2. Im Angesicht der Seuche!
Tags darauf strebte eine kleine Fahrzeugkolonne der Siedlung entgegen. Die Gleißketten der Panzer wirbelten Dreck und Staub auf. Das brummende Motorengeräusch ihrer Antriebseinheiten wurden durch dicke Panzerungen gedämpft und in ihren Bäuchen saßen die Streiter des Lichts: Inquisitor Xavier Maldoon, ergebenes Mitglied des Ordo Malleus mit seiner Leibwache und zwei Trupps der Ehrenhaften und Glaubensfesten Grey Knights. Er betete die Litanei des Schutzes und sah dabei jedem der Inquisitionsgardisten ins Gesicht, bevor sie ihre Helmvisiere schlossen. Ein jeder von ihnen neigte das Haupt und flüsternde Lippen wiederholten seine frommen Worte. Xavier gegenüber saß Garde-Sergeant Bronx und nickte ihm respektvoll zu. Er lächelte und das Narbengeflecht auf Gesicht und Hals verzog sich dabei zu einem grauenhaften Muster, dessen erschreckende Wirkung noch durch zusätzliche Tätowierungen verstärkt wurde. Xavier erwiderte die Geste der Anerkennung und ging im Geiste noch einmal die Pfade durch, welche ihn nach Sirius V geführt hatten:
Seine Mission währte nun seit einigen Jahrzehnten. Er war einigen Hinweisen gefolgt, nach deren Wortlaut sich auf Sirius V eine brauchbare Spur finden ließe, die ihn zum Goldenen Kind führen würde! Der wiedergeborenen Seele des Imperators, die schon einmal durch den Mund eines sterblichen gesprochen hatte… Sebastian Thor! Der während des Zeitalters der Apostasie den wahnsinnigen Vandire stürzte und damit seine blutige Herrschaft über das geschundene Imperium beendet hatte. Anschließend hatte Xavier, Kraft seiner Stellung und Autorität, den alten Panzerkreuzer Thors Botschaft und seine Eskorte für eigene Zwecke requiriert. Er hatte ihn aufgrund des Namens ausgewählt und betrachtete es als gutes Omen. Dieses Schiff würde ihn überall hinbringen und wenn es nötig sein sollte, auch über die Grenzen des bekannten Raumes hinweg. Er musste unwillkürlich Lächeln, es hatte schon Vorteile ein Inquisitor zu sein! Jetzt verfolgte er die mühsam zusammen getragenen
Hinweise. Würde sie hier zu ende sein? Xavier hoffte es.
Doch was er dann hier vorfand, damit hatte er nicht gerechnet: Auf diesem Planeten, so voller inbrünstigem und aufopferungsvollen Glaubens an den Gott-Imperator, schwellte der Makel des Chaos wie ein pulsierender Tumor. Mit jeder verstreichenden Woche wuchs und gedieh er weiter, infizierte immer mehr leichtgläubige Kleingeister und streckte seine Tentakel aus. Am Ende würde er sich zu einem Flächenbrand entwickeln, der schließlich den ganzen Planeten zu verschlingen würde! Dann das ganze Sirius-System, wenn ihm niemand einhalt Gebot! Xavier hatte seinen Orden darüber informiert und dieser ermächtigte ihn, mit der Kraft seines Ranges und Autorität, unverzüglich zu handeln. Die Richtlinien der Inquisition kannten dafür nur ein Mittel, um mit einen Makel solcher Kraft uzu verfahren: Mit der Macht eines reinigenden Orbitalen Bombardements! Nur ein Wort genügte und die Geschützmannschaften würden mit einigen Lanzenschlägen des Panzerkreuzers die Wurzel allen Übels ausbrennen!
Doch Xavier hatte andere Pläne, er hatte sich über das Protokoll hinweggesetzt. Er konnte es nicht riskieren, das diese Spur oder das Kind selbst zu verlieren. Er hatte soviel Mühe darauf verwendet und war nicht gewillt mit an zusehen, wie grobe Vernichtung seine ganze Arbeit zerstören würde. Jonathan durfte davon nichts erfahren, seine Rechtschaffende Seele würde das Vorgehen nicht gutheißen und widersprechen, es war sein gutes Recht. Nein! Er musste es zuerst selber versuchen und wenn es ihrer aller Leben kosten würde! Er betete zu Seiner auf Terra und hoffte, dass letzteres nicht zutraf…
Jetzt war er hier und auf dem Wege zur Quelle allen Übels, welche eigentlich in dem Inferno der Bordgeschütze vergehen sollte. Als schließlich das Signal zum Ausstieg erklang, riss es ihn in die Wirklichkeit zurück. Er fluchte und tadelte sich für diese Unaufmerksamkeit. Als die Panzer zu einem abrupten Halt kamen, schlugen sofort die Sturmrampen herunter und die Trupps stürmten heraus. Diszipliniert bezogen sie ihre Positionen und sicherten, mit wachsamen Blicken, den Dorfplatz. Die Bioscanner zeigten einen hohen Virengehalt in der Luft an und ihre Atemgeräte arbeiteten auf Höchstleistung. Die, mit heiligen Ölen eingeriebenen Filter hielten zu ihrem Glücke stand. Bronx befehligte die Gardisten zu einem Karree, in dessen Mitte der Inquisitor seinen Platz einnahm. Die Grey Knights bildeten einen äußeren Wall des Glaubens aus gesegneter Panzerung und geweihten Waffen.
Das Bild, welches sich ihnen bot, schien einem Albtraum entsprungen zu sein: Aufgedunsene, mit schwärenden Pocken übersäte, Leiber wanden sich am Boden. Selbst die Gebäude schienen von einer Krankheit befallen zu sein, ihre Fassaden waren mit grünlichem Schimmel und zersetzenden Ranken überzogen. Einige der Gestalten zogen sich mit verkümmerten und schwächlichen Gliedmaßen auf die Neuankömmlinge zu, aus ihren Kehlen drang ein gequältes Stöhnen und rasselndes Keuchen. Sie alle erhofften sich Erlösung von den Qualen, welche ihre Leiber im festen Griff hatten!