hier auf diesem Schiff zu treffen. Da weiß man auf wen man sich verlassen kann.“ Ohne es genau zu begründen zu können, war es Ajax ein unterschwelliges Anliegen, die Überlegenheit und die Vormachtstellung seines Ordens der ersten Gründung klarzustellen.
    „So wie ich das sehe bin ich fast eine handbreit größer als ihr, macht das nicht mich zum großen Bruder?“ fragte Hovis, offenbar selbstbewusst genug die kleine Spitze mit Humor zu nehmen. „Nein.“ erwiderte Ajax, bereit auf das scherzhafte Geplänkel einzugehen. „Das wird meines Wissens durch Dienstjahre bestimmt.“ Fuhr er fort während er den Helm auszog. Seine Haut war schweißnass und seine kurzen blonden haare klebten ans einem Schädel. Auch wenn er noch deutlich davon entfernt war ein ergrauter Veteran zu sein, war ihm das höhere Alter eindeutig anzusehen.
    „Für mich klingt das aber eher nach der Methode die nur Sterbliche benutzen da sie nicht in der Lage sind der Frage wie wir nachzugehen.“ entgegnete Hovis. Er wollte ihn wohl aus der Reserve locken. Wenn Hovis einen Kampf wollte, war Ajax gerade in der richtigen Stimmung. Das einstündige Übungsprogramm hätte einen Sterblichen zwar massiv erschöpft, Ajax als vollwertiger Spacemarine, war jedoch nicht weniger kampfbreit als vor dem Training.
    „Nur einen Weg es das klarzustellen…“ ging er auf die Provokation des Crimson Fist ein und warf einen auffordernden Blick zum Kampfring. Hovis‘ Gesichtsausdruck nach war das ganz genau was er wollte. Er ging zum Waffenständer für die Übungswaffen und zog sich seinen Helm wieder an. Er wandte sich kurz zu Ajax um und auf dessen fragenden Blick hin begründete seine Entscheidung für Übungswaffen damit, dass er Ajax schonen wolle. Auch Ajax zog daraufhin seinen Helm wieder an und fragte sich insgeheim, ob Hovis ihn weiterhin nur ein wenig aus der Reserve locken wollte oder ob dieser ihn offen missachtete.
    Vor allem jüngere Spacemarines neigten dazu, Apothekarii nicht als vollwertige Kämpfer zu sehen. Diese Gelegenheit, seinen Ordensverwandten vom Gegenteil zu überzeugen wollte er auf alle Fälle nutzen. Hovis nahm sich ein kurzes aber massives Breitschwert mit großer Parierstange die durch ihre ausladende Abwärtsneigung den Handrücken schützte und gleichzeitig wie ein Schlagring einsetzbar war. Ohne die Wahl seines Konkurrenten zu beachten wählte Ajax ein klassisches Langschwert mit gerader Klinge.
    Die beiden Duellanten betraten den Kampfring von entgegengesetzten Richtungen aus und begannen sofort durch intensive Beinarbeit, Lücken und Fehler in der Verteidigung des anderen zu finden. Dabei bewegten sie sich zunächst langsam und beherrscht.
    Wie aus heiterem Himmel explodierten beide Kämpfer förmlich ineinander und tauschten Hiebe und Stiche mit übermenschlicher Geschwindigkeit. Hovis nutzte die breite seiner Waffe aus um möglichst viele Hiebe des Langschwertes zu parieren während es Ajax‘ Strategie war sich der kürzeren Klinge durch geschickte Manöver zu entziehen.
    Trotz der verschiedenen Kampfstile war das Duell ausgewogen und keiner der beiden konnte einen Treffer landen. Um das Pat zu durchbrechen begannen beide Kämpfer nun mit vollem Körpereinsatz zu kämpfen. Faustschläge, Tritte, Kopf- und Kniestöße verliehen dem Kampf nun eine völlig neue Dimension der Wildheit.
    Schließlich landeten sie die ersten Treffer. Wobei Ajax sich einen Vorteil erarbeitete, da er sein fortgeschrittenes Wissen über die Astartes-Physiologie nutzte um Nervenknoten und Gelenke zu attackieren. Hovis‘ Hiebe auf den Brustpanzer waren zwar schmerzhaft, aber entfalteten nicht die schleichende und bremsende Wirkung von Ajax Treffern. So wurde Hovis in die Defensive gedrängt. Inzwischen waren beide Kämpfer extrem Angestrengt und voll auf den Gegner Konzentriert.
    Plötzlich bäumte sich der Boden unter den Kämpfenden auf als die Fregatte den Übergang in den Warpraum durchstieß. Zwar stolperte oder fiel keiner der beiden, es handelte sich immerhin um Astartes, aber die Millisekunde der Gleichgewichtsstörung reichte aus um eine entscheidende Lücke in der Verteidigung zu finden.
    Da Ajax die Erschütterung nicht hatte kommen sehen, war sein letzter Rückschritt zu kurz gewesen um ihn völlig im Gleichgewicht zu halten.
    Hovis fing sich schneller wieder, trat das nun allein Balance gebende Bein unter Ajax Körper weg und schickte ihn krachend zu Boden. Mit zusammengebissenen Zähnen und wütend setzte Ajax eine Beinschere an und senste damit Hovis von den Beinen, welcher ihm daraufhin entgegen stürzte.
    Noch im Sturz fegte er Ajax‘ Klinge beiseite und landete dann direkt auf ihm. Mit dem viel kürzeren Breitschwert und vor allem mit dem integrierten Schlagring war er nun absolut im Vorteil. In einem echten Kampf hätte Ajax sein Narthetikum getragen und hätte dessen scharfen Bohrer in den Schädel des Gegners getrieben, wie bei jenem Ork im Maldaktor Feldzug.
    In diesem Übungskampf blieb ihm nicht übrig als zu versuchen Hovis abzuwerfen. Der hielt sich jedoch und nutzte sogar noch Ajax Wucht um ihm die harte blaue Stirn seines Helms vor die fragilere Mundpartie seines Gegners zu stoßen. Das Krachen war ohrenbetäubend und hätte jedem Sterblichen das Genick gebrochen oder den Schädel eingeschlagen.
    In diesem Kampf reicht es lediglich dazu aus, Hovis gerade genügend Zeit zu verschaffen, die Klinge seines Übungsschwertes an Ajax Hals zu setzen.
    Damit war das Duell entschieden und Ajax verfluchte sich dafür, dass ihn seine mangelnde Aufmerksamkeit für seine Umgebung den Sieg gekostet hatte.
    Hovis erhob sich und streckte Ajax die Hand entgegen um diesen auf die Beine zu ziehen. Ajax wollte sich nicht noch mehr entehren indem er sich als schlechter Verlierer Hervortat, schluckte seinen Stolz herunter und ließ sich aufhelfen.
    Es war mehr eine Geste als eine Notwendigkeit. „Ein guter Kampf Hovis!“ sagte Ajax ernst und zog seinen Helm aus und schaute Hovis in sein nun ebenfalls verschwitztes Gesicht. Seinem geschulten Auge viel sofort auf dass einige Muskelstränge an Hovis‘ Hals noch immer leicht zuckten wo Ajax ein Nervenbündel getroffen hatte. Hovis Gesichtsausdruck nach war er mit sich selbst zufrieden, dennoch glaubte Ajax in Hovis‘ Augen einen Funken von anderslautenden Gefühlen zu erkennen. „Du bist ein raffinierter Kämpfer Ajax! Und du bist der lebende Beweis dafür, das Apothekarii nicht nur wissen wie sie am besten zusammenflicken, sondern auch wo sie man am meisten Schmerzen zufügen können…“


    Ajax entgegnete nur ein wissendes Nicken und hing sein Übungsschwert wieder an den Ständer. Nachdem Ajax wieder zum Übungskäfig gegangen war um ein weiteres Trainingsprogramm mit seiner Energieklinge zu absolvieren, tat Hovis es ihm gleich und programmierte sich ebenfalls einen Übungskäfig. Er benutzte ein Kettenschwert welches die Trainingshalle intensiv beschallte. Später gingen sie noch in die auf sie angepasste Schiffsmesse und widmeten sich danach individuellen Beschäftigungen.
    Im Laufe der nächsten drei Wochen beschäftigten sich die Marines mit Training, Gebeten und Gesprächen. Gelegentlich war bei letzteren auch Hüter Nimerian anwesend und begann die beiden neuen Aspiranten der Deathwatch auf die vor ihnen liegenden Veränderungen vorzubereiten.
    Hovis und Ajax hatten einender schätzen gelernt und verbrachten die meisten Trainingseinheiten zusammen. Ajax dankte dem Imperator, dass er einen so erbaulichen Einstieg in die Deathwatch erhielt, denn die Verwandtschaft ihrer Orden sorgte dafür dass sie viele Verhaltensweisen und Ansichten teilten.
    Zunächst hatte es Ajax noch jedes Mal erzürnt, wenn Hovis ihn kleiner Bruder nannte, mit der Zeit hatte er sich jedoch daran gewöhnt. Zumal Hovis von Natur aus einen, für der siebten Legion entspringende Marines untypischen, humorvollen Charakter hatte.


    Kurz vor erreichen des nächsten Rendezvouspunktes, welcher sogar vor ihnen geheim gehalten wurde, legte Hovis noch ein Geständnis ab. Er erzählte, dass er in ihrem ersten Duell genau gewusst habe wann der Übergang ins Immaterium erfolgen würde weil er sein Rüstungschronometer vorher mit den Schiffsystemen synchronisiert hatte. Weiterhin bot er an, Ajax nicht länger als kleiner Bruder zu betiteln, was Ajax rundheraus ablehnte.
    Auch wenn er die Angelegenheit runterspielte, war sie ihm doch ein Dorn im Auge und er betrachtete die ständige Erinnerung als Buße. Er hatte unterlegen, ganz einfach. Er hatte sich leichtfertig in ein Duell gestürzt, ohne sich im Voraus die Mühe zu machen sich angemessen mit seiner neuen Umgebung vertraut zu machen.


    Es hatte sich herausgestellt, dass sie mit Nimerian nur drei Marines auf der Fregatte waren, wobei Nimerian häufig das Gespräch mit den beiden anderen suchte. Für Ajax und Hovis blieben diese Gespräche allerdings stets überraschend, da Nimerian absolut nicht das war was sie von einem Astartes der Raven Guard erwartet hatten.
    Mit seinem integrativen distinguierten Verhalten und den sehr tiefgreifenden Diskussionen, war er sehr viel Kommunikativer als sie es von Marines im Allgemeinen gewohnt waren. Dies fiel besonders in Momenten auf in denen sich Ajax oder Hovis, im Zuge einer hitzigen Diskussion, im Ton vergriffen. Viele Marines, insbesondere jene mit Autorität wären empfindlich beleidigt gewesen und hätten Wiedergutmachung gefordert. Nimerian sah geduldig darüber hinweg.
    Durch diese Auffälligkeit wurde ihnen allerdings bewusst, dass Nimerian in seiner Funktion als Hüter vermutlich Kontakt zu fast allen existierenden Orden der Spacemarines gehabt hatte. Die Deathwatch baute darauf, dass er für eine positive Reputation sorgte um den Nachschub zu sichern. Für die einzelnen Orden war er gewissermaßen das Gesicht der Deathwatch, da in der Regel kein Kontakt zu anderen Offizieren der Organisation bestand.
    Als Ajax und Hovis die Meldung erhielten, dass der Wechsel in den Normalraum bevorstand, machten sie sich auf den Weg zu einem der Aussichtsdecks. Dort angekommen war schnell klar, dass sie einen Rendezvouspunkt im offenen Weltraum angesteuert hatten. Es waren weder Sonne noch Planeten zu erkennen, lediglich ein gewaltiger Felsbrocken mit eindeutig imperial gefertigten Auf- und Ausbauten, glitt träge in den Sichtbereich des Aussichtsdecks.


    Die Gesamtstruktur war Kegelförmig und die breite Oberseite wurde von einem Gewaltigen Sakralbau beherrscht. Riesige Geschütze, Torpedosilos und Lanzenstellungen waren in die Spitzbögen integriert und verhießen eine apokalyptische Feuerkraft. Im Sternenlicht golden funkelnde Insignien, wiesen die Superstruktur als Domäne der Dark Angels aus. Nach einer Weile entfernte sich ein einzelner winziger Lichtpunkt von dem Brocken und als er näher kam war er eindeutig als Thunderhawk zu erkennen und unterstrich den kolossalen Maßstab der Festung. Das Typische Erscheinungsbild aus Waldgrüner Farbe in Kombination mit goldenen Einlagen setzte sich auf dem Thunderhawk der stolzen ersten Legion fort.
    Somit machte auch das verhalten Sinn, denn ihrem Ruf nach blieben Dark Angels lieber unter sich und verhielten sich grundsätzlich verschlossen und geheimniskrämerisch. Ohne die taktische Notwendigkeit würden sie kein ordensfremdes Schiff oder Personal in ihrer Ordensfestung dulden.
    Nach weniger als zehn Minuten flog der Thunderhawk erneut ins Sichtfeld der beiden Astartes und zurück zur Raumfestung. Die Fregatte hatte zwar deutlich abgebremst, war aber nicht zum Stillstand gekommen. Als die mächtigen Plasmatriebwerke nun wieder beschleunigten begann das Deck, auf dem Ajax und Hovis standen leicht zu vibrieren. Schnell glitten Thunderhawk und Station wieder außer Sicht.
    „Ich hoffe ich werde die Gelegenheit erhalten einen Übungskampf mit dem Dark Angel zu bestreiten. Neben ihrer Verschwiegenheit soll auch eine eindrucksvolle defensive Nahkampftechnik zu ihren Stärken gehören.“ Brach Hovis die relative Stille des Aussichtdecks.
    „Dann solltest du dich beeilen unseren geheimnisvollen Bruder zu finden und daran denken die Sprungzeit zu ermitteln. Wir beide wissen ja was sonst passiert…“ gab Ajax provokativ grinsend zurück. Er würde diesem Übungskampf gern beiwohnen, da er ebenfalls von der Kampfkunst der Dark Angels gehört hatte. So machten sie sich gemeinsam auf den Weg in die Trainingshalle und bestiegen die Übungskäfige, um den Neuankömmling dort zu erwarten. Dieser ließ sich jedoch nicht blicken und nach dem Übertritt in den Warpraum vier Stunden später, waren sie des Wartens Leid und trennten sich.


    Ajax ging in die Schiffsmesse und danach ins Apothekarium um sich mit Literatur über Xenophysiologie zu befassen. Zunächst war er erstaunt gewesen, Literatur in solchem Ausmaß im Apothekarium vorzufinden. Seiner Gewohnheit nach war Wissen dieser Gestalt im Librarium unter Verschluss und wurde nur aufgrund konkreter Notwendigkeiten freigegeben.


    Zur selben Zeit ging Hovis in den Tempel der Fregatte. Der Tempel war für imperiale Standards spartanisch gestaltet. Es gab einen marmornen Altar der mit Goldeinlagen eine wesentlich bessere Figur gemacht hätte und in der Sakristei hing ein stählerner Aquila, der das Licht von einer Handvoll Kerzen reflektierte. Aber es fehlten die typischen prunkvollen Wandbehänge und Weihrauchschenker. Nicht mal Bänke gab es hier. Besucher waren angehalten sich im Bereich des Kirchenschiffs auf die Steinvertäfelung zu stellen oder zu knien.
    Auch wenn Hovis, als Crimson Fist nicht die traditionelle Totenverehrung nach dem Vorbild der Imperial Fists praktizierte hätten einige ehrwürdige Verzierungen, von denen Ajax ihm erzählt hatte, der Atmosphäre diese Ortes gut getan. Er würde sich selbst nach Astartes-Maßstäben zwar nicht als besonders fromm bezeichnen, jedoch enttäuschte in die leidenschaftslose Verehrung ihres geliebten Imperators an diesem Ort.


    Bei diesem Besuch war er zumindest nicht allein, denn eine wuchtige Gestalt kniete in meditativer Kontemplation vor dem Altar. Da es eindeutig nicht Ajax oder Nimerian war, konnte es sich nur um den Dark Angel handeln. Hovis ging weiter in den Tempel hinein und suchte sich einen Platz mit Blick auf den Altar und den unbekannten Spacemarine. Dabei surrte die Mechanik seiner Servorüstung hörbar und störte die Stille dieses Ortes.
    Der Dark Angel ließ jedoch keine Reaktion erkennen und starrte still zum goldenen Aquila empor. Er trug keine Servorüstung dafür aber einen dunkelgrün und goldfarben gesäumten Chorrock. Die Kapuze hing auf dem Rücken und gab den Blick auf schwarze schulterlange Haare frei. Diese waren streng zurückgekämmt und dem Geruch nach, wurden sie von einer wachsartigen Substanz an Ort und Stelle gehalten. Auf den sichtbaren Teilen seiner Haut waren ein paar Narben zu sehen und für das geübte Auge zeichnete sich unter dem Chorrock der schwarze Carapax ab.


    Nachdem Hovis den Dark Angel ausgiebig gemustert hatte, begab er sich in seine eigene stille Kontemplation. Obwohl er sich viel Zeit nahm, saß der fremde Spacemarine nach wie vor regungslos vor dem Altar als Hovis den Tempel verließ.


    Tatsächlich blieb er dort für drei volle Tage und auch danach war er nur äußerst selten anzutreffen. Nimerian machte keine Anstalten sie einander vorzustellen und weder Ajax noch Hovis wollten sich die Blöße geben den Hüter zu dem Dark Angel zu befragen.
    Nach elf Tagen Flugzeit trafen sie ihn zum ersten Mal in der Trainingshalle an und sofort wurde beiden Klar, dass es sich bei ihrem neuen Schlachtenbruder um einen Skriptor handelte.
    Natürlich stelle er beim Training keine aktiven Psikräfte zur schau, jedoch waren seine Rüstungsinsignien und vor allem deren blaue Farbe ein Beweis seiner Funktion. Er befand sich in einem Übungskäfig und focht mit hohem Tempo gegen die zahlreichen Glieder die der Käfig gegen ihn einsetzte. Dabei wehte der Chorrock, den er über seiner Rüstung trug, flatternd um seinen Körper.
    Ajax und Hovis traten näher an den Käfig und waren erstaunt zu sehen, dass der Dark Angel bisher noch keinerlei Kampfspuren trug und er demnach in den zwei Stunden noch kein einziges Mal getroffen worden war. Er führte dabei ein alt aber gefährlich aussehendes Schwert, in dessen Klinge funkelnde Kristalle eingelassen waren.
    An seiner Hüfte wurde ein handflächengroßer, goldener Löwenkopf von einem dicken Strick in Position gehalten und schloss gleichzeitig den Chorrock. Ajax Wissen nach wurde der Primarch der ersten Legion auch der Löwe genannt und die goldene Insignie sollte wohl die Verbundenheit des Trägers zu seinem Genvater ausdrücken.


    Als das Programm abgeschlossen war trat er aus dem Käfig und schien die beiden Zuschauer ignorieren zu wollen. Hovis trat ihm jedoch provokant in den Weg und streckte ihm mit einem angedeuteten Lächeln die Hand zum Kriegergruß entgegen. „Nette Vorstellung Engel, auf der anderen Seite ist ein Kampf gegen einen Stumpfen Servitor natürlich keine echte Maßgröße für die Kampfstärke eines wahren Spacemarines. Aber mit Blick auf die letzten Tage schienen eure Qualitäten ja ohnehin in der Disziplin des Versteckens zu liegen.“
    Die recht plumpe Provokation schien zunächst vollends an dem ausdrucklosen Kampfhelm des Skriptors abzuperlen. Denn dieser musterte nur Hovis massige Gestalt und erwiderte nach einem vielsagenden Zögern den Gruß, indem er Hovis‘ ausgestreckte Hand ergriff. „Das ist also ein Crimson Fist. Noch bevor er sich vorstellt, fällt er bereits durch Respektlosigkeit und Plumpheit auf.“ erwiderte der Dark Angel in abwertendem Tonfall, scheinbar nicht Willens Hovis‘ lockere Art zu akzeptieren und fuhr fort.
    „Ich hoffe es wird nicht nötig sein, aber wenn ihr mit mir sprecht werdet ihr mich mit Skriptor Thyrianos anreden. Bevor ihr das tut solltet ihr euch aber vielleicht an euren anwesenden Verwandten wenden. Die Imperial Fists stehen ja zumindest in dem Ruf einen Sinn für Tradition und angemessene Umgangsformen zu haben und vielleicht ist er ja bereit euch den ein oder anderen Rat zu geben.“
    Mit diesen Worten steckte er sein Schwert in eine mit goldenem Efeu und fremdartigen Schriftzeichen verzierte Schwertscheide um sich daraufhin abzuwenden. Ajax war von der Heftigkeit dieser Reaktion überrascht und ein wenig amüsiert. Er hoffte aber inständig dass Hovis‘ seine Fehleinschätzung einsah und einen ersthaften Konflikt vermeiden würde.


    „In der Annahme wir seien Brüder, habe ich nur versucht euch wie einem solchen zu begegnen, ohne euch dabei mit hohlen Phrasen zu langweilen. Aber ich hätte meiner Intuition vertrauen sollen, dass eine so eitle Person wie ihr eben diese hohlen Phrasen braucht um seinen Eigenen Wert zu proklamieren. Und jetzt passt genau auf, Skriptor Thyrianos. Wenn ihr noch einmal meinen Orden gering schätzt werdet ihr dafür bezahlen!“
    Damit zerstreuten sich Ajax Hoffnungen auf ein glimpfliches Ende und er konnte sehen wie sich Hovis Nacken Muskulatur Spannte als der Skriptor weiterhin in abwertend belehrendem Tonfall antwortete.
    „Eine Drohung, wirklich? Ihr glaub vielleicht dass euch euer Bart reif und beeindruckender aussehen lässt aber dem ist nicht so! Ihr versteckt eure Schwäche und Unsicherheit hinter eine Bugwelle aus unwürdigem Humor. Aber in euren Augen sehe ich einen Geist, so erbärmlich, dass ich ihn mit einem Gedanken in die Knie zwingen könnte. Und jetzt hört ihr mir genau zu, Crimson Fist. Ich schätze nicht euren Orden, hinter dem ihr euch verstecken wollt, gering sondern euch!“


    „Ihr schätzt mich gering? Ihr, mich? Ich trete euch offen und ohne Helm entgegen und ihr wagt es mich hinter eurem Helm versteckt als unsicher zu bezeichnen? Ich fordere euch zum Duell! Hier und jetzt! Dann könnt ihr in Zukunft wenigstens von euch behaupten, dass es Hovis Aggripar von den Crimson Fists war der euch eure lehrreichste Niederlage geschenkt hat.“ donnerte Hovis, nun ernsthaft erzürnt, zog sein Kampfmesser und stampfte in den Kampfring, wobei er Ajax seinen Helm zuwarf.
    Thyrianos zog bedächtig seinen Helm aus und legte ihn neben den Kampfring. Dabei entblößte er ein markantes, scharf geschnittenes Gesicht. Seine Augen waren strahlend grün und sprühten vor innerer Stärke. Seine glatte helle Haut war von auffallend wenigen Narben gezeichnet. In Kombination mit dem stählernen Dienstbolzen über seiner schwarzen Augenbraue, schloss Ajax, dass sich Thyrianos entweder den Großteil seiner Dienstzeit von Schlachtfeldern ferngehalten hatte, was ihm nicht sehr wahrscheinlich vorkam. Oder er ein so formidabler Kämpfer war, dass er nur selten getroffen wurde. Leidenschaftslos zog der Dark Angel nun ebenfalls sein Kampfmesser und betrat den Kampfring.
    Zur Eröffnung fingierte Hovis sogleich einen kopflosen Sturmangriff der den Skriptor zu einem unvorsichtigen Konter verleiten sollte. Dieser ließ sich jedoch nicht ködern, wich Hovis mit einer fließenden Bewegung aus und ließ ihn somit ins Leere laufen.
    Aus dieser Bewegung heraus ging er nahtlos in eine Art rhythmische Choreografie über, welche einerseits von Hovis Aktionen unabhängig zu sein schien. Andererseits wurden durch diese Choreografie Hovis‘ Manöver so perfekt antizipiert, dass dessen Attacken spielend abgewendet wurden.
    Hovis Wut steigerte sich sichtbar mit jeder von Thyrianos Abwehraktionen, während der Skriptor einen neutralen Ausdruck beibehielt und auch weitaus weniger angestrengt erschien.
    Erst als der Warpantrieb die Fregatte wieder in den Normalraum zerrte traten Schweißperlen auf Thyrianos Stirn, wurde aber nicht sichtbar beeinträchtigt sondern schien die Eruption kommen sehen zu können. Jedoch nutzte der Skriptor diesen Vorteil nicht aus und ließ Hovis diesen Umstand spüren.
    Das Ende des Kampfes kam dann so plötzlich, dass Ajax dessen Ursache beinahe nicht mitbekommen hätte.


    Denn mit einem lauten Knall landete Hovis auf dem Boden und grunzte zornig als Thyrianos ihm den Waffenarm soweit verdrehte dass nun seine eigene Klinge auf seine Flanke gerichtet war. Der Skriptor deutete eine kritische Verletzung an indem er eine tiefe Schramme ins Keramit von Hovis‘ Brustpanzer kratzte, obwohl er ohne Probleme auch in den weicheren weniger gut geschützten unteren Bereich hätte stechen können. Danach ließ er den Besiegten los, nahm seinen Stiefel von dessen Rücken und steckte sein eigenes Kampfmesser zurück in seine Scheide. Daraufhin stieg er Wortlos aus dem Kampfring und verließ die Trainingshalle.
    Hovis war sichtlich beschämt auf diese Weise vorgeführt worden zu sein und legte schweigend den abgelegten Helm wieder an.
    Ajax kommentierte dieses Duell nicht und auch Hovis schien das erste Mal, seid sie sich die beiden Spacemarines begegnet waren, eine Angelegenheit auf sich beruhen lassen zu wollen.


    Kurz darauf erhielten sie von Hüter Nimerian über Funk die Anweisung sich mit aller persönlichen Ausrüstung in einem der Hangars einzufinden.


    Zehn Minuten später Standen Ajax, Hovis und Thyrianos hinter Nimerian im entsprechenden Hangar. Sie sahen wie die Fregatte an eine mächtige Struktur andockte deren Ausmaße vom Hangar aus nicht zu bestimmen waren. Hovis, der keine Zeit für Ausbesserungsarbeiten an seiner Rüstung gehabt hatte, versuchte die tiefe lange Schramme zu verbergen was ihm jedoch nicht vollends gelang und dazu führte, dass er auffällig Still war.
    Das Hangartor trug das Zeichen der Deathwatch und hob sich langsam nachdem mächtige Metallkolben eine stabile Verbindung zwischen Fregatte und dem Ziel ihrer Reise hergestellt hatten. Hinter dem Tor war ein weiterer Hangar zu sehen. Darin war nur eine spärliche Beleuchtung aktiv und zwei schwarz lackierte Thunderhawks standen, umgeben von inaktiven Wartungsservitoren, auf ihren Startkatapulten.


    „Dies ist die Festung Argenteus Irae, eure neue Heimat. Hier wird euer Wert erneut gewogen und geprüft werden. Hier werdet ihr neue Brüder kennen und in jedem Fall werdet ihr deren vielfältige Fähigkeiten zu schätzen lernen. Schließlich werdet ihr von hier aus als Klinge, die aus dem Besten geschmiedet wurde was das Imperium zu bieten hat gegen die Feinde der Menschheit zu Felde ziehen.“ trug der Hüter, vermutlich nicht zum ersten Mal, andächtig vor. Dann wechselte er schlagartig seinen Tonfall vom heiteren Diplomaten hin zum harten Drillsergeant einer Scout Einheit.


    „In dem Moment wo Ihr die Festung betretet seid ihr alle wieder Aspiranten und werdet den Rängen der Deathwatch Respekt entgegen bringen. Ich werde euch nun eure Quartieren zeigen, wo ihr auf Anweisungen warten werdet.“
    Schweigend marschierte die Gruppe daraufhin durch die ebenfalls nur spärlich beleuchteten Gänge während das Stampfen ihrer Stiefel von den teilweise steinvertäfelten Wänden wiederhallte. Auch hier begegneten sie ausschließlich Wartungsservitoren und gelangten in eine größere Halle. Sie war drei Stockwerke hoch und auf jedem Stockwerk waren nummerierte Quartiertüren durch eine stählerne Gangway miteinander verbunden. Vier ausladende Treppen führten von den Gangways bis zum Boden wo einige Sitzbänke im Boden verschraubt waren.


    „Eure Unterkünfte befinden sich hier in Quartierkomplex J. Thyrianos, Quartier J310! Ajax Centus Quartier J203! Hovis Aggripar J207! Wegtreten!“
    Damit verließ Nimerian den Komplex und hinter ihm schloss sich donnernd das schwere Schott durch welches sie den Quartierkomplex betreten hatten. Sofort bestiegen die drei Spacemarines die Treppen um zu ihren Quartieren zu gelangen und verschwanden darin.

  • Mondschatten

    Hat das Label [Adeptus Astartes] hinzugefügt
  • Mondschatten

    Hat den Titel des Themas von „[WH40k] Deathwatch:Xenojäger“ zu „Deathwatch: Xenojäger“ geändert.