{Descansos} – Stimmen der Leere [Adeptus Astartes]

  • Wir glauben, eine Seele werde durch ihre Schuld geformt und ihre Narben. Sicherlich durch ihren Seelentraum und zuletzt durch ihre Namen. Weitaus häufiger jedoch, zumindest beginne ich das zu begreifen, werden wir durch Verlust definiert. Was uns formt, ist das Festhalten an Erinnerungen und das, was wir letztlich verloren haben. Unsere Vergangenheit liegt vor uns. Gleichfalls nah wie die Haut über unseren Knochen und doch so fern wie ein verschwommener Traum. Ein Film der flüchtigen Erinnerungen, zu schnell abgespielt und gespeist aus Bildern, Szenen, Lärm und Namen, die uns einst wichtig genug erschienen, um sie mit unserem Gedenken unsterblich werden zu lassen. Solange unsere Namen im Gedächtnis der Zurückgebliebenen nachklingen, sind wir ewig. Für mich, als Sündenfresser, war dies so greifbar wie Asche und Knochen in meiner Steinschale. Vielleicht hätte ich ahnen müssen wie viel mehr sich dahinter verbirgt.


    Alles beginnt mit blauem Sand. Gefrorenen Tränen gleich, die der ausgemergelten Gestalt in ihrer viel zu weiten Kutte aus den Falten rieseln und wie winzige Juwelen liegen bleiben. Der Gläubige des Maschinengottes grient. Vielmehr, die leblose Maske aus Stahl, die nun sein Gesicht bedeckt, möchte nur zu gerne das Leben imitieren. Doch Metall kann es nur nachahmen, sehnt sich nach Blut und Seele, kann beides jedoch nie halten. Geformt und erstarrt in einem falschen Grinsen. Es liegt etwas Anbiederndes, Zwielichtiges in seiner Sprechweise, seiner unterkühlten Höflichkeit, der gebeugten Haltung eines Dieners. Seine Emotionen, sofern er abseits dieser Maskerade welche besitzt, sind mir fremd. Verborgen in den weiten Ärmeln seiner rostroten Kutte. Wie soll ich einem Mann trauen, dessen Seele sich weigert, über seine Hände mit mir zu sprechen? Ist er das überhaupt noch? Oder vielmehr nur noch ein geschlechtsloses Wesen, vollkommen beherrscht von seinem Luftaspekt? Ein verstandfixiertes Neutrum, dessen Seele keine Schattierungen und Konflikte mehr aufweist? Abseits dessen scheint es dennoch ein Dilemma in ihm zu geben. Das ehrwürdige Adeptus Mechanicus des roten Mars wünscht unsere Unterstützung.

    Wir nannten Wiñaq Rumi nur noch Kawsay. Keiner konnte dabei später den exakten Zeitpunkt benennen, oder den Auslöser, der Namen jedoch blieb haften - denn er passte. 'Kawsay' bezeichnet die Energie, die allen Lebens innewohnt. Sein ganzes Wesen hatte diese belebende Wirkung auf uns, in der Tat auf alle, denen er begegnete. Er betrachtete Lachen als Allheilmittel gegen alle möglichen Gebrechen der Seele und des Geistes. Wir kannten ihn fast nicht anders: Ein volltönendes, tiefes Gedröhn aus der Tiefe seines Bauches, als lache der Erdaspekt der Mutter selbst und rieben in sympathischer Resonanz Felsen aneinander. Seine schroffe Stimme und sein markantes Gelächter höre ich am Lautesten.


    Sie graben sich nachts aus dem Boden, verkrustet und ohne einen Laut. Gleißend hell spiegeln sich die Suchscheinwerfer auf ihren fremdartigen Leibern. Ihre Bewegungen erscheinen so langsam, so stetig fließend wie der Sand, der sie gebiert. Denn wir, die sterblichen Eindringlinge, sind immer noch zu stur, um zu fliehen. Lichtreflexe treiben den menschlichen Arbeitern Tränen in die Augen. Furcht dagegen wuchert lange schon in ihren Herzen, wie bittere Flechten. Über allem hängt ein wirres Potpourri aus Gerüchen. Das stechende Aroma von Angst. Schweiß, Weihrauch und Promethium. Darüber ein staubiger Geruch nach Wüste und tagsüber sonnenverbranntem Plastkret. Als Mechanicus-Anlage dient der Minenkomplex gleichzeitig als Festung. Waffenbatterien recken sich wie zornig aufgestellte Stacheln in den sternenfleckigen Himmel, die Mauern sorgfältig konstruiert und trutzig. Ein Panzer, um das fragile Leben darin zu schützen. Im fahlen Licht der Dämmerung kauern Männer und Frauen ohne Hoffnung auf einen weiteren Morgen. Menschen, still und bleich in einer Reihe wie Altarkerzen. Zitternde, schweißfeuchte Hände klammern sich an die hastig ausgeteilte Bewaffnung, als sei es eine Rettungsleine. Ertrinkende in einem Ozean aus Dunkelheit und Sand. Einzig die Soldaten des Omnissiah und die Engel des Todes geben sich stoisch wie Statuen. Die zusammengewürfelte Verteidigung aus Minenarbeitern, Skitarii und Astartes wartet. Wartet auf ein baldiges Ende und schweigt. Schweigen - geboren aus Fremdartigkeit und Furcht. Nur der Sand, ewig in Bewegung, flüstert heiser sein Requiem in die sich rasch abkühlende Luft.


    Grotesk und unpassend durchbricht ein Geräusch die lähmende Apathie. Jemand lacht. Tief, ausdauernd, laut. Geradezu als hole die Festung Atem und erhielte eine Stimme der Herausforderung. Kawsay, Seelenführer der Sin Crows, grüßt den Feind mit dröhnendem Gelächter und schwerem Bolterfeuer. Er bleibt nicht lange allein. Der erste Schuss eines Zivilisten wird von einem Lachen zu den Necron-Kriegern getragen. Schrill und hoch mit der panischen Note der Hysterie. Aufflackernd wie Kerzen fällt eine Kehle nach der anderen mit ein, einzig Geschütz-Servitoren und die kühlen Skitarri bleiben abseits ihrer Binärcodes untereinander stumm. Über das gemeinsame Gewitter aus Projektilen und Laserblitzen hinweg, rollt menschliches Lachen als Donnerschlag auf den Schatten des Todes zu. Die Possen der Menschlichkeit mögen den Necrons gleichgültig sein. Einzig ihren eigenen Seelen sind die Verteidiger dieses Aufbegehren schuldig. Kawsays Lachen verstummt durch einen direkten Treffer ins Gesicht. Asche sind sie gewesen, Asche werden sie wieder sein. Kawsays Werk jedoch ist bereits getan.


    Am ersten Tag sterben wir kühn mit Gelächter im Geiste.


    Auf imperialen Sternenkarten am Rande der Schleierzone, vergessen von Freund und Feind gleichermaßen, findet sich die Bezeichnung „Nekiya“. Einst auch nüchterner bekannt als Mechanicus-Außenposten NeCondati-Gamma. Dieser unscheinbare, beinahe pittoreske Planet, der gleichmütig unter seiner nahen Sonne bleicht, lehrte den Überlebenden meiner Sippe das Hassen. Es ist richtig und gerecht, dies als Seelenmakel und Traditionsbruch unseres Ordens zu sehen. Dennoch... keiner von ihnen war dort. Keine der anderen Sippen wurde auf Nekiya derart beraubt. Wie also hätten ihre Seelen verstehen sollen?


    Manche lebenden Seelen sind wandelbarer als andere. Amorphe Gebilde, für die ein Lebenszyklus mit immer neuer Verwunderung und Anpassung einhergeht. Ein Wille zum Lernen und eine Bereitwilligkeit auch andere Elemente in sich zu begrüßen. Was gerade Feuer ist, mag sehr wohl Erde werden. Hark'aq war keine solche Seele. Wie im Leben, so im Tode. Verlässlich, vorhersehbar und vollkommen gefestigt. So selten er nun zu mir sprechen mag, umso wertvoller ist sein Rat und seine nüchterne Vernunft.


    Eben noch feuert die Hand zusammen mit seinen verbliebenen Brüdern über die Brüstung. Sein Seelenführer fiel viel zu früh und das widerwillig geerbte Kommando wiegt schwer. Ein Trupp Arbeiter schleift Kisten mit mehr Munition für die wallmontierten Geschützstellungen heran. Ihre Mienen sind vor Anstrengung verzogen, ihre Schritte bleischwer. Noch fühlen sie sich vermeintlich sicher. Hark'aq ignoriert sie, feuert auf neue Ziele. Dann Blut und Schreie. Das feucht-reißende Geräusch gewaltsam zertrennten Fleisches. Acht Bolter schwenken wie einer herum. Albträume. Gemetzel. Dazwischen Schüsse und ein zerrissener Feind. Beschuss weicht dem Nahkampf. Acht Messer gegen vierzehn Klauen. Körperteile und Splitter verteilen sich in einem Wirbelsturm aus Angriffen. Um den Wächter fallen seine Brüder wie Marionetten ohne Fäden. Selbst das treue Messer verklemmt sich und bricht. Keramitgepanzerte Fäuste krachen mit kühler Präzision gegen vermeintliche Schwachstellen. Verbeulen, zerschmettern. Nicht schnell genug. Wut, kalt und hart, flackert in der Magengrube, wird zum Brennstoff des Körpers, der längst zerfällt. Die Hand schlägt selbst dann noch auf seinen Mörder ein, als beide Arme nur noch Stümpfe sind. Schließlich fährt eine Klaue in eine zuvor gerissene Furche und durch zwei bebende Herzen. Die letzte Krähe fällt verkeilt in den Maschinenleib. Frisches Blut rinnt über Metall, das Leben simulierend, parodierend. Über kalte Symmetrie drapiert, grinst höhnisch das gestohlene Gesicht des Freundes. Eine Sturmkanone schließlich zerfetzt den Spuk.


    Am zweiten Tag sterben wir stumm mit Salz in der Seele.


    Der Tod kommt zuerst zu jenen, die sich tief in den Schoß des Höhlensystems gegraben haben. Zuerst glauben die Arbeiter und ihre Mechanicus-Schirmherren noch an die üblichen industriellen Unfälle. Danach folgt der nur allzu menschliche Aberglaube. Gerüchte über eine verfluchte Ausgrabung gebären Chimären in der Dunkelheit der Minenschächte. Später, nach genug Verlusten und verlorenen Skitarii-Suchtrupps, zeigt sich das wahre Antlitz des Feindes. Seelenlose Maschinenmenschen, die gewissenlos morden und das Leben verhöhnen. Der Orden folgt dem Hilferuf mit einer zerrissenen Sippe und mir, der Flickenseele. Was als langsames Erwachen der Necrons beginnt, nimmt Fahrt auf und steigert sich zu alles verschlingenden Wellen. Unser gemeinsamer Widerstand hält drei Tage.


    Es beginnt immer mit einem der Unseren. Obwohl ich inzwischen die Schuld ungezählter Seelen in mir trage, erinnere ich mich immer noch an jedes Detail meiner eigenen Weihe zum Sündenfresser. Hungrige Flammenfinger, die einem gefallenen Bruder das Fleisch von den Knochen schälen, der scharfe Gestank einer Befreiung aus den Ketten der Schandschale. Dann die Visionen. Erste Einblicke in einen fremden Geist, während die Asche einen bitteren Klumpen auf der Zunge bildet. Blinden Auges und würgend der freie Fall in die Sündenspirale, eine visionäre Reise mit bloßgelegtem Geist über die Dornen und Narben einer anderen Seele. Und doch bleibt danach ein zaghafter Eindruck von Erleichterung. Wir, die danach in Scherben und mit frischer Schuld zurückbleiben, jene die ein letztes Mal ihre Seelenlieder für die Aufgestiegenen anstimmen - wir wissen um unser Opfer und unsere Aufgabe. Bis ihr nächster Zyklus beginnt und die Verblassten in neuer Form zu uns zurückkehren, solange bleibt ihr Traum rein und leicht. Eine Gabe und ein Fluch, diese Berufung zum Sündenfresser. Er darf nicht werten, muss sich verlieren und gleichzeitig vollkommen bei sich sein können. Wer in jeder Seele nur das Reine sehen kann, den färbt ihre Schuld heimlich und schleichend. Wer nur noch den Schatten in ihnen sieht, verliert das Gespür für seine eigenen Wurzeln. Farbe, Geschmack und Form unserer Sündenspiralen sieht das Auge nicht durch Haut und Knochen. Ich hielt Ch'isin Ch'aska von Beginn an zu blind und starr dafür, einst meinen Platz einzunehmen. Er hört sich immer noch gern reden, mein alter Schüler. Inzwischen tränkt Gift jedes seiner Worte.


    Ch'isin Ch'aska ist ein Mann mit Überzeugungen. Einer, der selten hinterfragt und selten zögert. Er ist unser Abendstern. Ein angehender Sündenfresser und eine Krähe – und in einer törichten Geste der Treue wirft der Stern beides fort. Dieser ausgedörrte Ort, der außer bitteren Erinnerungen an Gärten nichts mehr hervorbringt, konfrontiert ihn mit den verdorrten Anteilen seiner Seele. Leid erzeugt Hass; Hass bringt weiteres Leid hervor und der Kreis schließt sich. Schande lagert sich auf Schande und die Selbstkontrolle sickert zusammen mit dem Blut in den blauen Sand. Er bezweifelt nicht, sich dem Lord der Necrons alleine stellen zu müssen. Wenn sein Opfer die Sippe schützen kann – wären Zweifel da nicht verwerflich? Oder liegt ihm viel mehr daran zur Legende zu werden?


    Die Manifestation der Schande trägt einen zerschlissenen Mantel aus Dunkelheit und einen gezackten Stab. Jener gehüllt in eine Aura aus azurnem Licht, die sich kränklich auf Metallkanten spiegelt. Er selbst schlurft als verhärmtes Phantom dieses Planeten heran – Hunger, Dürre und Leichen. Lord der Necrons und Primärziel meines törichten Bruders. Ihr Tanz der Vernichtung dauert wenige Sekunden. Wenige Augenblicke, erfüllt von brutalen Hieben und einem fahlblauen Schemen, der in einer irrsinnigen Ellipse um einen finsteren Ereignishorizont kreist. Blut und Bruchstücke. Energiespitzen, die wütend gen Boden züngeln, das Heulen eines überstrapazierten Flugmoduls und über allem: der trotzige Gesang meines Bruders. Kometenschauer aus Funken und das gequälte Kreischen von beschädigten Schubdüsen kündigt das Ende an.


    Der Tod des Abendsterns ist grell wie der brennende Blick der Sonne.
    Mit Wucht trifft der Stab auf Grund und für einen Bruchteil einer Sekunde lodert der Sand grell auf. Eine Nabelschnur aus reinem Licht verbindet flackernd den Bote des Todes und den glühenden Himmel miteinander. Zusammen löscht ihr Schleier der Blindheit die Antworten über Leben oder Sterben aus der Erinnerung. Dunkelheit verschlingt die Sinne.


    Am dritten Tag sterben wir gleißend mit Hass im Herzen.

    Brennende Kälte. Dies ist die erste Empfindung, die den dumpfen Schleier meiner Benommenheit durchbricht. Eiszapfen scheinen sich in meinem Nacken festgesetzt zu haben, bohren sich in die neurologischen Anschlüsse dort und mein Blut trägt ihren Frostgriff zu meinen Herzen. Irgendeine tote Verbindung frisst sich in meinen Nacken, hängt an mir wie ein Leichnam, doch spüre ich die tröstliche Anwesenheit meiner Rüstung überhaupt nicht. Sind ihre Systeme ausgefallen? Kälte um mich her, noch mehr Kälte in mir. Ich friere innerhalb von Sekunden so sehr, das mein Körper konvulsiv zuckt und notdürftige Verbindungen an mir reißen. Es waren Nähte, die mich nur behelfsmäßig zusammenhalten, stelle ich fest. Inzwischen fühle ich auch dumpfen, schneidenden Schmerz... ein Konterpuls zu meinem eigenen Herzschlag. Dann flüssiges Feuer in meinen Adern, ein kleiner Schlauch der munter glühendes Plasma in meinen Bauch pumpt und von innen versehrt. Ich schrecke instinktiv davor zurück, wie eine riesige Nacktschnecke, sobald Asche auf sie fällt. Genau das bin ich und der Schlauch ein fester Teil von mir. Ich öffne widerwillig die Augen und halte mich zuerst für halb blind. Verschwommenes Rot schwebt schwerelos im milchigen Nichts. Ich will schreien. Schreien: Was habt ihr mir angetan? Doch nur ein unverständliches Gurgeln bringe ich zustande. Mein Hals ist wund und gefüllt mit einem Plastekschlauch, dessen Kappe auch meine Nase bedeckt. Ich kann normal atmen, wenn auch schwierig.


    Ich lasse mich näher an diese durchsichtige Zellenwand treiben, die mich von meinem früheren Leben und dem ihren trennt und presse mein Gesicht fest dagegen. Durch den trüben Schleier der amniotischen Flüssigkeit hindurch, verschwimmen ihre Körper wie ein durch Hitze geborener Fieberwahn. Ich sollte nicht wach sein, das ahne ich instinktiv. Meine eine Hand donnert schmerzhaft gegen meinen künstlichen, gläsernen Uterus. Wenigstens habe ich nun ihre Aufmerksamkeit. Yawar blickt mich mit gerunzelter Stirn an. Er ist jung und mir beinahe unbekannt. Ein Sündenfresser auf dem Llakirina-Pfad, ein Heiler des Fleisches, nicht der Seele. Sein Gesichtsausdruck ist viel zu bitter für einen Krieger seines Alters. Seine Hände erzählen mir, was seine Stimme nicht vermag: ~Schlaf, Bruder. Hör auf, dich gegen uns zu wehren.~ Unwillkürlich frage ich mich, wie er mich von außen sehen muss. Ein verstümmelter, einarmiger Klumpen - bleich und verschrumpelt - der senil das halb verbrannte Gesicht an sein Glasgefängnis presst und mit großen, trüben Augen in die Vergangenheit starrt? Ich beginne mich zu erinnern... an meine Verwundung, das seltsam leichte und warme Gefühl und wie ich dachte, ich könnte nun endlich... dieses Gefäß zurücklassen. Der Tod ist nur ein Zwischenhalt für uns. Eine Brücke über den Fluss der Seelen und Weg zurück in eine neue Existenz. Nicht dieser hier. Nichts weiter als ein kurioser Halbtod, ein unechtes Ding wie künstliche Perlen und mein Fluch. Fast-Leben, Halb-Maschine - zu zerbrochen, um zu leben und zu wertvoll, um zu sterben: Flickenseele.


    Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Unvermeidliche endlich akzeptiert. Normalerweise gilt es als Tabu eine Seele ohne ihre Zustimmung in dieses Nichtleben zu bannen... doch in meinem Fall hatte keiner eine Wahl. Namen... all der Namen mussten weiterhin erinnert werden. Vergeben, doch nicht vergessen. Dazu befragt habe ich ihn nie - dennoch beginne ich zu ahnen, warum die Spinne lächelt. Wahrscheinlich weiß bis heute nur er die Ironie meines neuen Seelennamens vollständig zu schätzen. Wie sie mich so irrig nannten? Sapay kay, Einsamkeit. Seit ich in diesem Sarkophag gefangen bin, war ich nie wieder allein – niemals ich selbst. Ich kann ihre Stimmen hören und sehe ihre Gesichter, wenn Seelenschmied Apanqura mich erneut in sein Netz webt und in die Schwärze leitet. Ich denke, er weiß es und lächelt. Denn die Bürde ist nur mein, sein eigener Geist nicht beschwert durch die Last der Erinnerung. Noch immer höre ich das Flüstern von Sand über Metall und Fels...


    Ich war der Erste, der scheiterte und nun der Erste der Letzten, die verblieben sind. Meine Brüder fort, meine alte Sippe nicht länger. Weitere Stimmen, um mir in der Dunkelheit Gesellschaft zu leisten. Weitere Gesichter für einen Schuldensammler, der sich an sein eigenes nicht länger entsinnt... doch nichts davon ist wichtig. Solange ich bin, sind auch sie. Die Verblichenen, die Schatten in unseren Fußspuren. Ich erinnere mich an ihre Namen und ihre Seelen sind mit uns. Sterben ist nur ein weiteres, vergessenes Gefühl.


    Alles endet mit blauem Sand. Rastloses Scharren von Steinsplittern über Adamantium. Der heisere Gesang des Windes um mich und meine gestrandete Schandschale. Energiereserven niedrig. Meine Systeme versagen oder schalten sich ab... beinahe alle. Zuletzt die Sensoren für Akustik. Konturloses Nichts. Kreischende Stille. Mein einziger Kontakt zur Außenwelt schwindet und ich heiße das weiße Rauschen willkommen, denn ich weiß, ich werde träumen. Erinnerungen an vergangene Zeiten und im Seelenfluss schlummernde Freunde. Ein Körper mag ein Käfig sein, doch unser Geist ist frei. Und für einen kurzen, kostbaren Moment ist es still.


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