Blutdurst
Sylvania, Reich der Vampire und Untoten. Terror und Gewalt, so hießen hier die Mittel der
Herrschenden. Kaum ein Tag verging ohne Qual, kaum eine Woche ohne Beerdigung.
Doch die Vampire waren nicht die einzige Plage: Fledermäuse, so groß wie Adler,
Zombies ohne Sinn und Verstand. Jedoch wurden diese Geschöpfe vom absoluten Bösen,
vom absoluten Mord in den Schatten gestellt. Dem Werwolf.
Velkan sprang durch das offene Fenster hoch oben in der Burg. Der Regen prasselte unablässig gegen die
Dachkachel. Er war völlig durchnässt und tropfte dunkles Wasser auf die
Fliesen. „Blut und Dreck…“ brummte er, als er einen schweren, hölzernen
Dachbalken heruntersprang.
Er machte kein Geräusch in den dunklen Sälen der Burg, er war der perfekte Killer.
„Ich wusste doch, dass ich nassen Hund gerochen hab!“ rief eine arrogante Stimme hinter ihm. Die Fackeln
an der Wand erwachten zum Leben und leuchteten den Raum aus. Velkan starrte grimmig über die Schulter.
„Ich dachte du kannst nicht zaubern, Martin?!“ bellte der große, dunkelgraue Werwolf dem Vampir entgegen.
„Sei still Köter, sonst kommst du in den Zwinger!“ rief der blasse Sohn des Hausherren erregt.
Velkan knurrte und sprang
auf den jungen Mann los. Sein Opfer verzog ängstlich das Gesicht.
„Genug!“ hallte es durch den Saal. Velkan stoppte seinen Sprung durch einen beherzten Griff zum langen Esstisch.
„Irgentwann werde ich deinen Körper über den Hof verteilen!“ versprach Velkan wütend.
Eine große, hagere Gestaltbetrat den Saal.
„Ah, Velkan! Hast du meinen Auftrag erledigt?“ rief Conrad von Dracul.
„Ja Meister, natürlich. Der Hexenjäger liegt in Einzelteilen vor der Dorfmauer.“ Verkündete Velkan gelassen,
während er sich auf einen großen Stuhl setzte, welcher gequält
knarrte.
„Vater, dieses Mistvieh wollte mich umbringen!“ rief Martin mit gespielter Empörung.
„Na und? Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt.“ Antwortete Conrad gelassen.
Velkan verzog seine Wolfsschnauze zu einem Grinsen. Martin verließ ohne ein weiteres Wort den
Saal.
„Nehm Vlad mit und vernichte Hof Brandenburg. Sie haben mich verspottet und ihre Steuer nicht
bezahlt!“ Conrads Miene ware eine verzogenen Maske aus Hass und Zorn.
„Nachdem ich mit ihnenfertig bin, wird die Hölle in die ich sie schicke wie der Himmel für sie
aussehen!“ versicherte Velkan und sprang zum Fenster.
Vlad und Velkan liefen geduckt und auf allen Vieren durch den kalten, dunklen Wald. Kein Tier war zu
sehen, kein Laut zu hören. Alles hat sich vor den beiden Jägern versteckt. „Da
ist es!“ knurrte Vlad. Er war ebenfall ein Werwolf, hatte sich aber nicht so
gut im Griff wie Velkan.
„Gute Jagd…“ Velkan verschwand im Dunkeln und lief am Waldrand entlang. So machte jeder seine
eigene Beute. Velkan spähte durchs Unterholz auf die Fläche Holzmauer. Ein paar
Wachen mit Bögen hielten Nachtwache. Es war nicht allzu schwer.
Velkan rannte los. Tief geduckt und mit gefleschten Reißzähnen lief er der Mauer entgegen. Ein riesiger
Satz reichte und er war auf der Mauer. Der Werwolf riss der Wache den Kopf ab
bevor sie reagieren konnte. Auf der anderen Seite erkannte er Vlad mit einem
Arm im Maul. Ein beherzter Sprung brachte Velkan aufs Dach des Herrenhauses.
Die alten, vermoosten Schindeln lösten sich und ruschten nach hinten. Ein
helles Klirren verkündete ihr Auftreffen auf dem Boden. Velkan stöhnte kurz und
hörte auch schon das verwirrte Rufen der restlichen Wachen.
Er ließ sich vom Dach fallen, landete hinter ihnen und riss den ersten Soldaten in der Mitte durch.
Blut wärmte sein Krallen rot. Eine große Holzfälleraxt, die an einen kleinen
Schuppen lehnte, erschien ihn als geeignete Waffe. Ein Sprung über die
fassunglosen Wachen brachte Velkan an den Schuppen. Die Axt war rostig und
stumpf, doch der Werwolf brauchte keine geschärfte Klinge.
Der erste Hieb trennte dem Anführer der Wache die Beine ab. Schreiend fiel er zu Boden. Velkan schwang die
Waffe wieder und teilte einen Schädel. Der nächste Schlag folgte und zerteilte
einen Mann in Brusthöhe.
Eine weitere Wacheinheit stürmte auf den Platz vor dem Herrenhaus, doch Vlad fing sie ab. Ein großes
Breitschwert krachte gegen die Holzfälleraxt. Ein alter, vernarbter Veteran
spie ihm Worte aus dem Bestiarium entgegen. Velkan lachte bösartig und schaute
dem Mann daraufhin tief in die Augen. „Sowas wirkt bei mir nicht…“ flüsterte er
grinsend. Der Mann taumelte zurück, das blanke Entsetzen in seinen Augen. Ein
Axthieb beendete sein Leben.
Der Knall einer Pistole, hell und pfeifend, erfüllte den Hof. Velkan wurde herumgeschleuderte und
landete auf allen vieren. Dunkles Blut strömte aus einem faustgrößen Loch in
seiner Schulter. Der beinlose Anführer lachte triumphierend, während er die
große Pistole in den Himmel regte. Velkans Augen färbten sich schwarz. Bis
grade eben hatte er nur getötet, jetzt würden seine Opfer wünschen er würde nur
töten.
Velkan sprang knurrend auf den Wachmann. Bevor die Pistole zum Schuss ansetzen konnte, riss er ihm den Arm ab.
Blut färbte den Boden rot. Der Mann schrie unter entsetzlichen Qualen. Velkan
rammte seine Kralle durch den Brustkorb seines Opfers. Die Schreie wurden immer
schriller. Ein kurzer Ruck mit dem Arm befreite den Wachmann von seinen
Schmerzen. Velkan hielt das blutig Herz in seinen Klauen. Die restlichen Wachen
erstarrten als sie das grausame Schauspiel erblickten. Vlad legte den Kopf in
den Nacken und heulte den Mond an.
„Verschwindet oder ihr werdet leiden!“ brüllte Velkan über den Hof. Die Wachen ließen augenblicklich
die Waffen fallen und rannten durch das kleine Tor.
Velkan biss ein Stück aus dem Herz heraus und warf es dann auf den Leichnam. „Vlad, unser Ziel ist da
oben!“ knurrte der große, blutbefleckte Werwolf seinen Artgenossen zu. Velkan
hatte jetzt Blutdurst und würde im Herrenhaus nicht so viel Gnade walten lassen
wie hier im Hof.
Ein Fenster öffnete sich und eine glatzköpfige Gestalt mit Flinte und Morgenmantel starrte in die Nacht.
„Ich bin Werner von Brandenburg, wer stört meine Nachtruhe?“ bevor
Grundbesitzer reagieren konnte, wurde er von Velkans massiger Gestalt zurück
in den Raum gedruckt. Der Werwolf war einfach durchs Fenster gesprungen und hatte dabei
alles andere vergessen. Eine helle Frauenstimme kreischte um ihr Leben. Von
Brandenburg stand langsam wieder auf. Er rieb sich fluchend den Hinterkopf. „Graf
Dracul meint, sie hätten keine Steuern bezahlt?“ fragte Velkan sarkastisch,
bevor er den Gutsherrn mit seiner Axt köpfte. Die Frau im Bett hatte aufgehört
zu schreien und wimmerte nurnoch. Doch Velkans Auftrag war klar gewesen.
Der helle Schein des Feuers erhellte das blutige Fell der beiden Werwölfe. Sie hatten das Gehöft
abgebrand, mit allen die noch drin waren. Velkan hielt den tropfenden Kopf in
einer und die rostige Axt in der anderen Hand.