A Torturerer's Tale/Des Peinigers Erzählung
Anmerkung zum (c):
Quelle White Dwarf 49 by Gave Thorpe; Frei verfügbar und sogar auf GW-UK in English downloadbar.
Gideon zitterte unwillkürlich vor Furcht, während er
zusammengekauert in der Ecke seiner Zelle hockte und den qualvollen
Schreien lauschte, die nicht völlig von den Wänden abgehalten wurden.
Ein schrilles Kreischen hallte durch das Verließ und brach ebenso
unverhofft wieder ab. Ansonsten wurde die Stille nur ab und zu vom
Rasseln der Ketten oder Stöhnen der noch Lebenden unterbrochen. Gideon
hörte Schritte, die sich vom Korridor her näherten - gepanzerte Füße,
wie er aus dem klickenden Geräusch auf dem steinartigen Fußboden
entnahm. Die Schritte hielten vor seiner Zelle inne und Gideon nahm mit
klopfendem Herzen einen langen, zitternden Atemzug, während er wartete.
Mit einem Zischen öffnete sich die Tür. und gleißendes Licht ließ den
Gefangenen kurzzeitig erblinden. Während sich seine Augen langsam an
die Helligkeit gewöhnten, konnte er die Silhouette eines Foltermeisters
ausmachen - eine dünne, vertrocknete Figur mit gekrümmtem Rücken. Mit
Stacheln und Widerhaken besetzte Ketten hingen von seinem Gürtel und
zahlreiche, mit undefinierbaren Flüssigkeiten beschmierte Klingen waren
an seinen Armen und Beinen befestigt. Von seiner Hand baumelte eine
lange, mit Dornen besetzte Peitsche. Als die Kreatur herantrat, konnte
Gideon erkennen, dass sie weiblich war, obwohl die Zeichen kaum noch zu
erkennen waren. Sie führte ein seltsames Artefakt an ihre Lippen und
sprach in ihrer fremdartigen Sprache. Wenige Momente später ertönte die
Übersetzung in gebrochenem Altgotisch aus dem Gerät: "Seine Zeit
gekommen ist, Beuteding. Meister Euch erwartet." Die Kreatur krächzte
und deutete Gideon mit einem klauenhaften Finger, ihr zu folgen. Gideon
rappelte sich auf und wickelte in einem vergeblichen Versuch, seine
Würde zu wahren, die zerlumpten Überreste seiner einstmals tadellosen
Uniform um seinen Körper. Während er den Korridor entlang humpelte,
gaben seine Füße knackende Geräusche von sich. Erinnerungen an
vorhergehende Folterungen. Gideon versuchte sich verzweifelt zu
erinnern, wie er in die Fänge der verdorbenen Eldarpiraten geraten war,
aber physische und psychische Folterungen sowie vielerlei fremdartige
Elixiere hatten sämtliche Erinnerungen an dieses Ereignis ausgelöscht.
Allein die Gewissheit, dass er nicht schon immer hier gewesen war,
sowie ein ungefähres Wissen über sein vorheriges Leben, das er vor
einer scheinbaren Ewigkeit geführt hatte, war ihm geblieben. Wie lange
dies her war, wusste er nicht - in der Stadt der Dunkelheit gab es
weder Tag noch Nacht, um die Zeit zu messen. Als er in das nur zu
bekannte Halblicht der Folterkammer eintauchte, blickte Gideon sich um.
An den Wänden hingen zahlreiche Folterwerkzeuge. Einige davon waren
schlichte, bizarr geformte Klingen, andere wiederum technologische
Wunderwerke mit Nervenstimulatoren und gehirnkompatiblen
Schmerzempfängern. Ohne auf Anweisungen zu warten, legte sich Gideon
mit dem Gesicht nach unten auf einen blutbefleckten Block, der dem
Haemonculus als Operationstisch diente. Jetzt erst stellte er fest,
dass etwas anders war als sonst. Es war noch jemand außer ihm und dem
Haemonculus im Raum. Gideon rollte sich auf den Rücken und erblickte
eine schattenhafte Gestalt. "Wer seid Ihr?" fragte Gideon mit
krächzender Stimme. "Keine Fragen!" bellte der Übersetzer des
Haemonculus. Die Kreatur holte mit ihrer Klinge aus und hinterließ
einen perfekten, oberflächlichen, schmerzhaften Schnitt von seinem Hals
zu seinem Unterleib. Gideon stöhnte vor Schmerz, und der Fremde trat
aus dem Schatten in das rote Licht des Glimmerkristalls, der über der
Folterbank hing. Der Dark Eldar war in lange. wallende Roben gehüllt,
auf die mit silbernen Fäden Szenen von Folterungen und Ausschweifungen
gestickt waren. Sein Gesicht war blass und hager, eingerahmt durch den
hohen Kragen seiner Robe. Sein Haar war liefschwarz und zu einem langen
Schopf gebunden, während die Schwärze seiner Augen sogar aus der
Dunkelheit herauszustechen schien. Ein kaltblütiges Lächeln lag auf
seinen Lippen, und sein finsterer Blick durchbohrte Gideon.
"Du interessierst mich. Spielding", sagte der Eldar in perfektem
Gotisch und entließ den Haemonculus mit einem lässigen Wink seiner
schlanken Hand. "Wer seid Ihr?" fragte Gideon erneut, während er seine
Beine über die Platte hängte, sodass er einigermaßen schmerzlos sitzen
konnte. "Ich bin der Meister", antwortete die Figur mit einem
teuflischen Grinsen. Ich hin derjenige, der diesen Ort und einen großen
Teil der umliegenden Stadt kontrolliert. Ich hin derjenige, vor dem
sich alle beugen und den sie ihren Herren nennen. Ich bin der
Verschlinger von Welten, der Zerstörer von Träumen, der Erschaffer von
Alpträumcn. Ich bin der Piratenkönig und Prinz der Verräter. All das
bin ich und noch mehr, denn ich bin Asdrubael Vect, dem alle Krieger
der Kabale des Schwarzen Herzens gehorchen. Gideon schloss seine Augen
und versuchte die Neuigkeiten zu begreifen. Vect war also der oberste
Lord der Kabale des Schwarzen Herzens, dessen Name in der Stadt mit
Furcht und Achtung gesprochen wurde. Bevor Gideon hierher gebracht
wurde, befand er sich in Gefangenschaft einer anderen Kabale. Das bloße
Gerücht, dass der oberste Lord der anderen Kabale bei Vect in Ungnade
gefallen war, hatte ihn dazu bewegt, eine beträchtliche Anzahl an
Sklaven, darunter auch Gideon, an Asdrubael auszuliefern. nur um den
berüchtigten Killer zu besänftigen.Asdrubael Vect
"Warum tut Ihr das?", fragte Gideon zögerlich, nicht sicher, wie
lange er die offensichtlich gute Laune des Lords noch genießen durfte.
"Was genau meinst du?", erwiderte Vect und zog seine Augenbrauen zu
einem Stirnrunzeln zusammen. Dann führte er sein Handgelenk vor seinen
Mund und sprach etwas in seiner eigenen Sprache. Wenige Sekunden später
huschte eine gebückte Gestalt in den Raum und brachte zwei Stühle mit
schlanken, gewundenen Stuhlbeinen und gebogenen Leimen. Vect setzte
sich, ohne den Blick von Gideon zu wenden. Der Gehilfe brachte auch
noch einen Kristallkrug samt Glas und setzte beides vor Gideon ab,
bevor er wieder hinauseilte, ohne auch nur einmal in Vects oder Gideons
Augen geblickt zu haben. "Die Folter. Das Entsetzen. Die Überfälle, das
Morden. Verstümmeln. Stehlen. Alles. Warum?" antwortete Gideon. Er
berührte mit einem Finger die blutende Wunde auf seiner Brust und
zeigte ihn dann zur Veranschaulichung seiner Aussage dem Lord. "Warum
sollte ich nicht?“, erwiderte der Lord und sah ihn entgeistert an. „Was
immer mit dir passiert, es hat für mich keine Konsequenzen. Selbst wenn
du nicht in meine Hände gefallen oder irgendwelchen Krankheiten erlagen
wärst, du würdest sowieso innerhalb der nächsten eurer zwanzig kurzen
Planetenjahre sterben. Warum sollte eine derart nutzlose Kreatur nicht
meiner Unterhaltung und meinem Zeitvertreib dienen? Ihr seid eine
Beute-Spezies, mehr nicht.“ „Euer Volk ist pervers und verdorben. Eine
Lebensform, die allein für Mord und Angst lebt, ist nicht natürlich.
Wie kann so ein Volk existieren?“, fragte Gideon leise, schenkte sich
ein und trank vorsichtig einen Schluck. "Wie ich schon erwähnte,
interessierst du mich, also werde ich deine Neugier stillen", erwiderte
Vect ebenfalls mit leiser, doch autoritärer Stimme. Mit einem leichten
Nicken wies er auf den freien Stuhl. Gideon rutschte von seinem Block
und setzte sich, dankbar dafür, seinen geschundenen Rücken entlasten zu
können. "Ich werde dir die Geschichte des großen Herren unseres Volkes
erzählen, denn dies ist auch die Geschichte der Gründung Commorraghs,
die Geschichte unseres Volkes", sagte Vect und blickte nun mit beinahe
väterlicher Mine auf Gideon, der dadurch noch mehr eingeschüchtert
wurde, als durch die vorhergehenden kaltblütigen Blicke. "Vieles wirst
du nicht verstehen. manches nicht glauben, eure Spezies weiß wenig von
uns, von der Blutsverwandtschaft der Eldar. Das ist aber nur gut so,
denn Wissen ist Macht, und wir möchten nicht, dass ihr zuviel wisst."
"Vor langer, langer Zeit, vor über tausend menschlichen
Generationen, herrschte unser Volk über das Antlitz der Sterne. Wenige
Völker konnten sich uns widersetzen, und die uralten Mächte ruhten zu
dieser Zeit, denn wir waren weise und ließen sie schlummern. Im
Gegensatz zu eurem Volk, das uns mit seinen unvorsichtigen Taten noch
alle ins Verderben reißen wird, wie ich anmerken muss. Wie dem auch
sei, niemand wagte es, sich unserem Willen zu widersetzen. Wir
breiteten uns über die Sterne aus und brachten Ruhm und Schönheit zu
zahllosen Welten, ähnlich den Menschen heute, nur dass ihr die Sterne
durch eure Anwesenheit verschmutzt. Es gab nichts, was wir nicht
erreichen konnten, dank der vollkommenen Symbiose zwischen Geist und
Technik. Allein ein einfacher Gedanke konnte von unseren wundervollen
Maschinen umgesetzt und nutzbar gemacht werden, sodass wir uns nicht
mit körperlicher Arbeit abgeben mussten. Wir erschufen künstliche
Wesen, die für uns arbeiteten, kämpften und erforschten. "Natürlich
saßen wir nicht träge da und schauten zu, wie unsere Kreationen in
unserem Namen die Galaxis eroberten. Natürlich nicht! Wir widmeten uns
höheren Beschäftigungen: der Vervollkommnung der Literatur, der Kunst
des Tanzes und des Schauspiels. Unser Streben nach der perfekten
Ästhetik spiegelte sich in unserer Kultur, unserer Religion und unserer
Politik wieder. Ihr plumpen Menschen glaubt, Traurigkeit und Freude zu.
kennen und doch sind eure Emotionen bestenfalls vorübergehende Launen
für unser Volk. Ihr könnt weder die Höhen unserer Glückseeligkeit, noch
die Abgründe unseres Zorns und Hasses erfahren. Wir waren
leidenschaftliche Forscher und strebten nach immer höheren
Errungenschaften. Es gab nichts zu fürchten, wir waren die Könige der
Sterne, warum sollten wir also nicht das Vergnügen, das uns das
Universum bot, auskosten? So wurde das absolute Ausleben unserer
Wünsche und Sehnsüchte zum Mittelpunkt unseres Volkes und unserer
Kultur. Warum sollten wir Gefühle und Empfindungen verschmähen, wo das
Leben, alles Lehen, doch so unglaublich kurz ist und endet? Es besteht
nicht die Notwendigkeit, sich über die Zukunft Sorgen zu machen, nicht
die Notwendigkeit, die Vergangenheit zu bereuen, denn das wäre eine
Torheit. Nein, es ist viel besser, den Moment zu genießen, ohne die
Folgen bedenken zu müssen."
"Ihr wurdet zu einer hedonistischen Gesellschaft?" fragte Gideon,
als er merkte, dass der Lord gedankenverloren in seinen Erinnerungen
schwelgte. "Hmm? Ja, hedonistisch ist das Wort, das ihr benutzen
würdet", stimmte Vect zu und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Gideon
zu. "Wie du sicherlich vermuten wirst, gab es auch einige Gegner dieser
Philosophie. Engstirnige Traditionalisten, kurzsichtige Narren, die
nicht die Vision der Verwirklichung unserer ekstasischen Gesellschaft
teilten. Viele, die sich zuerst offen gegen unsere Kulte aussprachen,
wurden schon bald von den Vorteilen unseres üppigen Lebensstils
überzeugt. Unglücklicherweise gab es aber auch andere, welche die
Weisheit unserer Ausschweifungen nicht erkennen wollten und uns daher
weiterhin offen kritisierten. Einige fanden ein Ende durch ihre eigenen
Klingen, während andere flohen, denn sie fürchteten, dass eine
Katastrophe über unser Volk hereinbrechen würde und der Zorn der Götter
uns mit Blitz und Donner für unsere Sünden bestrafen würde. Sie
entsagten sich jeglichen Freuden des Fleisches und des Geistes und
flohen zu den entferntesten Welten, urzeitlichen Planeten, auf denen
unsere Besiedlung gerade begonnen hatte. Es war gut, dass sie flohen,
denn so gab es keine mehr, die Zweifel hegten. Die Kulte wetteiferten
währenddessen um die Gunst ihrer Anhänger, indem jeder den anderen mit
seinen extravaganten Orgien zu übertreffen versuchte. Oh, solche Zeiten
werden wohl nie wieder kommen. Vect schloss seine Augen und zitterte
sichtbar bei diesem Gedanken. "Nun gut, zurück zu unserem wundervollen
Helden, lachte Vect und betrachtete Gideon mit einem spitzbübischen
Blick. "Als die Macht der Vergnügungskulte wuchs und das Blut ihrer
Rivalen durch die Straßen floss, war unser zukünftiger Herr noch ein
Kind. Zu dieser Zeit wurden viele unseres Volkes plötzlich von
Besorgnis ergriffen. Unsere Seher prophezeiten einen großen Wandel.
Viele machten sich Sorgen um die Entwicklung unserer Gesellschaft und
es entstand eine große Panik. Die Pessimisten meines Volks bauten
riesige Konstrukte, die ihr Chem-Pan-Sey als Weltenschiffe bezeichnet
und flohen zu entfernten Sternen. Auch das war gut so, denn nun war
unsere Gesellschaft frei von zweifelnden Geistern und nur puristische
Freudensucher waren übrig geblieben. Die Freuden und Befriedigungen,
welche sie erfuhren, könntest du nie begreifen. Wie ich bereits sagte,
unser Herr war noch ein Kind und diente in einem der mächtigsten
Freudentempel. Eines Nachts sollte er zu Ruhm des Schreins geopfert
werden. Es war eine besondere Nacht, wie sie nur einmal im Jahrtausend
stattfindet, denn die Sterne selbst würden sich verdunkeln."
Vect beugte sich zu Gideon vor, entwendete geschickt den
Kristallkrug aus dessen Hand und nippte kurz an dem süßlichen Getränk,
bevor er ihn zurückreichte. Seine Augen waren für einen Moment leer,
bis er sich mit einem sichtbaren Ruck wieder in die Gegenwart
versetzte. "Zum Glück für unser Volk war dieses Opfer nicht nötig. Es
war jene Nacht, in welcher der Große Feind in das Universum geboren
wurde. Sogar ihr Menschen habt von diesem Ereignis gehört. Unser Held
lag mit exquisiten Ölen und Duftstoffen eingenebelt auf dem Altar,
hilflos der Klinge ausgeliefert, seine Gedanken von Tränken
vereinnahmt, die er in Vorbereitung auf dieses Ereignis genommen hatte.
Dann, in dem Moment als die Klinge seinen Hals berührte, schrillte Ihr
Geburtsschrei durch die Galaxis und löschte Sonnen und Sterne gleichsam
mit unserem Volk aus. Abermillionen Schreie meiner Vorfahren stimmten
in den Ihrigen ein, als ihre Seelen aus ihren Körpern gerissen und vom
unstillbaren Hunger des Großen Feindes verschlungen wurden. Nahezu
unser gesamtes Volk starb in dieser einen Nacht und die Hüllen der
Opfer sanken leblos zu Boden. Einige überlebten, jedoch nicht ohne
Folgen. Es waren jene, deren Seelen zwischen der realen Welt und dem
Reich des Chaos hin- und hergerissen wurden. Sie wurden wahnsinnig,
denn nur ein Teil ihres Geistes lebte im materiellen Universum, während
der andere Teil von unvorstellbaren Visionen aus einer fremden
Dimension gepeinigt wurden. Viele nahmen ihr Leben, während andere von
einer wahnsinnigen Zerstörungswut erfasst wurden. Solche zogen mordend
durch die Straßen und vernichteten in ihrem Wahn alles, worauf unser
Volk einst stolz gewesen war." Vects Gesicht war von Zorn erfüllt,
während er den tragischen Fall seines Volkes beschrieb. "In einem
einzigen Augenblick hatten sie alles verloren und wurden dazu verdammt,
als eine aussterbende Rasse in Angst vor einem Gott, den sie selbst
erschaffen hatten, um ihr Überleben zu kämpfen. Unser Lord, jung wie er
war, war noch nicht so stark von den Gelüsten unseres Volkes
korrumpiert. Folglich war er auch nicht so fest mit unserem Großen
Feind verbunden, wie auch einige andere jüngere Eldar. Dieser
Sklavenjunge erwies sich als natürlicher Anführer. Von allen
Überlebenden des Kultes war er der erste, der reagierte. Er sammelte,
was man als Waffen verwenden konnte, und vereinigte die wenigen
Überlebenden seines Tempels. Dann zogen sie durch die Straßen, auf der
Suche nach weiteren Anhängern. Jene, die seine Autorität nicht
anerkannten, fanden ein schnelles Ende. Andere waren weiser und griffen
in seinem Namen zu den Waffen. Nach einer Weile im Alptraum der
Halbrealität — denn die Geburt des Großen Feindes hatte einen Riss im
Realitätsgefüge geschaffen, den die Menschen als Wirbel des Chaos
bezeichnen — wurde unserem Lord klar, dass Sie Die Dürstet noch nicht
mit unserem Volk abgeschlossen hatte, denn Ihr Hunger war unstillbar.
Obwohl Ihr Durst durch den ersten Atemzug bei Ihrer Geburt kurzzeitig
befriedigt war, stieg Ihr Verlangen nach unseren Seelen langsam, aber
stetig wieder an. Unser zukünftiger Lord spürte als erster, wie Sie an
der Essenz seines Lebens sog und dann sah er auch auf den Gesichtern
der anderen, dass der Alptraum, der hungert, versuchte, ihre Seelen in
das Reich der Dunklen Götter zu saugen." Vect nippte erneut an der
Schale und lachte kurz, seine Lippen zu einem bitteren Lächeln
verzogen. Er schüttelte seinen Kopf. als ob er versuchte, die dunklen
Gedanken abzuschütteln und wandte sich wieder Gideon zu, der
eingeschüchtert auf die Reflexion des den Raum erhellenden
Leuchtkristalls in den Augen des Lords blickte.
"Es schien, als ob es nur eine Möglichkeit gab, Ihr zu entkommen,
nämlich unsere Heimat für immer zu verlassen. Wir kamen hierher, an
einen Ort zwischen den Welten, den wir geschaffen hatten, um die
Galaxis gefahrlos überqueren zu können. Hier ist der Einfluss des
Großen Feindes nur schwach, und doch hatte unser Lord uns nur ein wenig
Zeit verschafft, nicht mehr. Andere folgten und bauten ihre eigenen
Tempel und Kultstätten neu auf. Du befindest dich hier in einer Kammer
des ersten Tempels des Schwarzen Herzens. Es ist ein Privileg, solltest
du wissen. Wenige leben lange genug, um so weit zu kommen. Die meisten
scheitern schon an der ersten Hürde. Vielleicht ist es das. was mich an
dir fasziniert."
"Erinnert mich daran. Euch für diese Ehre zu danken", sagte Gideon
sarkastisch, und leckte die letzten Tropfen des flüssigen Nektars vom
Rand seiner Schale. "Selbstverständlich“, erwiderte Vect. Seine Augen
blitzten kalt auf und ließen einen kalten Schauer Gideons schmerzenden
Rücken hinunterlaufen. "Wie du dir sicherlich gedacht hast", erzählte
Vect weiter, seine Verärgerung wie vom Winde verweht, "kamen immer mehr
Überlebende und bauten Häuser, Tempel, Paläste und Gärten und schon
bald entstand eine Stadt, die einige Bewohner Commorragh nannten. Doch
noch während sie Statuen zu Ehren ihrer Herren und Meister errichteten,
blickte unser großer Lord über die Grenzen hinaus. Er sah, wie sich
andere Völker über das Reich unserer Vorfahren ausbreiteten: ihr
dreckigen Chem-Pan-Sey, die brutalen Orks, die unerträglichen Kroots
und andere. Nun zerstören widerwärtige Kreaturen aus dem Warp unsere
Gebiete, und diese jungen Spezies starten einen lächerlichen Versuch
nach dem anderen, um in ihr Schicksal einzugreifen. Ihr verdient es
nur, ausgelöscht zu werden, doch zuvor sollt ihr euren Nutzen
erfüllen."
"Und welcher Nutzen ist das?", fragte Gideon und betrachtete die
zahllosen Narben auf seinen Beinen, welche die Behandlungen des
Haemonculus, darunter das mehrfache Brechen seiner Beine, hinterlassen
hatten. "Unsere Unterhaltung und Kurzweil natürlich“, antwortete der
Lord mit einem heimtückischen Grinsen. "Unser Gründer sah auf die Welt
und fand sie von niederen Wesen bewohnt, die in unseren Reichen
brüteten. Da kam Ihm ein Gedanke. Vielleicht würde Sie Die Dürstet auch
die Lebensessenz anderer Wesen trinken. Er sandte seine Krieger aus,
einige der blau gekleideten Chem-Pan-Sey einer bedeutungslosen Welt im
westlichen Spiralarm zu fangen. Seine besten Berater und Experten
untersuchten sie und in der Tat, trotz ihrer Rohheit verfügten diese
Kreaturen über die vitale Essenz des Lebens, den Funken Geist, der die
Hülle aus Fleisch in ein Lebewesen verwandelt. "Sie meinen die Seele?“,
fragte Gideon, der nun mit ungeteilter Aufmerksamkeil der alten
Geschichte des Eldar lauschte. "Seele? Seele! Seele. Seele..." Vect
schien das Wort auf seine Bedeutung zu prüfen, indem er es mit
unterschiedlichen Betonungen und Längen wiederholte, als ob er einen
guten Wein kosten würde. "Bei all eurer Naivität und Plumpheit ist es
doch immer wieder faszinierend, dass ihr glaubt, dass das Geheimnis des
Lebens und seiner Essenz in eurer barbarischen Sprache in einem
einzigen kurzen Wort zusammengefasst werden kann. Unglaublich..." Der
Dark Eldar Lord unterbrach seine Erzählung ein weiteres Mal, um in den
Kommunikator an seinem Handgelenk zu sprechen. Wenige Augenblicke
später öffnete sich die Tür und der weibliche Haemonculus trat herein.
"Ich — ich verstehe nicht..." stammelte Gideon und seine Augen
wanderten unruhig zwischen den beiden grausamen Eldar hin und her.
“Nicht?", fragte Vect spöttisch. "Das muss schrecklich für dich
sein..." Der Lord stand auf, nahm den Krug aus Gideons tauben Fingern
und roch genüsslich daran. "Ein wohlschmeckendes Getränk", sagte Vect
und verschüttete den Rest des Inhalts, bevor er den Krug zu Boden
fallen ließ, wo es in hunderte winzige Bruchstücke zersplitterte. "Es
ist wirklich schade, dass einige Zutaten nicht allzu gut mit dem
menschlichen Verdauungssystem reagieren. Die Magenkrämpfe sollen
angeblich Tage andauern, bis es zu Ende geht..."
"Ihr habt die Geschichte noch nicht beendet..." warf Gideon ein und
hoffte verzweifelt, dass Vects Aussage nur einer seiner makaberen
Scherze war. "Nein, tatsachlich nicht", antwortete Vect mit
geheuchelter Unschuld. "Ich nehme an, dass du das Ende gern erfahren
möchtest?" „Ich möchte", flüsterte Gideon und senkte resigniert seinen
Kopf. "Das ist wirklich schade", sagte Vect, als er sich umdrehte und
zur Tür schritt, "denn das Ende der Geschichte nicht zu kennen, wird
dich in den Wahnsinn treiben, nicht wahr? In jenen seltenen Momenten,
in denen du einen klaren Gedanken fassen kannst, wirst du über das Ende
rätseln. Es wird an deinem Geist nagen wie eine Ratte an ihrer Nahrung
nagt. Es wird dich der letzten Überreste deines gesunden Verstandes
berauben, was sehr schade ist, denn du hast mich wirklich recht
passabel amüsiert."
„Es muss einen anderen Grund geben, warum Ihr mir diese Geschichte
erzählt habt!“, sagte Gideon verzweifelt und kippte den Stuhl um, als
er aufstand und sich dem Lord zuwandte. "Aber natürlich", nickte Vect
langsam. "Ich erzähle die Geschichte gern. Es wäre schließlich sinnlos.
wenn ich sie meinen Dienern erzählen würde, da diese sie bereits
kennen. Der Zweck einer Geschichte liegt eben darin, erzählt zu werden.
Ebenso wie es dein Zweck ist, mich zu amüsieren, nicht mehr." Der Dark
Eldar hatte schon fast den Raum verlassen, als Gideon ihm nachrief;
"Also stimmt es überhaupt nicht! Es ist alles nur erlogen!" "Nein!“,
Vect drehte sich auf seiner Ferse um und schlug seinen Kragen herunter,
um auf eine fingerlange Narbe an seinem Hals zu weisen. "Warum ich?"
flehte Gideon und ließ sich auf seine Knie fallen. Er sah den
Haemonculus bittend an, die ihn mit einem verzerrten Grinsen
betrachtete. Sie zeigte wortlos auf den blutverschmierten Block. Selbst
als die Tür zuschlug, konnte Gideon das Gelächter Vects noch lange
durch die Korridore hallen hören, unterbrochen durch die Worte:" Warum
nicht?