[Rezensionen] Brettspiele

  • Dieser Thread dient als Anlaufstelle für Rezensionen zu Brettspielen - etwas, was in dem Forum hier bislang noch fehlt.


    Rezensionen werden als Post angefügt und dann in den Startpost verlinkt, damit es übersichtlich bleibt, was denn bereits vorhanden ist.
    Für Diskussionen und Fragen rund ums Thema gibt es einen Diskussions-Thread im gleichen Unterforum, auf den immer am Ende einer Rezension zusätzlich noch verlinkt wird. Dort kann dann nach Lust und Laune diskutiert werden, ohne dass die Übersichtlichkeit hier in Mitleidenschaft gezogen wird.



    Es ist jeder herzlich eingeladen, eine eigene Rezension zu verfassen.
    Je mehr Spiele wir hier rezensieren, desto interessanter und informativer wird der Thread und desto vielfältiger sind auch die Diskussionen rund um dieses Thema. Es ist zugegebenermassen etwas Aufwand damit verbunden, aber es macht auch Spass - denn ohne Spielen keine Rezension. ;)




    Rezensierte Brettspiele (Publisher):


    Level 7 [Escape] (Privateer Press)


    Level 7 [Omega Protocol] (Privateer Press)
    kommt noch, sobald ich etwas mehr Spielerfahrung habe. Eine Partie ist noch etwas zu wenig...


    Earth Reborn (Ludically)


    Claustrophobia (Asmodee)
    kommt noch. Mir fehlen noch Bilder dazu


    A few Acres of Snow (Treefrog)
    kommt noch. Auch hier fehlen mir noch Bilder


    Pathfinder - Rise of the Runelords: The Adventure Card Game (Paizo Publishing)



    Phantom Leader Deluxe (DVG)

  • Level 7 [Escape]


    Seit einiger Zeit entwickelt und vertreibt Privateer Press, eher bekannt für seine beiden Tabletop-System „Warmachine“ und „Hordes“, nun auch Brettspiele. Der Einstieg in den Markt war Level 7 [Escape].



    Worum geht es?
    Die Spieler wachen in einer ihnen unbekannten Anlage („Subterra Bravo“) auf dem nackten Betonboden auf, in einer Lache seltsamer Flüssigkeit. Hinter ihnen Reihen von Tanks, in denen Menschen in eben dieser seltsamen Flüssigkeit in Suspension gehalten werden, mit allerlei Kabeln und Schläuchen an Maschinerie unbekannter Art angeschlossen sind und offenbar als Versuchsobjekte für Experimente dienen. Im Halbdunkeln der riesigen Halle sind Gestalten auszumachen, die definitiv nicht menschlich sind. Unglücklicherweise bleibt es nicht unbemerkt, dass einige der Testsubjekte nicht sind, wo sie eigentlich sein sollten – sowohl von den nicht-menschlichen Kreaturen als auch von den Soldaten, die mit der Sicherheit der Anlage betraut sind. Wenig überraschend haben die Spieler also nur ein Ziel: Flucht!



    Wie funktioniert das Spiel?
    Jeder Spieler übernimmt die Rolle eines der Testsubjekte und erkundet Raum für Raum die Anlage. Die Basis-Attribute (Intelligenz, Stärke, Bewegung, Widerstand) der Testsubjekte sind identisch, allerdings erhält jeder zu Beginn zwei zufällige Skills, die entweder die Basis-Attribute modifizieren oder anderweitige Sonderfähigkeiten gewähren. Darüber hinaus verfügt jedes Testsubjekt über drei weitere Attribute, deren Wert sich im Spielverlauf ändert: Bedrohung, Angst und Leben.


    Den Spielern steht in ihrem Zug ihre Bewegung, 2 freie Aktionen (Gegenstände mit anderen Testsubjekten tauschen, Gegenstände aufheben; beide nur maximal einmal pro Zug) und eine einzige Aktion zu. Aktionen sind: Angreifen, Austricksen, verschlossene Türen öffnen (mit Gewalt oder mit List), Bullrush, Konsolen aktivieren oder durch Lüftungsschächte kriechen. Ausserdem noch als freie Aktion während der Bewegung das Erkunden eines neuen Raums. Hat der neu erkundete Raum ein Ereignis-Symbol, endet der Spielerzug und es wird eine Ereigniskarte gezogen. Soweit, so gut.


    Jetzt sind wir nämlich bei der zentralen Spielmechanik – dem Spiel mit der Angst.
    Schlägt ein Angriff oder ein Austricks-Versuch fehl, aktiviert der Gegner und greift seinerseits den Spieler an – und für jeden Angriff wird die Angst des Testsubjekts erhöht. Auch das Kriechen durch Lüftungsschächte erhöht die Angst – denn die werden auch von den Klonen zur Fortbewegung genutzt. Jetzt ist es aber gar nicht so schlecht, viel Angst zu haben: die Charaktere werden dadurch stärker, irgendwann auch noch schneller, denken aber nicht mehr so gründlich nach – sie sind panisch. Gut zum Kämpfen, schlecht um eine codierte Eingabe zu machen. Sind die Charaktere in Panik, hat das noch einen anderen Nachteil: die Kreaturen geniessen den Geschmack menschlichen Adrenalins, weshalb verängstigte Personen bevorzugte Opfer sind. Das geht soweit, dass in der Nähe von völlig panischen Testsubjekten ständig neue Klone auftauchen. Und zu allem Überfluss auch noch verstärkt angreifen.
    Es ist also essentiell, seine Angst zu managen. Manchmal ist es gut, wenn sie hoch ist. Ein anderes Mal ist es gut, ruhig und nüchtern an ein Problem heranzugehen. Deshalb kann man den Angstzustand des Testsubjekts über seine Handkarten beeinflussen – die gleichzeitig allerdings auch die aktuellen Lebenspunkte des Charakters darstellen. Handkarten können für einen Vielzahl von Boni abgeworfen werden, die immer mit einer Erhöhung oder Senkung der Angst „bezahlt“ werden müssen.


    Jetzt gibt es ja aber nicht nur die Klone, sondern auch noch das Sicherheitspersonal. Denen ist die Angst des Testsubjekts recht egal, sie interessieren sich nur für das Bedrohungspotential eines Charakters. Und das steigt mit jedem Angriff, den ein Testsubjekt auf einen der Soldaten unternimmt – egal ob erfolgreich oder nicht. Passt man nicht auf, hat man also schnell nicht nur die Klone am Hals, sondern die gesamte Wachmannschaft noch als Dreingabe. Ist der Angriff gegen einen Soldaten allerdings erfolgreich, bekommt man (im Gegensatz zu einem erfolgreichen Angriff auf einen Klon) noch ein Item.
    Zusätzlich hat Bedrohung noch eine andere Bedeutung: es gibt nur einen sehr limitierten Pool, von dem die Spieler die Bedrohung nehmen können (je nach Szenario unterschiedlich gross). Ist dieser Pool leer, wird die Anlage abgeriegelt und es stehen nur noch eine extrem begrenzte Anzahl Runden zum Erreichen des Ziels bereit.


    Wie bereits erwähnt werden die Gegner vom Spiel gesteuert.
    Dies geschieht immer am Ende eines Spielerzugs. Hierzu wird eine Ereigniskarte gezogen, die Informationen zu drei Punkten enthält.
    1) Wird ein neuer Gegner gespawnt?
    2) Wurde während der Bewegung ein neuer Raum erkundet und deshalb die Ereigniskarte gezogen, wird eines von drei Ereignissen abgehandelt (entsprechend dem Raumsymbol)
    3) Welche Gegnertypen aktivieren (Nur Wachen, nur Klone, oder beide) und wie oft?


    Wo die Gegner gespawnt werden, ist je nach Szenario ein wenig unterschiedlich. Immer gleich ist aber, dass alle Gegner immer nur eine Aktion machen: entweder sie greifen an, oder sie bewegen sich. Angreifen hat dabei immer Priorität, d.h. eine Wache wird sich nicht aus einem Raum bewegen, wenn sie dort ein valides Angriffsziel hat.
    Haben die Gegner kein Ziel, bewegen sie sich genau einen Raum weiter. Wachen in Richtung des Ziels mit der höchsten Bedrohung (das können auch Klone sein), Klone in Richtung des Ziels mit der höchsten Angst (das können auch Wachen sein). Haben sich Gegner bewegt, greifen sie nicht mehr an, können aber noch einen Angriff unterstützen.


    Ist alles abgehandelt, ist der nächste Spieler an der Reihe.




    Ist es gut?
    Persönlich finde ich das Spiel mittlerweile sehr gut. Mittlerweile deshalb, weil ich es am Anfang wenig atmosphärisch und etwas „mechanisch“ fand. Nach nunmehr 10 Partien, davon gut die Hälfte im Solo-Modus, habe ich die Regeln allerdings intus und kann mich ganz auf die Flucht aus Subterra Bravo konzentrieren.
    Der ständige Druck von Seiten der Wachen und der Klone in Verbindung mit den nicht besonders mächtigen Spieler-Charakteren bringen die Situation gut rüber. Man ist eigentlich die ganze Zeit am Davonlaufen, Verstecken und versucht dabei, seine Angst halbwegs in Zaum zu halten. Kampf möchte man weitgehend vermeiden und nur dann als Alternative wählen, wenn er wirklich sinnvoll ist. Das liegt zum einen daran, dass mit jedem Angriff auf Soldaten eben das eigene Bedrohungspotential steigt und man in zunehmendem Masse die Wachen am Hals hat, zum anderen aber auch an der Tatsache, dass die Gegner nicht so ohne Weiteres auszuschalten sind.
    Je nach Szenario spielt es sich ausserdem recht zügig, wodurch man auch mal unter der Woche abends noch eine oder zwei Partien spielen kann.



    Wie sieht’s mit dem Spielmaterial aus?
    Hier gibt es leider ein durchwachsenes Urteil.
    Das Spielmaterial ist gut, schön gestaltet und stimmig. Aber: das Spiel ist nicht ganz billig, und in Anbetracht des Preises könnte man mehr erwarten. Sowohl was Menge als auch was Qualität angeht. Die Karten fühlen sich recht dünn an (zeigen allerdings bei mir bislang noch keinerlei Abnutzungserscheinung, das sei fairerweise gesagt) und es sind statt Miniaturen nur Papp-Aufsteller für die Charaktere und Gegner dabei. Das ist etwas schade, insbesondere bei einer Firma, deren Haupteinnahmequelle die Produktion und der Verkauf von Miniaturen ist.




    Und die Regeln?
    Stark verbesserungsfähig, meiner Meinung nach.
    Während Privateer Press bei ihren Tabletop-Systemen grossen Wert darauf legt, dass alles absolut eindeutig formuliert ist und keine Fragen offen lässt, fühlen sich die Regeln von Level 7 [Escape] nach dem genauen Gegenteil an. Der Aufbau ist verwirrend (es werden erstmal haufenweise Detail-Regeln erklärt, bevor irgendwann mal der eigentliche Spielablauf kommt), es gibt keinen Index zum Nachschlagen und manche Sachen bleiben einfach offen oder sind nicht ganz klar. Da haben sie definitiv keine Glanzleistung abgeliefert.



    Das ganze Nochmal in Kurz


    Pro & Kontra
    Gute Atmosphäre & cooles Setting…
    … wenn man die Regeln erstmal intus hat;


    Hübsches Material…
    … das aber bei dem Preis noch besser sein könnte;


    Interessanter, durchdachter Mechanismus…
    … wenn man die Regeln erstmal intus hat;


    Sehr gut spielbar mit 1-4 Spielern




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  • Earth Reborn (Ludically)



    Worum geht es?
    Earth Reborn ist ein taktisches Tabletop-Rollen-Brettspiel, das mehrere hundert Jahre nach der von Menschen herbeigeführten Apokalypse spielt, in deren Verlauf die Erdoberfläche durch den Einsatz von nuklearen, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen verseucht wurde.
    Da abzusehen war, dass dies passieren würde, wurden entsprechende Vorbereitungen getroffen und unterirdische Städte angelegt, jeweils mit Kapazität für 5000 Personen. Earth Reborn fokussiert sich auf zwei der überlebenden Fraktionen: NORAD und Salemites.


    NORAD
    Wie der Name schon vermuten lässt, hat diese Fraktion die Apokalypse sowie die nachfolgende Zeit im ehemaligen Führungsbunker der nordamerikanischen Luft- und Raumverteidigung überlebt, der zuvor für diesen Zweck reaktiviert und umgebaut worden war. Der Fokus von NORAD liegt auf Disziplin, Überlegenheit durch Technik und Ausbildung sowie Kommandoeinsätzen – durch und durch militärisch also.


    Salemites
    Die Salemites haben in einem neu errichteten Bunker unter dem Friedhof von Salem überdauert. Ihre Gesellschaft bestand aus den größten Wissenschaftlern und Denkern ihrer Zeit (und ein paar Milliardären, die sich einen Platz gekauft haben), gelenkt von einem demokratisch gewählten Rat. Wie sich herausstellte, waren sämtliche Ratsmitglieder Anhänger eines okkulten Zirkels, der noch Großes mit seiner Bevölkerung vor hatte. Über die Jahrhunderte hinweg änderte sich die Gesellschaftsstruktur, unterstützt von gewaltsamen Revolten, und heute gibt es nur mehr zwei Klassen: die Anhänger des Okkulten und die Testobjekte.
    Die Salemites haben durch die Kombination von Wissenschaft und Okkultismus ein Serum gefunden, mit dessen Hilfe sie kürzlich Verstorbene als Zombies wieder auferstehen lassen können. Da die Intelligenz der Kreaturen doch sehr zu wünschen übrig ließ, wurden darüberhinaus beachtliche Anstrengungen in der Entwicklung künstlicher Intelligenzen unternommen. Mit großem Erfolg.
    Militärisch setzen die Salemites daher gerne auf wenige, aber gut ausgebildete und fähige menschliche Soldaten, die von mehreren Zombies unterstützt werden.



    Spielmaterial
    Das in der Box enthaltene Spielmaterial ist überaus reichhaltig und dürfte für lange Zeit Spaß garantieren. Den größten Teil machen die diversen Module zum Aufbau des Spielfelds aus. Ganz recht, das komplette Spielfeld ist modular. Dabei stehen, ähnlich wie bei Tetris, verschiedene Formen und Größen zur Auswahl, die allesamt doppelseitig bedruckt sind: in der Regel eine Seite mit Innenräumen, die andere mit Außengelände.
    Dazu kommen noch etliche andere Dinge wie Türen, Marker für allerhand Gegenstände und Effekte, Kommandopunkte, etc.
    Daneben ist ein dicker Stapel an Karten enthalten, der zum einen die Karten für die diversen Charaktere beider Fraktionen beinhaltet, zum anderen doppelseitig bedruckte Ausrüstungskarten (vom Messer über Sturmgewehre, Granatwerfer, Medipacks oder Werkzeugboxen bis hin zum Jetpack ist alles dabei). Anschließend hat man immer noch einen recht dicken Stapel an Karten vor sich liegen – nämlich Missionsziele, aufgeteilt nach Fraktion.
    Würfel sind selbstverständlich ebenfalls enthalten, und zwar 12 Stück: 6 gelbe und 6 schwarze Würfel, beide mit speziell auf das Spiel abgestimmter Symbolik.
    Und zu guter Letzt die Minis, die natürlich nicht fehlen dürfen.
    NORAD stehen vier Minis zur Verfügung, darunter ein Mech, die Salemites bekommen die restlichen sieben Minis – unter anderem einen Zombie mit im Arm eingebauter Kreissäge (Jack Saw *g*).
    Sämtliche Minis sind übrigens schon grundiert und können direkt bemalt werden.




    Die Qualität sämtlicher Materialien ist durch die Bank als exzellent zu bezeichnen, sowohl was Haptik als auch was Gestaltung angeht. Die Minis sind ebenfalls sehr schön anzusehen und gehören zum Besten, was ich bei Brettspielen bisher zu Gesicht bekommen habe (Space Hulk 3rd Edition oder Hybrid mal außen vor gelassen).




    Wie funktioniert das Spiel?
    Der grundsätzliche Spielablauf bei Earth Reborn ist relativ simpel:
    Der Spieler, der die Initiative hat, aktiviert einen seiner Charaktere und führt mit diesem sämtliche Aktionen durch, die er machen möchte. Klingt einfach, ist es auch. Wenn man erstmal den zugrunde liegenden Mechanismus verinnerlicht hat.
    Wie sieht also eine Runde aus?


    I. Initiative-Phase: Kommandopunkte und Befehlsplättchen werden aufgefüllt, Initiative wird bestimmt
    II. Aktions-Phase: die Spieler führen ihre Aktionen durch, immer abwechselnd
    a. Ein neues Befehlsplättchen nehmen
    b. Einen Charakter aktivieren und ihm ein Befehlsplättchen zuordnen
    c. Einen Charakter aktivieren und ihm ein Befehlsplättchen zuordnen und dieses gleich ausführen (Kommandopunkte darauf verteilen)
    d. Passen (haben beide gepasst, ist komplette Aktionsphase zu Ende!)
    III. Final-Phase: übrige Kommandopunkte verfallen, unnütze Befehlsplättchen können abgelegt werden, bestimmte Funktionen treten (wieder) in Kraft


    Ihr werdet euch jetzt fragen, was der Unterschied zwischen II.b und II.c ist – klingt ja recht ähnlich.
    In Earth Reborn muss man ein zugeordnetes Befehlsplättchen nicht sofort nutzen, sondern kann auch mehrere Befehlsplättchen miteinander kombinieren, um komplexere Aktionen durchzuführen. Habe ich aber bereits Kommandopunkte auf ein Befehlsplättchen gelegt, steht mir dieses nicht mehr zur Verfügung, es ist „verbraucht“.


    Bleibt noch die Frage zu klären, wozu man denn nun die Kommandopunkte benötigt.
    Jedes Befehlsplättchen ist in vier Sektionen unterteilt, die verschiedene Einzelbefehle in unterschiedlicher Zusammenstellung zeigen: Fernkampfangriff, Nahkampfangriff, Interaktion, Suchen, Bewegen. Um einen solchen Befehl auszuführen, müssen Kommandopunkte auf die betreffende Befehlssektion des Befehlsplättchens gelegt werden.
    Möchte ich also mit einem meiner Charaktere zuerst einen Fernkampfangriff machen, dann vorstürmen und anschließend einen Nahkampfangriff machen, brauche ich drei verschiedene Einzelbefehle: Fernkampfangriff, Nahkampfangriff und Bewegen. Habe ich kein Befehlsplättchen, was alle drei Befehle aufweist, kann ich zwei Befehlsplättchen kombinieren, um die gewünschte Zusammenstellung zu erhalten. Allerdings brauche ich dann mehr Vorbereitungszeit, da ich ja pro Charakteraktivierung nur ein Befehlsplättchen zuweisen darf.
    Das mag jetzt vielleicht etwas kompliziert klingen, ist aber eigentlich ein sehr einfaches System: Charakter aktivieren, Befehlsplättchen zuordnen, Befehle ausführen, fertig.


    Handlungsmöglichkeiten
    Hier kommt jetzt die Vielfalt und die Komplexität ins Spiel. Bislang klingt Earth Reborn wie eines von vielen taktischen Brettspielen a là Space Hulk: Schießen, Bewegen, Nahkampf. Mitnichten.
    Ich werde nun die diversen Einzelbefehle durchgehen und ihre verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten im Spiel nennen. Einige haben lediglich eine Verwendungsmöglichkeit, andere offerieren eine ganze Palette an Optionen. Im Zusammenspiel der Optionen und Resultate gibt Earth Reborn dem Spieler eine gewaltige Palette an Möglichkeiten an die Hand.


    Bewegen: dient der Bewegung
    Nahkampfangriff: Angriff von Gegnern, Zerstörung von Geländeelementen, Raumeinrichtungen, Türen oder Wänden
    Fernkampfangriff: Benutzung von Fernkampfwaffen, Zerstörung von Geländeelementen, Raumeinrichtungen, Türen oder Wänden
    Suchen: Durchsuchen eines Raumes nach Gegenständen, Generierung von Spionagepunkten
    Interaktion: Nutzen von Raumeinrichtungen, ausgerüsteten Gegenständen oder Spezialfähigkeit des Charakters (Beispiele: Heilen in der Krankenstation, zusätzliche Kommandopunkte durch Videoüberwachung, effektivere Zombies durch die Zombiekontrolleinheit, Überspringen von Gegnern und unpassierbaren Geländeelementen mittels Jetpack, etc.)



    Ein Beispiel, wie die verschiedenen Befehle zu einem großen Ganzen kombiniert werden könnten:
    NORAD muss in ein gut gesichertes Gebäude eindringen, aber die einzige Tür ist mit einem Magnetkartenschloss gesichert. Vasquez steht zwar direkt davor, ist aber zu schwach zum Öffnen. Deshalb bringt Nick Bolter einen Sprengsatz an der Wand zum Generator an, sprengt ein Loch in die Wand und schaltet den Generator ab (wodurch der Strom im ganzen Gebäude ausfällt und auch Magnetkartenschlösser nicht mehr funktionieren). Vasquez kann nun bequem durch die Tür spazieren.


    Natürlich funktioniert nicht immer alles so schön reibungslos, der Gegner hat ja schließlich noch ein Wörtchen mitzureden. Das gilt bei Earth Reborn besonders, da es dem Gegner möglich ist, meine Aktion zu unterbrechen und mit einem seiner Charaktere zu kontern, bevor ich mit meiner Aktion fortfahre. Da Unterbrechungen in Bezug auf Kommandopunkte recht kostenintensiv sind, will dies aber gut überlegt sein. Dadurch hat man zwar die Option auf Unterbrechung der gegnerischen Aktion, es kommt aber nicht zu Spielsituationen, in denen die ganze gegnerische Mannschaft feuerbereit in der Gegend rumsteht.



    Und die Regeln?
    Die Regeln sind sehr gut erklärt und mit vielen Beispielen versehen.
    Um das Lernen des Spiels zu vereinfachen, sind die mitgelieferten neun Szenarien ein einziges langes Tutorial. Mit jedem Szenario kommen zwei neue Regeln hinzu, wodurch sich der Leseaufwand sehr in Grenzen hält. Außerdem ist so gewährleistet, dass die Grundregeln sitzen, wenn man sich den fortgeschrittenen Möglichkeiten widmet.
    Am Ende des Regelhefts ist außerdem das SAGS, das Scenario Auto Generating System, erläutert. Mit dessen Hilfe lassen sich mit den mitgelieferten Spielmaterialien immer neue zufällig generierte Szenarien spielen, wenn man mit den mitgelieferten Szenarien durch ist. Ich selbst konnte es leider noch nicht ausprobieren, aber laut Meinungen im Internet soll es angeblich sehr gut funktionieren und für gut ausgewogene Szenarien sorgen.






    Vergleich mit Space Hulk
    Mit Sicherheit ein wichtiger Punkt, schlagen doch beide Spiele in die gleiche Scharte. Und beide haben in einer Spielesammlung ihre Daseinsberechtigung.
    Space Hulk ist schnell und brutal – man legt direkt mit massiv Action los und hört nicht damit auf, bis eine Seite verloren hat. Insgesamt sehr geradlinig, sowohl was Missionsziele als auch Mechanik angeht. Ungeschlagen, wenn atmosphärische, schnelle und intensive Kämpfe gesucht sind. Vergleichbar mit einem Shooter.
    Earth Reborn schlägt ein gemächlicheres Tempo an, jede einzelne Mini ist wertvoller als ein Terminator bei Space Hulk. Bei jeder Aktion müssen mehr Möglichkeiten abgewogen werden als bei Space Hulk. Kämpfe dauern länger, sind aber in ihrem Ergebnis sehr befriedigend. Es ist zudem durchaus möglich, das Spiel zu gewinnen und dabei Kämpfen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen. Wenn ein taktisch anspruchsvolles Spiel mit massig Optionen gesucht ist, dann ist man bei Earth Reborn genau richtig. Vergleichbar mit Jagged Alliance.


    Fazit
    Wer taktische Miniaturen-Brettspiele mag, sollte sich unbedingt mal Earth Reborn näher anschauen. Das Spiel fühlt sich an wie ein Skirmisch-Tabletop und schreit nur so nach Erweiterungen (nicht dass es wirklich nötig wäre, aber es ist genug Luft für neue Einheiten, neue Fraktionen, neue Ausrüstungen, etc.), bietet enorme Handlungsfreiheit (deshalb Rollenspiel) und verlangt nebenbei auch noch ganz ordentlich taktische Planung.
    Für mich auch jetzt noch definitiv das beste Spiel dieses Genres und eines meiner absoluten Lieblingsspiele.



    Das Ganze nochmal in Kurz:


    Pro:
    - schönes Setting, das sehr gut ins Spiel eingearbeitet ist und für viel Atmosphäre sorgt
    - durchwegs sehr hochwertige Spielmaterialien
    - enorme Handlungsfreiheit und -vielfalt
    - ermöglicht sehr unterschiedliche Herangehensweisen, die aber alle zum Ziel führen können
    - taktisch anspruchsvoll; Umsetzung komplexer Taktiken möglich
    - sehr gut ausgearbeitetes und erklärtes Regelsystem
    - sehr hoher Wiederspielwert
    - Minis bereits grundiert
    - für das Gebotene fairer Preis
    - fühlt sich im Grunde genommen an wie eine "Starterbox" zu einem Spielsystem



    Kontra:
    - Spielaufbau kann sich hinziehen (ca. 30 Minuten Aufbauzeit sind realistisch)
    - wird mit zunehmendem Regelumfang sehr komplex
    - braucht Einarbeitung; d.h. im Idealfall hat man einen festen Gegner (Grund: man kommt bei ständig wechselndem Gegner kaum über die Anfangs-Szenarien hinaus. Man kann den Einsteig zwar etwas verkürzen, indem man Szenario 1, eventuell auch noch Szenario 2 überspringt, aber mehr würde ich einem Neueinsteiger nicht zumuten wollen. Bereits bei Szenario 3 gibt es genug Optionen, um einen Neueinsteiger zu (über)fordern.)



    Allgemeine Informationen:
    Preis: UVP 60€, in einschlägigen Online-Shops zum Teil ab 53€ zu bekommen
    Sprache: ausschließlich in Englisch verfügbar
    Spieldauer: die Anfangs-Szenarien ca. 45-60 Minuten, ab Szenario 4 sind dann eher 2-4 Stunden einzuplanen
    Spieleranzahl: 2; soll angeblich auch mit 3-4 Spielern möglich sein, hab ich aber noch nicht getestet (und werde es wohl auch nicht)





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  • Pathfinder – Rise of the Runelords: The Adventure Card Game (Paizo Publishing)



    Das von Paizo Publishing entwickelte und vertrieben Pen & Paper Rollenspiel Pathfinder dürfte sich allgemeiner Bekanntheit erfreuen. Man hat es vielleicht nicht gespielt, aber zumindest davon gehört.
    Nun gibt es seit kurzer Zeit auch ein Kartenspiel in diesem Universum, mit dem sich der Verlag zum Ziel gesetzt hat, das Erlebnis „Rollenspiel“ in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand auf den Tisch zu bringen.


    Worum geht es?
    Die Stadt Sandpoint wird von ständigen Übeln geplagt. Irgendetwas schlägt ständig das Vieh der Bauern in der Umgebung der Stadt, Banditen treiben ihr Unwesen und zu allem Überfluss beginnt sich eine Bande Goblins in der näheren Umgebung der Stadt auch noch plötzlich sehr organisiert und zielstrebig zu verhalten, was neben der Aussicht auf einen baldigen Überfall durch die kleinen Biester auch darauf hindeutet, dass sie offenbar unter Kontrolle von Irgendetwas stehen.
    Nun ist eine Gruppe Helden gesucht, die sich der Vielfalt an Problemen annimmt und nicht nur die kleineren Problemchen in und um Sandpoint beseitigt, sondern auch gleich noch herausfindet, was eigentlich hinter der plötzlichen Goblin-Aktivität steckt.


    Das Spiel zeigt sich also hinsichtlich seines Settings „klassisch“ und bedient die üblichen Fantasy-Klischees. Was nicht unbedingt schlecht ist – lieber vernünftig umgesetzte Klischees als gescheiterte Experimente.



    Wie funktioniert das Spiel?


    Spielaufbau
    Jeder Spieler wählt einen Charakter aus – zur Wahl stehen im Grundspiel Magier, Zauberin, Kämpfer, Klerikerin, Barde, Assassine und Waldläufer. Wem das noch nicht reicht, kann sich noch eine Charakter-Erweiterung dazukaufen, wodurch die Auswahl um Barbarin, Paladinin, Druidin und Mönch erweitert und die unterstützte Spielerzahl von 4 auf 6 angehoben wird.


    Anschliessend wählt man gemeinsam entweder ein Abenteuer (besteht aus mehreren Szenarien, in der Regel aus fünf) oder ein Szenario aus. Das Szenario gibt vor, was die Helden erreichen müssen, um es erfolgreich zu beenden, welche Sonderregeln für die Dauer des Szenarios in Kraft sind und welche Orte besucht werden können. Darüber hinaus gibt es an, welcher Boss besiegt werden muss und welche Handlanger er hat.


    Haben die Spieler sich für ein Szenario entschieden, wird der Boss samt seinen Handlangern vorbereitet und anschliessend das „Spielfeld“ aufgebaut. Das „Spielfeld“ besteht dabei aus mehreren Ortskarten, die je nach Szenario und Spielerzahl unterschiedlich zusammengestellt sind. Jede Ortskarte gibt ausserdem an, wie viele Karten welchen Typs an diesem Ort zu finden sind. Gefunden werden können: Monster, Barrieren, Items, Waffen, Rüstungen, Verbündete, Zauber und göttliche Segen. Alle Karten eines Ortes bilden ein diesem Ort zugeordnetes Deck.
    Boss und Handlanger werden anschliessend noch zufällig so auf die Ort-Decks verteilt, dass in jedem Deck genau ein Handlanger oder eben der Boss ist.



    Spielmechanik
    Pathfinder verwendet als zentrale Spielmechanik einen Deckbau-Mechanismus, der hier aber etwas anders funktioniert als in anderen Spielen.
    Zunächst hat jeder Charakter ein Startdeck, dessen Zusammensetzung im Regelheft nachzulesen ist und dessen Gesamtzahl Karten bei allen Charakteren identisch ist, sich aber von Charakter zu Charakter in der Zusammensetzung unterscheidet. So hat der Kämpfer zwar viele Waffen und Rüstungen, aber keinerlei Zauber und nur wenige Verbündete. Die Druidin verzichtet komplett auf Waffen (und kann damit auch nicht umgehen), nutzt dafür aber viele (tierische) Verbündete, Zauber und göttliche Segen. Zu Spielbeginn zieht jeder Held so viele Karten wie auf seiner Heldenkarte angegeben. Dieser Wert ist gleichzeitig das Minimum und Maximum, das der Held jeweils am Ende seines Zugs auf der Hand haben muss. Ist man drüber, müssen Karten abgeworfen werden. Ist man drunter, muss nachgezogen werden.


    Jeder Charakter hat ausserdem diverse Sonderfähigkeiten, die das Deck-Management stark beeinflussen und dafür sorgen, dass sich die Charaktere auch alle unterschiedlich spielen. Der Kämpfer hat einen sehr geringen Durchsatz an Karten, die Assassine dagegen kann sich sehr schnell durch sein ganzes Deck spielen, um ihre Angriffe zu verstärken.


    Die Crux an der Sache ist nun aber, dass die abgelegten Karten nicht einfach wieder eingemischt werden, wenn man durch das Deck durch ist. Der Nachziehstapel des Helden ist gleichzeitig das Leben, das ihm noch zur Verfügung steht. Müsste man Karten nachziehen, hat aber nichts mehr im Nachziehstapel, dann ist der Held tot. Permanent tot. Ein Umstand, den man vermeiden möchte.
    Bereits ausgespielte Karten können über Heilzauber oder Heiltränke wieder teilweise und zufällig in den Nachziehstapel gemischt werden – Helden mit Heilfähigkeiten in der Gruppe dabeizuhaben ist also keine schlechte Sache.



    Spielablauf
    Jeder Held handelt seinen Zug komplett ab, bevor der nächste Spieler an die Reihe kommt. Die Aktionsmöglichkeiten sind dabei recht übersichtlich und in ihrer Reihenfolge festgelegt:
    1) Neuen Segen aufdecken
    2) Einem anderen Held am gleichen Ort eine Handkarte geben
    3) Zu einem anderen Ort reisen
    4) Den Ort erkunden, an dem der Held sich befindet
    5) Karten nachziehen / abwerfen


    Kern des Spiels ist Punkt 3.
    Hier dreht man jeweils die oberste Karte des Ort-Decks um, an dem sich der Held gerade befindet. Monster müssen bekämpft werden, Barrieren überkommen oder Boni wie beispielsweise Waffen, Zauber, Alliierte, etc. akquiriert werden.
    Egal ob es sich um Monster, Barrieren oder Boni handelt, das Prinzip bleibt immer gleich:
    Die Karte gibt einen Zielwert vor, der mindestens erreicht werden muss. Ausserdem wird (ausser beim Kampf) vorgegeben, mit welchen Attributen oder Fähigkeiten der Test geschafft werden kann. Eine alte Schriftrolle muss z.B. mit Intelligenz oder arkanem Wissen enträtselt werden – schafft man es, bekommt man als Belohnung Zauber. Schafft man es nicht, ist die Schriftrolle unwiderruflich verloren (für dieses Szenario – vielleicht taucht sie irgendwann mal wieder auf).
    Im Falle der Schriftrolle würde der Held jetzt auf seiner Heldenkarte nachschauen, ob er arkanes Wissen hat und welchen Wert er bei Intelligenz hat. Im Falle des Kriegers hat er kein arkanes Wissen, er muss den Test also mit Intelligenz bestehen – wo ihm lediglich ein magerer W6 zur Verfügung steht. Damit die geforderte 9 zu erreichen ist unmöglich – es sei denn, er könnte sich zusätzliche Würfel (z.B. über einen Segen) besorgen oder ein anderer Held könnte ihn unterstützen.


    Kampf funktioniert nach dem gleichen Prinzip: der Held kann eine Waffe oder einen Angriffszauber nutzen, um zusätzliche Würfel für seinen Angriff zu erhalten. Schafft er den Wurf, ist das Monster besiegt. Schafft er den Wurf nicht, bekommt er die Differenz als Schaden und muss eine entsprechende Anzahl Handkarten abwerfen.


    Das Spiel gewinnen
    Um das Szenario zu gewinnen, muss in der Regel der Boss besiegt werden. Dazu sind zwei Dinge nötig:
    1) Man muss ihn natürlich erstmal finden
    2) Er darf keinen Rückzugsort mehr haben
    Die im Spiel befindlichen Orte stellen alle potentielle Verstecke für den Boss dar. Ziel der Helden ist deshalb, ihm seine Rückzugsmöglichkeiten zu nehmen und die Orte nach Möglichkeit alle zu schliessen, bevor der Boss konfrontiert wird. Wird der Boss besiegt und hat keinen offenen Ort mehr, an dem er sich verstecken könnte, haben die Helden gewonnen.


    Dazu haben sie aber leider nicht ewig Zeit. Zu Beginn von jedem Spielerzug wird ein Segen von einem zentralen „Segen-Deck“ aufgedeckt, das insgesamt 30 Karten umfasst. Haben es die Helden nicht geschafft den Boss festzunageln und besiegen bevor der Stapel leer ist (d.h. bevor ein Segen aufgedeckt werden müsste, aber nicht aufgedeckt werden kann), dann haben sie das Szenario verloren.


    Nach dem Szenario
    Wurde das Szenario erfolgreich beendet, gibt es eine vom Szenario spezifizierte Belohnung. Das kann eine zufällige Waffe sein, ein neuer Skill, eine neue Fähigkeit, eine zusätzliche Karte eines bestimmten Typs (und damit auch mehr Leben) oder die weitere Ausdifferenzierung des Charakters (der Krieger kann sich beispielsweise nach Abschluss von Abenteuer 3 zwischen den Karrierepfaden „Waffenmeister“ oder „Wächter“ entscheiden).


    Ausserdem wird das Deck wieder auf die ursprüngliche Grösse zurückgestellt – d.h. für die ersten paar Szenarien muss das Helden-Deck am Ende wieder aus genau 15 Karten bestehen, und kein Typ darf öfter vertreten sein als auf der Helden-Karte vermerkt. Aber: hat man bessere Waffen, Items, Rüstungen, Zauber oder Verbündete gefunden, kann man diese behalten und die Startausrüstung hinter sich lassen.
    Dieser Teil wird immer abgehandelt, auch wenn das Szenario nicht geschafft wurde.



    Ist es gut?
    Kurz und bündig: Ja. Sehr gut.
    Und das sage ich als Jemand, der eigentlich kein besonders grosser Freund von Kartenspielen ist.


    Das Spiel bringt das, was die meisten Spieler an Rollenspielen schätzen, mit niedrigem Aufwand und niedriger Vorbereitungszeit auf den Tisch: Charaktere hochleveln, Ausrüstung verbessern, Monster metzeln.
    Da das Spiel nach den ersten 1-2 Partien sehr flüssig von der Hand geht, ist auch die Spielzeit niedrig und die Motivation und der Spass am Spiel bleibt hoch – man spielt oft gleich noch ein Szenario. Es lockt nicht nur die Belohnung am Ende (ein neuer Skill… vielleicht +1 auf Intelligenz? Oder doch lieber Stärke noch weiter ausbauen?), sondern auch die Chance, eine neue Waffe, einen neuen Zauber oder dergleichen in einem der Ort-Decks zu finden. Ausserdem möchte man ja irgendwann seinen Charakter noch spezialisieren…


    Pathfinder: The Adventure Card Game schafft es tatsächlich, das Kampagnenspiel und die Charakter-Progression, die typisch für Rollenspiele sind, als Kartenspiel umzusetzen. Und nicht nur das, es ist dabei auch noch überaus unterhaltsam zu spielen.



    Wie sieht’s mit dem Spielmaterial aus?
    Das Spielmaterial besteht, abgesehen von ein paar Würfeln (jeweils ein W4, W6, W8, W10 und W12) ausschliesslich aus Karten. Die Qualität ist gut, die Grafiken allerdings Geschmackssache. Hier und da wäre vielleicht etwas mehr drin gewesen was die Gestaltung von Waffen, Items oder Rüstungen angeht, aber im Grossen und Ganzen ist die grafische Gestaltung passend.


    Der Inhalt ist allerdings auf den ersten Blick etwas ernüchternd, wenn man die überraschend grosse Box das erste Mal öffnet.
    Ein paar Stapel Karten, die die Basis-Karten jeden Typs beinhalten und noch ein Päckchen mit den Karten, die für das erste richtige Abenteuer. Das war’s.
    Hat man aber mal alles sortiert, sieht die Box schon etwas gefüllter aus – auch wenn sie noch weit entfernt davon ist, wirklich voll zu sein.




    Und die Regeln?

    Beim ersten Blick ist das Regelheft für ein Kartenspiel erschreckend dick. Es ist aber gut geschrieben und liest sich verhältnismässig schnell. Manche Punkte sollten vielleicht besser hervorgehoben werden, um sie beim Nachschlagen schneller zu finden, insgesamt ist es aber ein solides Regelwerk.



    Das ganze Nochmal in Kurz


    Pro:
    - Sehr gute Portierung der „RPG-Schlüsselreize“ in ein Kartenspiele
    - Charaktere spielen sich unterschiedlich und ihres Typs entsprechend
    - Hohe Motivation zum „Durchspielen“ dank „Belohnungssystem“
    - Eingängige Regeln und kurze Spielzeit
    - Funktioniert mit jeder Spieleranzahl gut


    Kontra:
    - Basis-Set nicht ganz billig
    - Weckt schnell den Wunsch nach „Mehr von Allem“, der nur über den Kauf von Erweiterungen gedeckt werden kann
    - Nur Basis-Set: kauft man alle zusätzlichen Abenteuer (5 Stück) und den Charakter-Pack, dann ist das Spiel insgesamt sehr teuer



    Allgemeine Informationen
    Preis: ca. 45€
    Sprache: derzeit nur in Englisch verfügbar, soll aber auch auf Deutsch erscheinen
    Spieldauer: ca. 45 – 60 Minuten pro Szenario
    Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler; mit Charakter-Erweiterung 1 – 6 Spieler



    Für Fragen, Anregungen und Diskussionen: hier geht's zum Diskussions-Thread!


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  • Phantom Leader Deluxe (Dan Verssen Games, DVG)


    Anders als die meisten Brettspiele ist Phantom Leader Deluxe ein striktes Solo-Spiel. Man spielt es ausschliesslich alleine, Möglichkeiten zum Hinzufügen weiterer Spieler gibt es nicht. Das mag auf den ersten Blick etwas schräg wirken, da Brettspiele ja eigentlich auch aus der sozialen Komponente ihren Spielspass beziehen. Hat man allerdings mal die Hürde der Skepsis überwunden, stellt man in der Regel fest, dass durchaus auch analoger Singleplayer seinen Reiz hat.



    Worum geht es?
    Der Spieler ist Kommandeur einer US-Luftflotte („numbered air force“) im Vietnamkrieg und ist dafür zuständig, innerhalb der jeweiligen Kriegsphasen (Operation: Rolling Thunder, Linebacker, etc) möglichst hohen Schaden an gegnerischen Einrichtungen zu verursachen, jeweils im Zuge unterschiedlich langer Kampagnen. Dazu müssen Angriffsgruppen aus den zur Verfügung stehenden Maschinen zusammengestellt und bewaffnet werden. Da letztere während der Kampagnen sowohl Stress als auch Erfahrung akkumulieren, spielt auch das Management des Flugpersonals eine wichtige Rolle. Neben der Air Force steht ausserdem auch die US Navy zur Auswahl.


    Wie funktioniert das Spiel?
    Da es wenig Sinn hat, hier das Regelbuch vorzustellen, werde ich das Spiel anhand eines geflogenen Einsatzes erklären.
    Zunächst gilt es, sich für eine Kriegsphase entweder auf Seiten der USAF oder der USN zu entscheiden. Ich habe mich im Beispiel (Spoiler 1) für die kubanische Raketenkrise auf Seite der US Navy entschieden. Danach stellt sich die Frage, wie lange die Kampagne gehen soll – zur Wahl stehen hier 3, 6 und 9 Tage. Die Dauer beeinflusst neben der Anzahl verfügbarer Piloten und der Menge an Special Operation Points (SO) auch die für einen erfolgreichen Kampagnenabschluss notwendigen Siegpunkte.
    Mit der Wahl der Kriegsphase habe ich mich gleichzeitig auf für Einschränkungen bei Maschinen- und Waffenauswahl entschieden. Die Kubakrise war 1962, weshalb mir nur Flugzeuge zur Verfügung stehen, die bis 1962 in Dienst gestellt wurden. Zudem sind einige Waffensysteme zur damaligen Zeit noch keine Selbstverständlichkeit und müssen bei Verwendung deshalb mit Special Operation Points bezahlt werden (die Special Weapons).
    Ausserdem seht ihr noch eine Übersichtskarte des Einsatzgebiets samt Anflugrichtung. Je weiter die Maschinen über feindliches Gebiet fliegen müssen, desto mehr Stress werden die Piloten nach der Mission erleiden und desto mehr Waffenzuladung muss für zusätzlichen Treibstoff geopfert werden (WP = weight points, also die Zuladung). Die Nummern geben vor, welche Zielkarten im Spiel sind und wo die Ziele liegen.


    Da nun die Rahmenbedingungen stehen, kommt als nächster Schritt die Auswahl der Piloten und Maschinen. Ich habe für die Kubakrise eine kurze Kampagne gewählt, weshalb mir insgesamt 6 Piloten unterschiedlicher Fähigkeit zur Verfügung stehen (spoiler 2): 1x skilled, 3x average, 1x green, 1x newbie. Im Beispiel habe ich mich für 3 F-4 Phantom II sowie 3 A-4 Skyhawks entschieden. Links unten in der untersten Zeile (über der Information zur Bordkanone) steht jeweils die maximale Zuladung, daneben die kompatiblen Waffensysteme. In der Zeile darüber findet man Informationen zum Piloten: kann er Stress abbauen (grosse Zahl ganz links, jeweils am Ende eines Einsatzes abgebauter Stress), bis zu welchem Stresslevel kann er normal agieren (Status „okay“) und ab wann wird es problematisch (Status „shaken“). Steigt der Stresslevel über „shaken“, wird sämtliche Nutzlast abgeworfen und der Pilot kann ausser Feindbeschuss ausweichen nichts mehr machen – er hält sich eben gerade noch so in der Luft, am Rande eines Nervenzusammenbruchs. „Slow“ und „Fast“ bezieht sich erwartungsgemäss auf die Reaktionszeiten der Piloten: ein langsamer Pilot agiert erst nach den Gegnern, hat aber meist bessere Werte. Ein schneller Pilot kann vor der Luftabwehr und gegnerischen Jägern feuern, hat dafür aber meist geringere Boni oder erträgt weniger Stress. In der Mitte unter dem Bild der Maschine steht die Dienstzeit, ganz oben rechts neben der Erfahrung ist angegeben, wieviel Erfahrung der Pilot bis zum „Level Up“ braucht. Buck beispielsweise benötigt 3 exp, um von green zu average aufzusteigen.


    Im Prinzip bin ich jetzt soweit vorbereitet, weshalb der nächste Schritt jetzt die Zielauswahl ist. Wenn ihr nochmal auf die Eckdaten zur Kubakrise schaut (Spoiler 1), seht ihr unten noch drei Zeilen: Recon, Intel und Politics. Die spielen jetzt eine Rolle. Recon bestimmt, wieviel Ziele mir zur Wahl stehen. Ich kann allerdings Special Operation Points ausgeben, um meine Auswahl zu vergrössern. Intel ermöglicht mir oder zwingt mich dazu, das Zielgebiet zu manipulieren. In diesem Fall muss ich eine zusätzliche Flugabwehrstellung ins Zielgebiet legen. Politics ist der politische Rückhalt, den meine Kampagne „zuhause“ hat: ich kann nur Ziele angreifen, deren Politics-Kosten ich bezahlen kann. Je kritischer das Ziel, desto höher die Kosten.
    Entsprechend meines Recon-Wertes ziehe ich jetzt also zwei Zielkarten und habe mich im Beispiel für eine kleine Brücke als Ziel entschieden (Spoiler 3). Politics kostet sie mich 1, und ich darf mit maximal 4 Maschinen angreifen (Symbol in der Mitte der Zielkarte, unter dem Bild). Links unter dem Bild steht, wie gut das Ziel verteidigt ist: in jeder Approach Area sind jeweils 2 Flugabwehrstellungen, im Center ebenfalls 2 (und da Intel mich zwingt, eine zusätzliche Flugabwehrstellung in die Center Area zu legen, müssten da eigentlich 3 sein. Offenbar habe ich das aber vergessen…). Ausserdem besteht die Chance, dass über dem Zielgebiet noch 2 Bandits (= feindliche Jäger) rumfliegen – ob dem tatsächlich so ist, weiss ich aber erst, wenn meine Maschinen das Einsatzgebiet erreicht haben.
    Flugabwehrstellungen können häufig nur innerhalb ihres Bereichs agieren, manche haben aber auch grössere Reichweite. Das ist die schwarz eingekreiste Zahl auf den roten Tokens. Jede Stellung, die in benachbarte Bereiche feuern kann, bekommt nun einen Feuerbereich zufällig zugewiesen, der z.B. Geländeabschattung simuliert. Schwarze Bereiche können nicht beschossen werden, gleichermassen kann die Stellung aus diesen Bereichen heraus aber auch nicht angegriffen werden. Auf Rot markierte Bereiche besteht freies Schussfeld. Stellungen im Zentrum haben Sicht nach überall, weshalb dort kein Feuerbereich zugewiesen wird.
    Neben den Angaben zur Verteidigung steht in dem Kasten rechts unter dem Bild des Ziels, wieviel Treffer auf dem Ziel welche Belohnungen nach sich ziehen. Die erste Spalte steht für „Ziel unbeschädigt“ und gibt mir keinen Bonus, aber hier zum Glück auch keinen Malus. Beschädige ich das Ziel (3-5 Treffer), bekomme ich nach Abschluss der Mission je +1 Siegpunkt und Intel. Zerstöre ich die Brücke (>= 6 Treffer), bekomme ich +2 Siegpunkte und je +1 Recon und Intel.
    Die Zielkarte hat ausserdem Nummer 8 und liegt damit, wenn wir nochmal auf die Übersichtskarte in Spoiler 1 schauen, in der Mitte von Kuba. Das bedeutet, das die Zuladung meiner Maschinen um 1 reduziert ist und die Piloten nach dem Einsatz 2 Stress erleiden werden.


    Da ich nun weiss, womit ich es zu tun habe, kann ich auswählen, welche meiner Piloten den Einsatz fliegen sollen und wie ihre Maschinen bewaffnet werden (Spoiler 4).
    Da ich mit feindlichen Jägern im Zielgebiet rechnen muss, bekommen Buck und Stargazer Luft-Luft-Bewaffnung. Stargazer ist ausserdem zuständig für die Eliminierung der weitreichenden Flugabwehrstellungen, die in Anflugrichtung feuern können. Dazu trägt er eine Anti-Radar-Rakete AGM-45 und eine Luft-Boden-Rakete AGM-12. Beide Waffensysteme können nur eingesetzt werden, wenn die Maschine hoch fliegt (das rot hinterlegte H). Die blau hinterlegte Zahl gibt jeweils das Gewicht der Waffe an. Buck hat neben der Luft-Luft-Bewaffnung noch eine 750-Pfund-Sprengbombe dabei und agiert als Allrounder. Whiplash, der erfahrenste Pilot, hat unter dem Rumpf lediglich eine 1500-Pfund-Sprengbombe dabei. Alle Maschinen sind zudem mit einem ECM-Pod ausgerüstet, um gegnerische Zielsuchsysteme zu stören. Ihr seht neben dem Gewicht der Waffen noch schwarze Zahlen – mal eine, mal mehrere. Das gibt an, auch welchen W10-Wurf plus Modifikatoren die Waffe das Ziel trifft. Stehen mehrere Werte dort (wie beispielsweise bei der M118), dann sind mehrere Treffer möglich (bis zu 4 bei der M118, wenn das Wurfergebnis >= 9 ist). Das gleiche Prinzip gilt auch für Gegner, etwas abgewandelt: +1 Stress auf anvisierten Piloten (erster Wert), +2 Stress und Abwurf aller Waffen (Pods bleiben dran; zweiter Wert), Maschine abgeschossen (Totalverlust; dritter Wert).


    Die Maschinen sind nun bewaffnet, jetzt wird der Flugweg über das Zielgebiet festgelegt (im Vietnamkrieg mussten bestimmte Korridore eingehalten werden, freie Wahl des Anflugvektors war politisch oft nicht erlaubt). Auf dem Bild (Spoiler 5) seht ihr die beiden Flight Path Marker, die Eintritts- und Austrittspunkt meiner Maschinen markieren.
    Ich hatte ausserdem Glück und fand den Luftraum über dem Ziel verlassen vor. Zum Zeitpunkt des Fotos hatte Stargazer schon seines Amtes gewaltet: die SA-2 Stellung wurde mit der AGM-45 ausgeschaltet. Alle drei Maschinen sind mittlerweile im Zielgebiet, fliegen niedrig und haben ihre Nutzlast ausgeklinkt. Das Ziel hat bereits 3 Schaden genommen: 2 davon kommen von der AGM-12, die Stargazer entgegen des ursprünglichen Plans nicht auf die KS-19 im Abflugbereich feuerte, sondern auf die Brücke. Für die Chance, die Brücke tatsächlich komplett zu zerstören, nahm ich den Beschuss durch die KS-19 beim Abflug in Kauf und hoffte einfach darauf, dass die ECM-System gut funktionieren würden. Die anderen Flugabwehrstellungen würden keine Gefahr sein, da sie nur auf niedrig fliegende Maschinen feuern können (grün hinterlegtes L auf den Tokens), und die andere SA-2 Stellung hat keine Feuerlösung. Der dritte Schadenspunkt stammt von einem Überflug eines B-52 Geschwaders im Rahmen einer Ereigniskarte.
    Bevor die Maschinen ihre Waffenlast abwerfen konnten, wurden sie allerdings noch von den Flakstellungen beschossen, die freies Schussfeld hatten. Leider funktionierten die ECM-System nicht ganz so gut wie erhofft, durch Ausweichmanöver (+2 Stress, Feindbeschuss zweimal würfeln, niedrigeren Wert nehmen) konnte der Schaden aber in Grenzen gehalten werden. Stargazer konnte vollständig ausweichen, Buck bekam einen Treffer ab, der aber keine essentiellen Systeme beschädigte (+1 Stress).


    Der Plan ging auf: die beiden Sprengbomben von Whiplash und Buck zerstörten die Brücke vollständig (Spoiler 6), und alle drei Maschinen waren wohlbehalten zurückgekehrt (Spoiler 7).
    Nun kommt zum Abschluss der Mission noch der Stress durch die Mission selbst (+2 Stress für jeden Piloten) dazu, anschliessend wird Stress reduziert, falls die Piloten diese Fähigkeit haben. In meinem Beispiel sind alle drei Piloten „cool“, weshalb sie direkt einen Stress abbauen können. Whiplash hat damit nach Abschluss der Mission 1 Stress und kann direkt nochmal fliegen, Buck und Stargazer sind bei 3 und 4 Stress und könnten zur Not ebenfalls nochmal fliegen, aber besser wären beide wohl auf dem Träger aufgehoben.




    Damit ist die Mission abgeschlossen, die nächste kann starten.
    Es läuft natürlich nicht immer so glatt. Hier mal noch ein Beispiel, das mich zwei Piloten gekostet hat (Spoiler 8). Das Ziel war das Communication Center, und anders als in der Beispielmission haben mich hier massenweise gegnerische Jäger erwartet. Die Folge war, dass Shadow schon vor Erreichen des Ziels seine gesamte Zuladung abwarf, weshalb ich das Ziel nur noch beschädigen konnte. Und durch den massiven Beschuss hatten meine Piloten nach der Mission soviel Stress angesammelt, dass sie für die nächste Mission nicht mehr zur Verfügung standen (Spoiler 9).




    Ist es gut?
    Hat man sich mit Solo-Spielen angefreundet, dann ja. Der Wiederspielwert ist enorm hoch, und obwohl das Spiel recht trocken aussieht, spielt es sich nicht so, sondern zieht einen schnell ins Thema. Es mag seltsam klingen, aber es ist ein sehr befriedigendes Gefühl, wenn die 1500-Pfund-Sprengbombe direkt im Ziel liegt und massiv Schaden anrichtet, ein ganzer Bombenteppich über dem Zielgebiet nieder geht oder auch einfach nur 2 Anti-Radar-Raketen zielsicher SA-2 Stellungen ausschalten. Der Fokus liegt zwar mehr auf der Flugvorbereitung und dem Management von Material und Personal als auf dem Taktieren im Zielgebiet, aber spätestens wenn Feindjäger anwesend sind, kommt dieses Element ebenfalls mit ins Spiel. Dass die einzelnen Einsätze im Rahmen einer Kampagne miteinander verbunden sind und die Piloten sich weiterentwickeln können bringt zusätzliche „Würze“ ins Spiel.
    Die Schwierigkeit lässt sich recht frei wählen und hängt einerseits davon ab, für welche Phase des Vietnamkriegs man sich entscheidet und auf welcher Seite man fliegt. Die Einsätze mit der US Navy sind tendentiell etwas schwerer, da meist (nicht immer) weniger Nutzlast zugeladen werden kann. Eine grosse Rolle spielt ausserdem auch die Kampagnenlänge: während man bei kurzen Kampagnen (2-4 Tage) mit seinen Piloten gut hinkommt und es nicht so schlimm ist, wenn mal einer ausfällt, sieht es bei mittleren oder gar langen Kampagnen ganz anders aus. Insbesondere bei langen Kampagnen spielt das Personalmanagement eine entscheidende Rolle, und man muss sich sehr genau überlegen, wen man losschickt, wieviel man losschickt und welches Risiko man bei der Zielauswahl bereit ist einzugehen.
    Für mich persönlich ein weiterer Pluspunkt ist die Solo-Spielbarkeit. Für solche Themen findet man häufig keine oder nur sehr sporadisch Mitspieler, weshalb die Spiele dann meist nur im Schrank verstauben. Da hier eine einzelne Mission in rund 30 Minuten gut spielbar ist, kann man es auch unter der Woche mal rausziehen und eine kurze Kampagne mit 2-4 Einsätzen spielen.



    Wie sieht’s mit dem Spielmaterial aus?
    Für Wargame-Verhältnisse: exzellent. Gemessen an „normalen“ Brettspielen wie z.B. Descent oder Arkham Horror: ok. Im Vergleich zu „mainstreamigeren“ Spielen sind die Tokens deutlich kleiner und sollten idealerweise mit einem Skalpell aus dem Rahmen und auch voneinander getrennt werden. Für den Preis erscheint auch die Menge nicht so riesig (wenn man es eben z.B. mit Arkham Horror vergleicht), was aber eben auch an den kleinen Tokens liegt. Gemessen an anderen Wargames enthält Phantom Leader Deluxe aber Unmengen an Material.


    Weil ich vorhin den Wiederspielwert angesprochen habe:
    Enthaltene Maschinen der USAF sind:
    F-4 Phantom II, F-105 Thunderchief, F-100 Super Sabre, F-101 Voodoo, F-102 Delta Dagger, F-104 Starfighter, F-105G Wild Weasel, F-5 Freedom Fighter, A-7 Corsair II, EB-66 Destroyer


    Die USN hat zur Verfügung:
    F-4 Phantom II, A-4 Skyhawk, A-6 Intruder, F-8 Crusader, A-7 Corsair II, A-3 Skywarrior, EA-6A Electric Intruder, E-1 Tracer, E-2 Hawkeye


    Jede der Maschinen (ausgenommen EB-66, E-1 und E-2) hat mehrere Piloten mit Erfahrungsleveln von Newbie bis Ace (6 Levels insgesamt), wobei jeder unterschiedliche Werte hat.


    Enthaltene Kriegsphasen sind:
    - Kubanische Raketenkrise, 1962
    - Krieg im Süden, 1964
    - Rolling Thunder, 1967
    - Linebacker, 1972
    Jede davon ist sowohl für die USAF als auch für die USN verfügbar und kann als kurze, mittlere oder lange Kampagne gespielt werden.


    Hier noch eine Übersicht des enthaltenen Spielmaterials (Spoiler 10). Die beiden Sortierboxen habe ich extra gekauft. Empfehlenswert wäre ausserdem noch ein Ordner für Sammelkarten, um einen besseren Überblick über die ganzen Piloten zu erhalten. Der fehlt mir aber derzeit noch.



    Und die Regeln?
    Unproblematisch. Zwar sind es durchaus ein paar Regeln, die man im Kopf behalten muss, aber es fügt sich beim Spielen gut zu einem passenden, funktionierenden Bild zusammen. Zudem gibt es mehrere gute Übersichten, sodass man nicht ständig Nachschlagen muss.



    Gibt’s auch was Negatives?
    Aus meiner Sicht wenig. Das Spiel steht und fällt mit dem eigenen Interesse am Setting – ist man an Luftkrieg in Vietnam nicht interessiert, wird man an diesem Spiel keinen Spass haben.
    Was man dem Spiel ankreiden kann ist der sehr hohe Preis. Das liegt natürlich an der geringen Auflage und dem Import liegt, macht aber 80€ für Solo-Brettspiel nicht weniger schmerzhaft. Ausserdem muss man erstmal einen Laden finden, der es tatsächlich im Programm hat.
    Legt man viel Wert auf taktisches Vorgehen und kann mit der strategischen Planung nicht ganz soviel anfangen, ist das Spiel auch nicht ideal. Soll es dennoch ein Solo-Spiel zum Thema Luftkriegsführung sein, wäre eine genauerer Blick auf "Thunderbolt Apache Leader" vom gleichen Verlag wohl nicht verkehrt.



    Allgemeine Informationen:

    Preis: ca. 80€ (falls verfügbar; Bezug z.b. bei bravenewworld.biz, verschicken auch international)
    Sprache: ausschliesslich Englisch
    Spieldauer: ca. 30 Minuten pro Mission, kann nach jeder Mission „gespeichert“ werden
    Spieleranzahl: 1
    Weiteres: DVG bietet im Rahmen der "Leader"-Serie noch weitere Spiele an. "Hornet Leader" ist ähnlich wie Phantom Leader Deluxe, aber mit modernem Setting. "Thunderblot Apache Leader" stellt den Close Air Support ins Zentrum und arbeitet mit einem modularen Hex-Spielfeld. Letzteres habe ich ebenfalls, aber noch nicht so häufig gespielt. Bei Interesse könnte ich hierfür evtl. auch eine Rezension vorbereiten, allerdings wird das dann noch eine Weile dauern.




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