[40k | LetztesGefecht] Sollbruchstelle

  • Mit einer eigentümlichen Ruhe begutachtete er sein Werk. Das feine Netz der Schnitte, das rätselhafte Muster der Blutstropfen.


    Zuerst hatte er etwas zu reparieren versucht, doch nun war er stattdessen wieder daran, etwas zu zerstören. Im Grunde lief es in der Geschichte sehr häufig darauf hinaus. Sein Mechanicus Protectiva lag noch genauso geborsten vor ihm, wie zuvor. Der Edelstein, rot wie das Blut, welches das kleine Gerät nun befleckte, lag aus seiner Fassung gelöst daneben. Die Reparaturinstrumente sammelten sich auf der anderen Seite, für den Moment vergessen — beinahe alle zumindest. Mit einem Gefühl, das Bedauern sehr nahe kam, sah er zu, wie seine Larramanzellen ihre Arbeit taten und sich frisches Narbengewebe auf seinem Handrücken bildete. Ein Astartes zu sein, bedeutete immer eine recht kurze Bestrafung des Fleisches.


    „Eisenvater.“


    Die Stimme, die unvermittelt in seine Reverie platzte, kam unerwartet und war zu diesem Zeitpunkt fraglos unerwünscht. Er wandte ihr den Rücken zu und saß für den ungebetenen Besucher gegen das Licht. Dennoch hielt er es im Moment nicht für nötig, etwas an der Situation zu ändern. Gelassen nahm er seine Instrumente wieder auf und begann zu arbeiten.


    „Wie man hört, willst du uns verlassen.“


    Der angesprochene Schattenriss antwortete nicht, was den Sprecher jedoch nicht daran zu hindern schien, mit seinem Monolog fort zu fahren.


    „Fortius hat sich auch dafür entschieden, wusstest du das? Wir verlieren nun also gleich zwei Brüder an die Deathwatch. Von allen Möglichkeiten ausgerechnet diese! Seit wann haben wir Iron Hands mit der Inquisition zu schaffen?“


    Zumindest dieses Mal hielt der Eisenvater mit seinem Tun inne. Er hob jedoch nur den Kopf und leicht die Schultern, als würde er dem Gesagten nun die volle Aufmerksamkeit schenken.


    „Der Kalimandras, den ich einst kannte, war nie so schweigsam. Sind dir deine Brüder nicht zumindest ein paar Worte des Abschieds wert?“


    „Zeitverschwendung“, knurrte die Silhouette endlich. Gerade als der erste Sprecher scharf die Luft für eine entsprechende Antwort einzog, wandte der Eisenvater sich um und ergriff zuerst das Wort. „Es wäre nicht relevant.“


    „Für wen? Dich oder uns, Phersu?“


    Ein stechender Blick unterstrich das bittere, halbseitige Grinsen, das sich auf Phersus Zügen festfraß. „Tatsächlich für wen. Eine gut gestellte Frage. Wir standen bereits länger auf getrennten Pfaden. Warum nun also vorgeben, dies sei nicht so gewesen?“


    „Vielleicht bin ich hier, um das zu ändern. Wir sind auf dich angewiesen, Eisenvater.“


    Statt einer Antwort blitzte etwas Silbernes in Kalimandras rechter Hand auf und wirbelte kreiselnd durch die Luft. Sein Bruder ahnte die Bewegung mehr, als das er sie sah und seine eigene Rechte schloss sich rein aus Reflex um das Objekt. Bevor der überrumpelte Iron Hand Fragen stellen konnte, raunte der Eisenvater selbst eine.


    „Siehst du irgendeinen Zusammenhang zwischen mir, und diesem Gegenstand, Petrolek?“
    „Was soll damit sein, Eisenvater?“
    Dabei hielt er es immer noch fest umklammert.


    „Sieh hin. Sage mir, was siehst du?“, bohrte Kalimandras weiter, während er auf seinen Bruder und Freund zuging. Jetzt erst lockerte der so aus dem Konzept gebrachte Marine seine Faust und starrte verständnislos auf das zweckentfremdete Corpus Delicti.


    „Es ist ein Zahnrad.“
    Sieh hin, beim Licht des Omnissiah! Oder geh und vergeude nicht länger meine Zeit.“
    „Wie du willst. Ich sehe ein Zahnrad und bloßgelegte Schaltkreise. Es ist blutig. Es ist zerbrochen.“


    Stille senkte sich wie ein muffiges Tuch zwischen die beiden Iron Hands, die sich nur schweigend anblickten. Ein Tuch, das jeden Gedanken an weitere Worte in Petrolek erstickte. Zumindest bis Phersus schlurrende Stimme den Schleier zerriss.
    „Und weiter?“
    „Ferrus... Bruder, was erwartest du eigentlich von mir?“


    Der Eisenvater schüttelte nur stumm den Kopf und versuchte seinem Bruder das Zahnrad wieder abzunehmen. Dieser weigerte sich jedoch beharrlich, bis Kalimandras sich schließlich zu einer Antwort hinreißen ließ. „Nichts. Einen blinden Mann kann ich nichts lehren.“


    Mit kalter Wut wäre sein Gegenüber wohl vertraut gewesen, mit Enttäuschung hatte er umgehen gelernt, nicht aber mit dieser toten Stimme abweisender Gleichgültigkeit. Petrolek setzte zu einer Antwort an, ohne jedoch Worte finden zu können, die dem angemessen gewesen wären und schüttelte schließlich hilflos den Kopf. Mit einer resignierten Geste hielt er Phersu schließlich das Protectiva hin. Kurz nachdem in seinen Augen etwas zerbrach und diese stumpf wurden. Er wandte sich ab, und verließ das einstweilige Reich des ihm nun fremd gewordenen Freundes, bis er auf der Schwelle über die Schulter hinzufügte:


    „Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ihr geht, Eisenvater.“


    Jener blieb die Antwort schuldig.


    ___
    Faules Obst und Kekse bitte hierhin ;)