Es war eine ruhige Nacht.
Der Himmel war klar, keine einzige Wolke verdeckte den Blick zu den Sternen.
Und zwischen den leuchtenden Punkten am Himmel strahlte der Vollmond. Sein Scheinen erhellte die ganze Ebene.
Die Bäume warfen ihre Schatten auf das, durch die leichte Brise wogende Gras.
Einzig ein ruhiges Stampfen war zu hören. Einsam stampfte eine Gestalt durch die nächtliche Idylle.
Auf ihrem Rücken erkannte man die Umrisse einer riesigen Axt. Ihre doppelseitige Schneide glänzte im Mondlicht.
Griffbereit, um jederzeit den Körper eines Feindes mit ihren scharfen Kanten in zwei Hälften
zu teilen.
Die Gestalt stapfte weiter, rückt kurz den geschulterten Bogen zurecht und beobachtete die
Umgebung um sich herum.
"Blöde Idee, sich alleine durchs Feindesland zu begeben", murmelte Snehk.
Der Ork sah sich um. Alles war ruhig. Zu ruhig, dachte er sich.
Wenn es ruhig ist, stimmt etwas nicht. Jeder erfahrene Ork-Krieger weiss das.
Er tastete nach dem Griff seiner Axt. Es war zwar keine Gefahr zu erkennen, aber
das beruhigende Gefühl, den Griff seiner Waffe zuspüren, half nicht nervös zu werden.
Die Narben in seinem Gesicht zeigten, dass er schon viele Kämpfe hinter sich hatte.
Schon viele Schlachten hatte er geschlagen und das er noch lebte war ein Zeichen, dass
er wusste, wie man diese Waffe führt.
"Oder es war einfach nur Glück." huschte ein Gedanke durch seinen Kopf.
Aber er war sich sicher, es war ein Zeichen, dass seine Zeit noch nicht gekommen war.
Viele Kriege lagen hinter ihm und ebenso viele mögen noch vor ihm liegen.
"Im Namen von Thrall...im Namen der Horde."
Plötzlich riss ihn etwas aus seinen Gedanken.
Vielleicht war er in Gedanken, aber dies minderte nicht im Geringsten seine Wachsamkeit.
Da war etwas. Etwas huschte zwischen den Bäumen her, die wenige Meter vor ihm lagen.
Er festigte den Griff am Schaft seiner Axt.
Langsam ging er weiter. Er versuchte sich nicht anmerken zu lassen etwas gesehen zu haben.
Doch er sah ihn sehr gut. Zwischen den Bäumen lauerte ein kleiner unscheinbarer Schatten.
Man konnte die Umrisse der Person erkennen, die den Schatten warf. Sie war groß gewachsen,
mit einem eleganten zierlichen Körper. Die spitzen länglichen Ohren waren sehr gut zu erkennen.
"Dreckiges Elfenpack", dachte sich Snehk. Unvorsichtig war sie auch noch. "Das wird ein leichtes Spiel für mich."
Doch der Schatten war weg. Vom einen auf den anderen Moment war der Schatten verschwunden.
Diese Fähigkeit besaßen nur die elfischen Schurken, darin war sich Snehk sicher.
Auch war ihm bewusst, dass dies die Situation nicht gerade für ihn verbesserte.
Im Gegenteil. Einen Schurken im Licht der Tagessonne zu bekämpfen war eine Sache.
Doch jetzt, wo der Mond ihm zusätzlichen Schutz durch sein schwaches Licht gab, wurde die
ganze Sache nochmals erschwert.
Snehk zog seine Axt.
Klar und deutlich war nun der Arkanitschnitter zu erkennen. Blut aus alten Schlachten befleckte das glänzende Arkanit.
Schwer lag er in seiner Hand. Es war keine normale Axt. Jeder wusste, der Arkanitschnitter war eine der besten Äxte im ganzen Reich.
So manch einer ergriff die Flucht, wenn er diese Waffe in der Hand eines feindlichen Kriegers sah,
so gefürchtet war sie. Und es war bekannt, welchen Schaden sie anrichten konnte, wenn der Träger wusste,
wie er sie einzusetzen hat. Und Snehk war einer dieser Krieger. Die Axt war ihm so vertraut,
dass man manchmal das Gefühl bekam, sie sein ein Teil von ihm, wenn man ihn sie schwingen sah.
Und nun musste er sie schwingen, wenn er diese Nacht überleben wollte.
Er blickt sich um, doch konnte er nichts von dem Schatten, geschweige denn von dem Elf, zu dem dieser gehörte, erkennen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen.
Plötzlich hörte er ein Rascheln hinter sich. Dann konnte man hören, wie die blitzschnellen Schläge eines Dolches die Luft zerschnitten, während die Spitze auf Snehks Rücken zuraste.
Im letzten Moment drehte er sich zur Seite.
Die Klinge schnitt ihm durch den Oberarm. Er schwang seine Axt in die Richtung des Angreifers,
doch der plötzliche Schmerz lies ihn zusammenzucken. Er erwischte den Elf mit der Breitseite
seiner Axt und taumelte zurück.
Benommen wankte er zurück. Die Umgebung um in herum fing an zu verschwimmen.
Der Elf musste seinen Dolch vorher vergiftet haben und durch den Schnitt in seinen Arm drang
es langsam in seinen Körper ein. Doch er hatte jetzt keine Zeit um sich um die Verletzung zu kümmern.
Der Elf hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt, nachdem der Treffer von Snehks Axt in auf
den Boden geworfen hatte. Noch leicht desorientiert stürmte er wieder auf Snehk los. Snehk sah,
wie die verschwommene Gestalt näher kam. In der erhobenen Hand blitze der Dolch.
Er wusste, dass es besser sei, sich nicht noch einmal Treffen zu lassen.
Er war vielleicht hart im Nehmen, doch einen weiteren Treffer des vergifteten Dolches würde
selbst ihn niederstrecken, was sein Ende bedeuten würde. Das er seinen letzten Atemzug in
einer Schlacht erleben würde, dessen war sich Snehk sicher. Aber dieses Schicksal wird ihm
nicht heute Nacht ereilen. Jedenfalls nicht, wenn er es zu verhindern wusste. Mit beiden Händen
umklammerte er seine Axt. Blut lief ihm aus der Wunde den Arm hinab.
"Diesmal wirst du bluten", sagte er sich innerlich.
Gekonnt wich er dem Hieb des Elfen aus, der in diesem Moment auf ihn zugesprungen kam.
Mit einer Drehung schwang er seine Axt in Richtung des Angreifers.
Ein lauter Schmerzensschrei schreckte einige Vögel auf, welche sich den Kampf von ihren sicheren Plätze auf den Ästen der nahestehenden Bäume angeschaut hatten.
Blut spritze Snehk in das Gesicht.
Doch es war nicht sein Blut. Der Schlag hatte den Schurken erwischt und ihm die Kniesehne
durchtrennt. Schmerz durchzog seine Glieder und er wedelte mit den Armen, während er an
Snehk vorbei flog und auf dem verletzten Bein aufkam.
Durch den Schwung rannte er noch einige Meter weiter bis er schließlich auf die Knie fiel.
Sofort rappelte er sich wieder auf, den Schmerz ignorierend. Doch es fiel ihm schwer sich auf
den Beinen zu halten. Sein Bein gab bei jedem weiteren Schritt nach. Todesangst durchfuhr ihn.
Er ging wieder auf Snehk los. Doch es fiel dem Ork jetzt leicht, den Hieben seines Gegenübers
auszuweichen und sie ins Leere gleiten zu lassen.
Snehk holte aus und lies seine Axt auf den Elfen niederrasen. Die Axt teilte das Hemd des Elf
und lies eine riesige Wunde in seinem Rücken zurück, welche sich von der Schulter bis zur
Hüfte erstreckte. Der Schurke erstarte. Seine Hände vielen schlaff herab und er spürte das
warme Blut, welches seinen Rücken hinunter lief. Dieser Schlag war zu viel gewesen.
Langsam kippte er zur Seite und landete auf dem Rücken. Mit schmerzverzertem Blick sah er
hinauf in den Sternenhimmel. Seine Brust bewegte sich unter seinem abflachenden Atem leicht auf und ab.
Snehk stand mit gesenkter Axt neben ihm. Ihre Blicke trafen sich.
Jetzt wo der Mond in das Gesicht des Schurken schien, erkannte man seine tiefen blauen
Augen und die für einen Elfen typischen feinen Gesichtszüge. Auch wenn der Hass auf die
elfische Rasse groß war, so waren es doch elegante Geschöpfe. Selbst die brutalste Schlacht wurde durch ihre eleganten Bewegungen, zu einem bewundernswerten Schauspiel.
Das musste sich selbst Snehk eingestehen, als er den Elfen musterte.
Für einen kurzen Moment dachte er, ein leichtes Lächeln im Gesicht des Elfen zu erkennen.
Snehk erhob seine Axt, um ihm den Gnadensstoß zu geben. Niemand, der genug Anstand hatte,
lies seinen Gegner unter Qualen zurück um ihn auf sein Ende warten zu lassen. So erwies man
demjenigen, dem das Schicksal in der Schlacht nicht gnädig war, wenigstens eine letzte Ehre.
Mit letzter Kraft deutete der Elf ein leichtes Nicken an. Er versuchte Snehk deutlich zu machen,
dass er bereit sei. Ein letztes Mal sah er den Mond an. Es war eine schöne Nacht.
Er atmete tief ein und schloss seine Augen.
Alles war still. Nur das leise Zischen einer Axt und ein dumpfer Aufprall waren zu hören. Dann
wurde es ruhig. Snehk setzte sich neben den toten Elfen. Er wartete noch einen Moment und
sah sich um. Bis auf den Leichnam neben ihm, wies nichts auf den kurzen Kampf hin. Es war, als
wenn nichts gewesen wäre. Er holte seine Seidenverbände aus einer seiner Taschen und begann
die Wunde zu verbinden, welche ihm der Schurke zugefügt hatte. Eine Narbe mehr am Körper,
Zeichen aus vergangen Schlachten. Irgendwann würde er dort liegen und seinen letzten Atemzug
tätigen. Bis dahin wird ihn die Narbe immer an diesen Kampf erinnern.
Nachdem er sich einen kurzen Moment erholt hatte, stand er auf. Er warf einen letzten Blick
auf den Elfen. Dann setzte er seinen Weg fort.
Es war eine ruhige Nacht. Einsam stampfte eine Gestalt durch die nächtliche Idylle.
Langsam versank die Sonne hinter den Berggipfeln.
Nur noch ein paar wenige Lichtstrahlen, erhellten das triste Ödland.
Nicht mehr lange, dann würde das gesamte Tal im Dunkeln liegen.
Seit 2 Tagen hatte Daman die Spur der Gruppe Allianzler jetzt
schon ohne Rast verfolgt. Und selbst der hartnäckigste Ork muss
auch mal rasten. Das würde den Vorsprung der Allianzler zwar vergrößern,
aber in Anbetracht dessen, dass auch sie irgendwann mal rasten müssen,
waren die paar Kilometer zu verkraften. Würde er halt am nächsten Tag
das Tempo etwas steigern müssen.
Am Fuße eines Berges schlug er im Schutze der Felsen sein Lager auf.
Er machte ein kleines Lagerfeuer und bereitete sich etwas zu essen.
Nach kurzer Zeit brutzelte ein kleines Kaninchen, das er unterwegs gefangen
hatte, über dem Feuer.
Ein bisschen abseits der Feuerstelle lag ein grauer Wolf in leichtem Schlaf.
Semyaza war von klein auf Damans treuer Gefährte gewesen und stand ihm schon
auf vielen Reisen zur Seite.
Ein leises Atmen war zu hören.
Doch der Anblick war trügerisch. Auch wenn es so aussah, als wenn er tief schlafen würde, könnte sich niemand unbemerkt an das Lager heranschleichen.
Semyaza hatte seine Ohren aufgerichtet. Bei jedem verdächtigen Knacken konnte man sehen, wie er kurz die Augen aufschlug und den Geräuschen lauschte.
Daman wusste, dass er sich auf Seymazas Wachsamkeit verlassen konnte.
Die Zuverlässigkeit seines Begleiters war Damans Versicherung, am nächsten Morgen wieder aufzuwachen,
ohne im Schlaf überrascht zu werden und Opfer eines heimtückischen Überfalls zu werden. Und so etwas war nicht unwahrscheinlich.
Es waren harte Zeiten. Vieles hatte sich geändert. Das Leben war vorher schon sehr gefährlich.
Diebe, Mörder, der übliche Abschaum. Doch dann passierte, was alle vorausgesehen haben.
Der Frieden - wenn man es Friede nennen konnte, es war vielmehr eine Art Waffenstillstand - zwischen den Truppen der Horde und den Rittern der Allianz zerbrach.
Die Reiche und ihre Anführer girrten nach Macht, nach der Vergrößerung ihrer Territorien und rücksichtslos würden sie alles zerstören, dass sich ihnen in den Weg stellt.
Diese Erfahrung hatte Daman vor nicht allzu langer Zeit wieder machen müssen.
Er war mit einer Gruppe Orks auf dem Weg nach Ogrimmar, um Thrall wichtige Dokumente über die Verteilung der Allianztruppen zu überbringen.
Doch unterwegs wurden sie von der Allianz überfallen und Daman war der einzige aus der Gruppe, der es geschafft hatte, zu entkommen.
Und jetzt verfolgte er die Allianzler, in der Hoffnung die Dokumente wieder erlangen zu können.
Und um Rache zu üben. Rache, für den hinterlistigen Angriff, der 4 seiner Kameraden das Leben gekostet hatte.
Daman überlegte, wie er handeln solle, wenn er es schafft die Gruppe Menschen und Nachtelfen einzuholen. Sie wären klar in der Überzahl,
doch Damans Ehre und seinem Ansehen zum Wohle konnte er nicht mit leeren Händen heimkehren.
"Ich schwöre bei Thrall und allem was uns heilig ist, ich werde nicht ohne die Dokumente heimkehren..."
Mit diesen Worten auf den Lippen schlief er ein.
Es war eine ereignislose Nacht. Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf,
ein paar Hasen nutzten die Dunkelheit um aus ihren Löchern zu kriechen um bald darauf wieder in anderen zu verschwinden.
Semyaza gab ein paar leise Geräusche von sich, welche den Eindruck eines Seufzens erweckten.
Als wäre er erleichtert diese Nacht ruhig liegen zu können, aber auch gelangweilt, das in dieser Gegend nichts passierte und schnell klar wurde, warum man es "Das Ödland" nannte.
Er hob einmal den Kopf und schaute sich um. Nichts außer Felsen und ab und an ein paar vertrocknete Sträucher.
Dann legte er sich wieder hin und döste weiter.
Daman erwachte, als die ersten Sonnenstrahlen den Himmel erhellten. Semyaza lag neben der erloschenen Feuerstelle
und verschlang die Reste des Karnickels, das er kurz vorher erlegt haben musste.
Nachdem er ebenfalls gefrühstückt hatte, packte er seine Sachen, schulterte Bogen, hängte seine beiden Äxte wieder an die Seite seines Gürtels
und machte sich zum Abmarsch bereit.
Semyaza schlang den letzten Bissen runter und gesellte sich zu Daman.
Gemeinsam zogen sie weiter Richtung Norden, den Spuren der Allianzler hinterher. Sie würden jetzt ein paar Kilometer zurückgefallen sein, doch der Schlaf in der letzten Nacht hatte Daman wieder neue Kräfte verliehen.
Es würde ihm nicht schwer fallen ein höheres Tempo einzulegen. Außerdem waren Orks ausdauernder als die meisten anderen Rassen. Sie konnten tagelang ohne Rast marschieren im Gegensatz zu den Menschen zum Beispiel.
"Diese ausgemergelten Dinger", dachte Daman. Sie könnten höchstens 2 Tage durchmarschieren, bis sie wieder Rast machen würden.
Und das wäre Damans Chance sie einzuholen.
Mit neuem Elan und frischem Tatendrang marschierten er und Semyaza weiter.
Sie würden das Ödland bald hinter sich haben.
Diese Gegend schafft es selbst den lebensfrohesten Menschen in Depressionen zu stürzen.