Hallo miteinander,
hier ist nun also mein Einstand im Storybereich und den möchte ich auch sogleich mit einem Beitrag zum Themenevent feiern. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen
Die Schritte der auserwählten Gruppe, dessen Teil er war, hallten stet in die scheinbar endlose Leere der Kammer. Die periodischen Echos, die jedem Fußauftritt in natürlicher Weise folgten und von der Dunkelheit der Katakomben wieder verschluckt wurden, erzeugten in ihm ein mulmiges Gefühl. Sie wirkten irgendwie bedrohlich und ließen ihn unbedeutender und kleiner erscheinen, als er zugeben wollte. Dieser Eindruck wurde durch die eigentliche unnatürliche Stille im Innern des riesigen, aus schwarzem Metall gefertigten Bauwerks noch verstärkt.
Dabei hielt Kheratum sich für etwas Besonders: Nicht jeder konnte eine solch lange Karriere als Hofschreiber und Chronist vorweisen und nicht jeder erreichte das hohe Alter, das er besaß. Ganz zu schweigen davon, mit so einer langen Lebenszeit noch im aktiven Dienst bei seinem Herrn zu sein. Und Kheratum war sich sicher, dass sich auch sein Herr darüber bewusst war, was er an ihm hatte.
Doch das hohe Altern von 25 Ellipsen hatte seinen Preis gefordert: Sein Haar war bis auf wenige schwarze Büschel ausgefallen. Tumore bildeten schwammige Wülste unter der Haut. Seine gelben Augen wurden trüb und mit jedem Augenblick schmerzten die nässenden Wunden, welche sein Haut aufrissen, mehr und mehr. Kheratum musste zugeben, dass die atomaren Sonnenwinde, mit denen der Planet Târyk beständig gepeinigt wurde, ihn jedweden würdevollen Aussehens beraubt hatten.
Und doch war er vor so vielen starken Kriegern und treuen Beamten von Lord Nounrakh auserwählt worden.
Kheratum hatte zahlreiche Ellipsen lang nichts von seinem Lehnsherrn gehört. Wegen des immer noch andauernden Krieges und der damit verbundenen strategischen Arbeit, die sich aufgrund dessen zweifellos an seinen Lord richtete, war dies nicht weiter verwunderlich. Resultate der militärischen Kampagnen gegen die verhassten Alten oder die anderen Dynastien wurden ihm sowieso fast ausschließlich von irgendeinem niederen Boten zugetragen, egal ob sie von ermutigendem Erfolg gekrönt oder dem bitteren Inhalt von Niederlagen durchtränkt waren.
Doch vor wenigen planetaren Rotationen war der höchste Leibeigene seines Herrn in Begleitung einer großen in silbrigen und goldenen Roben gekleideten Gestalt in seine Kammer getreten. Anhand der Hieroglyphen und Insignien am Kragen der Robe und dem Stirnbereich der Kapuze, aus deren Dunkel nur zwei smaragdene Augen leuchteten, erkannte Kheratum seinen Hochlord.
Er warf sich Lord Nounrakh sofort vor die Füße; die Stirn ehrfurchtgebietend auf den kalten Boden aus Marmor gedrückt.
„Erhebe deinen Blick, Kheratum!“ Die Stimme war ein tiefer Bass und dennoch von samtenem Ton. Kheratum war nicht überrascht, dass der Hohe Leibeigene und nicht der Hochlord das Wort an ihn richtete. Schon allein die Tatsache, dass Lord Nounrakh ihn seines Blickes würdigte, war mehr Ehre und Lohn, als Kheratum je zu hoffen gewagt hatte.
Nun hob er seinen Kopf, um den Hohen Leibeigenen in die Augen zu schauen. Er erhaschte für einen kurzen Moment einen Blick auf den Zeige- und Mittelfinger seines Herrn, die aus den langen Ärmeln seines Gewandes ragten. Kheratum stutze. Sie waren komplett aus Metall.
„Du hast deinem Herrn treu und aufrichtig gedient“, fuhr der Leibeigene fort, „und dafür sollst du nun deinen Lohn erhalten: Du wirst deine vergängliche Hülle abstreifen und im zeitlosen Glanz der Ewigkeit wandeln. Dein Hochlord ist stolz auf dich!“
An diesem letzten Gedanken hielt er fest und Kheratum atmete kaum merklich durch, während er durch die lichtarmen kalten Flure schritt und sich beruhigte. Das Gespräch war nun knapp sieben Rotationen vergangen. Er musste sich auf die kommende Ehrung vorbereiten, die höher nicht sein konnte: Er war einer der Auserwählter seines Herrn. Er sollte unsterblich werden. Kheratum wünschte sich nur, seine Frau und seine beiden Töchter hätten diese Ehrung noch erleben dürfen.
Ganz abrupt war der Gang zu Ende. Kheratum schaute sich um und sah weitere Necrontyr: Beamte, Kämmerer und Krieger. Eine ungleiche Schar, die bald die am sehnlichsten gewünschte Erfüllung ihres Volkes erfahren sollte.
Nach wenigen Momenten des Wartens fing das lebende Metall vor Kheratum und den anderen an, sich zu regen und die Wand schmolz vor ihnen in den Boden. Zu Kheratums Linker öffnete sich ebenfalls ein Portal und der Hohe Leibeigene sowie eine riesige Gestalt, deren Haut sich ebenso bewegte und glänzte wie das lebende Metall der Wände, betraten den Gang. Der Riese hatte auf seiner rechten Gesichtshälfte ein großes und drei kleine grüne Augen. An seinem rechten Arm befand sich statt einer normalen Hand ein riesige Klaue aus drei Gliedern. Seine linke Hand umklammerte ein goldenes Schwert, das wie von Adern in einem organischen Körper mit smaragdgrünen Energien durchzogen war. Die riesige metallene Monstrosität war muskulös und stampfe auf klauenbewährten Füßen vorwärts. Wenige Schritte vor der Gruppe der Auserwählten blieben die beiden Gestalten stehen.
Kheratums Augen weiteten sich vor Erstaunen und unterdrückter Furcht.
Ein Sternengott, dachte er zitternd, Also werden sie uns die Untersterblichkeit schenken. Sie werden uns segnen.
„Ihr alle wisst, weshalb ihr gerufen wurdet.“ Der Hohe Leibeigene sprach ohne Begrüßung oder unnötige Umschweife. Er hob seinen rechten Arm in eine waagerechte Position und beschrieb eine Geste in Richtung des großen Eingangs, der sich zuerst geöffnet hatte: „Tretet in die Kammer des Biotransformationsprozesses und erwartet die Segnung der Sternengötter!“
Khartum und die anderen Auserwählen betraten die Biotransformationskammer, deren Öffnung sich nach kurzer Zeit wieder schloss. Dunkelheit umgab Kheratum. Er fragte sich, wann er die Unsterblichkeit erhalten würde. Wie fühlte sie sich an? Er wartete. Nichts geschah.
Plötzlich spürte er einen brutalen Schmerz durch seinen gesamten Körper zucken. In absoluter Pein und Agonie brach Khaterum auf dem Boden zusammen, als sein Körper sich langsam verformte und zu verfaulen schien. Seine Haut vertrocknet, wurde spröde und blättrig und trennte sich von seinem Körper. Die Fasern und Sehnen seiner Muskulatur lösten sich auf, worauf sich Fleischbrocken in großen blutigen Stücken von seinem Skelett schälten und blanke Knochen entblößten. Die Adern des alten Schreibers platzten auf und ließen sein Blut in Strömen auf den Boden klatschen. Seine Bauchdecke öffnete sich und die Darmschlingen begannen herauszuhängen, als sie plötzlich von einem lebendig wirkenden Metall umschlungen wurden und sich statt Gewebe in dicke Kabelstränge verwandelten. Die Gedärme wurden in seinen Brustkorb zurück gezogen und quetschten zu Kheratums Qual sein Herz und seine Lunge ein. Seine Knochen wurden ebenfalls von der metallischen Flüssigkeit überzogen und sein freigelegtes Rückgrat wurde von einem Strom aus goldenem Metall und Schmerz geflutet. Die Pein war kurz davor, seinen geschwächten Körper zu überwältigen und ihn in die Bewusstlosigkeit zu reißen. Der scheinbare Verfall seiner Gestalt hatte mittlerweile seinen Schädel erreicht und die ersten Stellen von diesem freigelegt. Das Metall drang in die Nasen- und Augenhöhlen ein. Es überwältigte Kheratums Gehirn mit brutaler Agonie, so als ob tausende glühende Nadeln darin versenkt wurden, und verwandelte es in einen Nexus aus elektronisch-mechanischen Synapsen, Sendern und Empfängern. Der alte Necrontyr wollte in seinem unendlichen Schmerz aufschreien, doch das Metall floss in seinem Mund und die Kehle hinunter. Es legte sich über seine Zähne und überflutete seine Luftröhre, während es seine Stimmbänder zu durchtrennen schien. Seine Finger verkrampften sich, als die kochende metallische Flüssigkeit sich immer mehr um seinen Körper zusammenzog, langsam erkaltete und schließlich erstarrte.
Der Körper Kheratums lag im Staub, richtete sich aber sofort, wenn auch langsam, wieder auf. Er war nun ein Skelett, das komplett in Bronze, Gold und Silber gekleidet war. Aus Kheratum, dem Schreiber der Necrontyr, wurde Kheratum, der Necronkrieger KT-12-1.
Die vor Schmerzen brüllende Gestalt des Ork löste sich innerhalb von Sekunden Schicht für Schicht und Atom für Atom auf, als der konzentrierte Strahl aus kränklich-grüner Energie seinen Brustkorb durchbohrte.
Necronkrieger KT-12-1 beachtete den Todeskampf der Grünhaut nicht, sondern wendete sich stoisch und emotionslos der nächsten Bedrohung zu, den Gauss-Desintegrator einsatzbereit in seinen silbernen Händen haltend. Meterhohe Fontänen aus Sand explodierten um ihn herum aus dem Wüstenboden, als Geschützgranaten orkischer Machart in den jeweiligen Stellen detonierten.
Einst war er ein Beamter der Necrontyr, doch der Krieg gegen die Alten, gegen die anderen Dynastien und gegen die C’tan hatte bereits einen großen Tribut von ihm gefordert, von der sechzig Millionen Jahre andauernden Stasis und den Schlachten gegen die Galaxis verseuchenden sterblichen Völker ganz zu schweigen.
Es war als ob sich zwei Wesen den Körper des Necrons teilten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Mit jeder Wiedererweckung in der Gruftwelt von Târyk ging ein kleiner Teil der ursprünglichen Persönlichkeit Kheratums verloren. Mittlerweile war nur noch ein minimaler Tropfen seines Bewusstseins übrig. Lediglich sein Selbsterhaltungstrieb war der letzte verbliebende Beweis für seine Vergangenheit als emotionales, lebendes Wesen. Necronkrieger KT-12-1 empfand keine Trauer um gefallene Kameraden oder Freude aufgrund eines Sieges. Für ihn zählte nur die Erfüllung seiner Programmierung. So wenig war von Kheratum, dem Chronisten, geblieben. Die C’tan hatten ihm Unsterblichkeit versprochen. Doch wo sein Körper überdauerte, schwand seine Persönlichkeit immer mehr dahin. War dies nicht ebenso gleichbedeutend mit Sterblichkeit; mit der endgültigen Umarmung des Todes an sich? Diese Frage nagte immer wieder am letzten Funken Kheratums.
Necronkrieger KT-12-1 lenkte mit seiner Faust den Abwärtshieb eines weiteren grunzenden Orks ab. Der Orkboy verlor kurz sein Gleichgewicht, was der Necron nutzte, um mit seiner klingenbewährten Waffe auszuholen und der Grünhaut mit einem eigenen Abwärtshieb den Schädel zu spalten. Die grau-rosa mit blubberndem Blut vermischte Hirnmasse quoll breiig aus dem zertrümmert Kopf des Ork, als dieser noch zuckend auf die Knie sank und schließlich zu Seite kippte.
Die grünen Augen von Necronkrieger KT-12-1 fixierten auf der Suche nach weiteren Zielen einen riesigen Ork, der ihm herausfordernd etwas in seiner gutturalen Sprache entgegen brüllte. Die umfangreichen Linguistik-Programme des Necrons konnten nicht mal ansatzweise eine sinnvolle Aussage daraus generieren.
Der Ork war ein riesiger Berg aus dicken Adern und harter Muskelmasse. Sein Gesicht war vernarbt und seine kleinen roten Augen funkelten voller Mordgier, als er mit Geifer und Speichel in den Mundwinkel und einem brutalen Grinsen auf den wulstigen Lippen auf Necronkrieger KT-12-1 zustürmte. In seinen riesigen Pranken schwang er eine gewaltige Kettenaxt, deren rostige Zähne mit mörderischer Geschwindigkeit um den Kopf der Waffe surrten. Es war ein Geräusch wie ein blutgieriges, monströses Insekt. Hätte der Necronkrieger noch mehr von seiner früheren Persönlichkeit behalten, wäre er sicher fasziniert gewesen, da nach seinen Logikprogrammen zufolge die Waffe in ihrer gegenwärtige Bauweise nicht hätte funktionieren, geschweige denn ihn beschädigen dürfen.
Doch so berechnete er nur in kalter Präzision seine Siegchancen gegen die grünhäutige Monstrosität. Und die standen schlecht.
Necronkrieger KT-12-1 hob seinen Desintegrator, bereit den Feuerimpuls zu senden. Doch der Orkboss überbückte die Entfernung zu ihm mit so atemberaubender wie erschreckender Geschwindigkeit. Ehe der Necron feuern konnte, war der Ork schon bei ihm, schmetterte mit seiner rechten Faust den Gauss-Desintegrator beiseite und ließ seine Axt mit brutaler Kraft in die Schulter des Metallkriegers rasen.
Mit tödlicher Unaufhaltsamkeit grub sich die Kettenakt immer weiter diagonal von der Schulter abwärts zum Brustbereich von Necronkrieger KT-12-1 hinunter. Das letzte Überbleibsel von Kheratum schrie innerlich auf. Verzweifelnd das Schauspiel beobachtend, auf das er keinen Einfluss und das doch so gewaltige Auswirkungen auf ihn hatte. Wie aus einem Käfig heraus musste er ansehen, wie sich die Zähne der orkischen Axt dem Energiecortex in seiner Brust nährten und ihn zu zerfetzen drohten. Er hämmerte gegen die mentalen Stäbe seines Gefängnisses. Brüllte gedanklich sich selbst in Gestalt des Necronkrieger KT-12-1 an, etwas zu unternehmen; den letzten Funken seiner Existenz zu beschützen.
Er flehte. Er wimmerte. Er wollte nicht sterben.
Doch das Schicksal war grausam: Die Axt zerriss den Cortex und fräste den Oberkörper des Necrons in zwei Hälften. Er kippte nach hinten in den staubigen Boden. Die Reanimationsprotokolle analysierten den Schaden und stellten fest, dass er zu groß war. Necronkrieger KT-12-1 musste in die Gruftwelt für eine umfassende Wiederherstellung zurückteleportiert werden.
Nein!, schrie Kheratums letzter Funke verzweifelt auf, Bitte nicht!
Es war ein Dilemma: Entweder er würde zur Gruft teleportiert werden und das letzte Stück seiner selbst verlieren oder der Teleport-Peilsender versagte und seine Kriegergestalt würde sich selbst zerstören. So oder so: Er würde sterben.
Es gab ein kurzes Knacken als ein kleines Vakuum im leeren Alkoven der Reanimationskammer erzeugt wurde, welches Sekundenbruchteile später mit Luft und dem Körper von Necronkrieger KT-12-1 gefüllt wurde. Die zerstörten Teile des Necronkörpers hingen stumm in der Kammer, doch im Geiste tobte ein letzter Kampf:
Kheratum schrie. Er sah sich und Necronkrieger KT-12-1 vor seinem inneren Auge gegenüberstehen. Er hämmerte ihm gegen die metallene Brust. Er flehte ihn an, ihn zu retten. Er verfluchte ihn für seine Unachtsamkeit im Kampf. Er hasst ihn für all das, was er repräsentierte: Leere. Emotionslosigkeit. Vergessen.
Wer sollte nun Kheratums toter Frau gedenken? Seinen Kindern? Ihm? Kheratum wollte weinen und seiner Panik Ausdruck verleihen. Er wollte sich an Necronkrieger KT-12-1 festklammern und den letzten Teil seiner Persönlichkeit bewahren. Doch ehe er diesen Gedanken vollständig fassen konnte, verschwand der Boden unter Kheratums Füßen. Er fiel ins Dunkle und musste erkennen, dass der letzte grausame Scherz der Sternengötter nun zu seiner perversen Pointe kam: Die verzerrte Parodie seines Körpers mochte ewig sein, doch sein Ich, seine Persönlichkeit, das, was ihn ausmachte, war es nicht.
Sie hatten es versprochen! Sie hatten es versprochen…. Der letzte Schrei, der letzte Beweis, von Kheratums Existenz verhalte ungehört in den Schaltkreisen und Prozessoren von Necronkrieger KT-12-1, als er von der finsteren tödlichen Vergessenheit umarmt wurde.
Kheratum, der Necrontyr und Hofchronist der Noun-Dynastie, starb schließlich und an seiner Statt trat vollständig die kalte, emotionslose Existenz von Necronkrieger KT-12-1.
Über Anregungen und Kritik würde ich mich freuen. Buhrufe und Schmähungen Konstruktive Kritik kann hier hinterlassen werden
MfG Gambler