Kapitel 2: Stänkarei
Snikzatt kraulte seinen treuen Squig. Grotschlucka würgte und hustete gerade einen Grotarm aus, der sich in seinen Zähnen verklemmt und ihm den Hals verstopft hatte. Der alte Treiber griff zu seinem Humpen Pilzbier, trank aus und warf den Humpen nach Glorb. „Jedenfalls schobn sich n Haufn hässlicha Visaschen ausm Busch…“
Zaggrok spuckte grünen Schleim au. Schaum und Geifer troff ihm vom Kinn, während seine kleinen, roten Augen die Quelle der Stimme ausmachten und aus den hintersten Windungen seines Gehirns die einfachen Informationen „Grün, Ork, Bruder, Boss, Stänkarei“ hervordrangen. Er ließ seine neu erworbene Knarre sinken, plusterte sich möglichst bedrohlich auf und bellt: “Ich bin Zaggrok un’ heata als haat. Un wea bis’ du hässliche Visage?“ Um sich dann wieder dem Aussehen seines Gegenübers zu widmen. Die anderen Orks des Mobs erkannte er sofort als klein, schwach und vernachlässigbar, nicht so aber ihr Anführer. Im Gegensatz zu den anderen Orks, die nur mit Lendenschurzen und ein paar rudimentären Rüstungsteilen bekleidet waren, hatte dieser Ork eine beachtliche Ausstattung. Er trug einen mit Knochen verstärkten Lederhelm, einen schweren Harnisch und zwei Groxschädel als Schulterpanzer, die seiner wuchtigen Gestalt, die alleine die anderen Orks bereits um die Hälfte überragte, noch mehr Masse. Seine riesige Steinaxt war wesentlich besser bearbeitet, als die seines Mobs, er war über und über mit Zähnen und Talismanen bedeckt und er trug noch mehr blaue Tätowierungen als die anderen.
Kurz gesagt, ein Boss. „Ich bin Gognog Steinschädl un’ das sin’ meine Jungs un’ DU Kleina bist im Revia vom Blutbeißa Klans! Sag mia, warum ich dia nich hia un’ jetz’ den Kopp einmoschn soll un’ deinä wenign Übareste zu Obaboss Eisnspalta schleppn soll?“
Der alte Treiber grunzte. „Da wurde es klaa. Zaggrok wuade alles klaa. Schon damals, wenige Stundn alt, wurde ihm klaa, dat ea zum Waaaghboss geboan waa. Diplorkmatisch, Weise, Vorrausschauend un’ klug wie ea wa, gab es nua aine richtige Antwoat, die ea gebn konnte:…“
„EUA REVIA? REVIA VONNEN BLUTBEISSAN? Ich sag dia was, du grüna Dreckhaufn! IA seid in MEINEM Revia, also haut ab, sonst tret ich euch da Köppe ein!“ Schrie Zaggrok und setzte noch ein Brüllen nach, das wohl selbst einem gestandenen Cadianer die Knie hätten schlottern lassen.
Einige Sekunden schien sogar der Dschungel die Luft anzuhalten. Zwischen den beiden großen Orks bildete sich ein Niemandsland, das zu betreten den sicheren Tod bedeutet hätte. Durch die kleineren Orkboyz ging ein Tuscheln, Unsicherheit machte sich breit. Wer immer dieser neue Ork war, er war groß und hatte gerade im Alleingang einen Trupp catatchanischer Menschen umgebracht, mit einer Klaue die er scheinbar einem catatchanischen Teufel abgerissen hatte. Das nicht genug forderte er hier ihren Boss heraus, mitsamt seinem ganzen Mob. Nur ein völlig total irrer oder irre starker Ork würde so was tun. Und der Kampfschrei, den er ihnen gerade entgegengeschleudert hatte, schien auf Letzteres hinzuweisen.
Gognog bemerkte die Unsicherheit seiner Boyz, die sich hinter ihm unsicher hin und her schoben. Er Boss fletschte die Zähne, als er seine Möglichkeiten abwog. Dieser Zaggrok schien verdammt hart zu sein, aber wenn er jetzt kneifen würde, würde er sein Gesicht vor den Boyz verlieren. Das konnte er nicht zu lassen.
„Ich reiß dir den KOPP AB!“ Brüllte er und stürmte, seinen fetten Spalta schwingend, auf Zaggrok zu. Sein Gegner erwiderte den Schrei und rannte ihm entgegen. Es erinnerte an ein Duell mächtiger Titanen oder Kriegsgötter, wie die beiden Orks aufeinander zu rannten. Dann trafen sie sich in der Mitte des Niemandslandes. Teufelsklaue und Spalta donnerten aufeinander, beide in einem gleichzeitigen Schlag geführt und Stein und Chitinsplitter flogen in alle Richtungen.
Ein Aufschrei eines Orkboyz folgte. Der neue Ork hatte sich als Gegner erwiesen. Das war die Chance auf eine Neuverteilung der Macht. Oder zumindest auf eine richtige Schlägerei. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich die verkohlte Lichtung in ein chaotisches Schlachtfeld, in dessen Mitte das titanische Duell stand.
Der erste Aufprall hatte die Kontrahenten auseinander schlittern lassen, doch Gognog war schneller wieder angriffsbereit und rannte auf Zaggrok zu. Dieser hob seine Knarre und begann zu schießen. Die wenigen Kugeln, die tatsächlich trafen, schienen nichts auszurichten, doch ihren eigentlichen Zweck erfüllten sie. Der heranstürmende Orkboss senkte seinen Kopf um ihn vor den heransausenden Kugeln zu schützen und fing sich prompt einen Kinnhaken ein. Zaggrok schlug mit der Teufelsklaue zu, die den Lederharnisch zwar durchdrang, aber stecken blieb. Bei dem Versuch die Klaue wieder herauszuziehen, erntete Zaggrok nur hämisches Lachen. Sein Gegner legte den Kopf in den Nacken und setzte zu einer Kräftigen Kopfnuss an. Dies sollte sich jedoch als fataler Fehler herausstellen: Reaktionsschnell senkte der Zaggrok seinen eigenen Kopf, sodass die Kopfnuss den schwer gepanzerten Groxschädel traf. Gognog taumelte benommen zurück, doch Zaggrok zog ihn an der Klaue zurück, setzte seine Knarre an der Brust an und erweckte die Waffe zu ihrem lauten und feuerspeienden Leben. Dem Orkboss entfuhr bei jeder Kugel, die ihn traf ein bellender Schrei und als er von dem Kugelhagel erlöst wurde, traf ihn noch ein Tritt in den Bauch, der die Klaue des catatchanischen Teufels befreite. Triumphierend sprang Zaggrok vor und ließ die „Axt“ heruntersausen, doch Gognog war noch nicht geschlagen. Der unterlegene Ork rappelte sich auf die Knie und hob seinen Spalta, der dank Stahlverstärkungen wesentlich härter war, als die Klaue des Tieres. Ein hässliches Geräusch, welches an zersplitternde Knochen erinnerte, folgte, als ein Teil der Klaue abbrach. Überrascht von der Gegenwehr, dem Rückstoß des Schlages und das seine Waffe den Geist aufgegeben hatte, vernachlässigte Zaggrok seine Verteidigung, was ihm prompt einen schweren Treffer an der Schulter einbrachte. Wäre der Schlag aus gleicher Höhe, mit voller Kraft ausgeführt worden, hätte er die Grünhaut wohl in der Mitte zerteilt, so aber fraß sich der Spalta nur durch die Chitinplatten der primitiven Rüstung und ging kaum drei Zentimeter in das Fleisch des Orks. Seinen Vorteil ausnutzend sprang Gognog nach vorne und begann sofort eine Serie von Schlägen. Der Vorteil des fetten Spaltaz war, dass die Wucht seiner Schläge mit Leichtigkeit jede Rüstung und Verteidigung, mitsamt den Knochen ihres Besitzers, zertrümmern konnte. Der Nachteil war die Langsamkeit, die mit solcher Wucht kam. Zaggrok lenkte die Wucht der ersten beiden Schläge zur Seite ab, doch er erkannte dass seine eigene Waffe langsam in seinen Händen zersplitterte. Er täuschte einen Schlag auf Gognogs rechte Seite an, schoss ungefähr in die Richtung seines Gesichtes und tauchte unter dem nächsten Schlag durch.
Plötzlich schien alles sehr langsam zu laufen. Der fette Spalta flog über ihn hinweg, es würde noch ewig dauern, bis er wieder einsatzbereit war. Gleichzeitig zogen seine Wucht und sein Gewicht seinen Träger nach vorne, was Gognog jede Balance raubte. Da er seine ganze Kraft in die Angriffe gelegt hatte, waren nun sein Bauch und sein Brustkorb völlig ungeschützt. Zaggrok ließ seine Knarre fallen. packte das, was von der Klaue des catachanischen Teufels noch übrig war, und warf sich mit voller Kraft auf seinen Gegner, der nur noch ein Überraschtes „Ummmfgh!“ hervor brachte.
Der fette Spalta flog davon und bohrte sich mit der Klinge in den Boden. Zaggrok und Gognog kullerten in einem großen, muskelbepackten, grünen Bündel über den Boden und blieben liegen. Die Stänkarei war augenblicklich zum Erliegen gekommen.
Snikzatt schnaubte stolz, seine Augen füllten sich beinahe mit Tränen. Die jungen Boyz lauschten gebannt, ein paar klammerten sich vor Spannung so stark an ihre Spalta, das ihre Knöchel Blau und Weiß wurden. selbst Glorb hatte aufgehört auf dem halb verdauten Gortarm herumzukauen. „Un’ da wa endgültig klaa, dat Gork un’ Mork große Pläne mit ihm hattn. Un’ dat wuade auch den annan Boyz klaa.“
Als sich der Staub legte, erhob sich eine Gestalt. Zaggrok wischte sich Blut von der Stirn und trat dem toten Gognog gegen den Kopf, das er sich zwei Zehen brach. Dann stapfte er los, sammelte seine Knarre ein und zog den fetten Spalta aus dem Boden. Der Ork schulterte seine neue Waffe, drehte sich zu den anderen Orks um und warf ihnen den finstersten Blick zu, den ein Ork mit zwei gebrochenen Zehen zustande bringen konnte. „Kapiat?“ War alles was er zu sagen hatte. Daraufhin brach regelrechte Jubelstimmung unter den Boyz aus. Es wurden noch einige letzte Schläge ausgeteilt um die letzten Unklarheiten aus der Welt zu schaffen, aber sie hatten gerade die beste Schlägerei seit langem erlebt. Gognog war tot, sie hatten einen neuen Boss und die Welt war groß und grün. Was wollte mal als einfache Grünhaut denn mehr?
Snikzatt betrachtete zufrieden die jubelnden Orks. Sie hatten ihre Schlägerei endgültig vergessen und waren von dem aufstrebenden Orkboss fasziniert. Die Geschichte dauerte ja noch eine ganze Weile. Mit etwas Glück, würde der Dungregen, der immer noch auf das schäbige Dach prasselte, früh genug aufhören
Die Orkboyz scharten sich um Zaggrok und bejubelten ihren neuen Boss. Viele Orks wären in so einer Situation überfordert, aber Zaggrok fühlte sich sofort, als ob er seinen natürlichen Platz, an der Spitze seines Volkes, eingenommen hatte. „Also, was is’ nu mit diesem Klan? Wie heißta noch?“ „Blutbeißa, großa Kopptreta!“ „Hrm. Un’ das is’ sein Revia?“ „Aye.“ Zaggrok sah den Ork an, der ihm geantwortet hatte. Kräftig und untergeben. Ein guter Boy, wenn er sich auch im Kampf beweisen würde, dann könnte er es vielleicht unter ihm bis zum Boss schaffen. „Was is’ dein Name?“ „Rokkzat, Kopptreta!“ „Dann bring mich zu euerm Obaboss, Rokkzat. Ich hab n paar Sachen mit dem Kerl zu besprechen!“