Kapitel 1: Merohavim Outskirts
Obwohl der Himmel durch graue Wolken und pechschwarze Rauchschwaden soweit verfinstert war, dass kaum mehr Sonnenlicht zur Erde drang, leuchtete der Horizont rot-pulsierend, als ob heisses Magma immer wieder über die Dächer Merohavims schoss. Der Soldaten der PVS war klar, was dieses unheimliche und verzaubernde Lichterspiel zu bedeutend hatte. Merohavim stand in Flammen.
Eine Terrorgruppierung hatte sich gegen den Gottimperator gewandt und huldigte nun irgendwelchen falschen Götzen. Pure Häresie, ein trauriges Ereignis, welches so schnell wie möglich gesühnt werden musste.
Jeder der Männer wusste, was zu tun war: Merohavim musste zurückerobert, und jeder einzelne Ketzer hingerichtet werden.
Leutnant Grimmstein hatte ein ungutes Gefühl. In den Mitteilungen der planetaren Regierung war die Rede von einer kleinen Gruppierung oder Sekte, die vom einzig wahren Glauben abgefallen war, doch wieso wurden dann gleich mehrere Kompanien der PVS mobilisiert? Wieso erhielt er keinerlei Informationen über den Einsatz? Was verschwiegen seine Vorgesetzten? Ausserdem, wie konnte es einer ‚kleinen Sekte‘ gelingen, eine ganze Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen?
Unschlüssig, was er von der Situation halten sollte, musterte Grimmstein seine Umgebung. Die Einheit, der sein Infanteriezug angehörte, befand sich inzwischen am äussersten Rand der Siedlung, welche im nördlichen Dschungel Ysraals lag. Ausgebrannte Ruinen und zerstörte Gebäude zeugten von heftigen Kämpfen. Ausserhalb der verwüsteten Strassenzüge lag der dichte Dschungel, der nur von einigen wenigen Felsformationen durchbrochen wurde.
Etwas Schreckliches musste passiert sein. Um eine solche Zerstörung herbeizuführen, wurden schwerere Waffen benötigt, als ein paar Häretiker hätten aufreiben können. Was ging hier vor sich?
Plötzlich erreichte knackte das Funkgerät, welches der Funker seines Kommandotrupps auf dem Rücken trug. Ihr Kompaniekommandant war nur wenige Dutzend Meter weiter vorne, und führe die Gefechtskolonne von der Mitte der Einheit. Aufgrund dessen war der knappe Befehl des Hauptmanns klar und deutlich zu hören.
»Feindkontakt in nördlicher Richtung. Alle Einheiten, bis Sichtkontakt vorrücken. Los, Los, LOS!«
Nun war es also soweit. Nun würden sie den Feind zu Gesicht bekommen. Grimmstein hatte seine Befehle, und es stand ihm nicht zu, diese in Frage zu stellen. Doch war er ganz und gar nicht einverstanden – Vorrücken? In das dichte Dschungelgelände? Anstatt dass sich ihre Einheit in den Ruinen des Stadtrands eingrub, schicke der Hauptmann alle Soldaten blind in das unübersichtliche Gelände und überliess somit dem Feind die Initiative?
Nichtsdestotrotz war es ihre verdammte Pflicht, für den Imperator zu kämpfen und falls notwendig zu sterben. Erfüllt vom Geist des Martyriums und der Entschlossenheit, jeden ketzerischen Feind hinwegzufegen, wies Grimmstein seinen Funker an, auf die Frequenz der Infanterietrupps zu wechseln und gab den Befehl weiter.
»Die Verräter wurden entdeckt. Nördliche Richtung. Alle Mann, zur Dschungelgrenze vorrücken. Los! Los! Los!«
»Trupp Eins verstanden. Wir rücken vor. Nördliche Richtung. Für den Imperator!«, kam die Antwort in Bruchteilen einer Sekunde zurück. Die Männer waren mehr als bereit, ihre Pflicht gegenüber dem Imperator zu erfüllen. Sogleich der erste Trupp den Befehl bestätigt hatte, meldete sich auch der andere, seinem Kommando unterstellten Trupp.
»Trupp Zwei. In nördliche Richtung vorstossen. Vernichtet alle ketzerischen Hunde! Ende.«
Weiter westlich seiner Position, erblickte Grimmstein die Infanterietrupps des ersten Zuges, die ebenfalls in die Richtung der Waldgrenzte losstürmten. Es waren erfahrene Männer, die über neueste Ausrüstung verfügten. Der Leutnant des ersten Zuges hatte mehrere Männer mit Meltern und Plasmawaffen unter seinem Befehl, die selbst stählerne Befestigungen einreissen könnten, sollten sich die Rebellen verschanzt haben.
Die imperialen Soldaten erreichten den Dschungel in Rekordzeit. Die Geschwindigkeit des Verstosses erinnerte Grimmstein an die Geschichten über die heldenhaften Angriffe der Astarteskrieger; ohne Angst vor dem Tod, mit unermesslicher Ausdauer auf den Feind zustürmend. Es erfüllte ihn mit Stolz, solch tapfere Männer unter seinem Kommando zu haben. Hoffentlich trog ihn sein ungutes Gefühl, und er konnte alle seine Jungs lebend nach Hause bringen.
Unverhofft vernahm der Leutnant ein ratterndes Grollen, als plötzlich ein gepanzertes Fahrzeug aus dem Dschungel vorpreschte. Die Panzerplatten waren in einem stumpfen, weiss-gräulichen Farbton gehalten, wobei ein geisterhaftes Lila gegen die Aussenkanten hin, dem Fahrzeug ein unwirkliches, schemenhaftes Aussehen verliess. Auf dem gepanzerten Dach fand sich eine groteske Galerie des Schreckens. Enthauptete Körper, Gedärme und Leichenteile waren chaotisch auf langen Messingpfählen aufgespiesst – ein klares Zeichen, dass es sich wohl kaum um Verbündete handelte.
»Feind voraus! Gefechtslinie bilden!«, brüllte Grimmsein, als ein ganzes Stück weiter westlich eine Salve schweres Maschinengewehrfeuer auf einen Infanterietrupp des erste Zuges niederprasselte.
Die überraschten Soldaten, welche die Situation noch nicht wirklich erfassen konnten, warfen sich verzweifelt zu Boden, wodurch sie sich von dem schlimmsten retteten.
Kurz darauf öffneten sich die Panzertüren des massiven Fahrzeugs gleich voraus, und eine Horde furchteinflössende Häretiker sammelten sich nur wenige Meter vom ersten Trupp seines eigenen Zuges entfernt. Ohne zu zögern feuerten sie mit ihren Automatikwaffen einen Kugelhagel gegen Grimmsteins Männer, doch gerade rechtzeitig, um grössere Verluste zu vermeiden, warfen sich diese gegen Bäume, Wurzeln und Steine. Die allermeisten der Projektile schlugen im Dickicht des Dschungelgeländes ein und verfehlten ihre todbringende Wirkung.
Grimmstein versuchte, sich einen Überblick zu schaffen, doch durch den schnellen Vorstoss Sekunden zuvor, waren die Soldaten der PVS hilflos in die Feuerlinie der Rebellen gestürzt. Das Panzerfahrzeug war ein grösseres Problem, waren die ganzen schweren Waffen doch im ersten Zug konzentriert, der aufgrund der Distanz unmöglich Feuerunterstützung geben konnte. Um Druck auf den Feind auszuüben, entschied der Leutnant, den zweiten Infanterietrupp seines Zuges schnell vorwärts zu bewegen, und den ausgebooteten Rebellentrupp zu Flankieren. Bevor er jedoch die entsprechenden Befehle erteilen konnte, wurde er Zeuge eines unglaublichen Schreckens.
Als ob sich die absurden Kräfte eines höllischen Paralleluniversums manifestieren würden, zuckten fast ein Dutzend schimmernde Energieblitze gegen den Kommandotrupp des ersten Zuges. Im ersten Moment geschockt, als die unnatürliche Macht auf seine Kameraden niederprasselte, erkannte er erleichtert, dass nur ein einziger der Veteranen leblos zu Boden glitt. Er sprach ein kurzes Dankgebet an den heiligen Imperator – Leutnant von Lach, ein altgedienter Soldat, der bereits mehrere Male ausserhalb von Ysraal diente, war ein guter Offizier und treuer Freund. Sein Verlust würde Grimmstein hart treffen. Ausserdem mussten die Veteranen des ersten Zuges, ausgerüstet mit Meltern und Plasmawaffen, diesen verdammten Panzer ausschalten!
Doch was war dies für verfluchte Hexerei? War es der Imperator selbst, der ihnen zürnte? Was sonst hätte die Macht, solche unmenschliche Energieblitze aus dem nichts zu erschaffen?
Gerade als Grimmstein das Kommando zur Flankenbewegung geben wollte, erlebte er die bestialische Grausamkeit des Krieges aus erster Hand. Kurz nach dem Einschlag der unheimlichen Zauberkraft, folgte ein verheerender Feuerhagel. Eine grosse Menge Raketenprojektile jagten wie Boten des Todes gegen von Lachs Kommandotrupp. Schädel platzten und verstreuten Hirnmasse und Blut gleichermassen über den feuchten Waldboden. Gliedmassen wurden abgerissen und die Körper der Veteranen sprichwörtlich durchlöchert. Die Armeplast-Rüstungen wurden einfach pulverisiert. Nur Sekunden später, war von Lachs Trupp ausgelöscht. Es würde wohl nicht einmal genug von den Unglücklichen übrig sein, um sie zu identifizieren. Was waren das für Waffen, die eine solche Wirkung zeigten? Wer waren ihre Gegner?
Erstarrt vor Schreck, gelang es Grimmstein trotz allem, seinem zweiten Infanterietrupp den Befehl zu geben, vorzurücken und die Flanke des Feindes zu bedrohen. Der Regimentskommandeur bewegte seinen Kommandotrupp nach Westen, um den in Bedrängnis geratenen ersten Zug zu unterstützen. Auf der Befehlsfrequenz vernahm Grimmstein, wie sein Kommandant dem ersten Infanterietrupp, der noch immer in Deckung am Boden lag, Befehle zubrüllte. Durch seine Erfahrung und Autorität gelang es dem Hauptmann, den Trupp zu sammeln und ein geordnetes, mehrgliedriges Feuer anzuordnen. Leutnant Grimmstein sah nicht, was das Ziel war, da es sich hinter dichten Dschungel-Dickicht befand, doch schien, dass das Lasergewehrfeuer auf die Schützen, welche von Lach niedermähten, gezielt war. Was er nicht wusste – nicht wissen konnte – war, dass die nervösen Infanteristen einen Grossteil der Schüsse verfehlten, und der Rest der Salve komplett von der Rüstung des Gegners abgefangen wurde.
Inspiriert davon, wie der Regimentskommandeur trotz der bereits äusserst verzweifelten Lage stoisch die Kontrolle behielt, befahl Grimmstein seinem ersten Infanterietrupp ebenfalls ein mehrgliedriges Feuer auf den Rebellentrupp gleich voraus. Der Angriff seiner eigenen Mannen war erstaunlich erfolgreich; trotz der Deckung durch das Dschungeldickicht, wurde die Hälfte der gegnerischen Einheit niedergemacht. Die feigen Rebellen zogen sich Angesicht dieser schweren Verluste sofort zurück. Nur noch der Panzer stand im Weg, um dem ersten Zug zur Hilfe zu eilen.
Als ob der Regimentskommandant exakt denselben Schluss zog, feuerte einer der Veteranen dessen Kommandotrupps seinen Melter. Nur noch ganz knapp in der maximalen effektiven Reichweite, zuckte der glühende Hitzestrahl gegen die Frontpanzerung des Transportfahrzeuges, und schüttelte den Panzer gehörig durch. Trotzdem schien er keinen grösseren Schaden genommen zu haben.
Grimmsteins vorherige Zuversicht wandte sich in unergründliche Angst. Er wusste, dass der Imperator nur Sieg oder Tod akzeptierte. Aber er wollte nicht fallen – nicht hier, nicht gegen einen Gegner, von dem er weder Ziele noch Absicht kannte.
In der Ferne sammelten sich die zuvor zurückgeschlagenen Rebellen. Es waren nur noch wenige, trotzdem schienen sie erpicht, sich wieder in den Kampf zu stürzen. Was gab diesen armseligen Aufständischen den Mut und die Kraft, gegen ausgebildete PVS zu bestehen?
Ehe Leutnant Grimmstein sich weitere Gedanken machen konnte, heulte der mächtige Motor des archaischen Panzerfahrzeuges des Gegners laut auf. Die vier metallischen Auspuffrohre, die jeweils seitlich aus der Panzerung herausragten, spuckten tiefschwarze Rauchwolken aus und verpesteten die Luft mit dem beissenden Geschmack von verbranntem Promethium. Das Rebellen-Fahrzeug beschleunigte mit Höchstleistung, und die dreckverkrusteten Ketten trugen es unaufhaltsam nach vorne.
Das Ziel des Panzers wurde bald offensichtlich: Er raste geradewegs frontal auf den Kommandotrupp des Hauptmanns zu! Diese Wahnsinnigen wollten ihn einfach überrollen!
Mit der Tapferkeit eines Astartes orderte der Offizier seinen Trupp jedoch, die Formation zu ändern und dem Panzerschock geordnet aus dem Weg zu gehen. Das mächtige Fahrzeug kam nur wenige Fuss weit neben den Veteranen zu stehen und machte dann trotz dem anfänglichen Schock einen doch sehr verlorenen Eindruck. Der Leutnant war sich sicher, dass der Lenker nicht damit gerechnet hatte, dass der Kommandotrupp seine Position halten würde.
Im selben Moment hämmerte eine Maschinengewehr-Salve gegen den Trupp des Hauptmanns. Die Häretiker, welche zuvor den Infanterietrupp des ersten Zuges beschossen, hatten scheinbar eine neue Zielpriorität erkannt. Grimmstein befürchtete das schlimmste, als der Kugelhagel auf seine Kameraden traf. Tatsächlich sank der Funker zu Boden, die Armaplastrüstung durchsiebt und ein grosser Teil des Schädels abgerissen. Der Hauptmann war ebenso getroffen, doch hatte er vergleichsweise Glück, denn so wie Grimmstein erkannte, war nur ein Teil seines rechten Oberarms abgerissen worden – wahrscheinlich ein Streifschuss und nichts, was man nicht mit Bionics hätte retten können.
Weiter nördlich war das Feuergefecht zwischen Grimmsteins ersten Trupp und den zahlenmässig unterlegenen Rebellen weiter in vollem Gange. Hinter der dichten Vegetation in Deckung richtete das ungezielte und nervöse Feuer der Häretiker kaum Schaden an. Ein einzelner Soldat fiel zu Boden, vielleicht Verwundet, vielleicht tot. Ein tragisches Schicksal, doch Anbetracht der verzweifelten Lage, war Grimmstein froh, dass ‚nur‘ einer seiner Männer ausfiel.
Hätte Leutnant Grimmstein gewusst, welche Schrecken noch auf ihn zukommen würden…
Vargas war zufrieden. Obwohl die Chaoskultisten nicht gerade effizient waren und grössere Verluste einstecken mussten, konnten sie die Soldaten der PVS doch beschäftigen. Die Diener des Leichengottes kämpfen unerfahren; amateurhaft. Aber wer konnte es ihnen verdenken: Was waren die paar dutzend Jahre, die einer dieser Hunde an Erfahrung sammeln konnte, im Vergleich zu den Jahrhunderten, in denen seine Brüder und er schon kämpften? Ausserdem waren es Soldaten eines PVS-Regiments. Es würde ihn wundern, wenn wenigstens eine Handvoll dieser Schwächlinge schon zuvor einmal im Einsatz stand. Blutjunge, unerfahren Opfer für eine verlorene Sache. Der Imperator war wirklich grausam, seine Diener so hinschlachten zu lassen.
Nicht wie das, was Vargas ihnen anbieten konnte. Freiheit. Das Recht, aus eigener Stärke seinen verdienten Platz zu erobern.
Nach einem kurzen Blick auf die taktische Übersichtskarte, die über die Helmsysteme von einem Überwachungsrelais ganz in der Nähe abgerufen werden konnten, erkannte der Chaos Space Marine, dass der Trupp desertierter Soldaten der Imperialen Armee gegen den zweiten Trupp des ersten PVS-Zuges stürmte. Vargas gab ihnen den Auftrag, das Gebiet zu infiltrieren und dann aus nächsten Nähe anzugreifen, was jedoch nur bedingt erfolgreich war. Die Kampfkraft der verräterischen Soldaten war kaum grösser als die der Kultisten und beim Vorrücken auf den Feind hatte die Einheit bereits einige Verluste. Bewaffnet mit primitiven Messern und Schlagstöcken, waren sie den loyalen Soldaten jedoch im Nahkampf überlegen.
Der brutale Sturmangriff brachte nicht den gewollten Erfolg. Auch wenn es auf beiden Seiten Tote gab, konnten die abtrünnigen Soldaten ihre vormaligen Kameraden nicht in die Flucht schlagen. Anstatt eines schnellen, überfallartigen Angriffs, vermischten sich beide Trupps zu einem unübersichtlichen Handgemenge. Es würde wohl noch einen Moment gehen, bis eine Seite den Kampf für sich entscheiden würde. Selbst wenn das die Leichenanbeter sein sollten – Vargas war sich seinem Sieg sicher.
Ohne zu zögern, gab er seinen Brüdern den Befehl zum Vorrücken. Bisher hatten sich die Chaos Space Marines zu platziert, dass nur ein kleiner Teil der Imperialen, Sichtkontakt hatte. Mit überlegenem Bolterfeuer mähten sie den Kommandotrupp des ersten Zuges nieder und eliminierten zugleich die Waffenspezialisten sowie den Befehlshaber.
Doch nun war die Zeit gekommen. Vargas wollte das Chaos des Gemetzels erfahren. Sollte der gegnerische Kommandant fallen, musste sich die PVS-Einheit zurückziehen. Es konnte nichts mehr schiefgehen.
Nachdem Vargas und sein Trupp direkt auf den ersten Trupp des ersten Zuges zumarschierten, feuerten die Chaos Space Marines ihre Boltpistolen ab. Die Projektile durchschlugen die Armaplastrüstungen problemlos und obwohl viele Schüsse ihre Ziele verfehlten, sanken bereits drei der feindlichen Infanteristen zu Boden. Dann stürmte Vargas voraus, seine Brüder dicht hinter ihm. Die Wucht des Angriffs war gewaltig. Durch die vorgegangenen Feuergefechte zahlenmässig überlegen, standen zehn Astartes einer Handvoll imperialen Soldaten gegenüber. Mit der knisternden Energiefaust zerquetschte Vargas den Kopf des Sergeants, der nicht einmal mehr in der Lage war, auch nur einen Befehl zu brüllen. Seine Brüder droschen mit den Kettenschwertern auf die kaum geschützten Menschlein ein, welche als ein blutiges Gewirr aus Fleisch, Kleidung und Innereien zu Boden fielen. Nur einen Augenblick später, war der gesamte Infanterietrupp ausgelöscht. Die PVS-Truppen konnten nicht einmal reagieren, sie wussten nicht, was gerade passiert ist. Kein einziger Gegenangriff – nicht einmal der Versuch, mit dem Bajonett einen der Marines aufzuspiessen. Lächerlich. Der Kampf verlor so fast schon seinen Reiz.
Leutnant Grimmstein glaubte seinen Augen nicht. Westlich von seiner Position stampften riesige Krieger aus dem Dickicht des Dschungels. Mit mächtigen Rüstungen, welche den ganzen Körper bedeckten und todbringenden Boltwaffen im Anschlag. Noch nie hatte Grimmstein einen echten Astartes gesehen. Natürlich kannte er die Abbildungen, welche ihre Legenden und Heldengeschichten illustrierte. Doch nie hätte er gedacht, hier auf Astartes zu treffen. Waren sie gerettet? Sandte der Imperator seine Todesengel, um Merohavim zu retten?
Gerade, als Grimmstein realisierte, dass Astartes auf dem Schlachtfeld standen, passierte das absolut unmögliche. Nach einer wilden Boltersalve stürmten die Engel des Todes auf den ersten Trupp des ersten Zuges – und metzelten ihn komplett nieder. Die Space Marines zerhackten seine Kameraden sprichwörtlich. Eine Blutorgie, die Grimmstein nur den primitivsten Xenos zugetraut hätte.
Der Imperator hatte sie verlassen. Er wusste nicht, wieso. Was sie falsch gemacht hatten.
Doch wenn die Kinder des Imperators selbst ihre Waffen gegen seine Männer erhoben, musste die Sünde unermesslich gewesen sein.
Den sicheren Tod vor Augen, war es der Hauptmann, den Grimmstein aus seiner Verzweiflung riss. Tapfer seinen Befehlen folgend, führte der Offizier seine Männer weiter an.
»Zerstört es, Grimmstein! Zerstört es, verdammt!«, knackte es aus dem Funkgerät, welches einer der Männer in seinem Zugkommando am Rücken trug.
Grimmstein schritt mit fast schon dämonischer Schnelligkeit zu seinem Funker herüber, und antwortete unverzüglich.
»Verstanden, Herr Hauptmann.«, antwortete der Leutnant unverzüglich, nach dem er mit fast schon dämonischer Geschwindigkeit neben seinen Funker trat und ihm den Kommunikator aus den Händen riss. »Zerstöre Panzerwagen!«
Dann wandte er sich zu seinen Spezialisten. Sie hatten zwar keine Panzerabwehrwaffen, aber Befehl ist Befahl.
»Soldat Gerik, sofort konzentriertes Feuer mit schwerem Flammenwerfer auf das Heck des Panzers!«, brüllte Grimmstein. Als ob die Autorität des Hauptmanns jegliche Zweifel ausradierte, befolgte Gerik den Befehl ohne zu zögern. Mit dem schweren Flammenwerfer verwandelte er das Heck des Fahrzeuges in ein absolut tödliches, alles verzerrendes Flammenmeer. Als sich das diabolische Inferno lichtete, erkannte Grimmstein, dass der Angriff fast wirkungslos war. Das Magazin eines der dachmontierten Bolter war durch die Hitze explodiert. Die Waffe würde nicht mehr so schnell Feuern, aber der Panzer stand ansonsten völlig ungerührt da.
Die Verzweiflung kehrte zurück, doch Grimmstein musste irgendetwas unternehmen. Da der Panzer selbst mit dem schweren Flammenwerfer nicht zu knacken schien, würde er versuchen, die rechte Flanke zu sichern und den Rebellentrupp, der sich schon seit längerer Zeit einen Schusswechsel mit Grimmsteins ersten Trupp lieferte, auszulöschen.
Der Leutnant gab das Kommando, die Häretiker mit gliedweisem Feuer einzudecken. Froh darüber, Anweisungen von ihrem Offizier zu erhalten, knackten nur Sekunden später die Lasergewehre in schnellem, geordnetem Takt. Dennoch sank nur einer der feindlichen Männer zu Boden. Die PVS-Truppen waren nervös, überfordert und verzweifelt. Ein Grossteil der Salve verfehlte ihr Ziel, während die Vegetation ebenfalls einige Schüsse abblockte.
Weiter hinten erkannte Grimmstein, wie sein zweiter Trupp aufrückte. Dieser hatte bisher die Flanke gesichert, bewegte sich aber in schnellem Tempo auf die Mitte des Schlachtfeldes zu, um zu retten, was zu retten war. Die Lage war Hoffnungslos, aber das Eintreffen weiterer Männer stärke immerhin die Moral.
Ein knacken im Funk liess Grimmstein aufhorchen.
»Der Imperator behüte euch, Männer.«, erklang die Stimme des Hauptmanns – gefasst, mit zugleich traurigem, als auch beherztem Tonfall.
Der Leutnant blickte unwillkürlich zum Kommandotrupp des Regiments hinüber. Der Anblick erfüllte ihn gleichwohl mit Respekt, Ohnmacht und Verzweiflung. Die Veteranen des Kommandotrupps feuerten ihre Waffen auf die Astartes, welche Grimmstein für einen kurzen Moment nahezu vergessen hatte. Gleissendes Licht umhüllte die Marines, als Melterstrahlen und Flammenwerfen die erhabenen Krieger dem Höllenfeuer gleich umhüllten. Grimmstein erkannte, wie einer der Krieger durch die Hitze des Melters als Schlacke-Klumpen zusammensank. Zwei weitere fielen in loderndes Promethium-Feuer gehüllt auf die Knie, bevor sie, geschwärzt durch die Flammen der Läuterung zu Boden gingen.
Was passierte gerade? Astartes griffen imperiale Soldaten an, welche ihrerseits die Waffen gegen die Söhne des Imperators richteten. Was bedeutete das alles? Waren die PVS in Wirklichkeit selbst Verräter? Wurden sie von den Engeln des Todes verraten? Nein, das konnte – das durfte nicht wahr sein. Dies waren Space Marines! Nie könnten sich die Retter des Imperiums gegen dessen eigene Armee richten. Ein Verrat in diesen Massstab durfte und konnte nicht geschehen!
Ehe Grimmstein reagieren konnte, sah er, wie die Veteranen um den Hauptmann auf die Space Marines zustürmten, die Waffen zum letzten Gefecht erhoben, den Imperator preisend.
Ein verzweifelter Angriff, in der Hoffnung, das Schlachtglück zurückzugewinnen. Doch wie sollten sie, unbedeutende Soldaten der PVS Ysraals, gegen die Abkömmlinge des Imperators bestehen? Wieso sollten sie dies überhaupt müssen?
Einer der Soldaten seines Kommandotrupps versuchte währenddessen mit einer Fragmentgranate den Panzer gleich neben ihnen auszuschalten, doch die Detonation blieb wirkungslos.
Nur einen Moment später, erreichte das Kompaniekommando die Astartes-Krieger. Mit Kampfmessern und Bajonetten schlugen die tapferen Soldaten auf die überlegenen Marines ein. Dem Hauptmann gelang es sogar trotz seinen Verletzungen, einen der übermenschlichen Gegner zu verwunden, worauf dieser stumm zu Boden glitt und leblos liegen blieb.
Doch die Marines zögerten keinen Moment und konterten den Ansturm mit ihren grimmigen Kettenschwertern. Zwei der Veteranen wurden sofort übermannt und verbluteten Verstümmelt auf der blutgetränkten Erde. Der Hauptmann und der Träger der Regimentsstandarte wehrten jedoch alle Angriffe der Astartes ab. Grimmstein bot sich ein heldenhafter Anblick, als der Offizier neben der wehenden Flagge des Regiments schlag nach schlag abblockte und mit grimmiger Entschlossenheit dem Tode ins Auge sah. Wären seine Gegenüber keine Space Marines gewesen, hätte dieser Kampf Geschichte geschrieben! Doch wie heroisch konnte ein Gefecht gegen die besten des Imperiums schon sein? Wieso kämpften sie überhaupt gegeneinander?
Nach dem sich der Hauptmann und der Fahnenträger gegen die Hiebe der Elitekrieger behaupteten, trat ihnen ein Marine entgegen, auf dessen Rückenmodul drei eiserne Spitzen nach oben ragten und dessen Helm mit furchteinflössende Hörnern besetzt war. Offensichtlich handelte es sich um den Anführer des Trupps. Umgeben von rot-schwarz zuckenden Blitzen erhob der Marine seine Energiefaust und schmetterte gegen den Torso des Hauptmanns, der den Schlag nicht mehr abwehren konnte. Wie eine Puppe wurde der leblose Körper mehrere Meter nach hinten geschleudert – er hatte keine Chance. Verkrümmt, alle Knochen gebrochen und mit sämtlichen Organen zu Brei gehauen, blieb der Hauptmann nun zusammen mit seinen Kameraden auf dem Feld der Ehre liegen. Mit unheimlicher Geschwindigkeit packte der Marine dann in einem zweiten Hieb die Schulter des Standartenträgers und riss den Körper förmlich entzwei. Das Kompaniekommando war nicht mehr, auch wenn der Hauptmann und seine drei verbliebenen Veteranen ebenso viele Space Marines mit in das Vergessen nahmen.
Der Kommandant tot, der erste Zug ausgelöscht und einer unüberwindbaren Übermacht gegenüber, wurde Grimmstein klar, dass der Kampf zu Ende war. Er war nicht bereit, zu sterben. Der Imperator möge ihm verzeihen.
Bevor der Leutnant jedoch den Befehl zum Rückzug geben konnte, feuerte der Panzer auf seinen Kommandotrupp. Obwohl er selbst nicht getroffen wurde, fielen drei seiner Soldaten dem Beschuss zum Opfer. Die Zugstandarte ging zu Boden. Es war Aussichtlos. Eine weitere Feuersalve traf den ersten Trupp und forderte dort zwei Tote.
Grimmstein blieb nichts anders übrig, als sich so schnell es ging zurückzuziehen. Kaum mehr bei Sinnen, brüllte er die Befehle, wusste jedoch nicht, ob sie seine Trupps erreichten, da sein Funker wie ein Sieb durchlöchert, im Todeskampf zuckend neben der Leichen seiner Männer lag.
Er rannte und hoffte, sich aus dem Feuerbereich der Rebellen entfernen zu können.
Die Schlacht war verloren.