- Graham McNeill (Autor), Ralph Sander (Übersetzer)
- Taschenbuch: 512 Seiten
- Verlag: Heyne Verlag (11. April 2011)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 9783453533868
- ISBN-13: 978-3453533868
- ASIN: 3453533860
- Originaltitel: Mechanicum (Horus Heresy)
Hinweis: Auch dieses Mal habe ich wieder mit Spoiler gearbeitet um euch selbst entscheiden zu lassen, wie viel Inhalt ihr in der Rezension lesen wollt. Ich muss aber dieses mal ausdrücklich davor warnen, dass ihr, wenn ihr die Spoiler öffnet, euch viele Fluff-Leckerbissen vorweg nehmt, die es dann im Buch nicht mehr zu entdecken geben wird!
Allgemeines:
Eigentlich hatte ich nicht vor, so rasch eine weitere Rezension zu schreiben. Nachdem ich gestern Nacht jedoch den neunten Band der Horus-Reihe fertig gelesen habe, und er zum Teil recht widersprüchliche Eindrücke bei mir hinterlassen hat, habe ich mich doch dazu entschieden.
Die Rezension bezieht sich auf die deutsche Übersetzung von Ralph Sander. Die Übersetzung finde ich sehr gelungen, Sander hat inzwischen den Bogen gut raus und weiß, dass er von Eigennamen größtenteils die Finger lassen sollte, weiß aber auch, wann es angebracht ist doch in Deutsche zu übertragen. Von meiner Seite also keine Beschwerden.
Meine Erwartungen an das Buch waren, dass man Einblick in den Hintergrund des Mechanicums bekommt, der ja bislang doch noch vergleichsweise spärlich ausgearbeitet ist. Ich erhoffte mir die obligatorischen Titanenschlachten, aber auch mehr Informationen zu den Skitarii, der klassischen Mechanicum-Infanterie. Kurz gesagt, ich wollte viel Fluffinformationen, verpackt in einer spannenden Geschichte – schließlich kann man bei Altmeister Graham McNeill die Erwartungen ruhig mal etwas höher ansiedeln
Zusammenfassung:
Der Inhalt des Buches lässt sich im Prinzip sehr einfach zusammenfassen. Die Geschichte beschreibt den Ausbruch der Rebellion auf dem Mars und die heiße Phase der Spaltung des Mechanicums in Anhänger des Imperators und Anhänger von Horus.
Im Prinzip passiert dies in zwei miteinander verwobenen aber doch zumeist getrennten Handlungssträngen. Der erste erzählt die Geschichte von Dalia, einem jungen Mädchen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und Technologieverständnis, welches sich in den Wirren des marsianischen Bürgerkriegs auf die Suche nach einer finsteren Wahrheit begibt. Der zweite Handlungsstrang beschreibt im Gegensatz dazu den eigentlichen Konflikt zwischen Loyalisten und Verrätern und nicht zuletzt den Kampf zwischen verschiedenen dogmatischen Ansichten innerhalb des Kult Mechanicum.
Meine Eindrücke:
Gleich zu Beginn muss ich sagen, dass mich das Buch zunächst nicht begeistern konnte. Weder waren die Charaktere besonders gut ausgearbeitet, noch ging es für meinen Geschmack so richtig voran mit dem Krieg um den Mars. Die Einblicke in die Bebauung des Mars, der Beschreibung von gigantischen Schmieden, kleinen Bergbausiedlungen und der Landschaft an sich, das Aufzeigen der unterschiedlichen Hierarchien und Machtverhältnisse, das alles war interessant, aber irgendwie plätscherte die Geschichte für meinen Geschmack sehr lange einfach nur vor sich hin.
Immerhin: Dass es die Verräter selbst waren, die sich in „Dunkles Mechanicum“ umbenannten, ließ mich schon schmunzeln. Klar, der Begriff ist bereits da und musste eingebaut werden, aber dass sie dich Schurken selbst diesen Namen verpassen („Huhuuu, wir sind so böööse“) ist schon etwas plump, oder?
Die Geschichte ist nicht schlecht geschrieben, konnte mich aber auch nicht fesseln, so dass ich kurz davor war, das Buch in die Kategorie „Geht so“ zu verschieben und mich auf da nächste Buch zu freuen. Bis ich dann endlich auf den ungefähr letzten 150 Seiten ankam und das Potenzial des Buches endlich erkannte…
Mechanicum ist ein Fest für Fluff-Freunde, spätestens auf den letzten hundertfünfzig Seiten gibt es zahlreiche Anspielungen, die das Buch wunderbar verorten und viele klare Bezüge in die Gesamtheit des Konflikts bieten.
Hier nur ein paar meiner Lieblingsstellen, kleine aber feine Anspielungen, die dafür sorgten, dass ich mich in „meiner“ 40K-Welt zuhause fühlte und die viele Fluffstellen explizit benennt, die an anderer Stelle eher wage waren.
Vorsicht, die folgenden Spoiler spoilern wirklich!
- Die Ankunft des Imperators auf dem Mars und seine „Ernennung“ zum Omnissah.
- Der Sigilit bekommt einen weiteren Auftritt und wird kurz beschrieben.
- Rogal Dorn hat einen Gastauftritt und man erfährt, dass die Befestigung des Imperialen Palastes auf Hochtouren läuft.
- Das Istvann V-Massaker nimmt seinen Lauf.
- Der Verweis auf Sigismunds persönliche Heraldik, die später zu den Ordensfarben seiner Black Templars wird.
- Erste Hinweise auf die unterschiedlichen Charaktereigenschaften von Crimson Fists und Black Templars – dieser Verweis hat mir besonders gut gefallen, weil ich sowohl die Black Templars als auch die Crimson Fists mag!
- Einblicke in das „Bewusstsein“ einer Khorne-geweihten Dämonenmaschine
Damit aber nicht genug. Dass, was früher nur gemunkelt wurde, ist nun offiziell und nicht mehr eine bloße Andeutung in einem Mini-Abschnitt im Necron-Codex
Der Drache schläft unter dem Mars und es waren seine Träume, welche die ersten technischen Quantensprünge der Menschheit ermöglichten.
Viel besser aber noch, die Quasi-Göttlichkeit des Imperators wird weiter verstärkt. Nach einer Erinnerung des Drachens (die nur eine Möglichkeit der tatsächlichen Begebenheiten darstellt), wurde er 12. Jahrhundert unserer Zeit vom Imperator geschlagen und für seine eigenen Zukunftspläne benutzt – Das wird Vielen sicher nicht schmecken, aber jetzt ist es offizieller Fluff
Und um noch einen drauf zu setzen, wird gleich noch ein wager Hinweis über die beiden verschollenen Legionen gegeben (S.392),
Dorn denkt, er hätte noch 13 loyale Legionen unter seiner Herrschaft (neben den fünf, von denen man bereits weiß, dass sie übergelaufen sind) und bedauert, dass es keine 15 mehr sind. Daraufhin entgegnet der Sigillit, dass er nicht einmal darüber nachdenken solle, denn die beiden Legionen seien für immer verloren
Aber auch sonst tut McNeill viel, um den Roman fest in dem bisherigen Ablauf zu verankern. Das Auftreten eines alten Bekannten aus Band 8, Fabrikator-General Kelbor Hal, erfreut, denn es sorgt für eine gewisse Kontinuität innerhalb der Reihe.
Naja, alles ist natürlich nicht toll. Der arg menschliche und Witze machende Protektor, ist jetzt nicht so mein Geschmack, wenn es um modifizierte Cyberkrieger des Mechanicums geht. Aber dass die Charaktere jetzt nicht Preisverdächtig sind, schrieb ich ja schon.
Dafür wird endlich mal kurz auf die Frage eingegangen, warum der Imperator scheinbar untätig bleibt, während sein Imperium brennt – Gut, die Antwort ist nicht wirklich befriedigend, aber immerhin wird anerkannt, dass die Frage überhaupt gestellt werden muss (S. 392) – Schließlich hätte der Krieg ganz anders verlaufen können, wenn der Imperator sich persönlich eingemischt hätte und seinem Kriegsherrn-Sohnemann gleich zu Beginn die Ohren lang gezogen hätte
Verwirrend ist noch ein wenig die Rolle die Terra einnimmt. Das Mechanicum ist theoretisch eine souveräne und eigenständige Fraktion, weshalb sie ihre internen Probleme auch intern lösen muss/darf
Die Unterstützung die sich die Loyalisten erhofften, fällt jedoch nicht so aus, wie erhofft. Die Imperial Fists kommen an, raffen alles an Ausrüstung zusammen was sie gebrauchen können und überlassen die Loyalisten dann ihrem Schicksal - Auch wenn das Verhalten aus militärischer Sicht vielleicht logisch ist, wundert es nicht, dass nach dieser Aktion doch nicht sehr, dass viele im Mechanicum sich in der angeblichen „Allianz“ mit Terra nicht ganz ernst genommen fühlen
Nach dieser tollen Fluff-Flut empfand ich das Ende wieder als ein wenig unbefriedigend, und zwar in beiden Handlungssträngen
Was ist nun mit dem geheimnisvollen Buch und der seltsamen Prophezeiung über den Schaden der sich in 10.000 Jahren (Also in der 40K-Gegenwart) offenbaren wird? War mir persönlich wieder zu viel von einer „nur mythisch angedeuteten schröööcklichen Gefahr die total gefährlich für das Imperium sein wird und so…“ – Sind wir hier bei den Dark Angels?
Die Geschichte des militärischen Konflikts zwischen Loyalisten und Verrätern endet mit der Zerstörung der loyalen Schmieden und dem Auslöschen aller innovativer Technik und freidenkender Adepten . Aber wie es den Loyalisten nun gelang die Macht über den Mars wieder herzustellen, nachdem ihre stärksten Fürsprecher und ihre Armeen alle vernichtet wurden, bleibt ein Geheimnis und hat mich etwas enttäuscht.
Immerhin, es erklärt sehr schön den Ursprung der vollständigen technischen Stagnation im Mechanicum und das erstarken der abergläubischen Kräfte, die für jeden Lichtschalter eine Anrufung an die Maschinengötter benötigen (S. 495)
Gibt es auch Fluffschwächen?
Kann ich nicht genau sagen, zumindest eine kleine Verwirrung wurde bei mir durch folgendes Erzeugt (Auch hier ein Spoiler, da es sonst zu viel von der finalen Schlacht vorweg nehmen würde).
Legio Tempestus wird auf dem Mars von der Legio Mortis ausgelöscht, ist im Sabbat-Kreuzzug aber wieder anwesend (Dan Abnett: Titanicus). Auch die Legion Mortis scheint alle ihre Maschinen zu verlieren. Man muss also wohl davon ausgehen, dass es noch weitere Maschinen gab, die sich während des Kampfes nicht auf dem Mars befanden, oder es sich um eine Neugründung handelt
In einer anderen Diskussion, zum achten Band der Reihe, wurde außerdem das „unlogische Verhalten der Bösewichte stark kritisiert – Manch einer wird deshalb wohl auf das Verhalten der Legio Mortis in der finalen Schlacht gegen Legio Tempestus ebenfalls als unlogisch wahrnehmen
Warum hat der Imperator-Titan so lange zugesehen, wie seine Kameraden zerschossen wurden, bevor er endlich anfing einzugreifen?
Auch an dieser Stelle muss man sich wohl damit abfinden, dass es einfach zum erfundenen Charakter der Bösen gehört, dass sie arrogant herumstolzieren und mit ihrem Glauben an die eigene Unverwundbarkeit ihren Untergang besiegeln – 40K lebt eben von Klischees
Fazit:
Die eigentliche Geschichte konnte mich leider nicht faszinieren. Das große Kriegsmaschinen-Geballer enthielt nichts Spektakuläres und interessierte mich nur am Rande. Letztlich war es doch wieder nur das übliche Helden-Gekämpfe, Übermenschlicher Mut angesichts eines überlegenen Feindes, heroische Selbstaufopferung, pathetische Kriegerehre und glorreiche letzte Gefechte (Bei den Knights und den Titanen) – Schema F, wenn man so will, aber vielleicht war ich dieses mal auch einfach nicht in der Stimmung für diese simplen Vergnügungen.
Hat McNeill also ein schlechtes Buch geliefert?
Nein, jedenfalls nicht aus Sicht eines 40K-Hobbyisten. Das Buch lohnt sich auf jeden Fall – nicht, weil es unglaublich spannend oder vollendet geschrieben ist, sondern weil es spätestens am Ende eine solche Fülle an neuen Flufferklärungen aufweißt, dass es für Leute wie mich, welche die HH-Reihe vor allem deswegen lieben, ein echter Leckerbissen ist. Für mich persönlich hätte es noch ein bisschen mehr zu den Skitarii geben dürfen, aber angesichts der Menge an glaubwürdigen Informationen zum Mechanicum, dem Dunklen Mechanicum, den Knights, den Titanlegionen und dem Mars an sich, will ich nicht undankbar sein. Das Buch aktiviert viel Hintergrundwissen und Insiderinformationen, was für diejenigen die dieses Wissen besitzen natürlich immer schmeichlerisch ist und man sich "zu Hause" fühlt
Zuletzt bleibt für mich also nur eines zu tun, nämlich Mr. McNeill anzuflehen, sich wieder seinem eigentlichen Talent zu widmen und sich dem Fluff der 40K-Welt zu widmen und erneut ins Codex-Geschäft einzusteigen. Graham, erlöse uns von Inquisitorenschlächtern auf Riesenwölfen und Blutengeln deren Ehrgefühl es nicht zulässt Necrons zu erschießen – BITTE!