Das Herz der Dunkelheit, Kapitel 1, 2, [Drukhari, unvollendet]

  • Vorgeschichte zur Geschichte:
    Auf der Heimfahrt war mir heute einfach danach mal wieder ein paar Zeilen zu verfassen. Und weil ich bei dem Eindösen wärend der Vorlesung dunkle, albtraumhafte Visionen hatte habe ich mir gedacht ich nutze die Gelegenheit und versuche mal hier neue Opfer zu finden, dennen ich das wahre Ausmaß meines Wahnsinns zeigen kann.
    Also lehnt euch zurück, verdunkelt euer Zimmer und lasst leise ein passendes Liedchen laufen. Und erblicked die dunklen Abgründe dessen, was mein Verstand ist. :P



    Kapitel 1
    Das Gefängnis aus Angst



    Die eiserne Tür zu seinem Kerker öffnete sich langsam und kreischend. Das Geräusch war verstörend, gerade zu Angst einflößend.
    Wie ein Chor von gequälten Seelen, welche einen Kanon des Grauens einstimmten, dessen durchdringender Klang sich bis in die eigene Seele fraß.
    Doch er nahm es kaum noch wahr. Sicherlich hatten ihn die ersten Tage erschüttert. Mehr als das. Er war zu Tode erschrocken, verängstigt und verwirrt gewesen.


    Der Anblick der Dunklen Stadt allein war so Schreckens erregend gewesen, dass manche der Gefangenen bereits in Tränen und Schreien ausgebrochen waren. Ihre Entführer hatten die Angst und das Geschrei mit boshaftem Lachen erwidert. Sie hatten sich nicht nur über das Elend ihrer Gefangenen belustigt, sie schienen sich sogar daran zu laben. Sie lecken sich die spröden Lippen und starrten die Gefangenen mit hungrigen Augen an. Als wären sie Vieh. Vieh, welches man zur Schlachtbank führte.
    Als sie im Begriff gewesen waren sich einem der grotesken, schwarzen Türme zu nähern hatte er gewusst, dass er alle Hoffnung fahren lassen konnte.
    Türme welche aus unergründlichen Tiefen zu wachsen schienen. Tiefen welche nur das Zwielichts gesäumte Labyrinth erahnen ließen in dem sie sich befanden.
    Türme aus schwarzem Metall, an manchen Stellen im unwirklichem Licht glänzend während andere in undurchdringliches Dunkel gehüllt waren.
    Türme an deren Oberfläche unzählige abstoßende Abbilder zu sehen waren. Gräueltaten, namenlose Bestien und unbegreifliche Formen. An deren Spitzen Leichen hingen und verwesten, umkreist von geflügelten Wesen, annähernd humanoid doch mehr Raubtier als etwas anderes.
    Bevor sie mit ihrem schlanken Schiff an einem dieser Schreckenstürme anlegten entrissen die dunkel gerüsteten Krieger des Schiffes einer Mutter ihr weinendes Kind. Ihr herzloses Lachen wurde noch lauter als sie die verzweifelte Mutter zurück auf ihren Platz prügelten und das schreiende Kind in die Leere hinabwarfen. Die vor Verzweiflung wahnsinnig werdende Mutter stieß einen fast unmenschlich wirkenden Schrei aus und wäre beinahe hinter ihrem Kind in den Tod gesprungen. Doch einer der lachenden Krieger stieß sie brutal mit einer langen, gezackten Waffe zurück, so dass sie weinend auf dem Boden des Schiffes zusammenbrach.
    Wahrscheinlich war es besser, dass sie so nicht sehen konnte, wie ihr Kind im Fall von einer der geflügelten Kreaturen gepackt und in Richtung von etwas getragen wurde, was scheinbar das Nest dieses Wesens war. Wahrscheinlich wäre ein tödlicher Sturz weitaus gnädiger als das, was das Kind in ihren Klauen erwartete. Das Kreischen der Kreatur, als sie das weinende Kind zu seinem Nest trug was auch für die anderen Gefangenen bereits mehr gewesen als sie ertragen konnten. Es war besser, wenn die Mutter nichts davon mitbekam.
    Sie merkte auch nicht wie die Mörder der Kreatur und einigen sie umkreisenden Flügelwesen zuwinkten und dass sich das gleiche Schauspiel auch auf mehreren der anderen Schiffe abspielte. Sie sah nichts davon. Doch alle anderen konnten es sehen und sie verstummten, vor dem Grauen welches sich ihnen darbot bis ins Mark erschüttert.


    Es war also nicht verwunderlich, dass solche banale Dinge wie die Tür eines Kerkers, welche man oft genug zu hören bekam, ihn nicht mehr den gleichen Schauer über den Rücken jagten wie es die ersten Tage und Wochen der Fall war. Er zuckte nicht mehr vor jedem Geräusch zusammen, krümmte sich vor Furcht wenn sie kamen um ihn oder einen anderen Gefangenen zu holen, ihn zu niederen, meist gefährlichen, Arbeiten zu zwingen, zu foltern oder einfach nur zu schikanieren. Das hatte er nach den ersten Wochen hinter sich gelassen, genau wie sein bisheriges Leben.
    Wobei er unmöglich sagen konnte wie viel Zeit seit seiner Ankunft tatsächlich vergangen waren. In der Dunklen Stadt gab es weder Tag noch Nacht, nur ewiges Zwielicht, das verdorbene Licht der schwarzen Sonnen und den undurchdringlichen Schatten in den unzähligen Ecken und Nischen. Er wusste nur, dass er jenseits von Angst und Mitleid war. Es kümmerte ihn kaum noch was mit ihm oder anderen geschah. Hatte er doch solch entsetzliche Dinge gesehen und erlebt, dass er keinen Moment mehr Ruhe haben würde, selbst wenn der Alptraum einmal enden sollte.
    Als die Tür sich öffnete erwartete er sein Schicksal mit dem stoischen Mut der Hoffnungslosigkeit. Bereit sich allem zu stellen, was seine grausamen Meister mit ihm vorhatten.
    Er wusste nicht, dass er im Begriff war das Grauen neu kennenzulernen. Wie hätte er auch ahnen können, dass dies alles nur ein Vorspiel war, in einem Schauspiel welches er nicht einmal im Stande war zu begreifen?



    Als die dunkle Türe schließlich offen stand und das fahle, unnatürliche Licht aus dem Gang dahinter in den Kerker eindrang, wie ein Eindringling verstörend und unerwünscht, zeichnete sich die Silhouette der Kreatur ab, welche ein jedes Mal den Beginn des Leidens einleitete. Der Vorbote der Foltern und Erniedrigungen. Das Ziel des unverblümten Hasses jedes Gefangenen in diesem Kerker.
    Die verdrehte Gestalt wirkte abnormal dunkel und unwirklich im stumpfen Schein, welcher in den Kerker eindrang. Fast wie ein Schatten aus einem Albtraum, aus dem man nicht vollständig erwacht war. Und im Grunde war dies alles auch nicht viel anders als solch ein Albtraum. Ein nicht enden wollender Albtraum, so unwirklich und schrecklich, dass man alles tun würde um ihm zu entfliehen.
    Gefesselte Geschöpfe zuckten ängstlich, manche fast panisch, zurück als die grotesken Umrisse sich vom Eingangsbereich lösten und in die düstere Kälte des Kerkers tauchten. Sie wanden sich und zuckten vor dem Folterer zurück, dem gefühllosem Diener jener gesichtsloser Meister, welche nie jemand der Gefangenen erblickt hatte. Sie fürchteten jede Berührung des kalten Fleisches, widernatürlich und durch unbegreifliche Abartigkeiten verunstaltet. Der missgestaltete, bis zur Unkenntlichkeit pervertierte Leib erfüllte einen Normalsterblichen unweigerlich mit Übelkeit. Das einst so perfekt geformte Äußere war zerstückelt und neu zusammengesetzt worden. Knochen, Stahl und unmöglich zu interpretierende Elemente ragten aus dem neu geformten Fleisch. Verfärbt von ekelerregenden Flüssigkeiten, welche durch dessen Adern flossen. Eingehüllt in eine ledrige, Narben übersehte Haut, welche nicht zum Rest des Körpers passen wollte. Sie wirkte wie ein billig gefertigtes Kleidungsstück, verhüllte den vernarbten Körper vor den Augen der Unwürdigen, welche ohnehin nicht verstehen konnte wie ein fühlendes Wesen sich freiwillig derartigen.. Verunstaltungen unterziehen konnte.


    Welche Schmerzen diese Kreatur jeden Augenblick seines Lebens erdulden musste! Selbst ein so abstoßendes Abbild er abartigen, morbiden Gelüste der Wesen, dessen Gefangene sie nun waren, erzeugten in den meisten noch menschliche Gefühle. Trotz ihrer Abscheu und ihres Hasses fühlten manche sogar Mitleid mit dem Wesen, welche sie selbst immer wieder ein Stückchen weiter zu dem machte, was es selbst schon war. Ein groteskes Spielzeug seiner Meister so fern von Menschlichkeit wie man nur sein kann.
    Vielleicht war gerade das der Grund, warum sich manche auf solche Gefühle einließen. Sie wussten, oder fürchteten zumindest, dass sie irgendwann einmal so enden könnten wie die Kreatur von ihnen. Und das erfüllte sie mit unaussprechlicher Angst.


    Doch Durian hatte solche Gefühle bereits von sich abgelegt. Er hatte aufgegeben sich an Emotionen zu klammern, welche ihn nur noch tiefer in die Agonie stürzten, welche jeden Gefangenen langsam von innen heraus auffraß. Man wurde hier wahnsinnig, egal für wie willensstark man sich hielt. Man konnte einfach unmöglich all das Grauen um sich herum ausblenden. All das Leid, all den Schmerz und vor allem all diese Furcht. Er hatte Wesen gesehen, welche er nicht einmal identifizieren konnte, Xenos, Abschaum des Universums, Kreaturen, von denen er geglaubt hatte, das sie keine Spur Menschlichkeit enthalten konnten, Kreaturen welche er geglaubt hatte aus tiefster Seele zu hassen. Doch diese Xenos waren Gefangene wie er selbst, durchlitten die selben Qualen, den selben Schmerz und die selben Ängste. Sie wirkten plötzlich so.. menschlich, so voller Dinge, von welchen er angenommen hatte, dass nur Menschen sie haben konnten. Das stille flüstern und Beten in Sprachen welche er nicht verstand und welche ihm doch so vertraut vorkamen. Er hatte diese abstoßenden Feinde der menschlichen Rasse Flehen und Rufen hören. Dinge von denen er früher angenommen hätte, dass sie ihn erfreuen müssten, das Verderben von jenen, welche die Menschheit bedrohten und zu vernichten versuchten. Doch als er sie nach ihrer Mutter, ihren Familien und ihren Göttern hat schreien hören konnte er nicht anders als zu erkennen, dass hier alle Wesen gleich waren. Alle Gefangenen hatten den gleichen Wert, jeder war im inneren identisch zu jedem anderen in diesem Raum. Genau gleich wertlos und verdammt.


    Das alles hatte ihn in seinem Innersten erschüttert, seinen Glauben und seine Vorstellungen zerschmettert und ihn zerbrochen. Wer war er überhaupt noch? Wie konnte er sich noch als Mensch sehen? Als Sohn des Gottimperators, dem Beschützer seiner Rasse, den Erretter und Bewahrer?
    Ja. Der Imperator war allmächtig und beschützte die Seelen seiner Anhänger. Würden sie auch sterben und ihre Körper vergehen, so würden sie auf ewig an seiner Seite verweilen, errettet vor den Schrecken des Universums.
    Welch ein verlogener Unsinn das alles doch war!
    Wo war der Imperator als diese grauenhaften Xenos über seine Heimatwelt gekommen waren? Wo war er als er zusehen musste wie Menschen vor seinen Augen vom widernatürlichem dunklen Licht ihrer grausamen Waffen verdampften? Wo war der Imperator, als sie sich von ihren schwebenden Schiffen auf die Soldaten vor ihm herabstürzten, sie mit grausigen Waffen dahinrafften?
    Er würde niemals die Schreie derer vergessen können, welche von den grässlichen Geschossen ihrer Gewehre getroffen zu Boden sanken, sich in höchster Qual vor Schmerzen wanden, sich ihre Gesichter verfärbten und sie mit grausig verzerrten Gesichtern schließlich starben. Eingefroren im Moment unaussprechlicher Schmerzen. Ein Abbild des furchtbarsten Schreckens, welchen man sich vorstellen konnte.
    Wo war der Imperator als sie ihn gefangen genommen hatten? Wo war er als man ihn, zusammen mit den Überlebenden der Stadt welche sie überfallen hatten, in ihr fremdartiges Reich aus Finsternis und Tod brachten, ihn folterten, erniedrigten, jeden Lebenswillen langsam aus seinem Körper saugten?
    Zum Warp mit dem Imperator! Soll er und die dunklen Kreatur welche dort hausten sich doch gegenseitig auslöschen! Sollte doch das gesamte Imperium zum Warp fahren und jeder, welcher ihm die Lügen des gnädigen Imperators eingetrichtert hatten nun an seiner Stelle in diesem Kerker verrotten!


    Durian wurde aus dem verbitterten Grübeln gerissen als er etwas direkt vor ihm wahrnahm. Der Folterer! Diese Abnormität stand direkt vor ihm und beugte sich über sein Gesicht!
    Durian verzog angewidert das Gesicht. Also war er wieder an der Reihe. Er sollte es sein, den diese Kreatur jede Würde nahm und ihn Leiden ließ, scheinbar um des bloßen Leidens willen. Er wand sich dem Folterer zu, sah im direkt in seine stumpfen, ausdruckslosen Augen. Wenn er ihn haben wollte, dann sollte er nur kommen! Irgendwann würde sich eine Gelegenheit ergeben. Dann würde er diese Fehlgeburt eine nameaschen Beutelratte schon zeigen was es hieß sich mit im anzulegen! Durian Marcius war kein Mann, der sich kampflos ergab. Wer würde dieser Bestie entkommen und wenn er sie mit seinen Zähnen und Nägeln bearbeiten musste. Niemand konnte ihm all dies ungestraft antun!
    Durians Verstand schrie und baumelte sich auf, ließ Hass und Wut in ihm aufkochen. Doch Äußerlich blieb er ruhig. Egal was er sich selbst einredete, Durian wusste, dass es kein Entkommen gab. Selbst wenn er den Turm irgendwie verlassen konnte lauerten unzählige Schrecken im Zwielicht dieser abnormalen Dimension. Er wusste auch, dass mit Sicherheit vor der Tür mehrere der dunkel gerüsteten Krieger standen, welche ihn ohne Mühe überwältigen würden. Ihm war inzwischen sogar bewusst, dass die Ketten welche er trug nicht dazu gemacht waren ihn vor der Flucht zu hindern. Sie dienten vielmehr dazu, dass sich keiner der Gefangenen selbst oder einem anderen das Leben nahm. Denn so sehr sie alle gequält und gefoltert wurden, sie wurden alle am Leben und sogar in relativer Gesundheit gehalten. Diese wahnsinnigen Kreaturen wollten sie leben und leiden sehen. Und genau das erreichten sie auch.
    Es gab kein Entkommen aus dieser Hölle. Keine Hoffnung und kein Erbarmen. Nur die Gewissheit, dass es nicht für immer andauern würde. Immer wieder hatten sie einzelne Gefangene herausgeholt, wie wie zu den alltäglichen Folterungen immer wieder einige aus dem Kerker holten, die aber nie wieder zurück kamen. Ob sie getötet, oder irgendwo anders hingebracht wurden, niemand der Gefangenen konnte das wissen. Und selbst wenn, würde man es nicht von jemand anderem erfahren, denn jeder Gefangene war geknebelt um zu verhindern, dass sich jemand die eigene Zunge abbiss um sich umzubringen. Auch war jeder an die Wand gekettet, viele in einer halb gestreckten Position, so dass sie keine Möglichkeit hatten irgendwie an ihren eigenen Körper zu kommen.
    Aber wer wollte das schon unter diesen Umständen? Wer hatte schon tatsächlich Interesse daran herauszufinden was genau mit dem eigenen Körper passiert war, nachdem man bei der letzten Folter das Bewusstsein verloren hatte? Und wer verspürte schon das Bedürfnis sich anderen mitzuteilen, wenn alles was man erfahren oder weitergeben nur noch mehr Schmerz und Leid war? Wer hatte schon ein Interesse an...


    Seine Fesseln öffneten sich und Durian sackte schlapp auf den kalten, glasigen Boden des Kerkers herab. Bevor er überhaupt richtig begriff was geschah hatte der Folterer ihn bereits an einer Kette um seinen Hals wieder auf die Beine gezerrt. Durian hatte nicht einmal mitbekommen, wie er ihm die Kette angelegt hatte. Fast hätte er über seine eigene Distanziertheit zu all dem was um ihn herum geschah lachen müssen. War er denn schon so abgestumpft, dass er nicht einmal wahrnahm wenn sein Peiniger ihn zur Folterbank führte? War es schon so weit mit ihm? Wie lange würde es dauern, bis er seinen Meistern nutzlos vorkam und sie ihn entsorgen würden?
    Durian wusste es nicht. Und zumindest im Moment interessierte es ihn auch nicht.


    Durian stolperte der Kreatur hinterher, welche ihn an einer Kette um seinen Hals führte. Der Folterer vor ihm hatte einen ungleichmäßigen Gang, humpelte leicht und es war schwer für ihn sich seinem Schritt anzupassen. Das musste er allerdings, denn der Folterer hielt die Kette gestreckt, so dass sie sich festzog und ihn würgte, wenn er zurückblieb. War er zu schnell riss die Kreatur daran, was sich so anfühlte, als würde sie ihm auf diese Weise den Kehlkopf zerdrücken wollen. So verdreht und missgestaltet das Ding auch war, es hatte viel Kraft in seinen Armen.
    Und Durian war geschwächt und müde. Schlaf ereilte die Gefangenen in diesem Turm nur aus Erschöpfung. Die Albträume welche jeden einzelnen verfolgten ließen aber auch diesen kaum Erholung finden. Jeder Gefangene durchlebte seine Folter mehr als nur einmal. Sobald man die Augen schloss sah man den Folterkeller. Sah man die widerwärtige Gestalt über sich gebeugt, Gottimperator weiß was tun. Sobald sich die Stille im Kerker breitmachte hörte man gedämpfte Schmerzensschreie, das Stöhnen der Gefolterten. Ob nun real oder das Echo dessen, was sich im eigenen Verstand eingebrannt hatte. Das war ohne Bedeutung. So oder so waren sie nur zu real. Zu real um ignoriert zu werden, zu unfassbar um dem Verstand nicht zu schaden.
    Durian war ein Wrack. Langsam aber unaufhaltsam hatte ihn dieser Kerker in etwas verwandelt von dem er niemals gedacht hätte, dass er dazu werden könnte. Er war ein Schatten seiner selbst. Kraftlos, hilflos, antriebslos. Ein gebrochener Mann.


    Wie er erwartet hatte standen vor dem Eingang zum Verließ zwei dunkel gerüstete Krieger, ihre mit gezackten Klingen versehenen Gewehre bereitgehalten.
    Nicht immer wurden Gefangene von solch einer Eskorte begleitet. Viel häufiger war es, dass die Folterer in einer kleinen Gruppe auftauchten und mehrere Gefangene mitnahmen, welche sie dann in die nahe gelegenen Folterkammern führten. Nah genug, dass auch die anderen Gefangenen die Schreie der Gequälten hören konnten. Gedämpft durch die kalten, glatten Wände, doch nicht minder furchtbar.
    Doch immer war diese verfluchte Missgeburt vor ihm dabei. Durian hatte gelernt die Xenos an Hand von bestimmten Eigenheiten auseinanderzuhalten und zumindest diesen einen glaubte er auch unter hunderten seiner Art wiedererkennen zu können. Immer kam er, suchte die Gefangenen heraus als wären sie eine Wahre, welche er verkaufen wollte. Als wären sie nichts als Fleisch. Fleisch welches es zu bearbeiten galt.


    Durian war aufs tiefste angewidert von dieser Kreatur. Wie pervers und krank musste jemand sein um so etwas zu werden? Dieses Wesen war noch nicht so sadistisch und brutal wie die Krieger, welche sie begleiteten. Diese schikanierten und quälten die Gefangenen zu ihrem Vergnügen. Sie schienen es sogar als eine Art Sport oder ähnliches zu sehen. Manchmal glaubte Durian bei ihnen eine so tiefe Befriedigung darin zu sehen, dass er zu zweifeln begann jemals begreifen zu können wie sadistisch und verdorben diese Wesen tatsächlich waren.
    So verstörend das auch war, damit konnte Durian wenigstens etwas anfangen, es irgendwie nachvollziehen. Aber diese Folterer waren etwas ganz anderes. Sie arbeiteten mit Eifer und Begeisterung, gingen ganz in ihrer Arbeit auf. Doch er konnte keine Befriedigung in ihren Augen sehen. Keine Freude, keinerlei Genugtuung. Zu keiner Zeit.
    Sie schienen ihm irgendwie noch weitaus schlimmer als die Krieger, da er ihre Motive unmöglich nachvollziehen konnte. Was sie taten ergab in seinen Augen keinen Sinn und war einfach pure, sinnlose Grausamkeit.


    Aus diesem Grund hasste Durian den Folterer. Nicht nur, dass er einer dieser Monster war. Er war scheinbar so etwas wie ihr Kerkermeister, derjenige, welcher für sie alle zuständig war. Er sah ihn jeden Tag. Jeden Tag kam er und holte einen Gefangenen heraus. Jeden verfluchten Tag musste Durian mit ansehen wie sich das grausame Spielchen wiederholte. Wie konnte man so jemanden nicht aus tiefster Seele hassen?
    Wobei Durian zugeben musste, dass es schwer war die Zeit überhaupt auf irgendeine Weise zu messen. Es gab hier weder Tag noch Nacht, überhaupt nichts mit dem sich die Zeit wirklich messen lassen konnte. Er hatte nur zwei Dinge an denen er die Zeit maß. Das Auftauchen des Folterers und das Schlagen seines eigenen Herzens. Beides wahr nicht gerade zuverlässig musste sich Durian eingestehen. Und jedes Mal wenn er versuchte die Zeit anhand einer dieser Dinge zu messen wünschte er sich sie würden für immer aufhören und ihn von diesem Albtraum erlösen.



    Nach einem knappen Wortaustausch zwischen dem Folterer und den Kriegern, Durian glaubte inzwischen genug von der Sprache dieser Monster zu verstehen, dass er es als Aufforderung zur Eile interpretierten konnte, wurde Durian an der Kette um seinen Hals durch die Gänge gezogen. Einer der Krieger ging mit dem Folterer voraus, der andere folgte Durian. Weit genug hinter ihm, dass er, selbst wenn er sich frei bewegen und nicht vor Schwäche kaum Schritt halten konnte, ihn nicht hätte erreichen können. Doch mit Sicherheit nah genug um ihn mühelos mit seiner langläufigen Waffe erreichen zu können um ihn mit den scharfen Klingen in Stücke zu schneiden.
    Durian erinnerte sich noch immer gut daran wie seine Kameraden von diesen Klingen durchbohrt und aufgeschlitzt worden waren. Nicht dass er besonders viel für sie übrig gehabt hätte, Durian hatte kaum Zeit gehabt sie überhaupt kennen zu lernen und selbst wenn es nicht so gewesen wäre war er nie der Typ gewesen welcher sich viel aus anderen gemacht hatte. Aber es war ein erschreckendes Schauspiel gewesen als er hatte zusehen müssen, wie die panisch flüchtenden Menschen um ihn herum durch die Klingen der Krieger fielen. Das wahr ein Schicksal welches Durian nicht unbedingt mit ihnen teilen wollte. Zumindest nicht wenn es zu vermeiden war.
    Also folgte er anstandslos. Nicht das er eine Wahl gehabt hätte.



    Durian merkte trotz seines hängenden Kopfes sofort als sie die Folterkammern passierten ohne davor stehen zu bleiben. Er hatte diesen Weg oft genug beschritten um sich jeden Schritt eingeprägt zu haben. Jeder Atemzug, jeder Herzschlag war Routine. Eine Vorbereitung auf das was folgen würde.
    Doch diesmal folgte nichts. Sie hielten nicht vor der schweren Türe aus kaltem Stahl. Sie betreten nicht den Raum welcher bereits auf die Entfernung von einem dutzend Schritte nach Schmerz und Leid stank. Sie gingen an der Türe vorbei, an dem Gestank und am Leid.
    Zum ersten Mal seit Monaten, zumindest soweit Durian das einschätzen konnte, hatte er den Kerker verlassen und war nicht auf der Folterbank geendet. Zum ersten Mal seit so langer Zeit würde er keine Torturen durchleiden, würde er nicht durch Schmerzen in die Leere der Ohnmacht sinken.
    Durian packte die blanke Angst. Angst wie er sie nicht mehr verspürt hatte seit er diesen Weg zum ersten mal beschritten hatte. Der Schweiß brach ihm aus jeder Pore, seine Augen weiteten sich und sein Blut rauschte so laut durch seinen Körper, dass er nichts um sich herum mehr wahrnehmen konnte. Sein Herz schlug so heftig, dass er glaubte es würde ihm aufbrechen. Tatsächlich spürte er eine Hitze in sich aufsteigen, dass er fürchtete es wäre bereits geschehen. Und würde jeden Moment tot zusammenbrechen. Seine Brust schmerzte, ihm war schwindlig und sein Atem ging schnell und in unregelmäßigen Stößen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, konnte nicht einmal den Köpf heben um sich umzusehen. Er wurde nicht in die Folterkammer gebracht! Man brachte ihn nicht zur Folterkammer! Er war an der Folterkammer vorbeigegangen! Man würde ihn nicht foltern!
    Man müsste annehmen, dass Durian vor Erleichterung und Freude die Kontrolle über sich verlieren würde, doch war es die blanke Angst die ihn übermannt hatte. Panik wie er sie noch nie in seinem Leben verspürt hatte ergriff ihn. Ungeachtet seiner Fesseln, ungeachtet der Wachen und der Tatsache, dass er in einem Turm der wahrscheinlich voll von Kriegern und unnatürlichen Kreaturen war, in einer albtraumhaften Dimension aus der es kein Entrinnen gab. Ungeachtet all dieser Dinge hätte Durian sich am liebsten losgerissen und wäre davon gelaufen. Gelaufen soweit ihn seine Beine trugen, bis er zusammenbrechen und bewusstlos würde.
    Der Wunsch war so stark, dass er nichts anderes mehr denken konnte. Er wollte nur noch fort. Nur noch laufen. Nur noch weg von diesem Ort. Doch er konnte nicht. Er war wie gelähmt. Seine Beine bewegten sich wie von selbst, in der gleichen Routine wie unzählige male zuvor. Er bemerkte nicht wenn der Folterer an seiner Kette zog und ihm die Luft abschnürte damit er sich schneller bewegte.
    Wahrscheinlich wäre Durian einfach reglos stehen geblieben und hätte auf seine Füße gestarrt, ohne sie überhaupt wahrzunehmen, wenn der Folterer es nicht immer wieder tun würde. Durian war von der bloßen Tatsache, dass er an einer Tür vorbeigekommen war, ohne durch sie zu schreiten so erschüttert worden, wie er es noch nie in seinem Leben gewesen war. Und er hatte schon viel erlebt. Hatte so einige Grauen dieses Universums mit eigenen Augen gesehen.
    Zumindest hatte er bisher angenommen zu wissen was Grauen bedeutete.


    Erst als er einen heftigen, doch irgendwie stumpfen Schmerz in seiner Brust wahrnahm, welcher ihm die Luft aus den Lungen presste, blieb Durian stehen. Einen kurzen Augenblick lang war er zu verwirrt um irgendwie zu reagieren. Er war stehen geblieben, schlicht und ergreifend, weil sich sein Körper nicht weiter nach vorn hatte bewegen lassen.
    Doch dann holte ihn der Schmerz ein und er krümmte sich vor Schmerz. Tränen drangen ihm in die Augen und seine Lunge brannte wie Feuer, als er schließlich wieder einen Atemzug machen konnte. Immer noch verwirrt nachdem er aus dem Gefängnis seiner Angst herausgerissen worden war blickte Durian auf. Die offensichtliche Quelle seines Schmerzes starrte ihn aus den schwarzen Schlitzen eines dunklen Helms an.
    Der Dark Eldar Krieger war offensichtlich nicht erfreut darüber jemanden wie Durian eskortieren zu müssen. Er hielt sein Splittergewehr immer noch zum nächsten Schlag erhoben und schien nur darauf zu warten, dass ihm Durian einen Grund gibt ihm einen weiteren Hieb zu verpassen. Durian starrte ihn an. Langsam kam die Erinnerung an seine Situation zurück und ebenso kroch auch die Angst in seinen Verstand.
    Durian wurde erneut aus seiner sich anbahnenden Starre gerissen, als ihn der Folterer an seiner Kette auf die Beine zerrte. Er musste um Luft ringen und es wurde ihm sogar kurz schwarz vor Augen, als der Folterer erneut an der Kette zog damit er sich in Bewegung setzte. Durian schwankte ihm hinterher, kaum etwas von seiner Umgebung wahrnehmend. Und so nahm er auch nicht die Größe oder die Ausschmückung des Portals wahr durch das er schritt. Erst als er innerhalb des Thronsaals mit einem Stoß zum stehen gebracht wurde merkte er, dass er sich an einem ganz besonderen Ort befand und das was in den nächsten Augenblicken in diesem Raum abspielen würde sein zukünftiges Leben für immer verändern würde.

    Brutvater (aka Area-Moderator) des Tyraniden-Bereichs


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    Auszug aus Psalm 23

    7 Mal editiert, zuletzt von Robal ()

  • Kapitel 2
    Namenloses Grauen



    Durian brauchte einen kurzen Augenblick ehe er begriff, dass er seinen Bestimmungsort erreicht hatte. Er hatte Mühe sich aufrecht auf den Beinen zu halten, hatte er doch keine Zeit gehabt sich von dem Schlag zu erholen. Ihm war schwindlig und sein Gleichgewichtssinn war etwas mitgenommen. Fast so als hätte er ein paar zu viel über den Durst getrunken fiel ihm auf.
    Fast hätte es Durian absurderweise ein Lächeln entlockt. Er hatte schon fast vergessen wie Alkohol überhaupt schmeckte. Selten genug hatte er Gelegenheit gehabt ihn zu genießen, war der Genuss von Rauschmitteln innerhalb der Garde doch verboten. Ausgerechnet hier, ausgerechnet jetzt daran zu denken war.. vollkommen absurd!
    Doch ehe er die Situation auch nur auch nur vollends begreifen konnte, ließ ihn ein erneut heftiger Stoß, dieses mal in den Rücken, nach vorn taumeln. Er hörte wie der Krieger ihm ein Wort in seiner seltsam melodisch und doch gleichzeitig kalt und scharf klingenden Sprache zu zischte.
    Selbstverständlich verstand er nicht was der Mistkerl von ihm wollte. Wahrscheinlich hätte er es in seinem Zustand auch dann nicht verstanden, wenn er sich der Gotischen Sprache bedient hätte. Das schien den Krieger allerdings wohl nicht im geringsten zu kümmern, denn er verpasste Durian einen weiteren, diesmal leichteren, Stoß.


    Durian konnte sich mit Mühe auf den Beinen halten und wäre fast nach vorne weg umgefallen. Dies wurde allerdings präventiv dadurch verhindert, dass er an seinen, durch die lange Gefangenschaft lang gewachsenen, Haaren gepackt und nach hinten gerissen wurde.
    Ehe Durian wusste wie ihm geschah spürte er schon die Klinge des Kriegers an seiner Kehle und den seinen heißen Atem an seinem Ohr. Wieder zischte ihm der Krieger etwas zu das er nicht verstand, dessen Inhalt er sich diesmal allerdings denken konnte. Es war offensichtlich eine Drohung und Durian glaubte nicht, dass der Krieger vorhatte ihn zu rasieren, wenn er seinen Aufforderungen nicht Folge leisten würde. Dazu war die Klinge viel zu scharf und zu nah an seiner Kehle. Oder viel mehr bereits durch die obere Hautschicht seiner Kehle gedrungen. Durian spürte wie ihm das Blut den Hals herunterlief, als der Krieger seinen Kopf mit einem Ruck freigab.
    Er wagte es nicht sich zu rühren. Selbst nachdem er glaubte gehört zu haben, wie sich der Krieger wieder von ihm entfernt hatte. Was auch immer nun mit ihm geschehen würde hing scheinbar einzig und allein davon ab wie er sich jetzt präsentieren würde.
    Zwar wusste Durian nicht was man von ihm verlangte, doch er würde zumindest versuchen dem zu entsprechen was man von ihm erwartete.
    Bilder von Schmerz verzerrten Gesichtern, von Menschen, welche in höchster Qual erstarrt ihr Ende fanden, von Verzweiflung und Panik auf den Gesichtern von kampferprobten Veteranen flackerten vor ihm auf. Er glaubte ihre Schreie zu hören, wie sie im Kampf starben. Und dann folgten noch weitaus schlimmere Bilder und Schreie. Während die unverletzten Gefangenen auf die schlanken Schiffe der Xenos geladen wurden waren hatte er gesehen was mit den Verwundeten, den alten und allen anderen, welche die Xenos nicht mit sich nahmen, geschehen war. Sie waren bei lebendigem Leib auf die grässlichen Hacken und Stacheln ihrer Fahrzeuge aufgespießt, zerhackt und verbrannt worden. Ganz wie es der Laune der Bestien entsprochen hatte, welche sie überwältigt hatten. Viele lebten noch Minuten, einige sogar Stunden und erfüllten die Luft mit ihren Mark erschütternden Schreien, welches sich zum Gekreische der Triebwerke gesellte.
    Durians Flashback hatte nur einen kurzen Augenblick gedauert, doch er beinhaltete all das, vor dem er fürchtete, dass es mit ihm geschehen könnte, wenn er seine Herren jetzt erzürnen würde. Denn Gnade oder Mitleid war ihnen vollkommen fremd. Davon hatte er sich vom ersten Moment als er diesen Wesen begegnet war überzeugt.


    Mir großer Mühe konnte Durian das Zittern, welches in seinen Gliedern steckte, unterdrücken. Die Angst begann erneut Besitz von ihm zu ergreifen. Sein Körper und sein Verstand waren zum zerreißen gespannt. Er fühlte wie sich die Angst in seinen Leib fraß und wie sich der Wahnsinn langsam an ihn heranschlich. Er konnte es nicht mehr lange ertragen. Wenn es noch lange so weiter ging würde er sich dem Wahnsinn der an ihm nagte ergeben, ungeachtet aller Konsequenzen! Etwas musst geschehen und das bald, sonst...
    Durian hörte ein unterdrücktes Wimmern direkt neben sich. Ein krampfhaftes Schluchzen folgte. Unweit dieser ersten Geräuschquelle, ebenso rechts von ihm, hörte er wie jemand erschrocken Luft holte. Und scheinbar daraufhin den Atem anhielt, denn danach folgte totenstille. Jemand stand neben ihm! Es waren sogar mehrere Personen. Er stand mitten unter ihnen!Und sie alle waren ebenso verängstigt und erschrocken wie er selbst.
    Und scheinbar hielt einer von diesen Personen, zumindest hoffte Durian, dass es sich dabei um Menschen und keine neue Teufelei seiner Peiniger handelte, dem Druck nicht mehr stand.
    Zum ersten Mal in seinem Leben stand er neben einem erwachsenen Mann, welcher weinte. Weinte wie ein Kind. Und zum ersten Mal in seinem Leben löste ein solcher Gefühlsausbruch tatsächlich tiefstes inneres Mitgefühl aus. Durian hatte Menschen in vielen Situationen weinen hören. Oft genug war er selbst die Quelle der Tränen gewesen. Doch erst jetzt, in einem Moment in dem er selbst glaubte jeden Moment auf furchtbarste Art und Weise zu sterben, konnte er tatsächlich echtes Mitgefühl entwickeln.
    War es weil er wusste, dass dieser Mann in genau der gleichen Situationen war wie er selbst? Weil er selbst so kurz davor war die Kontrolle über sich zu verlieren?
    Der wütende Schrei ging dem knallenden Geräusch der Peitsche kaum nennenswert voraus. Niemand, insbesondere die arme Seele, welche das Ziel der Peitsche war, hätte schnell genug reagieren können um dem Peitschenschlag zu entgehen.
    Das Knistern der geladenen Polymere konnte man nur für einen winzigen Augenblick wahrnehmen, kurz bevor sie mit ungehemmter Stärke auf ihr Ziel traf. Der Aufschrei des Getroffenen fuhr Durian in die Knochen. Fast so als hätte sie ihn selbst getroffen. Es war kein klarer, langgezogener Schrei wie er es erwartet hatte. Er erstarb sofort wieder. Von einem würgenden, Stöhnen abgelöst. Begleitet vom Zähne klappern des hart zu Boden gestürzten Opfers. Durian konnte trotz des Schocks und seiner Angst nicht anders als sich zu dem Mann zu seiner Linken umdrehen, welcher zitternd am Boden lag.


    Der Anblick war für ihn zu seiner Überraschung weniger schrecklich als er angenommen hatte. Der Mann lag mit dem Rücken zu ihm auf dem Boden. Ein langer blutiger Streifen auf seinem Rücken zeigte die Stelle an der er getroffen worden war. So wie scheinbar jeder Rücken in den Kerkern dieses Turms war dieser ohnehin von Narben und Wunden bedeckt. Selbst das Rot auf der blassen Haut stach in seinen Augen seltsamerweise kaum heraus. Das Haar des Mannes war ebenso lang, schmutzig und wirr wie bei den meisten anderen Gefangenen. Seine Kleidung hing ebenso in Fetzen von ihm herunter. Er unterschied sich äußerlich in keinster Weise von all den anderen Menschen, welche hier gefangen gehalten wurden. Er war nichts weiter als ein weiteres Stück Fleisch welches die Folterer bearbeiteten. Nichts weiter als ein wertloses Leben, welches bald ein Ende finden würde.
    Und das Ende schien sehr nah, als zwei dunkel gerüstete Gestalten den immer noch zitternden und sich windenden Körper davon zerrten.


    Er schien sich noch wehren zu wollen. Noch schien also Leben und ein Selbsterhaltungstrieb in ihm zu stecken. Doch das verging ihm schnell, als die beiden Krieger ihn in die Höhe zerrten und er einen weiteren Schlag mit der Schockpeitsche erhielt. Und einen weiteren. Und noch einen.
    Durians Mitgefühl verschwand ebenso schnell wie die Illusion, dass er irgendeine tiefere Verbindung mit dem Mann hätte finden können. Er konnte nichts mit so jemand zu tun haben. Ganz besonders dann nicht, wenn dieser jemand tot war.
    Oder zumindest so gut wie. Durian hatte seinen Blick schon lange von ihm abgewandt. Wie hätte er sich auch getrauen sollen sich vollends umzudrehen und damit die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken? Doch er konnte den Gefangenen noch hören. Das scheußliche röcheln und zappeln war nicht mehr allzu laut, doch mehr als Laut genug.
    Wahrscheinlich wäre es das gnädigste gewesen ihm einen schnellen Tod zu wünschen. Doch nicht einmal dazu konnte sich Durian überwinden. Er hatte genug mit sich selbst zu tun. Und nicht genug Mitgefühl in sich um es mit anderen zu teilen.
    In dieser vom Imperator verlassenen Dimension lernte jeder schnell vorsichtig mit seinem Mitleid umzugehen. Es gab genug Leid für jeden und die wenigsten konnten es sich erlauben dieses Leid mit anderen zu teilen. Nicht wenige waren daran zerbrochen und Durian hatte nicht vor das wenige was ihm von seiner geistigen Gesundheit geblieben war für irgendjemand zu riskieren. Schon gar nicht für einen unbekannten, welchen er nie wieder sehen würde.



    Durian berührte es kaum und vor allem verschwendete er keinen weiteren Gedanken mehr an die Person welche gerade noch neben ihm gestanden hatte als er hörte, wie der Körper von den Kriegern aus dem Saal geschleift wurde. Exekutionen und Disziplinarverfahren waren ihm alles andere als fremd. Die grausame Behandlung der armen Seele, welche jetzt wahrscheinlich bereits zur Seite des Imperators ruhte, löste kaum eine Reaktion in ihm aus. Er hatte schon früher viel erlebt, lange bevor er in diesen Albtraum hinein gezerrt worden war. Und die Zeit hier hatte ihn noch weiter abgehärtet, ihn noch gefühlskälter gemacht.
    Schreckliche Dinge passieren hier ohne Unterlass. Er hatte nie auch nur versucht einen Überblick darüber zu bekommen wie viele Gesichter er während seiner Gefangenschaft auftauchen und wieder verschwinden gesehen hat. Menschen starben hier. Xenos starben hier. Egal ob Frau oder Mann, Mensch oder Alien. Hier waren alle gleich. Hier waren sie alle nichts als Fleisch. Nichts als Spielzeuge der Wesen, welche sie gefangen hielten.


    Es war eigentlich nicht so viel anders als bei der Garde. Selbstverständlich wurde dort niemand auf solch bestialische Weise behandelt. Aber das Prinzip war doch sehr ähnlich, ob man nun Soldat oder Gefangener war. Mund halten, stillhalten, tu nur was man dir sagt. Tanzt du aus der Reihe erwartet dich Strafe. Nur die schwachen und Narren klammerten sich an ihre Gefühle und versuchten nicht das alles als das zu sehen was es war. Sie alle waren nur ein Werkzeug, eine Ressource, Kanonenfutter. Entweder sie erfüllten ihren Zweck, oder sie wurden entsorgt und durch jemand anderen ersetzt.
    Durian hatte sich diese Philosophie schon früh zu eigen gemacht. Und sie hatte sich bisher noch nie als falsch erwiesen. Also tat er auch diesmal wieder das gleiche. Er hielt seinen Mund, er verhielt sich still und vermied es irgendwie aufzufallen. Er starrte auf den Boden vor sich und versuchte alles um sich herum auszublenden. Auch dieses mal würde es irgendwann vorbei sein. Auch dieses mal würde er irgendwie durchkommen. Irgendwie überleben. Wie jedes mal. So wie es sein ganzes Leben war.


    Der Schreck als er plötzlich Schritte hinter sich wahrnahm war vergleichsweise gering. Er hatte sich schnell gefasst, den Gedanken abgeschüttelt, dass er etwas falsch gemacht und jetzt Strafe zu erwarten hatte. Wenn es tatsächlich jemanden erwischen sollte, dann nicht ihn. Nicht ihn. Er hatte nichts falsch gemacht. Er hatte seinen Mund gehalten, war ruhig geblieben und hatte allen Anweisungen folge geleistet.
    Obwohl er es nicht wollte ging er noch einmal schnell alles durch was geschehen war seit er an diesem Ort angekommen war. Wo auch immer er sich befand, fiel ihm plötzlich auf. Er konnte den Schauer nicht ganz unterdrücken der ihn in diesem Augenblick packte.
    Durian wurde an beiden Armen gepackt, so dass er sich nicht mehr rühren konnte. Erst jetzt fiehl im auf, dass es viele Schritte gewesen waren. Vielleicht ein dutzend. Mehr als für die Bestrafung eines einzelnen nötig gewesen wären. Durian hob langsam seinen Kopf.


    Vor ihm sah er eine Gruppe der grotesken Wesen, welche er so sehr hasste. Er erkannte sogleich die Gestalt des Folterers, welcher ihn an diesen Ort gebracht hatte. Er stand ebenso teilnahmslos da wie die anderen seines Faches. Die Gefangenen kaum beachtend umringten sie eine Kreatur in ihrer Mitte, welche sie alle in der Abnormalität seiner Form noch übertraf.
    Ähnlich wie die Folterer um ihn herum schien auch dieses Wesen neu zusammengesetzt worden zu sein. Doch Im Gegensatz zu den anderen Kreaturen wirkte es nicht, als ob man ein ehemals humanoides Wesen erst zerstückelt und dann wieder zusammengenäht. Vielmehr sah es so aus als hätte man eine ganze Gruppe auf grausamste Art und Weise zerrissen und aus den Überresten eine einzelne neue Gestalt erschaffen, welche kaum noch Ähnlichkeit mit dem hatte, aus dem geformt hatte.
    Die anderen Abscheulichkeiten um sich herum überragend stand es da. Sechs Arme konnte Durian ausmachen. Falls man sie überhaupt noch so nennen wollte. Die sechs Gliedmaßen, welche aus dem Torso ragten waren mehr Werkzeuge als organische Teile eines Lebewesens. Viele endeten in eisernen Geräten, deren Funktion Durian, trotz der unzähligen Foltern welche er überstanden hatte, nicht einmal erahnen konnte. Oder besser gesagt: er wollte es nicht. Die dünnen, scharfen Schneiden. Die langen Spitzen Nadeln. Die durch sie hindurch fließenden unnatürlichen Flüssigkeiten gefärbten Leitungen. Metallene Formen welche scheinbar wahllos aus dem Körper ragten und deren Sinn, wenn überhaupt, nur seinem Schöpfer wirklich bewusst sein konnte. Haut welche nicht mehr war als ein Flickenteppich, notdürftig über den Körper gelegt wie zerschlissene Kleidung. All dies fügte sich zu einem so schauderhaften Bild zusammen, dass Durian trotz all der Zeit welcher er in Gefangenschaft verbracht hatte nicht anders konnte als über den Anblick schockiert zu sein.
    Durian war immernoch im Anblick der Kreatur gefangen als sich diese umdrehte und in Durians Richtung sah. Durians Herz blieb fast stehen. Gefühle überschwemmten ihn, von denen er einige nicht einmal zuordnen konnte. Er war gelähmt vor Angst. Sein Magen drahte sich fast um vor Abscheu. Doch das schlimmste war das Gefühl der Hilflosigkeit. Der Nacktheit. Als das Geschöpf seinen Blick wandern ließ und es Durian hängen blieb fühlte er sich schutzlos, so entwertet, als wäre er wirklich nur das Stück Fleisch als das man ihn bisher behandelt hatte.
    Als sich die abstoßende Brut auf Durian zubewegten wusste er, dass er bald schon herausfinden würde wie zutreffend dieses Gefühl wirklich war.



    Kyragh'nar war wütend. Nicht genug, dass er mit einer solch undankbaren und erniedrigenden Aufgabe betraut war. Nicht genug, dass sich die bisherigen Sklaven als nutzlos erwiesen und seine Arbeit wertlos gemacht haben. Was unweigerlich zur Folge hatte, dass Kyragh'nar sich weiterhin mit dem niederen Abschaum herumschlagen musste. Archon Khreshyn war überaus ungehalten und mit den bisherigen Ergebnissen äußerst unzufrieden. Und das bedeutete, dass er mit Kyragh'nar unzufrieden war. Kyragh'nar kannte Archon Khreshyn gut genug um zu wissen wie dieser mit denjenigen umging, mit welchen er unzufrieden war. Nicht wenige davon endeten in der Arena, wo sie von Hagashin und ihren Bestien in Stücke gerissen wurden. Und dieses Los erwartete nur die Glücklichen, welche Archon Khreshyn nicht erzürnt hatten.
    Und Archon Khreshyn war erzürnt. Überaus erzürnt. Er würde alles andere als gnädig sein wenn ihm endgültig die Geduld ausgehen würde. Und Kyragh'nar, Dracon der Kabale des schwarzen Seele, hatte nicht vor als Grotesque zu enden. Oder als Quelle für die Häppchen von Archon Khreshyn Haustieren. Welche länger lebten als die meisten Mitglieder der Kabale es jemals taten.
    Dracon Kyragh'nar hatte vor es weit zu bringen innerhalb dieser Kabale. Einer Kabale die er irgendwann selbst anführen würde. Und ein vernichtend besiegter Khreshyn sich vor ihm vor Schmerzen winden und ihn um Gnade anflehen würde!
    Als sich Haemonculus Rhaedr'ath zur Begutachtung der Sklaven in Bewegung setzte verfolgte ihm Dracon Kyragh'nars gespannter Blick. Nun würde sich entscheiden ob Archon Khreshyns Zorn weiter angefacht, oder beschwichtigt werden würde.


    Rhaedr'ath war ein Meister seines Fachs. Innerhalb seines Zirkels übertraf ihn nur Ältester Zul'kalesh in der Kunst das Fleisch zu formen. Seine Kreationen waren von größter Kunstfertigkeit und seine Dienste bei den Kabalen sehr geschätzt. Besonders die Kabale der schwarzen Seele hatte stets eine Aufgabe für ihn und seine Folterer. Und seine Dienste wurden gut bezahlt. Viele der Sklaven welche sie bearbeiteten wurden permanent in ihre Obhut gegeben. Zwar war es meist keine besonders hoch qualitative Wahre, doch genügten sie vollkommen für ihre Zwecke.
    Rhaedr'ath konnte seine Kunstfertigkeiten nirgendwo besser weiter perfektionieren als in den Diensten der Kabale der schwarzen Seele. Zwar gab es durchaus mächtigere Kabalen, welche über weitaus reichhaltigeres Material verfügten. Doch welche Chancen könnte er sich schon ausmalen der Kabale des schwarzen Herzens, der blutigen Klinge oder einer anderen so mächtigen Kabale dienen zu dürfen?
    Rhaedr'ath war sehr zufrieden mit seiner Arbeit und meist auch mit dem Material welchem ihm dafür zur Verfügung gestellt wurde. Nur die Untersuchungen und der Ausschluss von Fleisch war manchmal ermüdend. Besonders in den letzten Zyklen drängte Dracon Kyragh'nar immer häufiger dazu die zur Verfügung stehenden Sklaven zu untersuchen, sie zu bearbeiten und auf die Begutachtung durch Archon Kreshyn vorzubereiten. Nachdem seine Folterer in der letzten Zeit das beste Fleisch zurückgehalten haben, Archon Kreshyn war sehr großzügig gewesen mit den Sklaven welche seinen Wünschen nicht genügten, hatte er sie angewiesen einige der besten Kandidaten auszuwählen. Archon Kreshyn wurde ungeduldig und begann dazu überzugehen die Sklaven sofort hinzurichten oder an die Arenen zu übergeben. Wollte Haeonculus Rhaedr'ath weiterhin auf großzügige Gaben hoffen musste er den Archon zufriedenstellen.
    Schon auf den ersten Blick erkannte Rhaedr'ath, dass seine Folterer seine gute Auswahl getroffen hatten. Von den fünf Sklaven vor ihm schienen mindestens drei eine Chance zu haben das Auswahlverfahren zu überleben. Sowohl der Sklave welcher gerade hinweg gebracht worden war als auch ein weiterer kümmerlich gekrümmter und zitternder Mensch sorgten Unterhaltung und dafür, dass niemandem die gezielte Auswahl auffallen sollte. Rhaedr'ath hatte das Vorgehen innerhalb seines Zirkels genau geplant und war sich dessen Erfolg sicher.
    Als er zum ersten Sklaven trat, einem großen Menschen mit langem, wilden Haar und einem Blick der sowohl von großer Furcht als auch Trotz sprach, sendete Haemonculus Rhaedr'ath Dracon Kyragh'nar einen kurzen Blick zu. Der Dracon hatte ihm bei ihrem letzten Gespräch unmissverständlich klar gemacht, dass auch er sehr unzufrieden sein würde, wenn auch diese Prüfung ein solcher Misserfolg werden würde wie die letzten. Zwar würde er es nie wagen sich offen gegen einen geachteten Haemonculus zu wenden. Doch die dunkle Stadt war voll von Attentätern, Mördern, Giftmischern und käuflichen Klingen. Und einige davon konnten selbst einem Haemonculus gefährlich werden.


    Durian sah wie das grässliche Wesen an den Gefangenen links von ihm trat. Oder besser gesagt, es schlängelte sich auf widernatürlichen Auswüchsen aus seinem Körper an ihn heran. Durian wollte seinen Blick abwenden um wenigstens für einen Augenblick vom Anblick der sich ihm bot befreit zu werden. Doch ein stechen in seinem Rücken und ein Zischen dahinter erinnerten ihn daran, dass er nicht Herr seiner selbst war.
    Da ihm nichts anderes übrig blieb sah er mit an, wie das Wesen sich auf seinen gegliederten Tentakeln aufrichtete, sich über den Mann beugte und ihn von verschiedenen Blickwinkeln betrachtete. Eine Hand hielt sie dabei nachdenklich vor ihrem Gesicht, während die anderen Arme sich auf irgendetwas vorzubereiten schienen. Der Mann, Durian glaubte einige Imperatorsymbole an seinem Körper erkennen zu können, hatte keine Chance sich zu wehren als sich drei der Arme seinem Gesicht näherten. Dunkel gerüstete Krieger hatten den Gefangenen gepackt und fixiert, so dass er sich nicht rühren konnte. Er konnte nichts tun als die Augen weit aufzureißen, als ihm eine Hand die Haut in seinem Gesicht straffte, während die beiden anderen Hände, b.z.w. die Geräte auf welchen sie endeten, sich an ihm zu schaffen machten.
    Nach einem anfänglichen trotzigem Knurren ging dieses in ein ohnmächtiges Stöhnen über. Welches kurz darauf seine Höhen und Tonlagen veränderte, während die Abscheulichkeit sich weiter an ihm zu schaffen machte. Der Klang des Stöhnens vibrierte im Raum und erfüllte die sonst kalte Leere darin. Als Durian auffiel, dass die Kreatur willentlich die Veränderungen im Ausdruck des Leidens des Mannes hervorrief und dies der eigentliche Zweck der Prozedur zu sein schien lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken. All diese Grausamkeit nur um Geräusche hervor zu rufen, welche die perverse Gier dieser Kreaturen befriedigten!
    Obwohl Durian versuchte den Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen musste er sich eingestehen, dass er beeindruckt war. Dieses Ungeheuer spielte sein armes Opfer wie ein Instrument. Und die Melodie welches es hervorbrachte war, so grässlich sie auch war, auf seine Weise faszinierend.
    Durian konnte den Gedanken abschütteln, kurz bevor der Haemonculus von seinem Opfer abließ und sich eine Armlänge entfernt aufrichtete um sein Werk zu betrachten. Das Blut welches das Gesicht des Gefangenen benetzte war schnell zur Gerinnung gebracht worden und die Wunden waren klein und unscheinbar. Man würde schon bald keine Spur mehr von dem erkennen, was man ihm angetan hatte. Auch wenn die Schmerzen mit Sicherheit noch lange anhalten würden.
    Denn das war die Art der Dark Eldar.


    Rhaedr'ath begutachtete kritisch die Auswirkungen seines Handelns. Während das abgezapfte Blut in den Schläuchen des Geräts auf seinem Rücken blubberte und er langsam den Geschmack des Blutes, seine Konsistenz und Zusammensetzung zu schmecken und zu fühlen begann betrachtete er sich die kleinen Einstiche und Schnitte auf dem Gesicht des Gefangenen. Er hatte nicht sofort den richtigen Ansatz für dieses Individuum gefunden und es hatte einen Moment gedauert, bis er den gewünschten Effekt hervorgerufen hatte. Dennoch waren die Verletzungen minimal und damit der Schaden welchen Archon Kreshyn hätte bemängeln können. Wobei er bei diesem Individuum keinen Grund finden sollte unzufrieden zu sein.
    Zufrieden mit dem Ergebnis begann Rhaedr'ath, weiterhin nachdenklich, vor sich hin zu nicken. Seine linke, natürliche Hand, die einzige welche er nahezu unverändert gelassen hatte, strich über sein Kinn, so wie es seine Gewohnheit vor einer Operation war. Ein kurzer Blick in Richtung des ungeduldigen Dracons verriet ihm, dass dieser von ihm erwartete seine Arbeit sofort vorzuführen und keine weitere Zeit mehr zu verschwenden. Mit einer beiläufigen Handbewegung gab Rhaedr'ath den Fleischgeborenen zu verstehen, dass seine Untersuchung positiv ausgefallen war und wendete sich seinem nächsten Kandidaten zu. Noch den verebbenden Geschmack des Adrenalins und der unterdrückten Furcht verspürend betrachtete der Haemonculus das Fleisch vor ihm.
    Dieser Mensch war einst ein besonders kräftiger Vertreter seiner Art gewesen. Die Zeit in Gefangenschaft hatte seine Muskeln zwar schlaff gemacht, doch sprach die Statur immer noch von der einstigen körperlichen Überlegenheit. Der nackte Oberkörper war von zahlreichen Narben bedeckt welche schon vor den noch viel zahlreicheren Spuren der jüngsten Vergangenheit zeugten. Im Gegensatz zu den feinen, präzisen Schnitten des Folterers welcher sich dieses Fleisches angenommen hatte waren sie grob, wahllos und es fehlte jede Ästhetik in ihnen. Ein Krieger des Menschenimperiums also. Ausgezeichnet! Rhaedr'ath erfüllte Vorfreude. Auch wenn dieses Individuum bereits aussah als wäre es nahe daran zu zerbrechen würde es dennoch eine höhere Schmerztoleranz haben als die meisten anderen. Etwas was seine Arbeit nur bereichern konnte.
    Es waren noch genügend würdige Kandidaten unter den Gefangenen um Archon Kreshyn zu gefallen. Er konnte sich also ohne Bedenken seinen Launen hingeben.


    Das Entsetzen welches Durian packte als die sich voran schlängelnde Gestalt vor ihm stehen blieb war nur unbedeutend größer als jenes, welches ihn gepackt hatte, als er gesehen hatte was mit seinem Vorgänger passiert war. Sein Herz schlug schneller. Sein Puls raste geradezu. Sein Atem wurde flach und fiel ihm immer schwerer. Er nahm kaum wahr wie er von den Fleischgebornen Kabalkriegern fester gepackt wurde. Er spürte kaum wie ihn die kalte Hand des Chirurgen berührte. Er sah nur das entstellte, teilweise maskierte Gesicht näher kommen. Und in diesem Gesicht Augen welche so voll von kalter Neugier waren, der einzige Hinweis auf Emotionen ein kaltes, bösartiges Blitzen. Er schien zu fallen, sich in den Augen zu verlieren, fühlte sich als wäre er ins kalte All geschleudert worden, wo er von tausend Sternen beobachtet wurde während er hilflos dahin schwebte.
    Dann riss ihn der Schmerz aus diesem Bild. Doch statt zurück in die Realität geschleudert zu werden zerbrach etwas in Durian. Wie ein Gefäß voll Wasser, welches sich nun in die endlose Weite des Alls entleerte. Durian kehrte zurück, doch nicht in die Gegenwart..



    Ende Kapitel 2



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    Don't wake the Dragon!



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    Auszug aus Psalm 23

    3 Mal editiert, zuletzt von Robal ()

  • Kapitel 2
    Quellen Der Qual

    ------------------------ 1. Advent ----------------------------


    Dunkelheit. Leere. Unendliche Weiten aus kalter Einsamkeit. Refugium der Verzweifelten.


    Eine Explosion aus Licht ergießt sich in die Dunkelheit. Füllt sie aus. Fegt sie hinweg und mit ihr alles was darin verborgen war. Heißer Schmerz brennt sich in die Zuflucht. Verbrennt alles und jeden, hinterlässt nichts als Asche und Hoffnungslosigkeit.



    Der menschliche Verstand kann nur eine begrenzte Menge an Emotionen erfassen. Je stärker die Emotionen, desto mehr füllen sie ihn aus, desto mehr belasten sie ihn.
    In einer Welt welche nur aus Angst, Leid und Verzweiflung besteht, so stark, dass kein Verstand sie zu fassen vermöchte, gibt es normalerweise nur zwei Wege für diese gequälte Seele zu bestehen. Entweder sie verschließt sich vor dieser Welt, schafft sich seine eigene Welt in sich selbst, abgeschottet von der Flut der Qualen um ihn herum. Für den Rest seiner Tage gefangen in diesem Asyl der Ignoranz.
    Oder er gibt sich dieser Flut hin, lässt sich von ihr ausfüllen. Und zerbricht daran.
    In beiden Fällen spricht man von Wahnsinn. Geisteskrankheit. Einem verwirrten, für immer verlorenem Verstand.


    ------------------------ 2. Advent ----------------------------


    Selbst der widerstandsfähigste Geist kann sich nicht ewig diesem Schicksal widersetzen. Irgendwann zerbricht jeder. Irgendwann hat jeder seine Grenzen erreicht.
    Für Durian war dieser Moment gekommen. Als der Haemonculus sich durch sein Fleisch schnitt, als Auftakt zu einer neuen Tortur deren Ausmaß niemand absehen konnte, zerbrach Durians Willen und sein Widerstand gegen die Qualen scheinbar endgültig.



    Dann kamen Bilder. Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf. Erinnerungen welche so entfernt schienen als ob sie nicht seine wären, sondern die eines anderen. Wie aus einem vergangenen Leben. Einem anderen selbst.
    Ein Leben das er bereits vergessen und verloren glaubte. Von dem er geglaubt hatte es hinter sich gelassen und damit abgeschlossen zu haben.



    ------------------------ 3. Advent ----------------------------


    Vielleicht war es Durians Marcius hartgesottene Art, welche ihn schon lange vor seiner Gefangennahme davor bewahrt hatte sich lästigen oder sogar gefährlichen Gefühlen hinzugeben.
    In seiner Jugend war er ein Schläger, ein Draufgänger und ein verhasster Einzelgänger gewesen. Das hatte sich selbstverständlich nicht wirklich gebessert als er in die Straflegion gesteckt worden war. Und das aus, in seinen Augen, geradezu nichtigen Gründen. Es gab wesentlich angemessenere Maßnahmen welche man ergreifen konnte um eine Prügelei zu bestrafen. Auch wenn diese unglücklicherweise einen Offizier mit einbezogen hatte. Durian vermutete immer noch, dass irgendjemand hinter seiner Strafe stand. Irgendjemand der ihm scheinbar nicht besonders gut gesonnen war.
    Und davon hatte es viele gegeben..
    Die Straflegion von Ichar IV war jedenfalls ein schlechter Ort für Moral und Gewissen. Der langjährige, zermürbende Kampf gegen die Aufständischen im ehemaligen Gammasektors der Makropole Perseus konnte Zweifel in die Herzen eines jeden Soldaten aufkeimen lassen. Kein Ort an dem jemand wie Durian zu einem besseren Menschen hätte werden können.


    ------------------------ 4. Advent ----------------------------


    Durch eine verheerende Katastrophe im angrenzenden Industriegebiet waren der gesamte Sektor verseucht worden. Die Obrigkeit hatte nicht nur beschlossen das Gebiet aufzugeben, sondern die Bevölkerung darin auszulöschen um der sich dort verbreitenden Verseuchung und Mutationen Einhalt zu gebieten. Der gesamte Sektor war vom Rest der Makropole hermetisch abgeschnitten und unter Quarantäne verstellt worden.
    Um die Moral der örtlichen Truppen nicht zu schädigen hatte man kurzerhand die Straflegion innerhalb des Grenzgebietes untergebracht und sie mit der Säuberung des Sektors beauftragt.


    ------------------------ 5. Advent ----------------------------


    Säuberung..
    Die Behörden hatten schon immer verstanden ihre Verbrechen durch solche Begriffe schön zu schreiben. Völkermord war es, was die Straflegionisten dort betrieben.
    Mehr noch, sie ermordeten ihre eigenen Leute, Bewohner der gleichen Welt, für viele auch der gleichen Makropole aus der sie selbst stammten.
    Darin endeten die Verbrechen noch lange nicht. Um ihr Vorgehen zu vertuschen hatte man die Überlebenden des Sektors als Mitglieder eines verdorbenen Kultes ausgerufen und nur die direkte Nähe zur übrigen Makropole hatte eine vollkommene Auslöschung verhindert.
    Dennoch war der Sektor durch schweren Beschuss in ein Ruinenmeer verwandelt worden. Oft genug ohne Rücksicht auf die eigenen Truppen, welche dort in Kämpfe gegen die verzweifelten Bewohner verstrickt waren. Schlimmer noch. Man erwartete von der Straflegion, dass jedes einzelne Mitglied beim Kampf sterben würde und das Geheimnis um die Wahrheit um den Konflikt mit ins Grab nahm.


    ------------------------ 6. Advent ----------------------------


    Während dieser Zeit, als Straflegionär auf Ichar IV, hatte Durian zum ersten Mal erlebt wie jemand dem Wahnsinn verfallen war. Er hatte von außerhalb miterlebt wie ein Mensch nach und nach, von Schicksalsschlag auf Schicksalsschlag, immer tiefer absank und schließlich daran zerbrach. Und offensichtlich wahnsinnig wurde.
    Nicht der Wahnsinn wie er manche junge Soldaten erfasste nachdem sie die unfassbaren Grausamkeiten eines Schlachtfeldes zum ersten Mal miterlebt hatten. Nicht der Wahnsinn wenn Soldaten aus Verzweiflung und Angst ihren Verstand verloren. Der Wahnsinn eines Mannes, der nach und nach, Stück für Stück gebrochen und zerschlagen wurde. Bis ihm nichts mehr blieb als Schmerz und Angst. Jemand der noch über diese Grenze hinaus getrieben wurde. So weit, dass er selbst seine Menschlichkeit ablegte um dem gerecht zu werden was mit ihm passiert war.

    ------------------------ 7. Advent ----------------------------



    Eine Granate schlug nur wenige Meter von seiner Position entfernt in den ausgebrannten Raum, der wohl einst ein Wohnzimmer gewesen war, ein. Das Geräusch der Splitter welche sich im Raum verteilten wurde vom Donnern eines Geschützes übertönt. Kurz darauf konnte er etwa zweihundert Meter vor seiner Stellung, ein gutes Stück hinter der Ruine gegenüber in welcher sich die Kultisten versteckt hatten, den Einschlag des Geschützes erkennen. Sie sprengte eine bereits wackelige Wand der Ruine und schleuderte riesige Bruchstücke durch die Luft.
    Verfluchte Artillerie! Bestand alle imperialen Verbände auf diesem Planeten eigentlich nur noch aus unfähigen Idioten? Erst jagen sie fast ihre eigenen Leute in die Luft und dann beschießen sie bröckelnde Ruinen in denen sie höchstens ein paar Ratten erwischt haben. Soll sie doch der Warp hohlen!

    ------------------------ 8. Advent ----------------------------


    Sergeant Fischer war mindestens genauso unzufrieden mit dem Verlauf der Kampfhandlungen wie Durian selbst. Er verfluchte die schwere Feuerunterstützung bereits seit sie ein anderer Sergeant sie geordert hatte. Ein offensives Manöver, welches er selbst bevorzugt hätte, war so unmöglich geworden. Der Glückspilz war Fischers Wut durch einen Granatsplitter entkommen, welcher ihm die Arterie zerrissen hatte bevor Fischer ihm auf seine weithin berüchtigte Art und Weise „den Arsch so weit aufgerissen hätte, dass eine Kompanie Baneblades dort eine Parade hätten abhalten können!“. Der Trupp des besagten Sergeants hatte sich außerdem bereits auf eine andere Position zurück gezogen. Oder für die welche Augen im Kopf hatten waren sie Hals über Kopf davon gelaufen als sie ihren Aufpasser sterben gesehen hatten.
    Nun fluchte und beschimpfte Fischer unablässig alles und jeden und es war ein Wunder, dass Kommissar Leonard Orban die an Blasphemie grenzenden Ausbrüche nicht mit einem Schuss aus seiner Boltpistole zum Schweigen brachte.

    ------------------------ 9. Advent ----------------------------


    Vielleicht lag das auch an dem Höllenlärm und dem fast unablässigem Trommeln von Splittern und Granaten, welcher ein paar der Neuzugänge dazu brachten sich so tief wie möglich in ihre Deckung zu kauern. Der Kommissar war zuvor bereits beinahe von einer Granate getroffen worden, bevor er im letzten Augenblick die Deckung erreicht hatte. Es war gut möglich, dass die Explosion ihm das Trommelfell zerrissen hatte, genauso wie es schon unzähligen Soldaten zuvor passiert war.
    Oder er war sich nur allzu bewusst, dass er sich in einem Trupp voller ehemaliger Straftäter und Mörder und die Moral an einem Punkt angekommen war, bei dem man sehr genau überlegen sollte wem man aus welchem Grund den Schädel wegpustete.

    ------------------------ 10. Advent ----------------------------


    Durian nahm einen tiefen Zug aus seiner Feldflasche. Selbstverständlich war sie mit einem guten Schuss versehen welcher ebenso selbstverständlich verboten und auf das härteste bestraft wurde. Fast jeder in der Einheit hatte verbotenes in seinem Besitz. Hier ein paar Tropfen Alkohol, dort ein paar Zigaretten oder Lho-Stäbchen. Jeder hatte einen kleinen Vorrat für den Eigenkonsum oder zum Tausch bei sich. Solche wie Felix Lucar waren inzwischen bereits so mitgenommen, dass sie ihre Rationen gegen alles eintauschten mit dem sie vor der Realität flüchten konnten. Seitdem er und Mendax Tage unter einem eingestürztem Gebäude verbracht hatten waren sie beide nicht mehr die selben.

    ------------------------ 11. Advent ----------------------------


    Mendax für seinen Teil schien es allerdings deutlich besser verkraftet zu haben. Durian sah wie er Felix gerade ein paar Lho-Stäbchen zusteckte. Der verdammte Mistkerl machte mit Sicherheit ein gutes Geschäft mit dem armen Kerl den er Freund nannte. Und sowohl Fischer als auch Orban schienen mal wieder blind oder zu beschäftigt zu sein um sich darum zu scheren..
    Durian konnte nur den Kopf schütteln. Er hasste Mendax aus tiefstem Herzen, dieses verlogene Adelssöhnchen, das alles um ihn herum mit einer Verachtung und Gleichgültigkeit behandelte, dass es sich Durian im Magen umdrehte.

    ------------------------ 12. Advent ----------------------------


    Dann war das Donnern der Geschütze verstummt und für einen Moment wurde auch jeder sonstige Beschuss unterbrochen. Ein Augenblick himmlischer Stille.
    Doch schon im nächsten Augenblick bellte Fischer Befehle und ließ zum Angriff formieren. Sogleich hatte er zwei seiner Leute vorgehetzt, ließ die Hälfte Feuerunterstützung geben, während sich der Rest zum Vorrücken bereitmachen sollte. Der berüchtigte Ofenmeister war anscheinend dazu bereit erneut wieder einen guten Teil seiner Einheit zu verheizen als wären sie der Treibstoff, welcher eine Chimäre antrieb.
    Durian atmete tief durch, schulterte sein Lasergewehr und begab sich in vorgelagerte Stellung um auf den Befehl Fischers hin durch die eingestürzte Wand hindurch nach vorn zu stürmen. Seine Augen suchten bereits die nächsten Deckungsmöglichkeiten ab und er plante sein Vorrücken. Die Jahre der Erfahrung hatten ihn bisher in diesem Trupp voller Wahnsinniger überleben lassen und der Warp sollte ihn holen, wenn er nicht auch diesmal lebend aus der Sache kommen sollte.

    ------------------------ 13. Advent ----------------------------


    Wie erwartet setzte das Gegenfeuer sofort wieder ein als die Vorhut, die zwei armen Seelen, welche Fischer dafür ausgesucht hatte, den Schutz des Gebäudes verließen und auf die mit Trümmern übersehene Straße rannten. Mit einem Sprint erreichte die Frau einen Krater, welchen ein Geschütz in die Straße gerissen hatte und warf sich hinter ein herausragendes Stück Asphalt am Rand des Kraters.
    Nicht einen Moment zu früh. Kurz darauf landeten die ersten Granattreffer auf der Straße und Granatsplitter erfüllten die Luft. Mit einem Hechtsprung landete der Mann neben ihr, soweit Durian wusste der glückliche, welcher das Vergnügen sich bei den seltenen Gelegenheit welche sich dafür ergab den Freuden hingab für welche man nun mal eine Frau brauchte.

    ------------------------ 14. Advent ----------------------------


    Beide warteten die nächste Salve von Granaten ab und sprangen dann auf um zur nächsten Deckung zu sprinten. Inzwischen machte sich Durian bereit es ihnen gleich zu tun. Er sah sich nochmal um und konnte Mendax erkennen, welcher hinter Fischers Rücken in Stellung gegangen war. Eine überaus passende Position für den Feigling..
    Gerade flüsterte er einem Soldaten in seiner Nähe etwas zu. An dessen Gesichtsausdruck leitete Durian ab, dass es sich wieder um eine seiner verrückten Wetten handelte, welche er bei jeder Gelegenheit mit den anderen abschloss.
    Zu Duirans Erstaunen ließ Mendax dabei allerdings nie den Blick von den beiden Neulingen, welche Fischer vorgeschickt hatte. Durian hatte schon zuvor das Gefühl gehabt, dass Mendax ein Auge auf die Frau geworfen hatte. Was in eigentlich nicht im geringsten Verwunderte, was konnte man von jemand erwarten, welcher mit dem Adel zu schaffen hatte?
    Nichts als sein eigenes Vergnügen im Kopf..

    ------------------------ 15. Advent ----------------------------


    Durian wurde aus seinen Gedanken gerissen als er Fischer seinen Namen brüllte.
    „Marcius! Labro! Bereitmachen! Nach dem nächsten Einschlag lauf ihr los!“
    Durian fixierte wieder die Straße vor ihm. Er sah die Granaten fliegen. Dieses mal hatten sie von den beiden aus der Vorhut abgelassen und konzentrierten ihr Feuer wieder auf den Rest des Trupps. Er ging tiefer in Deckung und spannte seine Muskeln an um sofort aufzuspringen und loszulaufen sobald die Granaten aufgeschlagen waren.
    Eine der Granaten explodierte direkt vor seiner Deckung und er sah die Splitter an dem Mauerstück hinter das er sich geduckt hatte vorbeifliegen. Das Mauerwerk zitterte unter dem Aufprall und Betonstaub bröselte auf ihn herab. Doch die Mauer hielt stand. Sofort sprang Durian auf und wollte los rennen. Doch stattdessen ließ er sich mit aufgerissenen Augen reflexartig zu Boden fallen und schlug die Arme um den Kopf.

    ------------------------ 16. Advent ----------------------------


    Eine Rakete raste scheinbar aus dem Nichts auf ihre Stellung zu! Sie flog direkt über den erschrockenen Durian hinweg und schlug in der hinteren Wand des Raumes ein. Oder besser gesagt durchschlug sie diese und explodierte daraufhin, so dass die Kraft der Explosion sich nicht im Raum selbst verteilte, sondern dahinter verpuffte.
    Der schlechte Zustand der Mauer, welche bereits stellenweise durchgebrochen war, hatte ihnen wohl allen das Leben gerettet. Obwohl sie ebenso gut komplett hätte zusammenbrechen und sie alle begraben können.
    Von Staub und Betonbrocken bedeckt hob Durian seinen Kopf. Und was er sah gefiel im überhaupt nicht.


    ------------------------ 17. Advent ----------------------------


    Scheinbar hatten die Kultisten Verstärkung bekommen, oder hatten von Anfang an geplant sie in die Falle zu locken und hatten nur auf solch eine Gelegenheit gewartet.
    Im Gebäude hatten sich abgesehen von den mit Lasergewehren und Granatwerfern bewaffneten Kultisten auch einige schweren Waffen in Besitz gebracht. Der Raketenwerfer musste von irgendwo her gekommen sein und es war zu bezweifeln dass er die einzige Überraschung dieser Art sein sollte.
    Durian konnte unerwartet viel Bewegung innerhalb der Ruinen auf der anderen Straßenseite erkennen. Dort hatten sich mehr als nur eine Hand voll Granatwerfer und ein paar dutzend Mann versteckt. Und wenn sie sich in Bewegung setzen sollten würden sie ihre Stellung hinwegfegen.
    Und er sollte Recht behalten.

    ------------------------ 18. Advent ----------------------------


    Während er wieder in bessere Deckung kroch konnte Durian den Schützen im ersten Stockwerk erkennen, wie er gerade seine Waffe nachlud und sich bereit machte eine zweite Rakete auf sie abzufeuern.
    Durian wusste sofort was er zu tun hatte.
    „Raketenwerfer erster Stock, ein Uhr!“
    Sogleich kam Fischers Reaktion.
    „Sofort ausschalten! Sämtliches Feuer auf diese Position!“
    Logars schwerer Bolter hämmerte schon einen Augenblick später auf die Außenwand des Gebäudes ein und Lasergewehrfeuer wurde auf jedes Fenster und jede Öffnung in der Wand gerichtet. Unabhängig davon ob sie ihn tatsächlich erwischen würden waren sie erstmal sicher vor dem Beschuss des Raketenwerfers.
    Währenddessen sah man die Kultisten aus der Ruine strömen und sich von Deckung zu Deckung arbeiteten. Auch wenn sie wahrscheinlich viele von ihnen töten konnten ehe sie ihre Stellung erreichen würden sah es nicht gut aus. Es waren zu viele um sich große Hoffnungen zu machen.

    ------------------------ 19. Advent ----------------------------


    Und dann hörte Durian einen Befehl, welchen er in all seiner Zeit in Fischers Einheit so selten gehört hatte, dass er fast vergessen hätte was er bedeutet.
    „Geordneter Rückzug! Cruor, Marcius, Clevian, Adbar. Sie halten den Raketenwerfer in Schach! Alle anderen Deckungsfeuer für DeMunn und Sors!“
    Gleich darauf bellte er die Befehle auch ins Funkgerät und orderte die beiden aus der Vorhut wieder zurück. Durian wollte seinen Ohren nicht trauen. Sollte der Metzger und Ofenmeister doch tatsächlich so etwas wie Gefühl haben? Sollten ihm seine Leute doch tatsächlich mehr bedeuten als die Munition welche sie verschossen, bzw. in sie gefeuert wurde?
    Doch sofort folgte der Befehl, der ihn verstehen ließ.

    ------------------------ 20. Advent ----------------------------


    „Hier Sargeant Sergius Fischer. Code 5483A. Fordere sofortige schwere Artillerieunterstützung auf unsere Koordinaten. Ich bestätige und wiederhole. Schwerer Artillerieschlag auf unsere Koordinaten!“
    Fischers Funker wurde kreidebleich und auch alle anderen welche in Hörreichweite des Funkspruchs gewesen waren wurde sofort klar was Fischer gerade getan hatte. Er hatte sie gerade alle zu einem Köder für die Kultisten gemacht.
    Wenn sie sich nicht innerhalb kürzester Zeit zurückziehen würden würde das ihr aller Ende sein.



    Die beiden Straflegionäre aus der Vorhut rannten so schnell wie sie konnten. Sie überbrückten die Entfernung zurück bis zur ersten Deckung, dem Krater in der Straße, so schnell dass sie nur unter einen Bruchteil des Feuers standen den man hätte erwarten können. Die meisten Kultisten waren einfach zu überrascht und nicht schnell genug beim Zielwechsel gewesen.
    Doch für die Frau war es dennoch zu viel.

    ------------------------ 21. Advent ----------------------------


    Ein Lasergewehr streifte sie am Bein und ein zweites traf ihre Schulter. Sie ging zu Boden, nur wenige Schritte vor der rettenden Deckung entfernt. Statt ihr zu helfen wendete ihr Geliebter nur kurz den Kopf und hielt keinen Augenblick inne, sondern lief einfach weiter.
    Und dann passierte das unerwartete.
    Durian sah Mendax über die Trümmer der Mauer neben sich springen, direkt auf das feindliche Feuer zu. Mit einer Geschwindigkeit um welche ihn nur jeder auf dem Schlachtfeld beneiden konnte sprintete er direkt an Gratian Sors vorbei, welcher keinen Finger krumm gemacht hatte um seiner Geliebten zu helfen. Ein Hechtsprung mitten durch feindliches Feuer brachte ihn nahe an die Frau und er ließ sich das letzte Stück einfach zu ihr hin schlittern.
    Das selbstsüchtige, egoistische Adelssöhnchen packte sie und warf sich mit ihr in die Deckung des Kraters, aus zahlreichen Wunden blutend und so selbstlos wie man es von niemandem auf diesem Schlachtfeld erwartet hätte, schon garnicht von ihm.

    ------------------------ 22. Advent ----------------------------


    Hatten die schnellen Beine des Feiglings sich doch mal für was nützliches ausgezahlt dachte sich Durian mit einem Schmunzeln, halb aus Sarkasmus, halb aus Bewunderung. Wenn sie es jetzt noch schaffen würden dort raus zu kommen bevor die vorrückenden Kultisten sie erreichen würden..
    Doch Fischer befahl sofortigen Rückzug und das Einstellen von Unterstützungsfeuer. Und verdammte damit beide. Es würde wohl doch keine Wunder geben an diesem Tag. Der Imperator beschützte wohl keine Verbrecher.
    Dann folgte der erste Einschlag des Artilleriefeuers und die Szenerie verschwand in Staub und Explosionen.

    ------------------------ 23. Advent ----------------------------


    Zwei Männer waren an diesem Tag während des wahnsinnigen Rückzugs unter dem eigenen Artilleriefeuers gefallen. Koras Adbarwar von einer einschlagenden Artilleriegranate zerfetzt worden, kurz nachdem sie das Gebäude hinten wieder verlassen hatten. Aetiun Clevian hatte eine herabstürzende Wand zerquetscht, als sie im nächsten Gebäude Stellung bezogen hatten um die sie immer noch verfolgenden Kultisten zu stellen.
    Sie hatten alle Kultisten bis auf den letzten Mann niedergemacht. Das Gebäude in dem sie zuvor Stellung bezogen hatten war vom schweren Artilleriebeschuss fast eingeebnet worden.
    Nachdem sie ihre Verwundeten soweit wie möglich versorgt und sich so weit wie möglich um die eigenen Toten gekümmert hatten hatten rückten sie wieder vor. Als sie die Trümmer des Gebäudes weitestgehend überwunden hatten konnten sie die Straße einsehen, auf der sie Mendax Cruor und Sarah DeMunn zurück gelassen hatten. Eine Fasade und Teile des Gebäudes waren auf die Straße gestürzt und hatten sie mit Trümmern blockiert. Anzeichen auf weitere Kutlisten fanden sie keine.
    Was sie fanden war das Wunder des Imperators, an welches sie alle schon nicht mehr hatten glauben wollen.

    ------------------------ 24. Advent ----------------------------


    Aus dem Schutt auf der Straße ragte ein halber Körper eines Legionisten heraus und als sie sich ihm näherten hob sich ein Arm zum Himmel hinauf. Sie fanden Sarah und Mendax, eng umschlossen und verwundet, halb von einem großen Trümmerstück begraben, welches sie allerdings davor bewahrt hatte zerquetscht zu werden. Sie hatten noch alle Gliedmaßen und auch wenn Mendax bewusstlos war und eine schwere Kopfverletzung hatte waren sie beide am Leben.
    Trotz ihrer Situation, obwohl sie mitten in Feindgebiet waren, brach unter den Legionisten Jubel aus. Sogar Fischers Gesichtszüge glätteten sich und es war etwas ähnliches wie ein Lächeln zu erkennen.
    Nach diesem Tag wurden beide innerhalb der ganzen Straflegion bekannt und ihr Überleben als Wunder des Imperators gefeiert.


    Supersonderbonuspart4whoevergivesafuck!
    ------------------------ 25. Advent ----------------------------


    Durian schwebte in einem Ether aus dunklem Schmerz. Von weit, weit weg kam der Schmerz. Unmöglich zu erfassen doch auch unmöglich zu ignorieren. Schmerz welcher ihn durchdrang und ausfüllte. Aber ihn nicht zu zerstören drohte. Nicht mehr.
    Schwer sich in diesem Zustand zu konzentrierten versuchte Durian zu verstehen was diese Erinnerung waren und warum er sie hatte. Warum er sie genau jetzt hatte.
    Dann kam es ihm. Wieder drangen sich Erinnerungen auf und plötzlich wusste er warum ihm sein Verstand diese Bilder ins Gedächtnis gerufen hatte.



    Fortsetzung morgen, solange ich dazu komme :up:



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    Hat den Titel des Themas von „[40k] Das Herz der Dunkelheit, Kapitel 1, 2, + Advenskalender“ zu „Das Herz der Dunkelheit, Kapitel 1, 2, [Drukhari, unvollendet]“ geändert.
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