Wenig Erfahrung und Meister - worauf achten?

  • Seit einer gefühlten Ewigkeit stehen einige Dark Heresy Bücher bei mir im Regal herum.
    Nun soll es über den Winter mal soweit sein: wir wollen sie tatsächlich benutzen. :8o:  
    Der Plan ist, einige der vorgefertigten Abenteuer zu nutzen - zuerst das Einstiegsabenteuer aus dem Regelbuch, dann "Purge the Unclean", danach vielleicht die "Haarlock-Trilogy". Je nachdem, wie es läuft.


    Ich habe allerdings sehr, sehr wenig Erfahrung mit der Leitung eines Rollenspiels, abgesehen von etwas D&D 3.5, wo die "Story" ungefähr die Komplexität von Diablo 2 hatte und auch nur über 2 Sessions ging. Dark Heresy ist doch ein etwas anderes Kaliber.
    Deshalb auch zuerst "Purge the Unclean" - das scheint mir für den Meister einfacher zu sein als die Haarlock-Trilogie.
    Um zumindest die schlimmsten Fehler zu vermeiden, deshalb die Frage: wie gehe ich es am besten an?


    Vor einiger Zeit habe ich zudem eine kurze Test-Session nur mit meiner Frau gemacht.
    Neben der suboptimalen Anzahl Spieler (klar, deshalb Test-Session) hatte ich vor allem mit einem Problem zu kämpfen: was mache ich, wenn die Spieler partout nicht machen wollen, was sie gemäss dem Story-Skript machen sollten?
    Im vorliegenden Fall sollte sie eigentlich unauffällig ein Dorf inspizieren. Stattdessen hat sie mit ihrer Inquisitions-Rosette rumgefuchtelt, Leute angesprochen, die nichts zu sagen haben, und dann versucht diese einzufangen, als sie sich aus dem Staub machen wollten. Im Prinzip wäre damit das ganze vorgefertigte Abenteuer mehr oder weniger nutzlos geworden, ich hätte es mit viel Aufwand neu interpretieren müssen. Und am besten schon zu Beginn 2-3 Story-Alternativen parat gehabt.


    Oder wie löst man sowas elegant und mit weniger Aufwand? Ich habe nicht die Zeit (und auch nicht die Lust), um mir zu jedem Abenteuer noch mehrere Varianten mit Sub-Varianten auszudenken und diese auch auszuarbeiten.



    Ich freue mich auf hilfreichen Rat! :)



    Edit:
    Achja, vorhandenes Material:
    - Grundregelbuch
    - Radicals Handbook
    - Disciples of the Dark Gods
    - Haarlock-Trilogy
    - Purge the Unclean
    - Spielleiter-Schirm


    Ich habe mich da mangels Erfahrung von Verfügbarkeit, Interesse, imaginärer Nützlichkeit leiten lassen. Und von Jimmy's sehr unterhaltsamen Rezensionen, aber da sind fast alle Bücher sinnvoll und nützlich. :D
    Wenn ich also als noch irgendein Buch haben sollte, weil es mir das Leben viel leichter macht: ich nehme Vorschläge gerne entgegen. Auch, was Bezugsmöglichkeiten der nicht mehr überall erhältlichen Bücher betrifft. ^^

  • Es gab auf der Seite von Feder und Schwert auch mal ein Probeabenteuer. Ich such das mal bei Gelegenheit raus und schick es dir. ;)


    Nun zu deinen unwilligen Spielern.


    Als SL solltest du sämtliche vorgegebenen Abenteuer gut einstudieren, dann fällt dir das improvisieren auch einfacher.
    Auch solltest du diese mehr als Roten Faden ansehen und nicht als Drehbuch, denn das funktioniert nämlich so rum nicht.


    Zu der dir beschriebenen Situation hätte ich folgende Möglichkeiten in Betracht gezogen:


    1. Ein großer Unfall (der per se erstmal nichts mit dem Fall zu tun hat) resettet die Ausgangslage der Gruppe. Man kann niemanden nachjagen, der von einer Gerölllawine oder einem Laster überrollt wird. ;)


    2. Einen neuen NPC entwerfen, der die Gruppe drauf aufmerksam macht, dass sie sich nicht gerade unauffällig verhalten und lieber etwas dezenter sein sollten. Am einfachsten ist es gleich zu Beginn einen erfahrenen Mitarbeiter des Inquisitors ein Missionsbriefing durchführen zu lassen und diesen dann halt per Hololog immer mal wieder eingreifen lassen, wenn die Gruppe zu viel murks baut.


    3. Ein schreckliches Ende ist besser als ein Schrecken ohne Ende. Lass die Gruppe die Konsequenzen spüren. Darüber hatten wir hier schon mal ein Thema, daher hole ich jetzt nicht komplett aus, aber gib ihnen eine Situation die sie durch ihr Verhalten heraufbeschworen haben. In dem Probeabenteuer welches ich oben schon angesprochen habe ist am Ende eine kleine Aufzählung was passiert, wenn sich die Akolythen zu ungeschickt angestellt haben.

  • Hallo :) !


    Was, da liest einer die Rezensionen? :O Hehe, cool, dass sie Dir geholfen haben!


    OK, das Problem mit amoklaufenden Akolythen kenne ich zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber jedenfalls für Settings in bevölkerten Gebieten ist ein Akolyth eines anderen Inquisitors ein hilfreiches Werkzeug. Der kann auftauchen und Tipps geben, die Spieler einbremsen oder zur Not sogar unterstützen. Und langfristig kannst sogar ne Geschichte drumherum bauen, warum da eigtl noch eine Zelle operiert, welchem Inquisitor sie angehört, welche Agenda die haben etc etc.
    Der große Vorteil ist halt, dass so ein Helferlein sehr vielseitig ist.


    Cya!

  • Die einfachste Methode die mir so ad hoc einfällt wäre ein Auftraggeber/Vorgesetzter/EvilOverlord, der den Charakteren von Anfang an klar macht, dass das eine Undercover-Mission ist, die Tarnung und Fingerspitzengefühl verlangt. Klar, so ein Inquisitionssiegel ist der ultimative Ich-darf-alles-Schein, aber was bringts einem, wenn man sich sofort als Inquisitor enttarnt und die bösen Buben sofort untertauchen, fliehen oder gar zum Angriff übergehen?


    Inquisitoren arbeiten die meiste Zeit verdeckt, teilweise über Monate oder gar Jahre hinweg. Wirklich laut auf den Busch geklopft wird erst, wenn alle Ziele identifiziert sind und wirklich keiner mehr entkommen kann. Natürlich hat jeder Inquisitor seine eigene Agenda und Vorgehensweise, und die Methoden der Ordo unterscheiden sich auch in vielen Details.


    Ich fahr immer am Besten damit, mich noch vor Auswahl der Abenteuer oder auch nur der Kampagne mit meinen Spielern zu unterhalten, worauf sie und ich eigentlich Bock haben. Wenn ein Teil der Spieler lieber mit rauchenden Boltpistolen durch Gegnerhorden stürmen will, während der andere Teil unendlich raffinierte Pläne strickt, muss man da Kompromisse schließen.


    Wenn das Abenteuer ein reines Rätselwerk ist, deine Gruppe aber eher zur Fraktion "Erst schießen, noch ein bischen schießen und auch danach keine Fragen stellen" zählt, hast du das falsche Abenteuer.


    Als Tipp für später, wenn du regeltechnisch fester im Sattel sitzt würde ich dir empfehlen, selber Abenteuer zu schreiben, denn so kannst du am besten auf deine Spieler und ihre Vorlieben und Fähigkeiten eingehen. :up:

  • Toshiro und Jimmy haben es ja schon etwas angesprochen, Spieler machen oft Dinge die man als Spielleiter eigentlich gar nicht so haben will. Gute Spielleiter bereiten deswegen für viele Situationen Ausweichpfade vor, aber selbst bei der besten Vorbereitung ist man immer mal wieder gezwungen zu improvisieren. Egal wie gut man ist, manchmal kommen die Spieler einfach auf sehr merkwürdige Ideen, die einem selbst nie eingefallen wären. Die große Kunst ist es, hier die Spieler gar nicht merken zu lassen, dass ihre Aktionen nicht zum Abenteuer gehören.


    Am Anfang hilft es durchaus, da einen beratenden NPC zur Seite zu stellen, erfahrenere Spieler (gerade was das Setting angeht) für die Gruppe zu Beginn in eine leitende Rolle zu setzen oder auch mal die Charaktere einen Test auf gesunden Menschenverstand würfeln lassen. Gerade in einem Setting wie 40k kann man die Charaktere ruhig Konsequenzen spüren lassen, erst Recht, wenn sie erste Hilfestellungen ignorieren. Lass den Planeten vor die Hunde gehen, weil sie die Kultisten durch ihr ungeschicktes Vorgehen gewarnt haben, hetze die Genestealer auf sie, lass den Einsatz schiefgehen und sie auf dem Planeten im Exterminatus verglühen, wegen Versagens an die Wand stellen, oder oder oder... wenn man das richtig anstellt hilft das nicht nur dabei, den Spielern eine gewisse Aufmerksamkeit einzubläuen, sondern sorgt sogar dafür, die menschenverachtende Stimmung des 40k Universums einzufangen. Natürlich ist das dann extrem ärgerlich, insbesonders wenn bestimmte Abenteuer dann möglicherweise als blockiert angesehen werden, aber es kann wie gesagt durchaus auch gute Resultate bringen. Letztlich hängt das immer immens von den jeweiligen Mitspielern ab, wie die mit sowas umgehen (deswegen mit neuen Spielern immer gleich Erwartungen abklären).

    "Matt Ward was to the Ultramarines what smallpox blankets were to the Native Americans" - electricbayonet2 on Youtube

  • Ich fahr immer am Besten damit, mich noch vor Auswahl der Abenteuer oder auch nur der Kampagne mit meinen Spielern zu unterhalten, worauf sie und ich eigentlich Bock haben.


    :up:
    Damit fährt man wirklich immer am besten.

  • Die große Kunst ist es, hier die Spieler gar nicht merken zu lassen, dass ihre Aktionen nicht zum Abenteuer gehören.

    Ganz wichtig: Lass dir nicht in die Karten schauen! Wenn die Spieler die Handlungen oder Einstellungen eines NSC nicht verstehen dann ist es an ihnen, herauszufinden, warum der so handelt. Rechtfertige als SL niemals, was deine NSC tun. Alles hat irgendwelche Hintergründe, und die sind nur selten klar ersichtlich.


    Ein Pokerface ist da als SL sehr nützlich.

  • Da sind ja einige wertvolle Tipps dabei, ganz herzlichen Dank! :)


    Insbesondere drei Dinge werden definitiv ihren Weg in die Vorbereitung finden:

    • das Gespräch mit den Spielern, was sie erwarten. Das dürfte ein interessanter und wertvoller Diskurs werden, da sie - mit Ausnahme meiner Frau - auch das Universum noch nicht besonders gut kennen


    • der erfahrene Inquisitions-Mitarbeiter. Das finde ich eine hervorragende Idee, die mir so nicht gekommen wäre, mir aber ob ihrer Vielseitigkeit ausserordentlich gut gefällt


    • die harten Konsequenzen. Damit wird direkt und unmissverständlich klar, dass sie als Bedienstete der Inquisition zwar viele Möglichkeiten haben, aber keine Narrenfreiheit geniessen. Unter Rücksichtnahme auf die relative Unkenntnis des Universums würde ich wohl von Exekutionen absehen, aber intensive Befragungen, die Spuren hinterlassen, sind definitiv drin



    Jetzt wurde ja mehrfach erwähnt, das Abenteuer als Rahmen, nicht als Drehbuch zu verwenden.
    Das bedeutet, ich brauche zumindest eine oder zwei Alternativ-Varianten. Wie genau sollten diese ausgearbeitet sein, und wie weit sollten sie vorgreifen?
    Ich nehmen an, dass diese Alternativen zumindest grob bis zum Ende skizziert sind, oder zumindest bis zu einem wichtigen Wendepunkt, um das Verhalten der NPCs glaubwürdig gestalten zu können? Schwierig finde ich aber die Details - wo gehen die Spieler hin, wen sprechen sie an und was hat der NPC dann zu sagen... Wie genau muss das sein?



    @Jimmy:
    Selbstverständlich werden die Rezensionen gelesen und - zumindest von mir - sehr geschätzt. Auch wenn sie ein wenig das Gefühl vermitteln, man hätte am besten alles. ^^
    Was ich sehr hilfreich fände wäre eine Art Übersicht mit Ranking: was braucht man unbedingt, was ist gut zu haben aber nicht essentiell, was ist eigentlich nur bei speziellem Fokus von Interesse.

  • Ich plane eher lose, je detaillierter deine Ausweichpläne werden, desto mehr musst du im Zweifelsfalle wieder in die Tonne hauen, wenn deine Spieler doch was anderes machen. Mir hilft eine Checkliste wie diese hier:


    Wo starten? Was ist das Ziel? Welche Orte werden besucht? Welche Schwierigkeiten kommen auf die Spieler zu? Welche NSC müssen auftauchen, welche NSC könnten auftauchen (Wachen, Ganger, Zivilisten)?


    Oh, und hab immer zwischen deinen Notizen eine Namensliste versteckt. Wenn deine Spieler willkürlich einen NSC ansprechen, und du erst sichtbar einen ausdenken musst, wissen die gleich: "Der hat keinen Namen vorbereitet, der NSC ist sicher nicht wichtig."


    Grundsätzlich: Je wichtiger ein Gegenstand, ein Ort oder eine Person ist, desto detaillierter muss es vorbereitet und beschrieben werden. Und umgekehrt.

  • die harten Konsequenzen. Damit wird direkt und unmissverständlich klar, dass sie als Bedienstete der Inquisition zwar viele Möglichkeiten haben, aber keine Narrenfreiheit geniessen. Unter Rücksichtnahme auf die relative Unkenntnis des Universums würde ich wohl von Exekutionen absehen, aber intensive Befragungen, die Spuren hinterlassen, sind definitiv drin


    Das sollte aber durchaus schon beim Vorgespräch mit erläutert werden. Ich habe gern damit begonnen den neuen im Spielsystem klar zu machen, dass sie auch durch das Ausrutschen auf einer Bananenschale sterben könnten. Bzw. das System so etwas wie Unfälle mit einbeziehen kann. Den neuen im Universum frag ich erstmal, was sie aus der Sci-Fi/Fantasy/Game Ecke so kennen und versuche, dann daran Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.