Dune II
Lange haben wir gewartet, jetzt ist er da. Und deshalb schreibe ich weiter, wie der Film auch weitergeht: Direkter Anschluss ohne großes Aufhebens.
Der zweite Teil setzt nahtlos fort, was und wo der erste begonnen hat. Das er mir trotzdem etwas schwächer vorkam, liegt schlicht an der Vorlage. Der Handlungsverlauf war im ersten Teil noch von einer Reihe aufeinander folgender, dramatischer Ereignisse geprägt. Der zweite Teil läuft dagegen eher so vor sich hin. Paul lernt, unter den Fremen zu leben, Jessica wird in die Rolle der Ehrwürdigen Mutter eingeführt. Die einzelnen Stationen dabei werden abgearbeitet - was jetzt vielleicht abwertender klingt, als es gemeint ist, den die visuelle Umsetzung ist nach wie vor beeindruckend.
Vor allem fällt noch mehr auf, wie jeder Fraktion eine ganz eigene Ästhetik erhält, die aber übergreifend von nüchternen, klaren, fast klinischen Formen geprägt ist. Die Sieches sind kein düsteren, engen Höhlen, sondern gigantische, aus dem Stein gehauene, kubische Gewölbe. Am Hof des Pasisha-Imperators gibt es keinen barocken oder orientalisierenden Prunk, sondern gradliniges weiß und schlichte Gewänder. Am meisten sticht Giedi Primus heraus. Was auch immer mit der Sonne dieses System los ist, sie sorgt dafür, dass es keine Farben gibt. Alle Außenszenen auf der Harkonnen-Heimatwelt sind schwarzweiß, was besonder surreal wirkt, wenn jemand von innen nach draußen ins Sonnenlicht geht und dabei buchstäblich verblasst. Keine Ahnung, ob das physikalisch überhaupt möglich ist. Dazu wirkt die Bevölkerung wie Klone. Ins Bild gebrachte Trostlosigkeit und Lebensverachtung.
Pauls Reifung und Eingliederung bei den Fremen steht deutlich unter dem Eindruck, dass man ihn für den Messiahs hält. Stilgar kann garnicht aufhöhren, das immer wieder zu betonen - schon fast bis an die Schmerzgrenze, was aber absolut stimmig ist, denn zeigt absolut auf, wie religiöser Eifer bis hin zur Fanatisierung funktioniert. Paul sträubt sich dagegen, doch egal was er tut oder lässt, selbst seine Dementi, alles wird darauf hin ausgedeutet, dass er der Mahdi ist. Jessica, obwohl Paul ihr das vorhält, unterstützt und treibt diese Entwicklung voran und handelt damit zunächst hinter seinem Rücken gegen seinen Willen, aber letztendlich doch in seinem Interesse. Chani und die jüngere (und vor allem weiblichen) Fremen dagegen halten nicht viel von alten Prophezeihungen, was Paul und Chanis Beziehung zunehmend belastet.
Paul selbst ist dabei keineswegs der unschuldige Held und Opfer seiner Bestimmung. Er sinnt auf Rache, selbst nachdem seine Mutter ihn darauf hinweist, dass nicht im Sinne seine Vaters wäre. Und schließlich kommt er zu dem Punkt, am dem er seine Rolle annimmt und für seine Zwecke instrumentalisiert. Doch nicht nur die Rolle des Mahdi, sondern er erklärt sich zum Herzog von Arakis, worauf die bis dato selbstbestimmten Fremen ihm frenetisch zujubeln - von der quasi-demokratischen Stammeskultur in die religiöse Monarchie. Chani ist nicht begeistert.
So läuft es dann auf die Schlacht um Arakeen hinaus, die fast schon etwas zu schnell vorbei ist. Trotz des Aufeinandertreffen von Fremen und Sardaukar kommt keine richtiges Battle-Feeling auf, wie etwas bei Averngers End Game. Nachträglich bedacht ist das wohl gewollt. Es soll nichts glorifiziert werden, keine Helden. Eine "netter Zug" ist dann noch, das Gurney Halleck eigenhändig Rabann Harkonnen den Garaus macht, auch ziemlich schnell und fast ohne Gegenwehr (im Original wird er von der Arrakeenischen Bevölkerung gelyncht).
Der Baron dagegen wird von Paul selbst getötet, ebenso kurz-, schmerz und gnadenlos - wir gesagt, Paul ist kein "guter" Held. Eigentlich war es seine kleine Schwerster Alia. Die wird aber während der Handlung - anders als im Buch - noch nicht geboren. Statt dessen ist Jessica die ganze Zeit schwanger und spricht mit ihr, was auf Außenstehende wir Selbstgespräche wirkt und sie schon leicht geistig gestört erscheinen lässt. Damit wird ihr gewissermaßen Alias Charakterzug, wegen ihres schon vor der Geburt erwachten Bewusstsein als bessessen zu gelten, auf ihre Mutter übertragen.
Und wenn wir schon von weggelassenen Kindern sprechen: Den ersten Sohn von Paul und Chani, der beim harkonnischen Überfall auf den Siech Tabr stirbt, gibt es hier auch nicht. Aber ich denke, ein Kind würde in die Art, wie Pauls und Chanis Beziehung dargestellt wird nicht passen.
Am Ende steht dann das Duell zwischen Paul und Feyd Rautha Harkonnen. Auf dessen Darstellung war ich sehr gespannt und er passt sehr gut, ein ruhiger, sadistischer Psychopath, keine zur Schau getragenen Selbstgefälligkeit wie in seinen anderen Inkarnationen. Bemerkenswert ist, dass Paul derjenige ist, der für seinen Vater beim Imperator Blutrache einfordert, und nicht Feyd bei ihm.
Was beibt noch neben den Handlungsänderungen? Ach ja, das Aufregerthema des ersten Teils, alles so woke (weil ein männlicher Nebencharakter zu einer ohne Schaden oder Nutzen eine schwarzen Frau wurde). Solche oberflächlichen Änderungen findet man hier nicht, dafür aber viel subtilere und zugleich tiefgreifendere. Zum einen ist da die bereits erwähnte innere Opposition der größtenteils weiblichen jüngeren Fremen gegen die Prophezeihungsgläubigkeit der mehrheitlich älteren Männer (Aktualitätsbezug gewollt?), allerdings wird dieser Aspekt nicht in der Breite ausgearbeitet. Zugleich sagt Chani aber, dass bei den Fremen Männer und Frauen gleichwertig sind, was von der patriarchalen Kultur der Vorlage abweicht.
Besonders deutlich treten die Bene Gesserit als die Strippenzieher im Hintergrund, die sie ja nun sind, hervor. Der Imperator - großartig Verkörpert von Christopher Walken - wirkt alt und schwächlich, Prinzessin Irulan als die hingebungsvolle Tochter, dabei wird schnell deutlich, dass ihre Loyalität voll und ganz der Schwesternschaft gilt. Deren agieren zum Zweck ihres Zuchtprogrammes unter den Hohen Häusern wird wie selbstverständlich gezeigt, wenn eine ihrer Agentinnen Feyd-Rautha erst teste wir zuvor Paul und dann verführt, um das Erbgut dieser Zuchtlinie zu sichern. Die vordergründig herrschenden Männer sind das Resultat der Pläne dieser Frauen.
Und schließlich ist auch Chani deutlich emanzipierter als in den vorherigen Darstellungen. Sie ist nicht die treue Frau an Pauls Seite, die ihn in allem unterstützt (s.o.). Als er Irulans Hand einfordert, um Imperator zu werden (nicht sie bietet sich an, um das Gleichgewicht der Mächte zu wahren), ist Chani erbost, verlässt Arkeen und ruft sich einen Wurm, um in die Wüste zurückzukehren.
Fazit für beide Teile: Eine runde Sache und eine gelungene Bearbeitung der Vorlage, trotz der im Verlauf doch deutlichen Abweichungen. Besonders im Verlauf des zweiten Teils setzt sie thematische Schwerpunkte, die sie von den mehr auf das Epos ausgerichteten Vorgängern abheben - Schwerpunkte wohlgemerkt, die der Vorlage inhärent und damit völlig legitim sind.
Wenn Dune gerne als Vorlage oder potentielle Vergangenheit von 40K herangezogen wird, dann zeigt diese Verfilmung deutlich, warum. Das sind nicht einzelne Motive wie Navigatoren, imperiale Elitekrieger, Krieg gegen KI, religiöser Fanatismus, den die Universen sich teilen. Es ist die dystopische Stimmung, die aus Hochtechnologie-Gigantismus auf der einen und archaischen Traditionen auf der anderen Seite, aus menschen(rechts)verachtenden Praktiken, um esoterische Ziele zu erreichen und blinder Religiösität entsteht. Wie zu Anfang gesagt, wer sich im 40K-Fluff bewegt, für den ist Dune Grundlagenwissen. Die neue Verfilmung ist dafür ein idealer Kompaktkurs.