Nachdem ihr auserwählt und in den Dienst der Inquisition gestellt wurdet, haben sich die Dinge nicht ganz so entwickelt, wie ihr euch das ursprünglich vorgestellt habt.
Ihr wurdet aus eurem bisherigen Leben herausgerissen, getestet, befragt und verhört. Aber abgesehen von einer Handvoll Lektionen über die verderbten Bedrohungen für das Imperium, die ihr in abgedunkelten Räumen erhalten habt und deren Inhalt euch wahrlich übel auf den Magen geschlagen hat, hat man euch hauptsächlich damit beauftragt, endlose Reihen von Codetabellen und Geheimzeichen auswendig zu lernen und dann zu zerstören. Anschließend hat man euch euch selbst überlassen. Jetzt wohnt ihr unter falschen Namen in einem namenlosen Hab-Block der Makropole Sibellus auf Scintilla, der Hauptwelt des Calixis-Sektors. Wochen sind nun schon vergangen, in denen ihr auf den Ruf eurer neuen Herren wartetet und insgeheim sogar eine erste Beurteilung befürchtetet.
Endlich ist es soweit – ein Kurier mit leerem Blick hat euch eine in der Geheimschrift der Heiligen Ordos gehaltene Botschaft gebracht. Die Nachricht war einfach gehalten und kam sofort zum Punkt. Sie bestand aus nicht viel mehr als einer Uhrzeit, einem Datum und einem Ort.
Die Botschaft endet mit der Auff orderung, gut vorbereitet zu kommen und mit der Ermahnung, mit Gesellschaft zu rechnen. Sie ist mit einem alten Leitspruch unterzeichnet:
„Der Imperator schützt“.
Ihr seid pünktlich am Ziel angekommen. Dazu habt ihr euch durch die dichtgedrängten, gesichtslosen Massen des Administratumsviertels gekämpft und seid bei einer nicht näher bezeichneten Frachtliftplattform angekommen, die
sich im hinteren Bereich eines beeindruckenden Gebäudes befindet, das mit Basreliefs von Totenköpfen, Urnen und anderen Symbolen des Todes geschmückt ist und von der immensen Statue eines weinenden Heiligen dominiert wird. Wie es scheint, werdet ihr erwartet. Das verschrumpelte Gesicht des in die Plattform integrierten Servitors mustert euch eindringlich und meint dann nur: „Passieren!“, woraufhin ihr auf die Plattform tretet. Wie bereits in der Botschaft angedeutet wurde, seid ihr nicht allein auf der Plattform.
Insgesamt haben sich drei Leute dort in betretener und etwas angespannter Stille versammelt. Die Servitorenkontrolle klingelt, als der Letzte auf die Plattform tritt und diese sich langsam nach unten senkt,
während sich die Deckenschotts über euch mit einem lauten, hallenden Knall schließen. Die Plattform senkt sich mehrere Minuten abwärts durch die Wartungsund Maschineriestockwerke und bringt euch tief in die Eingeweide des Regierungsviertels.
Nachdem der Lift seine lange, langsame Fahrt beendet hat, finden ihr euch in einem breiten, grauen Gang wieder, den fahle Leuchtkugeln in Form fackeltragender Cherubim erhellen. Nur der Anfang des Gangs ist erhellt,
der Rest verliert sich in der Dunkelheit. Sobald ihr von der Plattform treten, erwachen weitere Leuchtgloben zum Leben, und während ihr euch weiter in den Gang wagt, erhellen sich beständig neue, um euch den Weg zu weisen,
während jene, die ihr hinter euch lasst, verlöschen. Der Gang ist abgesehen davon leer und riecht nach chemischen Desinfektionsmitteln. Der einzige Weg ist nach vorne.
Nach etwa fünf Minuten, endet der Gang an einer Panzertür aus Metall, die sich mit einem Zischen von Druckluft entriegelt und dann unter schwerem Knirschen metallener Zahnräder öffnet. In dem Raum dahinter befinden sich zahlreiche
staubige Metallkisten, die mit unbekannten Symbolen versehen und in einem wirren Durcheinander an einer Wand gestapelt sind. Ein umgekipptes, metallenes Krankenhausbett mit Hand- und Fußfesseln liegt auf dem Boden. Besonders ins
Auge springt allerdings der riesige Spiegel, der die Hälfte der gegenüberliegenden Wand einnimmt. Sobald ihr eintretet, wird der Spiegel langsam durchsichtig und enthüllt einen glitzernden, metallenen, kleineren Raum dahinter. In
dem Raum steht eine große Gestalt mit hageren Zügen in der Tracht eines Mediziners. Etwas unpassend ist der rote Lederumhang, den sich die Gestalt über die Schultern gelegt hat.
Hinter der Gestalt bedeckt ein speckiges, graues Tuch etwas, das wie ein Körper aussieht und auf einem Gestell ruht, das zur Inspektion schräg nach oben gekippt ist. Über der ganzen Szenerie schweben zwei emaillierte, weiße Schädel, ausgestattet
mit den verschiedensten Messinginstrumenten und langen Injektionsnadeln. Es wirkt fast, als warteten sie begierig darauf, was als nächstes geschehen wird.