Prolog
Prolog
Die wohlige Wärme umfasste es völlig. Das war eine der ersten Empfindungen, die sich durch die langsam erwachenden Gedanken schlich. Nichts als Wärme, wohlige, behagliche Wärme, verbunden mit einem Gefühl der absoluten Geborgenheit. Wie sanfte Finger einen Rücken massieren, so massierten sanfte Gefühle die sich langsam ordnenden Gedanken. ...aufwachen...
AUFWACHEN
Das Kommando zündete die Gedanken wie eine Explosion. Es empfand nun weit mehr als nur Wärme – hauptsächlich Enge. Auf allen Seiten war es eingequetscht, und es spürte das Gel, das es überall umgab. Die Wärme wurde intensiver. Sie steigerte sich von Sekunde zu Sekunde, verbunden mit einem Rauschen, das anschwoll, sich zu einem Tosen steigerte und jedes andere Geräusch überlagerte. Dies alles gipfelte in einem Gefühl von Geschwindigkeit, von Heranbrausen, von Absturz.
ANSPANNEN
Genau wie das erste Kommando ihre Gedanken angefacht hatte, sorgte nun das zweite dafür, dass sich blitzartig jede Muskelfaser versteifte, sich jedes Gelenk sperrte und es sich zusammenkauerte in eine Kugel, die jeden Schock überstehen konnte. Dies war auch notwendig, denn die sogleich folgende Schockwelle hätte jedes andere Lebewesen zerfetzt.
Der schräge Aufschlag der Sporkapsel hinterließ eine lange Furche und einen Krater in dem weichen Waldboden. Sobald die Kapsel zur Ruhe gekommen war machten sich blitzartig Enzyme ans Werk um in den massiven Chitinwänden Sollbruchstellen zu schaffen.
AUFSTEHEN
Das Kommando war so durchdringend wie die vorhergehenden und als sich die Kreatur streckte und seine massigen Hufe in den Kapselboden stemmte, sprengte es die verkohlte Chitinhülle und verteilte in einem Umkreis von dreißig Metern Chitinfetzen, Nährlösung und Dämpfungsfasern. Der frisch geschlüpfte Tyrann reckte sich zu seiner vollen Größe und sog das erste mal Luft in seine Lungensäcke. Er schüttelte sich wie ein nasser Grox und verteilte Massen an Schock absorbierendem Gel in der Umgebung. Das erste mal fiel Licht in seine Augen und was er sah ließ seine Instinkte sich überschlagen.
Er presste die aufgestaute Luft aus den Lungen in einem spitzen, markerschütternden Schrei und machte so seinen Herrschaftsanspruch geltend. Dutzende Sporenkapseln waren in der näheren Umgebung niedergegangen und hatten den Wald zu Kleinholz verarbeitet. Viele Dutzend Kreaturen aller Couleur schälten sich aus den Kapseln und reagierten auf den Schrei.
NORD NORD JAGD SCHNELL JAGD SCHNELL JAGD NORD NORD
Die Große Mutter erteilte den psychischen Befehl, und der Tyrann wusste instinktiv was zu tun war. Er griff mit seinem Geist hinaus und spürte das feine Magnetfeld das den Planeten umhüllte. Nord war klar. Er sog noch einmal Luft durch seine Riechorgane und erkannte die feine Pheromonspur, die ein Kundschafter vor Wochen bereits in diesem Wald hinterlassen hatte. Die feinen, aufmodulierten Sekundärgerüche sprachen von Widerstand und Gefahr. Gefahr für die Große Mutter. Wieder holte der Tyrann Luft und diesmal modulierte er einen psychischen Befehl auf seinen Schrei, dem zu folgen sich alle Kreaturen in der näheren Umgebung genötigt fühlten.
„DA LANG!!!“
*****
Kapitel I
I
- Macragge -
Zentraler Verwaltungskomplex
Der Lärm war ohrenbetäubend. Bruder Darius sprang aus dem Landspeeder und seine Sandalen klatschten auf die Granitplatten, mit denen das Forum gepflastert war. Wenn die Ordensfestung das Herz der Ultramarines war, dann war das Forum das Herz von Ultramar. Der Platz war groß genug um ein Dutzend Thunderhawks darauf landen zu lassen und umringt wurde er von den wichtigsten Bauten in Sektor.
An einer Seite erhob sich der Komplex der Finanzverwaltung, ihm gegenüber die zahlreichen Niederlassungen der wichtigsten Imperialen Organisationen. Am Ende des Platzes hockte beeindruckend der Ekklesiarchenpalast, der die Gläubigen mahnend zur Andacht einlud, und an seiner Stirn erhob sich, thronend über allem, das Plenum – die mächtigen Hallen des Administrantums.
Menschenmassen strömten über den Platz, Schreiber, Akolyten und Beamte hasteten mit unter den Armen geklemmten Akten von Ministerium zu Ministerium. Ganze Wolken an Servoschädeln schwärmten aus jeder nur erdenklichen Richtung in jede nur erdenkliche Richtung. Dazwischen versuchten fliegende Händler ihr Geschäft zu betreiben, Touristen bestaunten das Forum und die angrenzenden Gebäudekomplexe und Besuchergruppen, Abordnungen so wie Streifen der PDF zogen durch das Gewühle.
Der Lärm war wirklich ohrenbetäubend, besonders für sein hoch gezüchtetes Gehör. Darius schloss die Augen und begann eine Konzentrationsübung, die seinen Geist beruhigte. Es war eine der ersten Übungen die ein Novize der Ultramarines lerne. Dann begann er sich seinen Weg durch die Menge zu bahnen, das Plenum fest im Auge. Als Marine gab Darius auch ungerüstet eine mächtige Figur ab – gut drei Köpfe größer als die Menschen um ihn herum fiel es Ihm leicht sich seinen Weg zu bahnen, insbesondere da die anderen Besucher des Platzes sich überschlugen um ihm aus dem Weg zu gehen.
Nach der Ruhe der Ordensfestung kam Darius dieser Trubel vor wie „...wie ein Schlachtfeld. Imperator, was treibt die Leute nur alle hierher?“ dachte er sich. Dann sah er etwas am Rande seines Gesichtsfeldes das ihn blitzschnell reagieren und die Richtung wechseln ließ. Passanten stoben aus dem Weg um den zwei Meter Hühnen durchzulassen. Dann hatte Darius den Händler erwischt. Bei dem Lärm war eine normale Kommunikation nicht möglich, doch Darius grinste den verdatterten Händler nur breit an und deutete auf die Rualbeeren auf dessen Bauchladen. Der Händler beeilte sich eine Pergamenttüte zu füllen.
Darius griff in seine Tunika und fischte einen Dinar aus seinem Beutel und drückte ihn dem Händler in die Hand. Das Gesicht des Händlers verzog sich zu einem breiten Grinsen und er legte noch einmal Beeren nach. Das Geschäft abgeschlossen bemühte sich der Händler schleunigst in der Menge unterzutauchen. „Vermutlich habe ich dem mal wieder viel zu viel bezahlt.“ seufzte Darius. Er hatte keinen blassen Schimmer was die Beeren wert waren, geschweige denn was der Dinar den er ausgegeben hatte für eine Kaufkraft besaß.
Es war der Gerechtigkeitssinn der Ultramarines der die Herren von Ultramar dazu anhielt auch für die Dienstleistungen ihrer Untertanen zu bezahlen. „Ein weiterer Grund die Stadt zu meiden. Wenn man sich immer mit so etwas banalem wie GELD auseinander setzen muss...“ dachte Darius. Bruder Kaplan Trembal hatte es ihm einmal erklärt und grundsätzlich verstand Darius das Bedürfnis des gemeinen Bürgers über Geld zu verfügen, aber so selten wie er welches in der Hand hatte wurde er aus den vielen verschiedenen Münzen einfach nicht schlau. Da Marines in der Regel weder Bedarf noch Verwendung für Geld hatten wurde jedem Ultramarine der in die Stadt musste ein Beutel mit Münzen ausgehändigt. Die wenigsten von ihnen wussten wirklich was sie da hatten.
Darius lies sich eine der dunkelroten Beeren in den Mund plumpsen und er schloss die Augen. Was immer er auch gezahlt hatte – es war es wert gewesen. Den intensiven süß-sauren Geschmack genießend machte sich Darius wieder auf den Weg zum Plenum. Das Essen in der Klosterfestung war in erster Linie nahrhaft und nach seinem lückenhaften Wissen auch schmackhaft, aber „..warum eigentlich noch nie Rualbeeren gereicht wurden? Ich muss wirklich mal fragen.“
Darius begann die breiten Treppen zum Plenum hinaufzusteigen. Zahlreiche kleine Grüppchen von Offiziellen, Militärs und einfachen Bürgern nutzten die sonnenbeschienenen Terrassen um ausgiebig und lautstark zu diskutieren. Auf halber Höhe hielt Darius an, schob noch eine Beere in den Mund und drehte sich um. Das ganze Forum zu seinen Füßen liegen zu sehen, zusammen mit den abertausend Bürgern die wie ein aufgescheuchter Kuriyxhaufen herumwuselten brachte ihn zum Lachen. Ein Blick auf den Armchrono, den er zusammen mit dem Beutel erhalten hatte, zeigte ihm das er noch Zeit hatte.
Der Blick über das Forum machte Darius wieder einmal bewusst, welche besondere Bürde den Ultramarines mit der Herrschaft über Ultramar auferlegt worden war. Denn die Herrschaft über das Reich bedeutete gleichsam auch zumindest für die höheren administrativen Vorgänge verantwortlich zu sein, was eine Menge Arbeit bedeutete – „Arbeit die eines Kriegers unwürdig ist. Das Imperium wird an zahllosen Grenzen bedroht, wir kämpfen an tausend Fronten und all diese... Figuren hier haben nichts anderes im Sinn als... Pergament!“ Die Aussicht, sich nun ob seines neuen Ranges öfters hier einfinden zu müssen, erschien ihm nicht als erstrebenswert.
Die Herrschaft über Ultramar bedeutete für die Ultramarines eben auch, für die Verwaltung von Ultramar verantwortlich zu sein – in allen Aspekten. Das bedeutete die Erhebung von Steuern und Abgaben; Aushebung, Ausbildung und Überwachung der PDF im allen Sektoren; Rechtsprechung; Flottenpolitik und Regelung des interstellaren Handels so wie tausend andere Aspekte des imperialen Lebens. Und wenn auch das Administratum und andere imperiale Organisationen die eigentlichen Beamten und Akolyten stellten, war es doch die Aufgabe der Ultramarines an den entscheidenden Stellen Überwachungsfunktionen zu übernehmen – was bedeutete das eine erhebliche Zahl an Ordensbrüdern zeitweise Dienst in diesem Verwaltungsapparat tat.
Dies war auch der Grund weshalb Lord Calgar sich jeden Zehnttag ins Plenum begab um sich mit den Köpfen der Administration zu besprechen – und um ein paar Stunden Audienz zu halten, in denen Abordnungen empfangen, Streitigkeiten geschlichtet und viele andere Dinge erledigt wurden. Darius lag es fern seinen obersten Lord zu kritisieren, aber er hatte seine eigene Meinung zu dem Thema. „Ganz einfach eines wahren Kriegers nicht würdig.“ Er griff wieder in seine Tüte und musste feststellen, dass er sie bis auf eine letzte Beere gedankenlos geleert hatte. Genießerisch ließ er sich die Frucht auf der Zunge zergehen. „Es gibt wirklich nur EINEN guten Grund zum Forum zu kommen,“ dachte er, als er den Nachhall des Geschmacks der letzten Beere auskostete. „Naja, vielleicht zwei.“ Und er wurde sich wieder der Schriftrolle mit der offiziellen Vorladung zu Audienz gewahr.
In diesem Sinne raffte er seine rot / gold paspelierte Toga, die seinen Rang als Captain kennzeichnete, wieder straff auf die linke Schulter, machte kehrt und schritt die letzten Stufen zur großen Säulenarkade und dem Haupteingang dahinter hinauf. Auch hier war sein Körperbau Ausweis genug und die Akolythen die den Einlass überwachten winkten ihn an der langen Schlange an Eintritt Suchenden vorbei in die Vorhalle, an sich auch schon ein gewaltiger Komplex.
Das Plenum verband das Verwaltungszentrum mit Büros, Audienzhallen und Plenarsälen, alles im bombastischen, hochgotisch – pompösen Stil, der nun schon seit ein paar tausend Jahren Mode war, gehalten. Auch hier wuselten hunderte Personen durch Türen und Durchlässe und es erschien Darius unmöglich hier den richtigen Weg zu finden. Sein Zögern schien bemerkt worden zu sein, denn kurz nachdem er angehalten hatte um sich zu orientieren, löste sich ein Servoschädel aus einer Wolke von mehreren Dutzend die unter dem Gewölbe schwebten, und hielt vor ihm auf Augenhöhe an.
„+++Ziel+++Ort+++“ krächzte das Relikt eines bereits schon lange toten, imperialen Bürokraten. „Große Audienzhalle,“ antwortete Darius. „+++Bitte+++folgen+++“ krächzte der Schädel und begann sich danach sofort in Richtung breiter Treppen in Bewegung zu setzen. Der Schädel führte Darius gute zehn Minuten über allerlei Treppen und Gänge, die alle ähnlich geschäftig bevölkert waren, um ihn letztendlich zu einem Vorraum zu führen, der es an sich bereits mit einer pompösen Audienzhalle aufnehmen konnte.
„+++Große+++Audienz+++Halle+++“ krächzte der Schädel, „+++Anmeldung+++erforderlich+++“, um dann mit unwirklicher Geschwindigkeit über den Köpfen der anwesenden Personen zu verschwinden. Darius sah sich um. Die Vorhalle wurde von mächtigen Säulen getragen, und marmorne Sitzgruppen standen im ganzen Raum verteilt, auf denen sich zahlreiche Personen niedergelassen hatten, um auf ihre Audienz zu warten. Das mächtige, fünfzehn Meter hohe bronzene Tor, das den Zugang zur Audienzhalle versperrte, war mit einem monumentalen Relief, das den Sieg des Imperators über Horus darstellte, verziert. Eine kleine Tür in dem Tor gewährte Einlass, direkt daneben erhob sich ein Pult hinter dem der Herr dieser Tür stand.
Darius trat zu dem Türsteher und reichte ihm seine Einladung. „Bruder Darius, Hauptmann der 4. Kompanie – zur Audienz bei Lord Calgar.“ Der in eine weiße Toga gehüllte und mit einem Lorbeerkranz gekrönte alte Mann nahm die Rolle mit einer leichten Verbeugung entgegen. „Bruder Darius, ihr werdet erwartet,“ sprach der Alte mit einer angenehmen, diplomatisch geschulten Stimme, „bedauerlicherweise befinden wir uns heute ein wenig in Verzug. Es dauert wohl noch etwas. Wenn Ihr bitte Platz nehmen wolltet, Ihr werdet aufgerufen,“ wies der Protokollant auf eine der Sitzgruppen, um die sich Servitoren mit Getränken und Erfrischungen tummelten. Darius dankte dem Protokollant nickend, wobei er bemerkte das die Toga des Alten in der Luft hing. Der Protokollant war mit seinem Pult eine Einheit – vermutlich schon seit Jahren.
Darius hatte keine Ruhe sich zu setzen, zu sehr beschäftigte ihn die Frage, warum Lord Calgar ihn hierher bestellt hatte, wenn er ihm doch alles auch in der Ordensburg hätte sagen können. Um sich abzulenken studierte Darius die anderen auf eine Audienz wartenden Personen. Da war eine füllige, völlig überschminkte und aus ihrem Korsett herausquellende Matrone, umgeben von einer Wolke aus Lakaien und Speichelleckern. Vermutlich irgend eine Adelige auf Geschäftsreise. Entweder auf der Suche nach einem guten Geschäft oder einer guten Partie. Ein kleines mit dicken Brillengläsern versehenes Männchen studierte einen Stapel Datentafeln währen es gleichzeitig einen Sekt genoss. Höherer Verwaltungsbeamte. Wird sicherlich irgendwelche, langweiligen Daten vortragen.
Ein hochgewachsener Mann mit Hakennase und glattrasiertem Schädel hatte sich in einen schweren, braunen Ledermantel gehüllt und wurde von finster aussehenden Bodyguards umringt. Garantiert Inquisition. Der legt es wohl darauf an finster auszusehen. Mit einigem Amüsement nahm Darius zur Kenntnis, wie die Bodyguards sich versteiften, als er sie musterte. Ein General der PDF mit seinem Stab. Eine Gruppe junger, adeliger Filous. Ein Ekklesiarch samt Predigern und Chor. Und so ging es weiter.
Mit jeder Gruppe die Darius musterte wurde ihm schlechter. Das ist also das glorreiche Establishment für das wir Ultramar beschützen und verteidigen. Wäre es nicht der Wille des Imperators, es wäre lächerlich. Hinten in einer Ecke entdeckte er dann doch noch jemanden, der sein wirkliches Interesse weckt. Der alte Hühne, wie er selbst in eine rot paspelierte Toga gehüllt, saß über eine Datentafel gekrümmt und wurde von zwei Servoschädeln umschwirrt. Darius konnte sechs Service-Studs auf der vernarbten und zerfurchten Stirn erkennen.
Andächtig befühlte Darius den kleinen Edelstahlbolzen, der in seine eigene rechte Stirn eingelassen war. Dreihundert Dienstjahre! Ich dachte ich kenne alle Kommandeure der Kampfkompanien. Vielleicht von einem Nachfolgeorden? Bestimmt hier um mit Lord Calgar einen größeren Kampfeinsatz zu koordinieren. Respektvoll näherte sich Darius dem alten Captain, bis sein scharfes Gehör ausmachen konnte, was der Alte vor sich hinmurmelte.
„..... Nominalzins ........ geringe Abweichung ...... bewusst unsauber berichtet ..... vorsätzliche Unterschlagung in Milliardenhöhe......“ Darius blieb wie angewurzelt stehen. Trotz allem Training und seiner ausgezeichneten Physis wurde ihm flau im Magen. IMPERATOR! Ein in die Verwaltung abgeschobenes altes Schlachross! Vorsichtig entfernte sich Darius rückwärts und brachte eine Säule zwischen sich und den alten Marine. Darius griff an die Säule um sich zu stabilisieren und beschirmte seine Augen. Imperator schütze mich das mir SO ein Schicksal erspart bleibt! Möge mich ein Multimelter treffen bevor ich den Pfad des Kriegers auf derart schmächliche Weise verlasse!
Auf denn Schock hin musste sich Darius erst einmal einen Saft bei einem Servitor holen. Dann warf er einen Blick in die Runde um zu sehen, wem in der Zwischenzeit bereits Audienz gewährt worden war. Nach und nach wurden Personen von dem Protokollanten aufgerufen. Sobald sie durch die Tür in dem Tor traten, wurden sie von einem unsichtbaren Herold ausgerufen:
„Pekletius der Ältere – Ekklesiarch von Trandon V !“
„Die ehrenwerte Lady Ögalia !“
„Baron Braxus von Guidee IX und Companions !“
„Hauptmann Darius? – Euch wird als nächstes Audienz gewährt.“, rief ihn der Protokollant auf. Darius hatte seine Fassung wiedergefunden. Was immer Lord Calgar ihm zu sagen hatte, es würde ihm nichts ausmachen, es vor all diesen „Würdenträgern“ zu hören. Die Tür ging auf; Darius drückte den Rücken durch, rückte die Toga zurecht und trat in die Audienzhalle.
„Bruder Captain Darius!“ wurde er ausgerufen. Was? Nicht „Hauptmann der vierten Kompanie“? schoss es Darius ob dieser Ankündigung durch den Kopf, doch der Anblick der großen Halle ließ ihn diesen Gedanken schnell vergessen. Die große Audienzhalle war ein architektonisches Meisterstück. Eine Halle volle fünfzig Meter breit, fünfunddreißig Meter hoch und hundert Meter lang war sie in feinstem weiß / goldenem Marmor gehalten. Zu den Seitenwänden hin erhoben sich eine Reihe an Stufen und Terrassen auf denen Abgeordnete, Besucher und Bittsteller die Audienzen verfolgen konnten; dahinter befand sich eine Säulenkollonade die das mächtige, lichtdurchflutete Kuppeldach stützte. Hinter der Kollonade waren die hohen gotischen Buntglasfenster zu erkennen, die sowohl Szenen der größten Triumphe als auch der schmächlichsten Niederlagen der Ultramarines darstellten.
Darius machte sich gemessenen Schrittes auf, die mächtige Halle der Länge nach zu durchqueren und schritt dabei über das riesige Mosaik, das das Reich von Ultramar detailliert darstellte und sich über den gesamten Boden der Halle erstreckte. Er war sich der über eintausend Augenpaare durchaus bewusst, die ihn musterten und abschätzten. Der Kopf der Halle war noch imposanter gestaltet als der Rest. Eine riesige Buntglasrosette war in die säulengestützte Wand eingelassen, die ihr buntes Licht auf eine mehrstufige Erhebung und den von Löwen gestützten, aus schwarz-goldenem Marmor gefertigten großen Thron von Ultramar warf.
Es war jedoch die Präsenz der Person die auf diesem Thron saß, die alles andere überstrahlte. Lord Calgar war auch ohne seine Rüstung noch einmal zwei Köpfe größer als ein normaler Marine. In der golddurchwirkten Tunika und der ultramarin blauen Toga mit den silbernen Omega-Verzierungen überstrahlte seine Präsenz alles Anwesende, so dass selbst die Ehrengarde aus zehn Sturmterminatoren der Ersten Kompanie, die rechts und links vom Thron Aufstellung genommen hatten, nebensächlich erschien. Der Anblick war schlicht atemberaubend – was vermutlich der gewünschte Effekt war.
Darius schritt vor den Thron und kniete dann nieder. Die Akustik der Halle war phänomenal. Er senkte den Kopf. „Ihr habt mich rufen lassen, Lord Calgar.“ Die tiefe, sonore Stimme des Herren von Ultramar trug bis in die entferntesten Winkel der Halle. „Bruder Darius. Mit Freuden haben wir die Vernichtung der 19. Splitterflotter der Schwarmflotte Kraken vernommen. Die Vierte Kompanie hat unter Eurer Führung ein weiteres mal Ruhm und Ehre für die Ultramarines gewonnen.“ Darius Hob den Kopf und sah seinen Lord fest an. Das zustimmende Gemurmel der Halle verfehlte auch bei ihm die Wirkung nicht. Darius platzte fast vor Stolz.
„Mit größtem Bedauern haben wir deshalb die Nachricht vom Verlust von Bruder Captain Horace vernommen. Unter seiner Führung hatte die Vierte Kompanie großes geleistet.“ Schlagartig war Darius die gute Laune abhanden gekommen. Bruder Horace war nicht nur ein Vorgesetzter, sondern auch ein Mentor und väterlicher Freund gewesen. Er war es gewesen, der Darius’ Potential früh erkannt und gefördert hatte. Sein Tod hatte Darius schwer getroffen. „Seine Entscheidung die Führung der Vierten Euch zu übertragen war weise, wie alle seine Entscheidungen. Ihr habt sein Vertrauen gerechtfertigt. Wir stimmen deshalb seiner Entscheidung zu und bestätigen hiermit eure Feldbeförderung zum Hauptmann.“
Darius hatte nicht an der Zustimmung von Lord Calgar gezweifelt. Natürlich freute er sich, nun dem Imperator in solch einer herausragenden Stellung dienen zu dürfen, aber die Umstände seiner Erhebung hatte er sich anders ausgemalt. Wie of hatte er sich gewünscht, dereinst mit Bruder Horace einen guten Becher Wein teilen zu können, als Captain zu Captain, Bruder zu Bruder. Daraus würde wohl nichts mehr werden.
„Um so mehr hat uns die Nachricht erfreut, das Bruder Horace sich entgegen aller Erwartungen von seinen schweren Verletzungen erholen wird, und, nach umfangreichen augmentischen Operationen, seinen Dienst wieder im vollen Umfang aufnehmen wird.“ Darius war völlig überwältigt vor Freude, und grinste breit über das ganze Gesicht. Er war vom Tod seines Mentors überzeugt gewesen, schließlich hatte man den schwerstverletzten Bruder schon früh von Tallion III evakuiert und seine Leiche nach Macragge verbracht, nachdem ein Carnifex ihn fast entzwei gerissen hatte.
„Beansprucht ihr weiterhin die Führung der Vierten Kompanie, Bruder Darius?“ Die Frage kam für Darius völlig unerwartet. Leicht verdattert gelang es ihm zu antworden. „Nnn.. Nein, natürlich nicht mein Lord.“ Lord Calgar lächelte milde. „Nun, dann haben wir ein kleines Problem, Bruder. Wir haben nämlich derzeit kein eurem Rang entsprechendes Kommando für euch.“ Darauf wusste Darius nicht zu antworten. Bevor die nun entstehende Pause peinlich werden konnte fuhr jedoch der Herr von Macragge fort. „Zufälligerweise erging an uns vor kurzem von Seiner höchst heiligen Inquisition eine Forderung nach einem Frontoffizier mit Führungserfahrung. Wir gedenken dieser Forderung nachzukommen.“
Darius war entsetzt. „Ihr wollt, das ich den Orden verlasse?“ platzte es aus ihm heraus, „Mein Lord.“, gelang es ihm gerade noch rechtzeitig anzufügen. In Lord Calgar’s Stimme schob sich ein scharfer Unterton ob dieses Widerspruchs. „Unsere Entscheidung behagt euch nicht? Nun, wir hätten auch noch einen Aufsichtsposten in der Finanzverwaltung zu vergeben. Bruder Captain Odo ist gerade einer weitreichenden Verschwörung auf der Spur und könnte sicherlich Hilfe gebrauchen...“ Darius’ Entsetzen steigerte sich in ungeahnte Höhen. „Nn.. Nein, mein Lord. Natürlich begrüßen wir Eure Entscheidung. Wann und Wo soll ich mich melden?“
Ein selbstzufriedenes Lächeln umspielte Lord Calgars Gesicht. „Dann ist es entschieden. Hiermit stellen wir euch unmittelbar an die Death Watch des Ordo Xenos ab. Inquisitor Steinbrecht erwartet euch draußen. Wir gehen davon aus, das die Erfahrungen die ihr bei diesem Einsatz machen werdet, dem Orden vom großen Nutzen sein werden. Der Imperator beschützt!“ Mit einer knappen Handbewegung deutete Lord Calgar an, dass die Audienz beendet sei. Darius stand auf, verbeugte sich tief, und entfernte sich dann rückwärts drei Schritte. Danach machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte strammen Schrittes aus der Halle hinaus.
Eine ganze Reihe an Gefühlen durchfuhren Darius auf seinem Rückweg durch die Halle ob dieser ungewöhnlichen Entwicklungen. Er fühlte sich geehrt und sehr erfreut über das Überleben von Bruder Horace. Gleichzeitig bedrückte ihn die Tatsache, dass ihm ein Kommando verwehrt worden war, und er seinen geliebten Orden, zumindest auf einige Zeit, verlassen musste. Doch über allem lag die Neugier auf den Inquisitor, und wie er dem Imperator in dieser... ungewöhnlichen Position würde dienen können.
*****