Sebia II (Teil 4)

  • Hier der nächste Teil. Anregungen usw. sind natürlich erwünscht.



    Inzwischen auf Sebia II:
    Eine Hand auf die Wunde in seiner Schulter gepresst, schleppte sich PVS-Soldat Seyn voran. Der steinerne Gang, den er durchquerte war nur in diffuses Licht getaucht und dem Mann fiel es schwer etwas zu erkennen. Wasser tropfte von der Decke und traf mit leisem Plitschen auf der knöchelhohen Schlammschicht, welche den Boden bedeckte, auf. Wie war es nur so weit gekommen? Während Seyn sich voranschleppte erinnerte er sich.
    Es war ein Routineeinsatz für Seyns Gruppe gewesen: seltsame Aktivitäten waren in der Kanalisation bemerkt worden – nichts Ungewöhnliches in der Hauptstadt von Sebia II. Lange Zeit verlief auch alles völlig normal, doch als sie in der kleinen, reich mit Eingängen bestückten, Halle bei den Leichen ankamen... Seyn schauderte. Selbst der Seargent, wie er von allen genannt wurde, hatte solch grässliche Verstümmelungen noch nicht gesehen. Und dann... kamen sie – unzählige - aus allen Gängen strömten sie.
    Eine Welle von Übelkeit riss Seyn aus den Gedanken und veranlasste ihn kurz stehen zu bleiben, doch sein unbeugsamer Wille ließ ihn nicht lange innehalten und trieb ihn, sobald die Übelkeit etwas abgeklungen war, weiter vorwärts.
    Wieder füllten Erinnerungen seinen Kopf. Er sah seinen Freund Frank, wie er, ohne auch nur eine Waffe ziehen zu können, von den angreifenden Bestien zerfetzt wurde. Dann zog das Bild der Brüder Tom und George vor Seyns geistigen Auge vorbei: wie sie Rücken an Rücken stehend mit ihren Schwertern und Pistolen Kreatur um Kreatur niederstreckten, nur um schließlich doch von der geifernden Menge verschlungen zu werden. Und dann sah er noch die riesige Gestalt des Seargent. Wie ein Fels in der Brandung stand er da, mit seinen beiden Zweihändern alles niedermähend, was ihm zu nahe kam.
    Ein plötzlicher Schwächeanfall riss Seyn unsanft in die Realität zurück und ließ ihn taumeln, sodass er sich an der Wand abstützen musste, um nicht zu fallen. Es ging zuende – er fühlte es, doch er durfte jetzt nicht aufgeben. Er war so nahe am Ziel. Da vorne war die Biegung, die letzte, so hoffte er. Mit einer unglaublichen Anstrengung setzte er seinen Fuß einen weiteren quälenden Schritt nach vorn. Der Schmerz und die Erschöpfung trieben ihm die Tränen in die Augen. Doch es war seine Aufgabe - seine letzte und wichtigste Aufgabe. Er musste es schaffen, sonst hatten sich der Seargent und all die anderen umsonst geopfert. Nahe dem Zusammenbruch schleppte sich Seyn weiter voran.
    Erneut stiegen Bilder aus seinem Gedächtnis hoch. Er sah die kleine Halle, in der sich der Kampf abgespielt hatte. In der Mitte, als letzter Überlebender neben Seyn, der Seargent, welcher nach wie vor wie ein Berserker um sich drosch. Dann erblickte Seyn sich selbst, wie er, im Eingang stehend, verzweifelt versuchte nicht zerstückelt zu werden und trotzdem einige schwere Wunden erlitt. Und schließlich kamen ihm die letzten Ereignisse aus der Halle in den Sinn. Seyn erinnerte sich an den mittlerweile schwer verwundeten Seargent, welcher eine kurze Atempause nutzte um sich zu Seyn umzudrehen und etwas zu zu rufen. Die Schreie der Angreifer übertönten zwar jegliches andere Geräusch, aber Seyn konnte von den Lippen ablesen, was der Seargent vorhatte und noch ehe Seyn etwas unternehmen konnte entsicherte der Seargent eine Sprengladung, welche eigentlich dem Freisprengen und Tunneln diente, und schleuderte sie gen Decke, welche aufgrund der folgenden Explosion nachgab und alle Anwesenden außer Seyn, der sich in den Gang retten konnte, begrub.
    Wieder in der Gegenwart erkannte Seyn, dass die Biegung ganz nah war. Aus ganzen Herzen hoffte er - nein flehte er, dass es die letzte Biegung war. Mit letzter Kraft schleppte sich der Soldat um die Ecke und was er sah, nahm ihm auch den letzten Funken Hoffnung und mit der Hoffnung verschwand auch das letzte bisschen Kraft aus Seyns Körper. Verzweifelt sank er auf die Knie. Er war so weit gekommen, hatte sich so sehr gequält und nun war alles umsonst. Am Fuße der Leiter, welche an die Oberfläche führte, ertönte ein leises Klatschen, als der Körper des Soldaten mit dem Gesicht nach unten in den Schlamm fiel.