Rynn's World - A Space Marine Battels Novel
- Steve Parker (Autor)
- Taschenbuch: 416 Seiten
- Verlag: Games Workshop (26. Januar 2010)
- Sprache: Englisch
- ISBN-10: 1844168034
- ISBN-13: 978-1844168033
Hinweis: Die schlimmsten Spoiler habe ich verpackt, aber gänzlich ohne Informationen über den Inhalt kann man ein Buch kaum besprechen. Wer also wirklich gar nichts über den Inhalt wissen möchte, der sollte erst das Buch und dann die Rezension lesen!
Vorwort:
In meiner zweiten Rezension geht es um Rynn’s World, dem ersten Band aus der Reihe „Space Marine Battles“. Steve Parker, der Autor des Werkes, war mir bisher nicht bekannt, so dass ich weder mit positiven noch mit negativen Gefühlen bezüglich des Autors an das Werk heran ging.
Ich habe das Buch im englischen Original gelesen, was auch mit meinen wenig ausgeprägten Englischkenntnissen kein großes Problem darstellte. Die Qualität der Übersetzung kann ich daher nicht bewerten, aber meiner Meinung nach leistet Christian Jentzsch inzwischen gute Arbeit und deshalb bin ich sicher, dass auch die inzwischen erschienene deutsche Übersetzung das Lesevergnügen nicht beeinflussen dürfte.
Wie auch bei meiner letzten Rezension schreibe ich hier zu Beginn, was ich mir von dem Band erwartete, denn dies ist meiner Meinung nach ein wichtiger Punkt, wenn es darum geht, ob mir das Buch am Ende gefallen hat oder nicht.
Wie bei Vielen, erfolgte auch bei mir der Einstieg in die 40K-Welt über die Krieger des Adeptus Astartes. Die Crimson Fists waren meine Favoriten, aber als ich meinen ersten Codex kaufte, wurde einem kleinen naiven Arek vom Rothemd versichert, dass er die Crimson Fists nur mit den damals recht heftigen Einschränkungen bei der AOP-Auswahl spielen dürfte und fing deshalb mit den Ultramarines an, der damaligen Nummer 2 auf meiner Liste, und die Crimson Fists verschwanden in der Theorieabteilung meiner Hobbywelt.
Lange Rede, kurzer Sinn: der Roman kam mit einer großen Hypothek zu mir, denn er musste nicht weniger erfüllen als meine Vorstellungen von meiner alten Liebe, den Crimson Fists! Solch hohe und leider enttäuschten Erwartungen an das letzte von mir besprochene Werk, „Gefallene Engel“, führten damals zu einem sehr ungnädigen Urteil meinerseits – Mal sehen, wie Steve Parkers Werk abschneidet
Zusammenfassung:
Die Geschichte entspricht der „Hauptlegende“ über die Crimson Fists, also den Kampf um Rynns Welt, der den Orden an den Rand der Vernichtung brachte. Wer ungefähr weiß, um was es sich beim Orden der Crimson Fists handelt, der kennt also auch schon die grobe Handlung der Geschichte und weiß wie sie ausgeht.
Snagrod, Whaaagboss und „Ärzbrandstifta von Charadon“, führt einen gigantischen Waaagh an, der schließlich die Heimatwelt der Crimson Fists erreicht und dessen Vernichtung Snagrod endlosen Ruhm und damit immer mehr Anhänger sichern sollen.
Einen fast vollständigen Astartes-Orden auf seiner eigenen Heimatwelt anzugreifen ist ein nicht geringes Wagnis, aber eine Laune des Schicksals kommt Snagrod zu Hilfe und vernichtet bereits zu Beginn des Krieges die Ordensfestung und ca. 2/3 aller Crimson Fists. Ordensmeister Pedro Kantor und eine handvoll Überlebender müssen sich zur Hauptstadt New Rynn City durchzuschlagen, wo der Rest des Ordens in einer gigantischen Belagerungsschlacht dem Waaagh trotzt und wo sich die Zukunft des Ordens entscheiden wird.
Soviel zum Inhalt. Der Autor hatte im Prinzip also keine neue Geschichte zu erzählen, sondern den bereits bekannten Fluff auf Romangröße auszuarbeiten – wie ihm das nach meiner Meinung gelungen ist, folgt nun.
Meine Eindrücke:
Rynns World ist eine Geschichte über den Krieg, Krieger und kriegerische Herausforderungen. Also in etwa das, was man von einem Space Marine-Roman erwartet, nicht mehr und nicht weniger. Ein dabei immer wieder auftauchendes Thema der Geschichte ist der ständige Widerspruch zwischen der Notwendigkeit der Einhaltung der militärischen Hierarchie, also dem Befolgen von Befehlen entgegen der persönlichen Einschätzungen von „Richtig und Falsch“, und der Frage, wie weit man strikt nach dem „aus militärischer Sicht Notwendigen und Logischen“ handeln kann, ohne dabei das zu verlieren, für das man zu stehen glaubt.
Um diesen Widerspruch darzustellen, entwirft Parker verschiedene Charakterköpfe unter den Captains und Sergeants, welche die unterschiedlichen Standpunkte und Sichtweisen symbolisieren. Auf der einen Seite etwa den emotionalen und aufbrausenden, dafür aber mitfühlenden Captain Cortez, der eher wie eine Art Champion als wie ein weitsichtiger Anführer erscheint („Ehre ist alles“, S. 423 und Kantors Beschreibung seines Freundes auf Seite 461) auf der anderen Seite den, auf den ersten Blick unbarmherzigen Captain Alvez, dem die einfachen Menschen seiner Heimatwelt gleichgültig zu sein scheinen und dessen Verhalten in den Gedanken seines grüblerischen Sergeanten und Stellvertreters Grimm diskutiert wird. Dazwischen steht, würdig und glaubhaft dargestellt, Pedro Kantor, der Ordensmeister der Crimson Fists, der die Balance finden muss zwischen dem Überleben seines Ordens und dem Bewahren der Menschlichkeit seines Ordens aus Beschützern der Menschheit.
Zu Beginn der Geschichte erfolgt ein erster Einstieg in das Thema „militärischer Gehorsam“ und verortet die verschiedenen Positionen dazu in den unterschiedlichen Charakteren.
Ein viel versprechender Scout ignoriert einen direkten Befehl, da er sein eigenes Urteil über den Gesamtüberblick seiner Offiziere stellt. In der Folge seines Ungehorsams erleiden die Crimson Fists eine schwere Niederlage und verlieren viele Astartes, darunter einen Captain. Der Scout wird nach kurzer Diskussion zur Lobotomisierung verurteilt, um ein Mahnmal für jene zu setzen, welche ihren persönlichen Ehrgeiz über ihre Befehle stellen
Hier wird deutlich gemacht, dass trotz der Hinterfragung der Hintergründe des Verhaltens des Betroffenen, bei den Crimson Fists keine Kuschelmentalität vorherrscht – was auch nicht zu grimmigen Kriegern in einer grimmigen Zukunft passen würde.
Nach den schrecklichen Verlusten durch die Explosion ihrer Ordensfestung, stellen sich die Crimson Fists unter das „Ceres-Protokoll“, welches den Marines verbietet ihr Leben für etwas anderes zu riskieren als das Wohl und das Überleben ihrer Brüder und des Ordens. Insgesamt jedoch werden die Crimson Fists als sehr „menschliche“ und „gute“ Marines dargestellt. Wer gnaden- und herzlose Pragmatiker erwartet, die ohne mit der Wimper zu zucken Zivilisten ihrem Schicksal überlassen, der muss zu anderen Orden als den Crimson Fists greifen.
Captain Cortez überschreitet die Linie als erstes, indem er Order missachtet um eine Familie zu retten, Ordensmeister Kantor setzt diesen Bruch des Protokolls jedoch aktiv fort und belässt es bei einer Ermahnung von Cortez.
Selbst der zunächst scheinbar so „böse“ Captain Alvez opfert sich am Ende selbst und rettet damit unzähligen Menschen in der belagerten Hauptstadt das Leben und verstößt somit im Prinzip gegen seine eigenen Befehle.
Das Bild von den Marines des Typs„edler Held“ wird also kräftig bestärkt, aber Parker überschreitet nicht die Grenze zum Kitschigen. Irgendwie ist es ja auch nicht schlecht ein paar Sympathieträger zu haben, in dieser kalten, gnadenlosen Zukunft die sich nicht um das Schicksal einfacher Sterblicher schert
Aber dieses Thema alleine macht natürlich noch kein gutes Buch aus. Parker schafft es, sich eng an die Vorlage zu halten und dennoch eine stimmungsvolle und spannende Geschichte zu erzählen, die kaum Fluffschwächen oder sonstige Fehler aufweist.
Ein paar Fragezeichen bleiben aber dennoch, und die möchte ich nicht verschweigen. Den Devastortrupp mit den fünf schweren Waffen würde ich da gar nicht dazu zählen, das ist für mich kein Fehler. Ärgerlicher sind da schon solche Patzer wie die Namensverwechslung zwischen den Captains Drakken und Alvez, die falsche Jahreszahlangaben am Ende des Epilogs und die teils verwirrenden Angaben zur Anzahl der verbliebenen Crimson Fists. Das sind Flüchtigkeitsfehler, die einfach nicht hätte sein müssen.
Dass nach 18 Monaten aus 218 Überlebenden des Ordens plötzlich 318 geworden sind, kann man noch auf einen Versehen schieben, aber dass innerhalb von eineinhalb Jahren durchgehender Belagerung kein einziger Astartes gefallen sein soll, ist schon etwas schwerer zu glauben. Auch bei der Endschlacht wundert man sich, wie spät es trotz schwerer Gefechte erst zu Verlusten unter den Marines kommt.
Die 18 Monate der Belagerung werden im Prinzip innerhalb eines Kapitels zusammengefasst, was bei mir zu einem kurzen Gefühl einer „Lücke“ in der Erzählung führte. Insgesamt war dieser Schritt aber sicher richtig, und unterstreicht letztlich das Patt, welches in der beschriebenen Zeit zwischen Belagerten und Belagerern herrschte.
Hinzu kommt noch ein mir persönlich verhasster, da klischeehaft überspannter, aber bei Geschichten über das Imperium offenbar obligatorischer Punkt. Die übliche Geschichte über die feigen, nutzlosen, weltfremden und egoistischen Adeligen, welche die zivile Führung innehaben. Wofür gibt es im Imperium eigentlich überhaupt Adelige, wenn sie ja fast alle so verdammt nutzlos sind und außer Dekadenz, Korruptheit und Drogenmissbrauch keine erkennbaren Fähigkeiten besitzen?
Damit kommen wir aber endlich zu den zahlreichen positiven Aspekten des Buches:
Unter dem Eindruck, dass dieses Adeligen-Bild offensichtlich einfach zu jedem 40K-Roman gehört, rechne ich positiv an, dass dieser Part wenigstens nicht allzu breit getreten wird und es positive Ausnahmen unter den Adeligen gibt. Auch der „Dan Abnett“-Krankheit, dem Glorifizieren der einfache Soldaten im Krieg (Menschen wie du und ich die über sich hinaus zu Helden wachsen, blablabla…) erliegt Parker nicht und er schafft es die Bemühungen und Leistungen der PVS darzustellen ohne es zu übertreiben und lässt den Fokus dort wo er hingehört, nämlich auf den Charakteren der Crimson Fists.
Dass die Crimson Fists so wenige Verluste im offenen Kampf hinnehmen müssen, liegt unter anderem auch daran, dass die Servorüstungen der Crimson Fists endlich mal mehr sind als die knitterfreie Kleidung, von der man oft den Eindruck hat, dass sie von den Marines in anderen Romanen getragen werden. Es ist nicht so, dass, wie bei „Gedeih und Verderb“ selbst ein Boltpistolen-Schuss aus nächster Nähe keine ernsthafte Wirkung zeigt, denn dann muss man sich fragen, warum Astartes sich überhaupt gegenseitig mit Boltwaffen beschießen, aber gegen gewöhnlichen Beschuss sind sie das, was sie sein sollten und die einfachen Ork-Knifften beißen sich an ihnen die Zähne aus!
Überhaupt mochte ich an dem Buch vor allem die vielen Brückenschläge zu den Fluffpassagen und den Einheitenbeschreibungen in den Codizes des Spieles.
Ein paar Beispiele
- Der durchgeknallte Ork-Dok, dem Kantor und seine Überlebenden auf ihrer Reise begegnen
- Die Rivalität zwischen Protektorgarde und Expugnatorgarde
- Orks die ihren Gefallenen die Zähne ziehen, um sich zu bereichern
- Kantors spezieller Sturmbolter, „Dorns Pfeil“, entspricht meines Eindruckes nach sehr gute dem Profil aus dem Codex
- Der Effekt von Energiefäusten im Nahkampf
Auch die Darstellung der Orks gefiel mir sehr gut. Das liegt vor allem daran, dass ich den teils übertriebenen „lustigen“ Ork, der halt gerne mal Kracht macht, aber ansonsten doch eher wie eine Slapstick-Figur daherkommt, nicht sonderlich mag. Bei Rynns World sind Orks brutale und gnadelose Krieger, nicht berechnend bösartig wie Eldar, aber auch nicht durchgehend dämlich und „komisch“. Meiner Meinung nach durchgehend glaubwürdig dargestellt, jedenfalls wenn man die selbe Fluffvorstellung hat wie ich – Aber Fluff ist ja bekanntlich etwas dass sich jeder selbst macht^^
Zu guter Letzt bleibt noch die Endschlacht, die mir ebenfalls sehr gut gefielt. Ein glorreicher „Alles oder nichts“-Angriff, wie er Astartes würdig ist und die vor allem nicht, wie leider zu oft, auf wenigen Seiten abgehandelt wird, sondern mehrere Kapitel umfasst. Auch das Erscheinen der „Endbosse“ ist für meinen Geschmack passende gewählt bilden somit gut platzierte Höhepunkte und passende Bühnen für die Haupt-Helden. Ein würdiger Abschluss eines harten Kampfes bei dem es bekanntlich um nicht weniger ging als die Zukunft des Ordens der Crimson Fists.
Fazit:
Gefallen hat mir vor allem der geschickte Einsatz verschiedener Charaktere zur Darstellung verschiedener Blickwinkel innerhalb der Geschichte. Das ist natürlich kein revolutionäres Konzept beim Schreiben einer Geschichte, aber hier ist es meiner Meinung nach sehr gut gelungen und wurde stimmungsvoll umgesetzt. Die Charaktere sind schön herausgerarbeitete und ihre Funktion innerhalb der Geschichte und zur Darstellung der Crimson Fists im Gesamten, ist klar erkennbar.
Trotz einiger weniger vermeidbarer Fehler und Ungereimtheiten, ist Rynns World für mich der bisher beste und stimmungsvollste Space Marines-Roman den ich bisher gelesen habe (Was ziemlich viele sind). Nicht das beste 40K-Buch, aber der beste Astartes-Roman – jedenfalls für mich, über Geschmack kann man ja streiten
So, soweit also meine Eindrücke. Ich bin gespannt, was ihr über das Buch denkt, egal ob ihr nur die Übersetzung oder das Original gelesen habt!