Hallo liebe Lesenden...
erinnert ihr euch eventuell an diesen Thread: Traue niemandem am wenigsten dir selbst ?
Der offenbar gänzlich neue User Tosjeck hatte hier ein etwas außergewöhnlich anmutendes Angebot gemacht: Man sollte ihm in einer PM nachweisen, dass man die Inquisitor-Trilogie von Ian Watson gelesen hatte und würde dann in weiteres Wissen eingeweiht...leider ist der genaue Text nicht mehr zu finden, auch wenn der Thread noch existiert.
Da die besagten Bücher sich, als deutsche Erstausgaben, in meinem Besitz befinden, hatte ich keine Mühe, nachzuweisen, dass ich über deren Inhalt bescheid weiß. Als Reaktion darauf bekam ich das Angebot ein Buch zugeschickt zu bekommen, dass in Zusammenhang mit der alten Trilogie zu stehen schien.
Nach einem kurzen Google-Stalk, in dem ich mich vergewissern konnte, dass es besagten Autor wirklich gibt, dachte ich mir: "Was wird schon passieren?" und "Da hast Du schon verrücktere Dinge gemacht..." und ich gab Tosjeck meine Adresse woraufhin er ankündigte, mir sein Buch zu schicken. Ich war mir überhaupt nicht sicher, was mich da erwarten würde und war ehrlich gesagt richtig überrascht, als ein Päckchen bei mir ankam, in dem ein recht rustikal wirkendes, in Leder gebundenes Buch lag. Da lag keine unangekündigte Rechnung, kein Abo für Reisemagazine und auch keine aus Versehen abgeschlossene Versicherung bei. Es war ein geschenktes Buch und das in einem nicht alltäglichen Einband.
Nachdem ich nur 2,5 Monate gebraucht habe, um das Buch durchzulesen (an dieser Stelle einen herzlichen Dank an den nachwuchsbedingten Schlafmangel, den Nachwuchs selbst, die Arbeit und die anderen Facetten des Hobbys, die meine Lesezeit sehr erfolgreich ausfüllen und verhindern, dass ich zum Lesen komme ), kann ich sagen, dass das Buch einen sehr eigenen Charme hat. Dazu tragen sowohl der Inhalt, aber auch die Bedingungen bei, unter denen das Buch zu mir gekommen ist. Die "Wissensprüfung", das Gefühl ein ziemlich außergewöhnliches Projekt mitzumachen und natürlich die Neugierde, wie sich dieses Buch im 40k-Universum einordnen würde, haben hier ihre Beiträge geleistet. Dazu kommt noch, dass der Autor dies hier offenbar als Hobby betreibt. Daher hatte ich die Hoffnung, etwas "Warhammer-Kreatives" lesen zu können, dass nicht von der BL oder von GW vorgegeben worden war, sondern das sich an Büchern orientert, die in einer 40k-Zeit geschrieben wurden, in denen der Hintergrund noch wesentlich löchriger war und in der viel mehr Raum für Fantasie und unerzählter Geschichten existierte.
Ich möchte nicht zu viel zum Inhalt schreiben, da ich nicht spoilern möchte. Nur so viel: die Geschichte dreht sich nicht um Gefechte, Heldentaten und moralisch integere Charactere. Sie erzählt vielmehr was geschah, nachdem Jaq Draco gestorben und seine Begleiter gezwungen worden waren unterzutauchen.
Wenn man ehrlich ist, findet man eigentlich keinen durch und durch sympatischen Charakter in diesem Buch. Ähnlich wie im 40k-Universum, in dem jede Fraktion ihre Leichen im Keller hat, sind alle Personen, die im Buch auftauchen, auf die eine oder andere Weise nervig, wenn nicht sogar arschig (es könnte sein, dass es dieses Wort nicht gibt, dennoch beschreibt es einige Figuren durchaus) und schaffen es irgendwie, gleichzeitig sympathisch, wie auch unsympathisch zu sein. Wie gesagt, richtige Helden sucht man in diesem ersten von drei Bänden vergeblich (Ja, es ist wohl der Auftakt einer Trilogie). Allerdings trägt dies ebenfalls zum Charme des Buches bei, dass vom Äußeren her durchaus alt und gebraucht wirkt. Das Buch hat seine Protagonisten, über die man mit der Zeit etwas lernt...und die Charaktere, die schon in der Ursprungstrilogie auftraten haben ihr Wesen durchaus in dieses Buch herübergerettet.
Ein Stilmittel, mit dem ich echt zu kämpfen hatte, das aber ebenfalls aus einem mir, (absolut) unerklärlichen Grund, mit zur Atmosphäre beiträgt, ist die sprachliche Ausgestaltung des Textes. Wenn man mal von Fehlern absieht, die durchs Korrekturlesen durch eine außenstehende Person eleminiert würden, bleiben da doch diverse Formulierungen, die manchmal nur schwer zu akzeptieren sind. Allerdings gewöhnt man sich durchaus an den Stil (der nach Auskunft des Autors auch durchaus seinen Grund hat) und kann sich dann auch wieder auf die Geschichte selbst konzentrieren.
Mein einziger wirklicher Kritikpunkt sind ein paar Formulierungen, die aus der gegenwärtigen Umgangssprache stammen und nicht so recht zum Rest des Vokabulars passen. "auspowern" wäre zum Beispiel eines der Wörter, die ich in solchen Geschichten nicht vermissen würde, wenn sie nicht auftauchten.
Im Großen und Ganzen freue ich mich, an Tosjeck Projekt teilnehmen zu können. Es gibt in anderen Büchern sicherlich ausdefiniertere Charatkere, weniger sprachlichen Wildwuchs und bestimmt auch coolere Typen, von denen erzählt wird. Aber in der Gesamtheit dieser Sache, hat es mir echt Spaß gemacht, das Buch zu lesen, mich mit dem Autor auszutauschen und auch diese Zeilen hier zu schreiben (mit der richtigen Musik im Hintergrund, wirkt so ein "altes" Buch nochmal ganz anders).
Das Buch ist nicht der literarischen Weisheit letzter Schluss, aber dafür wurde es mit Herz und einer kreativen Idee geschrieben, gebunden und verbreitet. Und bei so etwas mitmachen zu können, ist eine durchaus lustige und interessante Erfahrung, die ich euch gerne weiterempfehlen möchte!
Jetzt werde ich mich Mondschatten s Geschichte widmen, die ich bisjetzt bewusst vermieden habe, weil ich dieses Buch hier noch nicht fertig hatte...
Also Korwar, ich warte auf die Fortsetzungen