Beiträge von Stahl-Opa

    So, also das 2, Kapitel hab ich eigentlich vor 2 Wochen schon gelesen, aber hatte dann immer entweder keine Zeit, zu posten - oder es dann vergessen.


    Zum 2. Kapitel kann ich nur wiederholen, was ich glaube schon das letzte Mal Kommentiert habe: Mega gut geworden. Der Aufbau des Kapitels ist ganz ähnlich wie beim ersten - die Beschreibung der Umgebung, die in diesem Fall zwar anders ist, aber dennoch ebenso idyllisch. Nur dass es nun keine freundliche Gespräche über Schicksal und Vertrauen gibt, sondern es um grausame sadistische Jagd geht.


    Das unterstreicht perfekt die unterschiede der Drukhari und Weltenschiffer, aber eben genauso ihre Gemeinsamkeiten.


    Diese Äquivalenz ist genial und macht freude zu lesen.


    Nicht zuletzt finde ich der Dialog mit Sirqa wirklich gut gelungen. Sie ist erstaunlich Sympathisch - ohne dass sie auch nur ein kleines bisschen "harmlos" oder "un-drukhari" wirkt.


    Freu mich auf Kapitel 3 :)

    Hallo ihr Lieben


    Ja, ich lebe noch... wie viele Ziele hab ich verpasst?

    Bin ich überhaupt noch drinnen?


    Ich habe im August meinen neuen Job begonnen und unterrichte nun Deutsch & Geschichte. Da unsere Lehrbücher aber alle Müll sind und ich mega motiviert bin, mache ich den ganzen Unterrichtsstoff von Grund auf selbst... Nicht, dass das ein Problem wäre - ich habe da echt Leidenschaft dafür. Leider bleiben alle Hobbies auf der Strecke... Darum war ich nun wohl auch ganze 2 Wochen glaube ich nicht mehr im Forum anzutreffen.


    Also, sollte ich noch ne Chance haben, versuche ich mal am nächsten Montag nochmals ein Ziel einzutragen und zu erfüllen. Wenn ich schon zu oft gefailt habe... naja, dann bin ich eben raus.


    In dem Sinne: In welcher Challenge-Woche befinden wir uns gerade und ist die Liste mit den Joker/Fails noch aktuell? Habe gerade 0 Überblick.


    Sollte ich plötzlich mal wieder ein paar Wochen verschwinden: Keine Sorge, ich bin euch nicht Überdrüssig - werde ich auch nie sein, versprochen. Ich entdecke lediglich meinen inneren Workaholic xD

    Hier ist der richtige Ort, ja?


    Da es schon ne Weile her ist, Kommentiere ich einfach den ganzen Roman, unabhängig ob Neufassung oder nicht. Hoffe das ist so in deinem Sinne ;)


    Aber lass mich beginnen. Im grossen und ganzen: Mega. Super stimmig, super Atmosphäre und spannend. Dass du ein riesien Talent bist, ist aber ja nix neues ;)


    Verzichtest du hier bewusst auf *** oder irgend welche Zeichen, die den Szenenwechsel anzeigen? Wenn man mit dem Setting bzw. deinen Charakteren nicht Vertraut ist, finde ich, kann da durchaus Verwirrung entstehen. Kann, muss nicht. Im ersten Moment kann er erscheinen, als ob Eathalvaén am gleichen Ort wie Firondhir ist.


    Eathalvaén wandelte über die verschlungenen Wege der weitläufigen Gärten in der Kuppel der Seher. Der regelmäßige Lichtwechsel in den Biodomen des Weltenschiffs hatte grade die Hälfte der Dunkelphase überschritten. Auf einem Planeten hätte man die Zeit wohl Mitternacht genannt. Das Fehlen des Tageslichts erlaubte den Blick auf die Sterne, deren weiß glänzende Lichtspitzen die hauchdünne, klare Kristallhaut der Kuppel durchdrangen. In der tiefblauen Dämmerung hatten zahlreiche Nachtblumen ihre großen, goldenen und purpurroten Kelche geöffnet und verströmten einen schweren, angenehmen Duft. Nächtliche Falter, samtviolett und groß wie Singvögel, gaukelten von einer Blüte zur anderen. Heimchen zirpten leise ihr Nachtkonzert.

    Wow. Der Abschnitt ist so schön. Erinnert gleich an Naturgedichte der Deutschen Romantik, finde ich. Bildgewaltig, verdammt Ästhetisch. Es liest sich fast schon als Gedicht. Einfach nur wunderbare, schöne Atmosphäre, die zu 900% zu den Eldar passt, extrem gut in Szene gesetzt.


    Bezogen auf die ganze Sequenz. Ich weiss und bin mir bewusst, dass es alles passt uns im Grunde sehr stimmig ist. Gerade aber mit nicht-Eldar-Kenner kann da sehr schnell was durcheinander kommen - besonders weil hier im Forum die Fussnoten nicht funktionieren wollen (zumindest bei mir) und man beim lesen net immer bis ganz unten Scrollen will. ArdIdainn und Athlainn - so ähnlich - sind das zwei verschiedene Personen? Und war da nicht zuvor Eathalvaén? Wieso redet Illurayon plötzlich mit wem anders?


    Natürlich, dem aufmerksamen Leser sollte klar sein/werden, dass es sich bei allen 3 Namen um die selbe Person handelt. Bei nicht so aufmerksamen Lesern wird da aber vor allem im ersten Moment ein Fragezeichen entstehen, denke ich. Ob/wie man das sinnvoll lösen könnte.. weiss nicht. Vielleicht eine Passage wie "ArdIdainn", sagte Illurayon, bewusst den Ehrentitel des Sehers verwenden, um seinem Amt respekt zu zollen, "was ich weiss und kann, habt ihr mich gelehrt". Das Beispiel ist nun arg konstruiert, aber sowas in der Art dürfte dem Verständnis gut tun.


    Eathalvaén schritt durch den Saal, groß und aufrecht. Seine feingliedrige linke Hand umschloss seinen Runenstab, ruhend, kraftvoll trotz seines hohen Alters, eher, als hielte er eine Waffe, denn eine Stütze. Er blieb in dem goldenen Lichtstrahl in der Mitte der Halle stehen. Der mitternachtsblaue Sehermantel fiel in schweren, samtenen Falten von seinen Schultern bis auf den Mosaikboden. Silberne Runen glänzten auf den morgenhimmelblauen Aufschlägen. Das silbergrau durchzogene Haar lang und offen über den Rücken fallend, die feinen, ebenmäßigen Gesichtszügen voll ruhigem Ernst, ließ er seinen Blick durch die Runde schweifen.

    Wieder eine meisterhafte Beschreibung! Sehr starke Bildsprache; ein gewaltiger Auftritt der richtig in Erinnerung bleibt! Besonders der letzte Satz, in seiner vollen Länge, hat imho einen so verdammt hohen ästhetischen Wert, da kann ich mich daran fast nicht satt lesen. Das ist geschriebene Kunst <3

    Ehe er noch wusste, wie ihm geschah, war Firondhir aufgesprungen. Einen langen Augenblick stand er auf den Stufen, unschlüssig, was er eigentlich hatte tun wollen. Dann wurde ihm bewusst, dass er, dass etwas in ihm damit eine Entscheidung getroffen hatte, die er nicht mehr zurücknehmen konnte. Nicht vor dem AthIdainn, nicht vor den versammelten IstuKarun und nicht vor Illurayon. Diese Reise konnte er seinen Freund, dem er sein Leben verdankte, nicht alleine antreten lassen. Nicht nach allem, was sie seither erlebt und überstanden hatten, nach allem, was sie miteinander verband. Mit schweren Schritten stieg auch er hinunter und stellte sich neben Illurayon.


    Illurayon seufzte kaum hörbar. Wie er es erwartet hatte. Allein der Wunsch, nur dieses eine Mal mochte Firondhir ihn alleine ziehe lassen, wäre illusorisch gewesen. Dabei konnte er das Unbehagen seines Freundes deutlich spüren. Und zugleich seine Entschlossenheit und sein Vertrauen. Bei aller düsteren Vorbedeutung, mit er diese Reise antreten musste, war Firondhirs Treue ihm ein Funken der Zuversicht.

    Sehr starke Szene. Firondhirs Gedanken hast du mega gut beschrieben. Extrem "menschlich", so dass man sich sofort voll in ihn hineinversetzen kann. So Momente hatte ich auch, und ja, ich fühlte mich jeweils auch exakt genau so. Spitze!


    Auch ein toller Dialog. Ydrils "Empörung" wirkt sehr natürlich und glaubwürdig. Dass Ydrir mit einem knappen "ich muss mitgehen" kontert, verleiht der Szene eine unglaublich düstere, fatalistische Szene, die wunderbar zu den Eldar und 40k passt. Es wirkt derart fatalistisch, dass man Ydrirs seherische Begabung schon fast erahnen könnte.





    Und das wärs dann auch schon. Super Anfang, starke Dialoge, mega Atmosphäre. Du kannst absolut Stolz darauf sein :)

    X


    Nalaryss sass Anton gegenüber auf einer schmucklosen Kiste. Ihren mit Narben und Wunden übersäten Körper hatte sie mit einem schmutzigen Laken so weit abgedeckt, dass die intimsten Einblicke verwehrt blieben. Trotzdem zeige sie noch immer deutlich mehr von sich, als angebracht gewesen wäre. Ganz zum Missfallen Antons, den die verführerische Zurschaustellung des Aliens zutiefst anwiderte. Widerwillig tasteten seine Augen, von einer blasphemischen, zerstörerischen Gier getrieben, trotzdem die kunstvoll vernarbte Haut der Drukhari ab. Ein schwächerer Geist hätte sich wohl dem Anblick ergeben und sich dem verfluchten Flüstern Slaaneshs hingegeben.


    Doch Anton lächelte nur kaum merklich. Egal wie begehrlich Nalaryss jenem verdorbenen, vom Chaos infizierten Teil seines menschlichen Wesens scheinen mochte, jeder Atemzug mahnte an die Pein, die ihm angetan wurde. Mit jedem Atemzug füllte sich sein Körper mit Verachtung und Hass. Er wusste, dass diese Verachtung, die er sich selbst gegenüber empfand, ihn gegen derlei Versuchung unempfindlich machte. Der dunkle Prinz kannte die niederen Triebe der menschlichen Natur und machte sich sie zunutze, um seine Anhängerschaft zu vergrößern. Doch Anton war nicht mehr länger ein Sklave der menschlichen Natur.


    Für ihn hatte sie keinerlei Bedeutung mehr. Nalaryss hatte ihm alles Menschliche genommen. Sie hatte ihm das Konzept des Selbst entrissen und das zerstört, was einen Menschen ausmachte. Eine Befreiung – auf die unheiligste, finsterste Art, die möglich war. Eine Befreiung, die ihn nicht nur vor den Gefahren des Warp schützen, sondern auch sein wahres Potential entfesseln würde.


    Als Inquisitor war Anton ein Werkzeug des Imperiums gewesen. Als solches hatten seine Gefühle verhindert, dass er ein gutes Werkzeug hätte sein können. Der Wille zu helfen. Der Wille, etwas Gutes zu bewirken. Kameradschaft und Liebe. Alles waren nur störende Faktoren, die seine Funktion behindert hatten. Nun war er frei. Er war von keinerlei Wert mehr. Nalaryss hat ihm jeden Sinn genommen. Selbst seine selbstverständliche Würde als Mensch. Er ekelte sich vor sich selbst ebenso wie vor seinen Gedanken. Er war wertlos. Er hasste sich. Er hasste das, was er war, ebenso wie die Erinnerungen an sein altes Ich.


    Doch nun konnte er neue Pfade betreten, die ihm zuvor verwehrt gewesen waren. Nun gab es keinerlei Einschränkungen mehr. Er war nicht mehr länger ein Werkzeug des Imperiums, der Menschheit oder der Inquisition, sondern nur noch ein Werkzeug der Rache. Er würde diese Welt verlassen und Rache nehmen. Rache an den Menschen. Rache am Imperium. Rache an den Drukhari. Rache an allen, die sich ihm in den Weg stellen würden.


    »Ich sehe das Antlitz des Meisters in deinen Augen«, rissen Nalaryss Worte Anton aus seinen Gedanken. Sie hatte sich nach einer Weile beruhigt, der Wahnsinn, der ihren Geist zuvor erfüllt hatte, schien sich vorerst zurückgezogen zu haben. »Es ist vollbracht. Als ich mich mit dir, niederem Tierwesen, vereint habe, habe ich die letzten Fesseln abgeworfen, die mich hier festgehalten haben. Ich habe das Wesen meiner Art verraten. Das Flüstern von Ihr, die Dürstet, ist verstummt.«


    Anton wusste nicht wirklich, was die Kriegerin damit meinte. Trotzdem verstand er. Wie er selbst, war auch Nalaryss eingesperrt gewesen. Was sie ihm angetan hatte, hatte sie auch sich selbst angetan. Sie hatte sich ebenso befreit, wie sie Anton befreit hatte. Alles ergab Sinn. Eine vollkommene Erkenntnis. Klar. Absolut. Als würden sie sich denselben überlegenen Geist teilen.


    Ruhig nickte Anton.


    »Und was nun?« fragte er.


    Sofort spürte er einen Schmerz. Innerhalb von Sekundenbruchteile war er derart heftig, dass sein Körper zu krampfen begann. Er durchfuhr ihn, als würde sein Schädel in tausend Teile zersplittern. Alle seine Gedanken verwandelten sich angesichts der blasphemischen Pein in eine unverständliche Menge; für seinen Verstand nicht mehr länger fassbar. Nur eine Handvoll Worte waren noch übrig. Sie waren dafür von unheiliger Präsenz und erfüllten seinen Geist vollständig: VERNICHTE SIE ALLE. RACHE. ZERSCHMETTERE ALLES! GÖTTER! MENSCHEN! AELDARI! DICH SELBST!


    Dann war der Schmerz so plötzlich vorbei, wie er gekommen war.


    »Wir bewaffnen uns«, antwortete Nalaryss so selbstverständlich auf Antons Frage, dass er sich fragte, ob er sich den schmerzvollen Anfall nur eingebildet hatte. Ein fast verstummtes Etwas innerhalb seiner Seele schrie panisch. Wollte ihn warnen. Aber vor was eigentlich?


    »...dann lassen wir diese Welt zurück. Ich weiß, wo wir ein Artefakt finden, mit dem wir Dalrailac endgültig vernichten können. Wir werden es für uns beanspruchen. Und dann, dann führen wir unseren Vernichtungskrieg gegen alles und jeden, um den Schmerz zu rächen, den wir erfahren haben.«


    »Rache...«, flüsterte Anton leise. »Und wieso ich? Wieso sollte ich mit dir gehen?«


    »Solltest du? Du solltest nicht. Du willst«, antwortete Nalaryss, ehe sie nach einer kurzen Pause, während derer Anton sich eingestehen musste, dass die Drukhari absolut recht hatte, fortfuhr. »Der Meister hat auf jemanden wie dich gewartet. Jahrtausende lang. Auf jemanden, dessen Seele von Sai'lanthresh gezeichnet ist. Jemand, der die Saat von Ihr, die Dürstet, in seiner Seele trägt. Denn die Waffe, die wir brauchen, können wir nur einsetzten, wenn du dich ihrer Umarmung hingibst – ohne ihrem lüsternen Wesen nachzugeben. Du besitzt alles, was notwendig ist. Dein schwacher Geist heißt Sai’lanthresh willkommen, während dein Wille stark genug ist, ihr zu widerstehen. Zumindest jetzt, nachdem der Meister deine wahre Stärke erweckte.«


    »Wer ist der Meister?«, fragte Anton gefasst. Er wusste nicht genau, wer diese Sai’lanthresh war, aber er wusste mit vermeintlicher Sicherheit, dass sie es war, die sich Asehnya bemächtigt hatte. Und er wusste, dass er sich auch an ihr Rächen würde. Nachdem er sowohl am Imperium als auch an den Aeldari Rache genommen hatte. Vielleicht war es Töricht, dieser Kriegerin zuzuhören, war sie doch für eine Teil seiner Qualen mitverantwortlich. Doch wenn sie ihn zu einer Waffe führen konnte, die ganze Welten vernichtete, war Anton bereit, der Rache wegen mit ihr zusammenzuarbeiten. Sobald er hatte, was er brauchte, konnte er sich der Drukhari noch immer entledigen. Sie und ihr ganzes, verkommenes Volk.


    Abgesehen davon – auch wenn er dies niemals zugeben würde - war es kaum zu leugnen, wie schwach er gewesen war. Anton war sich bewusst, dass er, auf sich alleine gestellt, dem Warpwesen wohl erlegen wäre, dass sich als Ashenya ausgegeben hatte. Nalaryss schien viel mehr zu wissen, als sie sollte. Vielleicht würde sie sich sogar abseits seiner Rache als nützlich erweisen, was sich noch zeigen würde. Und selbst wenn nicht, könnte Anton, würden sie sich zusammentun, zumindest sicherstellen, dass ihr Wissen nicht in die Hände seiner Feinde fiel. Der einzige Faktor, der sich Anton vollständig entzog, war dieser unbekannt Meister.


    »Spürst du ihn nicht?« antwortete Nalaryss mit einer Gegenfrage. »Er ist alles, was dir geblieben ist. Er ist das Einzige, dass bleibt, wenn man alles verloren hat.«


    Anton verstand. Der Schmerz, den er gespürt hatte. Der Meister war nichts weiter als eine Metapher für die innersten Kerne ihrer beider Seelen. Der Gedanke, für den er von nun an leben würde. Für den auch Nalaryss lebte. Die Gewissheit, der Welt genau das zu geben, was sie verdient hatte. Ein allumfassendes Verständnis für die Rache, das jenen Ausgestoßenen vorbehalten war, die alles verloren hatten, einschließlich ihrer selbst. Eine selbstzerstörerische Rache. Eine Rache, die sich nach ihrer Vervollkommnung selbst verzehren würde.


    Nalaryss nickte. Sie hatte begriffen, das Anton verstand. Auf schändliche Art und Weise schien ein widernatürliches Band ihre Seelen verknüpft zu haben, so dass beiden eine tiefere Einsicht über den Verstand des jeweils anderen gewährt wurde. Dann erhob sie sich und machte sich daran, ihre Rüstung anzuziehen. Anton warf einen Blick zur verriegelten Türe. Ohne die ihm sich aufdrängende Frage abzuwarten, ergriff Nalaryss das Wort. »Denkst du, ich habe nicht damit gerechnet? Ich habe einen Schlüsselkristall, der jede Türe des Palastes öffnet. Niemand wird uns aufhalten. Erst recht nicht Maelarah.« Nalaryss machte eine kurze Pause. »Außerdem gebe ich dir einen Schattenfeldgenerator. Mit diesem solltest du so lange überleben, bis wir beim Jäger der Prinzessin sind. Der Hangar liegt bei der Hauptpforte des Palastes.«


    ***


    Hector folgte Jek durch die in den Palastmauern verborgenen, dunklen Gänge. Manchmal mussten sie diese kurz verlassen, um die entvölkert scheinende Palasthalle zu durchqueren und durch einen anderen Zugang wieder im Gangsystem zu verschwinden. Jek war derart zielstrebig, dass Hector sich zu fragen begann, wieso er sich so gut auskannte. Natürlich verfügte der Metzger über ausgesprochen gute Fähigkeiten. Doch etwas stimmte nicht. Gleichwohl wischte der Veteran seine Zweifel beiseite. Eine ganze Menge stimmte nicht – wieso sollte er gerade Jek misstrauen?


    Besonders merkwürdig schien Hector, dass trotz ihres Aufstandes noch immer keine Eldar-Soldaten die Palasthalle sicherten. Die unheimliche Atmosphäre der ausgestorbenen Hallen verstärkte sein Unbehagen. Vereinzelt trafen sie zwar auf einzelne marodierende Kabalenkrieger, die durch die Leichenberge schritten und sich an all dem Leid ergötzten, doch waren es bei weitem nicht so viele, wie bei der Größe dieser Anlage zu erwarten gewesen wäre.


    Ohne echte Gegenwehr war es den Sklaven gelungen, die Palasthalle schnell hinter sich zu lassen, weswegen Hector annehmen musste, dass er und Jek wohl die letzten beiden Menschen in diesem fremdartigen Kristallpalast waren. Natürlich war der Widerstand hier zwar grösser gewesen als in den Sklavenquartieren, aber trotzdem mussten die Sklaven nur ein paar dutzend Eldar-Krieger überwinden, ehe sie in die äußeren Bereiche vordringen konnten. Wo im Namen des Imperators waren die Streitkräfte der Eldar geblieben? Wieso setzte der Archon nicht seine Armee ein? Wieso gab er nicht einfach den Befehl, sie alle auszulöschen? Egal, wie oft er darüber nachdachte, Hector fand keine Erklärung.


    Schließlich verließen sie das Gangsystem endgültig. Kein einziger Schuss war gefallen, seit sie sich von Kayrel getrennt hatten. Jek hatte sie erfolgreich bis in den Thronsaal geführt, der wie der Rest des Palastes vollkommen leer zu stehen schien. Sie fanden auch keine Leichen. Offenbar hatte sich bislang keiner der Sklaven bis hier hin verirrt.


    Während Hector vorsichtig den Saal auf möglichen Bedrohungen prüfte, ging Jek ohne zu zögern zu der Türe, durch die Anton dereinst weggebracht worden war.


    »Los Chef, hier, komm!«


    »Du bist dir sicher, dass zu weisst, wie wir zum Archon kommen? Wieso kennst du überhaupt den Weg?«


    Jek runzelte die Stirn.


    »Du weißt, dass du mir vertrauen kannst? Ich habe beobachtet, als sie Anton weggebracht haben. Ich habe die Architektur studiert. Mir eine Karte gedacht. Überlegt, was Sinn gibt. Und so gibt das Sinn! Und bisher habe ich den Weg auch gefunden, oder?!«


    Hector entschied, es dabei zu belassen. Ja, Jek wusste für gewöhnlich sehr genau, was er tat. Trotzdem, irgendwie hatte er ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Dabei hinterfragte er nicht einmal, ob es eine gute Idee war, den Archon herauszufordern. Einen direkten Sprenggranaten-Treffer würde auch dieser nicht überleben. Irgendwie schien ihm einfach, dass das alles kein gutes Ende nehmen würde.


    Nachdem die beiden die Türe passiert hatten, kamen sie in Korridore, die weit grösser und besser beleuchtet waren als jene, die den Sklaven als Transportwege dienten. Hector mutmasste, dass dies die etwas privateren, nicht ganz so repräsentativen Räumlichkeiten der Dark Eldar sein mussten. Sie schienen auf der richtigen Fährte zu sein. Jek schien den Weg wirklich zu kennen. Doch das ungute Gefühl ließ Hector nicht los. Es verstärkte sich sogar zunehmend. Ja, er vertraute dem Metzger. Aber nicht unbedingt. Bis zum Thronsaal erschien es Hector absolut logisch, dass Jek den Weg genau kannte. Dass er sich an die Türe erinnerte, durch die Anton weggebracht wurde, war dabei keine Frage. Nun schlichen sie aber schon Minuten durch diese nie enden wollende Korridore und obwohl sie immer wieder an Abzweigungen und Türen vorbeikamen, führte Jek mit unheilvoller Gewissheit. Er wusste genau, welchen Weg er nehmen musste. Etwas, das eigentlich unmöglich hätte sein können. Ganz unbewusst legte Hector seine Finger auf den Abzug. Etwas lief gerade gewaltig schief. Er wusste nur nicht, was.


    »Hier, hier!« bemerkte Jek vor einem mit fremdartigen Runen reich verzierten Tor. Sie waren nun sicher schon mindestens eine Viertelstunde durch die Palastanlage geschlichen. »Der direkte Weg zum Ziel, oh ja, das ist er!«


    »Was geht hier vor?« antwortete Hector. »Von wo willst du das wissen? Du bist gut – aber nicht so gut. Welches Spiel spielen wir hier?«


    »He, Chef!« rief Jek aus, während er unruhig mit seinem Skalpell spielte, dass er in der Hand hielt. »Du weißt noch, als wir angekommen sind? Als Anton in die Finsternis blicke? Als er weg war?«


    »Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Aber ja, ich erinnere mich. Natürlich. Was hat das damit zu tun?«


    »Hehehe, du weisst, Jek ist flink. Du weißt, dass Jek immer vorbereitet. Habe mich umgesehen. Wenn alle am Schlafen waren... oder am Spielen, wie diese Langohren. Hehe, die ganze Nacht am Spielen. Sie hören gerne Vögelchen singen, weißt du? War auf Entdeckungsreise. Habe alles gesehen. Seeeeehr klein, verglichen mit zuhause. Seeeeeeehr klein.«


    Hector wusste nicht, was er davon halten sollte. Es schien ihm nicht glaubwürdig, dass Jek aus ihrem ersten Quartier einfach so hätte fliehen können. Er war sich sicher, dass die Eldar Wachposten aufgestellt hatten. Wie sollte Jek dazu kommen, so tief in den Palast der Xenos einzudringen? Ungesehen? Seine Geschichte gab überhaupt keinen Sinn. Andererseits kannte er Jek. Der Metzger war niemand, der viel dem Zufall überließ, auch wenn es oft nicht diesen Anschein machte. Und nachts, nachts legte sich auch Hector schlafen. Es war gut möglich, dass sein Gefährte hin und wieder auf äußerst gefährliche Erkundungstouren ging. Durch seine mit Eiterbeulen verseuchte Haut, seiner mangelnden Körperhygiene und seiner allgemein sehr fragwürdigen Erscheinung wäre er sicherlich kaum von den ganzen Sklaven zu unterscheiden gewesen.


    »Jaja, ist ja gut«, grunzte der Metzger ohne eine Antwort abzuwarten. Dann stellte er Jekubs Überreste neben das Tor und fuhr mit den Fingern über eine Art kristallenen Bildschirm, der wohl als Steuerkonsole der Türe fungierte. »Habe eines der Langohren beobachtet. Weiß, wie man rein kommt. Aber keine Angst Chef, ich geh ja schon vor. Jaja, du vertraust mir nicht, schon begriffen... nach allem was ich getan hab...«


    »Das... Das... Tut mir leid!?« murmelte Hector etwas überrascht. Er hatte einen Moment die Menschenkenntnisse des Foltermeisters vergessen. Oft reichte ein einziger Blick und er wusste, was jemand dachte.


    Nachdem Jek durch die Pforte geschritten war, folge Hector vorsichtig nach. Dahinter befand sich etwas, das den Veteranen dann aber mehr als nur erstaunte. Sie befanden sich in einem riesigen Gewölbe, das von Farben nur so strotze. Die vor ihnen liegende Anlage war enorm weitläufig und mit einer Vielzahl paradiesischer, äusserts fremdartiger Pflanzen bestückt. Es war eine Art unterirdische Gartenanlage von kaum vergleichbarer Schönheit. Hector fluchte innerlich, dass er an Jek gezweifelt hatte. Ein solch bezaubernder Ort konnte nur dem Herrscher dieser Welt gehören. Selbst die kristallene Palasthalle war nicht annähernd von solch vielseitiger, lebendiger Schönheit. Ja, verglichen zu dem diabolischen, unmenschlichen Innern der Palastanlage mit ihren Ketten, Foltergeräte und menschlichen Überreste, schien dieser Ort ein wahres Paradies zu sein, dass die Essenz der schönsten Gartenwelt des Imperiums auf kleinstem Raum perfekt spiegelte.


    »Und wie finden wir nun der Xenos-Anführer?« fragte Hector seinen Freund. Auch wenn das die Quartiere des Archons waren, wussten sie nicht, wo sich der Eldar befand. Und wie viele Wachen er bei sich haben würde.


    »Naja, werden ihn suchen müssen«, kicherte Jek amüsiert. Dann machte er sich auf, die vor ihnen liegende Halle zu durchsuchen. »Ich mag Versteckspielen!«


    ***


    Anton war nur wenige Schritte hinter Nalaryss. Die Kriegerin trug ihre Kabbalistenrüstung und hatte sich mit ihrem elegant geschwungenen Schwert und einem nicht weniger eleganten Schild ausgerüstet. Er selbst hatte dabei nicht viel mehr als das merkwürdige Drukhari-Gerät, dass Nalaryss ihm gegeben hatte, und ein altes, schlecht gewartetes Kettenschwert, dass seine neugewonnene Gefährtin offenbar für Arenadarbietungen aufbewahrt hatte. Auch wenn Anton weder dem Xenos-Gerät noch dem Kettenschwert traute, war es doch besser als gar nichts. Immerhin war er sich sicher, dass die Drukhari ihn ebenso sehr brauchte, wie umgekehrt. Sie waren Verbündete, wenn auch nur durch Hass und dem Wunsch nach Rache verbunden.


    Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange war es her, als Nalaryss ihn “befreit” hatte? Wie lange waren sie noch in dem Gewölbe gefangen gewesen, ehe sie nun dabei waren diese Welt hinter sich zu lassen? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Sowohl Vergangenheit als auch Gegenwart waren in einen Nebel gehüllt, der der Zeit jegliche Relevanz raubte. Seine Wahrnehmung war anders als zuvor und dennoch auf unheimliche Art und Weise durchaus vertraut. Etwas hatte sich verändert, aber Anton konnte nicht genau ergründen, was. Es schien, als ob ihn seine Hingabe an die Rache den Zugang zu einer neuen, außerdimensionalen Ebene ermöglichte. Als ob der Warp seinen Verstand durchdrang, selbst wenn er nicht aktiv in die Dimension des Chaos blickte. War dies das wahre Potential der Menschheit? War es das, was die Inquisition fürchtete? Psioniker, die im Warp und der Realität zugleich wandelten? Der nächste Schritt zu einem vollkommenen Menschen, der von den Schwächen seiner Natur nicht mehr länger aufgehalten wurde? Wollte das Imperium ebendies verhindern, angstvoll, dass ein derart erwachter Mensch sich nicht den barbarischen Regeln des Imperiums unterwerfen würde?


    »...nicht...«, wimmerte Ashenyas Stimme. Der verdammte Dämon streckte seine Klauen noch immer nach seiner Seele aus. Doch auch diesen würde er vernichten. Er hatte die teuflische Ekstase des allverschlingenden Hasses erduldet. Eines Hasses nicht nur gegen seine Feinde, sondern auch gegen sich selbst. Und er ging gestärkt daraus hervor. Selbst der mächtigste aller Dämonen würde seiner Seele nichts anhaben können, solange er unerbittlich dem Pfad der Verachtung und der Rache folgen würde. Es ward schlicht keinen Platz für andere Gefühle.


    Oder doch nicht?, durchzuckte ihn ein Gedanke. Ich bin mehr als nur Hass, Rache und Verachtung. Ich bin Anton Kalen. Inquisitor... Mensch... Geliebter...


    Irgendwie gewann vergangene und noch kommende Zeit plötzlich wieder an Wert. Zumindest für einige kurze Sekunden. Schnell unterdrückte er diesen schwächlichen Versuch der Selbsttäuschung. Ihm wurde all das genommen. Er war nicht mehr, was er einst war. Seine Verbindung zum Warp wurde wieder gefestigt. Und trotzdem schienen einzelne Wortfetzen an seinem Verstand haften zu bleiben. Inquisitor. Mensch. Geliebter.


    »Ein Aufstand. Keine Reaktion des Archons«, bemerkte Nalaryss trocken, nachdem sie eine fremdartige Konsole aktiviert hatte, die wie ein kristallenes Geschwür aus der Wand zu wachsen schien. Ein unglaublich ästhetisches, aus glitzerndem Glas bestehendes Geschwür, dass an der sonst schlichten, kalten Wand des Gewölbes völlig fremd wirkte. »Der Meister hat wirklich alles bestens vorbereitet.«


    »Ein Aufstand? Wie? Das war der Meister?« erwiderte Anton ungläubig. »Und der Archon steht auch unter seiner Kontrolle?«


    Nalaryss lachte zynisch und ohne echte Gefühle. »Wohl kaum. Aber es spielt keine Rolle, warum oder wieso das passiert, was gerade passiert. Es ist auf jeden Fall zu unserem Vorteil. Die Sklaven sind wie Ungeziefer aus ihren Behausungen gekrochen und haben die Wachen überrannt. Wir werden die Unruhe nützen können.«


    Ein Sklavenaufstand. Anton erinnerte sich an die schrecklichen Bilder, die er in der Palasthalle hatte mitansehen müssen. Und sie erfüllten ihn mit Verachtung. Auch wenn diese Sklaven stärke bewiesen hatten, indem sie ihre Ketten abgeschüttelt hatten, war sich Anton Gewiss, dass sie noch immer an den schwachen Leichengott des Imperiums glaubten. Sie wurden nicht auf dieselbe Art befreit, wie er befreit worden war. Sie hatten nicht dieselbe Erleuchtung genossen, wie er. Sie rannten von der Sklaverei in die Unterdrückung. Sie waren nicht fähig, seiner Rache zu dienen.


    »Wir töten jeden, der versucht, uns aufzuhalten«, stimmte Anton zu. Sollten sich Sklaven und Drukhari gegenseitig bekämpfen, könnte das einige Probleme aus dem Weg schaffen. Lass uns weitergehen.«


    Seine Mission hielt ihn bei Verstand. Er musste sich ihr hingeben. Ansonsten würde das, was war, wieder erstarken. Dann würde sein Handeln wieder durch seine Schwäche bestimmt sein.


    »Ich hoffe, unsere liebste Herrin wird sich zeigen«, fügte Nalaryss düster an. »Denn ihr Blut gehört mir.«


    Einen kurzen Moment später stiegen das ungleiche Paar die Treppen hinauf, die in die Gartenanlage Maelarahs führte. Von der Prinzessin war bisher keine Spur zu finden, was womöglich aber auch an dem scheinbar recht erfolgreichen Sklavenaufstand hätte liegen können. Vielleicht war sie damit beschäftigt, mit lustvollem Sadismus die fliehenden Sklaven auf besonders qualvolle Weise für ihre Vergehen zu bestrafen.


    Nalaryss öffnete die verzierte Türe, die in den Garten führte und schritt als erste durch die im Gegensatz zu dem unten liegenden Gewölbe sehr repräsentative Pforte. Anton folgte nur wenige Schritte entfernt.


    Die bunte Farbenvielfalt schien nach dem bisher Erlebten bizarr und völlig fehl am Platz. Es gab keinen Platz für Schönheit. Es durfte keinen Platz dafür geben. Hasserfüllte Rache war das einzige, dass vor der Niedertracht der Existenz Bestand hatte. Antons Kopf schmerzte höllisch. Es fiel im schwer, sich zu konzentrieren. Die vielfältigen Eindrücke wirkten äußerst stimulierend. Wie all die Pflanzen wohl zu duften vermochten? Wie würde sich die unterschiedlichen, fremdartigen Strukturen ihrer Blätter und Stängel anfühlen, wenn er sie sanft mit seiner Hand streicheln würde?


    AUS MEINEM KOPF! schrie Anton innerlich. Es waren Gedanken seines alten Ichs. Der naive Mensch, der sich an belanglosem festklammerte, versuchte seine neugewonnene Stärke zu negieren. Er durfte nicht nachgeben. Er durfte nicht aufgeben, was Nalaryss ihm dargereicht hatte. Seit wann war sein Geist derart... instabil? Anton kam es vor, als würde sein altes Ich auf verschiedenen Arten versuchen, seinen Geist zu schwächen. Er wusste zwar, dass er stark genug war, den aufreibenden Gedanken zu widerstehen. Er musste nur völlig kompromisslos an der Rache festhalten. Doch trotzdem waren diese allzu menschlichen Gedanken noch immer da. Inquisitor. Mensch. Geliebter. Schönheit. Sinneseindrücke. Ektase.


    Erst eine vertraute Stimme riss ihn aus seiner zunehmend zermürbenden Gedankenwelt. »Anton? Und eine Xenos-Schlampe?! Was geht hier vor, verdammt?!«


    Die Stimme gehörte Hector, wie Anton sofort erkannte. Und in Hectors Stimme erkannte er unglaubliche Wut, Irritation und Überraschung. Vielleicht aber durchaus auch Freude. Erst dann realisierte er, dass der Veteran kaum zehn Meter entfernt stand und mit seinem alten Granatenwerfer direkt Nalaryss anvisierte, die ganz offenbar begriffen hatte, dass ein direkter Granattreffer trotz ihrer Fähigkeiten äußerst unangenehm wäre. Ohne, dass sie etwas hätte sagen müssen, wusste Anton, dass sie es ihm überließ, die Situation zu bereinigen.


    »Was tust du hier?!« schrie Anton seinen ehemaligen Gefährten ungewollt bösartig an. »Verschwinde. Gehe mir aus dem Weg. Ich habe eine Mission zu erfüllen.«


    Hector blieb wie angewurzelt stehen. Den Granatwerfe im Anschlag, den Finger unheimlich fest am Abzug. »Ich vernichte den Archon. Dann verschwinde ich von hier. Aber sag mir, Anton. Ich sehe, du hast dich mit diesen abscheulichen Xenos angefreundet. Weißt du, was ich dafür erleiden musste? Was du mir angetan hast? Und hat dir das Ashenya zurückgebracht? Hat diese Xenos nun ihren Platz eingenommen? Schau dich an! Hör, wie du mit mir sprichst. Ich erkenne dich kaum wieder!«


    »Du hast keine Ahnung! Ich bin stärker als je zuvor! Verschwinde! Ich werde an dem Archon Rache nehmen. An ihm und dieser verdammten Welt!«


    »Wie soll ich dir das glauben, wenn du dich mit einer von denen abgibst?«


    »Er hat Recht, Mensch«, warf Nalaryss an Anton gerichtet ein. »Du bist ebenso widerlich wie der Rest deiner minderwertigen Rasse. Aber es dient mir nicht, wenn es auf diese Art zu einem Kampf kommt. Abgesehen davon würdest du sowieso nicht überleben.«


    »Denkst du, ich habe Angst? Ich war wochenlang in eurer verdammten Krypta, die ihr für uns unter diesem Palast errichtet habt«, erwiderte Hector. »Eure Art verdient das Leben nicht. Lieber sterbe ich, als mit euch gemeinsame Sache zu machen!«


    Anton schüttelte den Kopf, ehe er langsam aber entschlossen Hector entgegenschritt. »Ich brauche sie. Meine Aufgabe geht vor.«


    »Du würdest doch nicht...«, antwortete Hector trotzig. Er wollte seinen Granatwerfer gegen Anton richten, doch dann hätte die Xenos ihn sicherlich sofort angegriffen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Antons Vernunft zu hoffen. Und auf Jek, von dem er sich getrennt hatte, um die Gartenanlage effizienter zu durchkämmen.


    Mit vor Enttäuschung zittriger Stimme wandte er sich ein letztes Mal an Anton. »Du wendest dich gegen mich? Für diese Xenos? Ist dir Ashenya so viel Wert, dass du deine eigene Rasse verrätst?«


    »Ashenya ist nicht mehr von Relevanz. Ich lebe nur noch für die Rache!«


    Anton hatte zum Veteranen aufgeschlossen. Er zögerte einen Augenblick, schlug seinem ehemaligen Freund dann aber mit voller Wucht die Faust des von den Drukhari veränderten Armes in den die Magengrube. Hector hatte nicht damit gerechnet, dass Anton ihn wirklich angreifen würde. Und er hatte nicht mit der übermenschlichen Kraft des durch finstere Künste wiederhergestellten Armes gerechnet. Wie eine Marionette, derer Fäden durchgeschnitten wurden, klappte der eigentlich äußerst zähe Soldat zusammen und blieb bewusstlos liegen.


    »Töte ihn. Ein wildes Tier, das Blut geleckt hat, wird unserer Rache nur im Weg stehen!«, befahl Nalaryss, als sie Hector zu Boden gehen sah.


    Ehe Anton etwas erwidern konnte, warf sich ein hässliches Fleischbündel auf Nalaryss. Sabbernd, mit einem unmenschlichen Feuer in den Augen und gezücktem Messer stützte sich der Metzger auf die Drukhari, die soeben den Tod seines Freundes gefordert hatte.


    »NICHT SO SCHNELL!« geiferte Jek, seine Klinge an Nalaryss Kehle. »Anton. Böse. Ganz Böse. Wo ist deine Oberschlampe? Ich kann dein Fickluder gehen lassen, oh ja. Aber ich muss wissen, wo die große Schlampe ist, ja das muss ich!«


    Anton kannte Jek lange genug, um zu wissen, dass er alles völlig ernst meinte. Ja, er hatte bei seinem Foltermeister nie zuvor solche Verbissenheit erlebt. »Was soll das Jek? Von wem redest du? Komm mit mir. Väterchen braucht dich!«


    »Hehehe«, kicherte Jek. »DU. Du bist nicht mehr Väterchen. Du bist ein Narr, oh ja. Narr!«


    »Jek, was soll das? Was soll das? Folge mir! Du gehörst mir!« brüllte Anton den Metzger an.


    »Ohhh nein. Du warst trunken. Trunken von scheiss Drogen. Jek genau gesehen. Wie Abschaum von Necromunda warste. Ja, das stimmt. Verneinen macht keinen Sinn. Ich habe dich gelesen. Ich kann Vögelchen singen hören, in dem ich sie beobachte. Ich muss sie nicht zum Singen bringen, wenn ich nicht mag. Nicht immer. Ich wusste, dass du uns verraten wirst. Ich wusste, dass Ashenya dir viel zu viel bedeutet hat. Ich wusste es sogar, bevor wir bei diesen Aliens gelandet sind. Du warst besessen. B-E-S-E-S-S-E-N. Nicht gut, ohhh nein. Ich habe neues Väterchen. Besseres Väterchen!«


    »Du meinst Hector?!« erwiderte Anton.


    »Hehehe. Hehehe! Hector? Nein, Hector war gute Hilfe, durchaus. Aber Hector kann mir nicht geben, was Väterchen mir geben konnte.«


    »Wer hat dich gekauft, Jek?«


    »Als du noch am Schlafen warst und Hector mit dem Langohr sich um dich gekümmert hat... Jek war schlau. Jek hat herumgeschnüffelt. Aber Jek wurde gefasst. Der Archon hat mein Talent gleich erkannt. Sollte nur die Oberschlampe umbringen. Dafür so viel bekommen! Ich weiß, dass du das gleiche Spielchen gespielt hast. Ich weiß aber auch, dass du dazu zu schwach bist! Väterchen Archon ist schlau. Väterchen Archon spielt immer mehrere Spiele zugleich. Viel schlauer als Anton. Oh ja, viel, viel schlauer. Wir waren seine Sicherheit. Einer von uns wird Erfolg haben. Aber nicht du. Ohhh nein. Ich habe Hector dazu gebracht, den Aufstand zu starten. Ich habe Hector hierhergeführt. Wir werden die Schlampe töten und alles ist nur eine Folge des Aufstands der menschlichen Maden. Archon hat nichts damit zu tun. Mein Plan... MEIN PLAN! Er ist perfekt, nicht wahr? Archon wird mich lieben. Liebt mich mehr als du je hast! Mehr als Mama! Mehr als Papa!«


    »Wieso, Jek? Wieso hast du das getan? Du hättest nur warten müssen. Auf mich! Ich habe... mehr bekommen, als ich mir je hätte wünschen können. Lass die Schlampe. Lass den Archon. Komm mit mir. Wir werden gemeinsam das Blut der Schuldigen vergießen!«


    »Du hast versagt! Du bist Diener der Dienerin der Oberschlampe! Lächerlich! Du kannst mir nichts geben. Oh nein. Ich werde zuerst dieses Alien töten, dann dich. Väterchen wird mich belohnen. Oh ja. Aber ich will es genießen. Will genießen, wie du leidest. Was hast du mir je gegeben? Jek war immer nur dein Werkzeug. Ein Monster. M-O-N-S-T-E-R. Nie unschuldige Töten. Nie unnötig singen lassen. Ja, deine Worte. Du hast mir immer nur verboten. Wann hast du mich geschätzt? Wann hast du mir ein Geschenk gemacht? Ich habe alles für dich gemacht, A-L-L-E-S. Nicht einmal durfte ich einfach so Freude haben. Nicht einmal einfach so jemanden singen lassen. Ja. Ich war nur ein Monster. Du hast mich nie geliebt! Aber Väterchen Archon... er hat mir viel versprochen. Bei Väterchen Archon darf ich immer spielen. Mit Menschen. Mit Xenos fremder als fremd. So viel ich will. I-M-M-E-R. Er liebt mich mehr als du es je getan hast! Er sieht kein Monster! Er sieht nur Jek! Aber weißt du was? Weißt du, was alles viel, viel süßer macht? Er hat mir das ultimative Geschenk gemacht. Ohhh! Ashenya... Ashenya! Du weißt. Letztes Geschöpf ihrer Rasse. Sehr spannend. SEHR AUFREGEND. Ich durfte sie zerlegen. Ihren Körper zerschneiden, zerstückeln. Dieses Einzelstück! Niemand sonst konnte damit spielen. Niemand sonst wird je wieder damit spielen können! Nur Jek! Jek ist privilegiert! Väterchen Archon hat Jek gegeben, was du nie hättest tun können! Als du wieder zu uns kamst, war ihre Totkiste schon lange leer. Sie ist dann schon mein gewesen! Mein Spielzeug!«


    Jeks Verrat war derart ungeheuerlich, dass Anton sich diesen niemals auch nur Ansatzweise hätte ausmalen können. Jek war schon kurz nach ihrer Ankunft umgedreht worden. Er hat ihn verraten, nur damit er seine kranken Fantasien an Ashenya ausleben konnte. Trotz allem, was Anton widerfahren war, war diese Unglaublichkeit mehr, als er hätte ertragen könne. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, ja, war schlicht überrumpelt. Jek hatte was getan? Wieso? Warum? Wieso hatte er nichts davon bemerkt? Wieso hatte er Jak dermaßen unterschätzt? Ashenya gehörte ihm! Ihm alleine!


    Die Absurdität dieser irrsinnigen Unglaublichkeit vermengte sich mit Rachsucht, Hass und Verachtung. Anton verlor die Kontrolle. Sein Bewusstsein wurde mit solcher Kraft in den Warp geschleudert, dass dabei sein Verstand beinahe vernichtet wurde. Er fand sich in einem unvorstellbaren Sturm wieder, der gleichzeitig existierte und auch nicht existierte. Psionische Blitze zerfleischten blasphemische Energieströme, die selbst für den Warp fremdartig zu sein schienen, nur um sich Sekunden später in ebensolche zu transformieren. Dann erschienen neue Blitze aus unglaublicher Energie und der Kreislauf begann von neuem. Ein ewiges Winden von zerstörerischer Geisteskraft, die sich selbst ebenso vernichtete wie alles andere.


    Inmitten einer Sphäre aus kristallenem Material, die innerhalb von Bruchstücken einer Millisekunde zerbarst und sich wieder zusammenfügte, nahm Anton ein Wesen wahr, dessen Macht so unglaublich und unermesslich war, dass er an seiner eigenen Existenz zu zweifeln begann. In einem monochromen Gewittersturm aus dunkelstem psionischem Feuer erkannte er das Antlitz eines Gottes, der keiner war. Drei glühende Augen blitzen durch einen unglaublich dichten, schwarzen Nebel, der immer wieder von Energieblitze in grellstem Weiß erhellt wurde. Eine schuppige, humanoide Gestalt schien sich durch den alles in sich aufsaugenden Schleier Anton zuzuwenden.


    Er wandte sich schnell von der Gestalt ab. Das offenbarte Antlitz dieses Wesen hätte seine Seele sofort zertrümmert. Der schwarze, von Blitzen durchzuckte Dunst schien sich um den gefallenen Inquisitor herum auszubreiten. Anton bekam keine Luft mehr. Verzweifelt versuchte er zu atmen. Doch nur eine einzelne Nebelschwade aus unaussprechlicher Energie erreichte seine schmerzende Lunge. Wie Säure ergoss sich die finsterte Macht in seinen Organismus. Tiefster, unendlicher Hass fraß sich tief in seine Seele hinein und drohten, sie vollständig auszulöschen.


    Inquisitor. Mensch. Geliebter. Schönheit. Sinneseindrücke. Ektase. Einzelne Gedanken warfen sich wie irrsinnige gewordene Berserker gegen den Strom der unendlichen Verachtung, um ihren Platz in Antons Seele zu bewahren. In seinem Geist tobte ein Kampf, der vollständig von seinem selbst losgelöst war. Mächte, die er niemals mit seinem Verstand hätte fassen oder auch nur ansatzweise verstehen können, rangen um die Vormacht in dem geschundenen Etwas, das Anton einst Seele genannt hätte. Wie in einem Schmelztiegel formte sich aus den energetischen Strömen seines Ichs eine neue Masse, die so unsinnig und widersprüchlich war, dass sie die allermeisten Menschen unweigerlich in absoluten Wahnsinn hätte gleiten lassen.


    Doch Antons Geist war stark. Zerbrochen? Ja! Verheert und geschändet? Absolut! Aber dennoch stark. Stark genug, nicht in dem Unsinn des gleichzeitigen Seins und der Negierung desselben aufzugehen. Vor ihm erkannte er die Seele des Metzgers – oder besser das verkommene Etwas, das von dessen Seele übrig war. Selbst handlungsunfähig und den Launen des Warps ausgeliefert, spürte Anton, wie die finstere Energie, die ihn zuvor heimgesucht hatte, sich auf Jek fokussierte und begann dann heftig zu würgen. Der dichte, schwarze Nebel, der sich in seine Lungen eingenistet hatte, brauch mit einer bestialischen Heftigkeit hervor und schleuderte Anton zurück in den Realraum, während der Energiestoss sich wie ein Käfig aus zuckenden Blitzen um Jeks Seele legte.


    Anton war von seiner unfreiwilligen Reise in den Warp dermaßen geschwächt, dass er auf seine Knie sank. In der realen Welt war währenddessen kaum mehr als ein einziger Augenblick vergangen. Der darauffolgende Augenblick offenbarte dann das Ergebnis der verabscheuenswürdigen Macht, die Anton auf seinen ehemaligen Freund projiziert hatte. Schwarz-Weißes Warpfeuer brannte Jeks Schädel von innen heraus aus, während seine Schreie von solch unvergleichbarer Grässlichkeit waren, dass Anton beinahe Mitleid zu empfinden drohte. Als der Metzger schließlich nach minutenlangem Todeskampf zusammenbrach, glich sein Gesicht mit Nichten dem eines Menschen. Seine Muskeln hatten sich durch seine Todesschreie derart heftig verkrampft, dass Kiefer und Schädel gebarst waren. Wie eine weiße Krone ragten die gebrochenen Knochen aus seinem Gesicht heraus, die Haut durch das Warp-Feuer derart trocken und spröde, dass sie eher einem grotesken Papierbezug glich, der gleichmäßig über den zersprungenen Schädel gezogen worden war. Die Augen waren vollständig ausgebrannt und nur leere, schwarze Höhlen, die dennoch voller Schmerz zu starren schienen.


    Nalaryss, die sich mit einer eleganten Seitwärtsrolle in Sicherheit gebracht hatte, als Jek durch die Macht unaussprechlicher Wesen vernichtet wurde, begab sich sofort zu Anton und zerrte ihn trotz seiner Erschöpfung hoch. Der Inquisitor war kaum bei Bewusstsein, er hatte aber seinen Wert definitiv bewiesen. Er würde ein vorzügliches Werkzeug der Rache abgeben. Hector, der Bewusstlos am Boden lag, schenkte sie keine Beachtung mehr. Er war weder eine Gefahr noch für ihre Pläne von Relevanz. Die Kabale würde sich sicherlich um ihn kümmern, sobald der Aufstand niedergeschlagen war.


    Anton so stützend, dass er nicht gleich wieder zu Boden sank, schleifte sie ihn durch die Gartenanlage Richtung Thronsaal. Der Weg zum Hangar würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, doch war sie überzeugt, dass sich ihr nichts in den Weg stellen würde. Zumindest nichts, dass sie nicht mit ein paar gezielten Schwertangriffen würde ausschalten können. Ihr Rachefeldzug hatte gerade erst begonnen. Und mit Hilfe dieses Chem-Pan-Seys würde sie endlich bekommen, was sie so sehr begehrte.


    ***


    Hector wusste nicht, was geschehen war. Sein ganzer Körper schmerzte, als er langsam wieder zu sich kam. Was zum Teufel war passiert? Anton hatte den Verstand verloren – sich den Xenos angeschlossen. Er hatte ihn angegriffen, verdammt noch mal! Nach all den Schrecken, denen sie gegenübergestanden hatten! Schon alleine die Tatsache, dass Anton zugelassen hatte, dass er und Jek von den Eldar gefangen genommen worden waren, war eine Ungeheuerlichkeit. Aber dass er ihn direkt angreifen würde, damit hatte Hector noch viel weniger gerechnet. Anton war verloren. Er war nicht mehr der Mann, den er einst gekannt hatte.


    Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete Hector sich auf. Er befand sich auf dem Deck einer Art Antigravplattform. Gezackte Segel mit fremdartigen Alien-Symbolen ragten in eine kaum begreifbare Leere aus bernsteinfarbenem Leuchten. Die Plattform – das Schiff – bewegte sich durch eine Art Tunnel im Warpraum.


    »Sir! Sie leben noch!« hörte Hector eine ihm unbekannte Stimme. Ein völlig verdreckter Mann mit derart zerfurchtem Gesicht, dass das Alter unmöglich einzuschätzen gewesen war, kam mit schnellem Schritt auf ihn zu. Seine Kleidung bestand aus kaum mehr als Lumpen.


    »Was... was... ist... passiert?« stöhnte Hector. Mit jedem Wort, das seine gequetschten Lungen verliess, nahm der ohnehin kaum auszuhaltenden Schmerzen zu.


    »Ruhig. Nicht sprechen!« Der Mann kniete sich zu Hector nieder und fühlte seinen Puls. »Sie haben schwere innere Verletzungen. Sind aber zäh wie ein Ogryn. Sie schaffen das.«


    »Wer... wer bist du?«


    »Walther Macduff, 378. Cadia, Zugs-Sanitäter. Sie haben uns da wirklich rausgeholt, Sir. Sie haben mehr als nur einen Orden verdient.«


    Hector lächelte müde, während er damit kämpfte, das Bewusstsein nicht wieder zu verlieren. Einen Orden. Nun vielleicht. Vielleicht, wenn er zur Inquisition oder zu einer Armeeeinheit zurückkehren würde. Etwas, dass ihm im Moment so bizarr schien, wie der unheimliche Tunnel, dessen Farbmuster trotz aller Fremdartigkeit irgendwie beruhigend wirkte.


    »Sir, ich habe keine Ahnung, was geschehen ist. Ich war mit einer Gruppe dabei, den Ausgang aus der Xenosfestung zu suchen. Dann kam ein Eldar, der von einer Gruppe Menschen begleitet wurde. Kaum zu glauben, aber so war es. Er brauchte uns zu einer Art Hangarbucht und verschwand. Wir warteten da – was sollten wir auch sonst tun? Schließlich kam er zurück. Mit ihnen. Hat sie von weiß der Imperator wo zu uns geschleift. Wir gingen mit dem Alien dann auf dieses Schiff... und es hat irgendwie den Antrieb aktiviert, ehe es wieder verschwunden ist. Keine Ahnung, wo uns dieses Schiff hinbringt. Aber wir haben es geschafft. Wir sind weg von dieser verdammten Welt. Beim Imperator!«


    Hector nickte erschöpft. Kayrel. Am Ende war es Kayrel, der ihn gerettet hatte, nicht umgekehrt. Hector hatte versagt... oder? Einen kurzen Moment lang drohten Selbstzweifel sich wie gierige Bestien über Hectors Verstand herzumachen. Doch nur für einen Moment. Er hatte Kayrel nicht retten können. Er hatte Anton nicht retten können. Nicht Ashenya. Was aus Jek geworden war, würde er vielleicht nie erfahren. Aber verdammt, er war am leben. Und zumindest ein paar jener Menschen, die mit ihm auf dieser höllischen Welt festgehalten wurden, waren ebenso am leben. Er hatte genug erreicht. Er hatte mehr erreicht als mancher grosser Heerführer, Heiliger oder Astartes. Er hatte Leben gerettet. In einer Galaxie, in der ein Leben keinerlei Wert besitzt. In der der Tod fast hinter jeder Ecke lauerte. Er hat genug getan.


    Unendlich müde schloss Hector die Augen. Er brauche Ruhe. Er musste Schlafen. Er spürte die sanfte Hand des Imperators, die über seine Stirn strich. Er war zu erschöpft, um zu hinterfragen, wieso sein letzter Gedanke gerade ihm galt, wo er doch nichts von diesem religiösen Blödsinn hielt. Aber irgendwie fühlte es sich gut an. Er fühlte sich geborgen. Beschützt. Dann entwich das Bewusstsein seinem geschundenen Körper.


    ***


    Als vor ihnen das Ende des Dimensionstunnels, der Teil des Eldar-Wegnetztes war, mit dem die Aliens zwischen den Welten reisten, sichtbar wurde, beschleunigte Nalaryss den Jäger dermaßen stark, dass Anton übel wurde. Nachdem sie durch das wabernde, schimmernde Portal flogen, erkannte Anton, dass sich der Portalausgang auf einem kargen Hochplateau weit über einem dunstverhangenen Dschungel befand. Nalaryss wusste exakt, wo sie ihr Ziel fanden und zog den Jäger hoch., der in die dicke Wolkendecke eintauchte. Starken Turbulenzen erfassten den Jäger und schüttelten ihnkräftig durchdoch die Drukhari hatte den stark modifizierten Sichelflügel innerhalb weniger Sekunden wieder unter Kontrolle.


    Nach einem mehrstündigen Flug innerhalb der Wolkendecke leiteteleitete die Drukhari-Kriegerin mitz noch immer ungemein hoher Geschwindigkeit langsam den Sinkflug ein. Schliesslich verliessen sie den grauen Schleier, der ihnen bisher alle Sicht genommen hatte. Antons blickt schweifte ohne großes Interesse über die unter ihnen liegende Landschaft. Sie flogen über einen Ozean. Endlose Mischwälder bedeckten einen Großteil der Landmasse vor ihnen, den sie bald darauf überflogen. Nach einer Weile änderte sich das Landschaftsbild. Offenbar flogen sie in Richtung Pol. Das Grün wurde zu einem dunklen Braun-Oliv, als das Waldland von einer gigantischen Moorlandschaft abgelöst wurde. Am Horizont wurde endlich ihr Ziel sichtbar. Eine riesige Makropole erhob sich mitten in einer trostlosen, verseuchten Tundra, die durch jahrtausendelange Umweltverschmutzung das Moor in einen Flickenteppich aus Schrottplätzen, Müllhalden und Chemikalienseen verwandelt hatte.


    Die Makropole selbst war in einem ähnlich verheerten Zustand. Die Makropolenspitze war in sich zusammengebrochen, weswegen die inneren Bereiche eigentlich nichts anderes als ein gigantischer Trümmerhaufen waren. Nur die äußeren Bezirke dürften überhaupt noch bewohnbar sein – bis auf eine riesige Festung mitten in den Trümmern der Spitze, deren Träger in Gold und Kupfer schimmerten und völlig deplatziert, ja sogar überaus bizarr wirkte.


    »Xenos-Schiff«, erklang eine verächtliche Stimme in dem Kommunikator, der Nalaryss auf die üblichen Imperialen Frequenzen eingestellt hatte. »Sofort landen. Hangarbucht 9. Dem Signal folgen.«


    Als die Stimme fertig gesprochen hatte, wurde der Himmel von mehreren gigantischen Suchlichtern erleuchtet, deren grelles Licht von verräterischen Warpblitzen umzüngelt wurden. Sie wiesen deutlich auf eine offene Landebucht.


    »Du weißt, was du zu tun hast«, bemerkte Nalaryss über die internen Systeme. »Wir können es nur mit ihrer Zustimmung bergen.«


    »Ich weiss«, gab Anton zurück. »Wir werden bekommen, was wir brauchen.«


    Nalaryss überflog die zerfallende Makropole und setzte zur Landung an. Erst jetzt, als sie sich nur noch knapp über den Makropolentürmen befanden, wurde das Ausmaß des Niedergangs dieser einst mächtigen Stadt deutlich. Ein Großteil der Sektoren schien völlig unbewohnt, die Stabilität der allermeisten Gebäude derart fragwürdig, dass jederzeit mit einem Einsturz gerechnet werden musste.


    »Wie erbärmlich«, murmelte Anton verächtlich. Dann musste er sich darauf konzentrieren, die immer stärker werdende Übelkeit irgendwie zu ignorieren.


    Als der Jäger in der Hangarbucht aufgesetzt hatte, verließen Anton mit Nalaryss ihr Gefährt. Der siloförmige Hangar glich einem schon lange aufgegebenen, von Rost zerfressenem Schiffsrumpf. Eine nicht minder verrostete Vierlings-Geschützstellung wies gespenstisch in den Himmel und zielte auf ein längst verschwundenes Ziel.


    Einige armselige Gestalten kauerten am Rand des Silos und glotzten mit entstellten, bandagierten Gesichtern die Neuankömmlinge an, zogen sich aber sofort in die Schatten zurück, wenn Nalaryss oder Anton voller Abscheu die Blicke erwiderten. Urplötzlich verschwanden alle der widerwärtigen Bewohner dieses heruntergekommenen Sektors, als ein berobter Hüne dem ungleichen Paar entgegenschritt. Mit über zwei Metern Größe und dermaßen unnatürlicher Muskelmasse, wusste Anton sofort, dass es sich um einen Astartes-Krieger handeln musste. Ein boshafter Schelm flackerte in den Augen des Space Marines, der eine verblasste, uralte Tunika trug. Seine gewaltigen Oberarme waren mit reich verzierten, goldenen Reifen geschmückt, die sich wie Schlangen um seine Muskeln wanden. Ein ebenso reich verzierter Lamellengurt umschloss seine Taille.


    Anton erkannte einen schlichten Anhänger aus schwarzem Metall in Form eines geflügelten Schwertes. Ein für diesen Ort äußerst merkwürdiges Kleinod. Wieso sollte ein Verräter das Symbol der Dark Angels tragen?


    »Baron Azuron, Herrscher dieser Domäne«, donnerte die mächtige Stimme des Kriegers. »Lord Slavik erwartet euch bereits. Ihr wurdet angekündigt. Geht.«


    »Danke, Baron«, zischte Anton feindselig. Dann machte er sich zusammen mit Nalaryss auf den Weg.

    XI


    Dutzende, kleine Kerzen erfüllten den Raum mit einem scharfem, aber dennoch äußerst wohlriechenden Duft. Eine gläserne Kuppel ermöglichte der sterbenden Sonne Dalrailacs, mit ihrem fahlen Licht das Gemach der Azrushar zu fluten. Der mystische blau-grüne Schein hüllte die fremdartigen, kristallenen Möbel in einen mythischen Glanz, welcher dem exquisiten Geschmack des Archons Tribut zollte. Das riesige, durch und durch fürstlich ausgestattete Zimmer strotzte vor fragwürdigem Reichtum. Eine Unzahl verschwenderischer Kunstgegenstände der alten Aeldari ergänzte eine finstere Sammlung verderbter Artefakte. Riesige Überreste längst ausgestorbenen Spezies zierten die schimärenhaften, glitzernden Wände.


    Llvayarzh saß gelassen auf einem breiten Divan aus verschiedenartigen Tierhäuten und schwenkte einen türkis leuchtenden Kelch aus einem kristallenen Material, dass sich selbst im Reich von Commorragh nur im Besitz der verdientesten Archonten fand. Die wabernde Seelenessenz darin war von höchster Güte, mit boshaften Methoden unter nie endenden Qualen aus einem menschlichen Psioniker extrahiert.


    Der Blick der Azrushar glitt über Sirqa, die ihm gegenüber auf Liege platzgenommen hatte, die aus der gegerbten Haut menschlicher Gesichter gefertigt war. Die Schönheit der Prinzessin ließen den Verstand des Archons nach Ekstase gieren. Zu gerne hätte er sich ihrer bemächtigt, doch war er nicht dumm und wusste, dass eine solche Tat zu einem Krieg gegen DorchaKerun geführt hätte. So sehr ihre Anwesenheit seinem Ruhm schmeichelte, so sehr langweilte ihn Sirqa inzwischen. Sie war zu eigensinnig, unterwarf sich ihm nicht bedingungslos, wie er es von einer Prinzessin erwarten würde. Er genoss die neidischen Blicke seiner Gefolgsleute und war ihr durchaus zugetan. Dennoch gehörte sie ihm nicht, was in Llvayarzh großen Unmut erwachsen ließ.


    Sirqa war schon länger aufgefallen, dass sich ihre Zeit an der Seite des Archons langsam dem Ende entgegen neigte. Es wurde Zeit, den letzten Akt dieser Charade einzuleiten.


    »Mealarah«, begann sie. »Ihr habt erwähnt, Ihr wolltet sie loswerden? Dass andere vollenden würden, was der Chem-Pan-Sey hätte tun sollen?«


    Llvayarzh grinste unter der boshaften Maske, die sein Angesicht verbarg. Nach seiner Machtergreifung hatte er sich geschworen, dass niemand je wieder sein Gesicht zu sehen bekommen sollte. Zu edel waren seine feinen Gesichtszüge, zu vereinnahmend seine Augen, die einem glitzerndem Stern des alten Aeldari-Reiches glichen. Kein Wesen war auch nur annährend vollkommen genug, um eine solche Perfektion fassen zu können. Nicht einmal die ruhmreichsten der Drukhari waren es Wert, solch unerbittliche Schönheit zu erblicken.


    »Natürlich«, antwortete er mit herablassender, herrischer Stimme. »Sie wird vernichtet werden. Das Schicksal aller meiner Feinde.«


    »Warum das?«, fragte Sirqa, einen Hauch von Verwunderung in ihre Stimme legend. »Warum entledigt ihr Euch ihrer nicht selbst?«


    Sie lehnte sich zu ihm herüber, den linken Unterarm auf der Lehne des Divans, so dass ihr weites Dekolleté wie zufällig darauf ruhte, den rechten Ellenbogen in der linken Hand, das Kinn in die rechte Hand gestützt.


    »Es gibt kein erhebenderes Gefühl. Eure Klinge, die langsam über den weichen, vor Verzweiflung zitternden Körper gleiten. Die feinen Schnitte, aus denen das Blut herausrinnt. Die hilflosen Schreie, wenn die Klingen tiefer und tiefer in das Fleisch hineingleitet. Ich würde ein solch erfreuliches Erlebnis niemals jemand anderem überlassen.«


    »Wieso sollte ich mich mit einem verkommenen Wesen wie meiner Nichte befassen? Sie ist meiner Aufmerksamkeit nicht wert.«


    Sirqa lächelte einnehmend und beugte sich noch etwas weiter vor.


    »Um des Vergnügens willen, mächtige Azrushar. Wir gehören beide gehören – auf unsere eigene Art – zu den Vorzüglichsten unter den Drukhari. Alle Existenz ist uns Untertan. Wir nehmen, was wir wollen. Unendlich soll unsere Lust sein. Nichts soll unserem Genuss abträglich sein, erst recht nicht unsere überlegene Herkunft.«


    »Ich mag deinen Worten zustimmen, Hekatarii. Sie erregen meinen umfassenden Geist. Trotzdem ist es unter meiner Würde. Aber ich kenne eine Lösung, die uns beiden Vergnügen bringen wird. Ich weiß von eurer gemeinsamen Vergangenheit. Es soll deine Klinge sein, die meine Nichte niederstreckt. Du wirst eure alten Bande verraten und diese Niederträchtigkeit soll mein Gemüt unterhalten. Ich will die Verzweiflung meiner Nichte sehen, nicht aber nur im Angesicht ihres schmerzvollen Todes. Ich will ihre Verzweiflung kosten, wenn sie merkt, dass ich ihre letzte Verbündete nun mein Eigen nenne, dass es meine Worte sind, die deine Klinge führen, während du sie genüsslich ausweiden wirst.«


    Der Archon wartete nicht, bis Sirqa antworten konnte. Dass die Prinzessin seiner Forderung zustimmen würde, war ohnehin der einzige akzeptable Ausgang. Sirqa sollte einen letzten erregenden Tanz vorführen, während dem sie sich entweder ganz seinem Willen unterordnete – oder er würde sie aus seiner Domäne entfernen und sich ein neues, willigeres Spielzeug besorgen.


    Mit einer abschätzigen Handbewegung drehte er eine der unzähligen kristallene Kugel, die an der Seite seines Divans eingelassen waren. Ein schriller Ton erklang, während Llvayarzh durch die Bewegung der Kugel den Klang modellierte. Dann nahm er einen großen Schluck aus seinem Kelch.

    »In der Zwischenzeit, Tochter der Schwarzen Mutter«, forderte er Sirqa auf, »erzähl mir mehr von deinen Erfolgen in der Arena.«


    Die Zeit verrann rasch, und nach einer Weile öffnete sich die große Flügeltüre aus schwarzem, undurchsichtigem Kristall, die in die Privatgemächer führten. Vier Offiziere der fürstlichen Leibgarde des Hauses Azrushatora, alles Fleischgeborene, die schon seit Jahrhunderten der Azurshar dienten, traten ein. In ihrer Mitte Maelarah, ihr Gesicht mit blutigen Schrammen übersät. Die Befehle des Archons waren eindeutig gewesen. Und wissend, dass Maelarah ihre einst ansehnliche Stellung verloren hatte, zögerten sie keinen Moment, als die Prinzessin sich weigerte, ihnen zu gehorchen. Es war ein besonders befriedigendes Gefühl, jene zu misshandeln, die einst über einem standen.


    Einer der Leibwächter trat näher und schleuderte Maelarah, die kraftlos zu Boden fiel, seinem Herrn entgegen.


    »Erheb dich, Nichte«, befahl Llvayarzh mit donnernder Stimme. Gleichzeitig entließ er seine Krieger mit einer einfachen Handbewegung, die sich sogleich aus dem Zimmer zurückzogen und die Türe mit größter Ehrfurcht hinter sich schlossen.


    »Dreckiger Yr’Ghul!« fauchte Maelarah ihren Onkel an, der sie sogleich mit einem Schlag seiner Handfläche zum Schweigen brachte.


    Der Archon wandte sich mit selbstgefälligem Blick Sirqa zu. Mit leisem Flüstern unterbrach er die Stille, die, obwohl höchstens eine Sekunde anhaltend, eine Ewigkeit zu dauern schien.


    »Vernichte sie in meinem Namen, Prinzessin des Hauses DorchaKerun.«


    Sirqa erhob sich und schritt langsam um Maelarah herum. Eine boshafte Befriedigung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, während ihre Augen sich an dem kümmerlichen Anblick ergötzen, den Maelarah bot. Sie hatten eine Absprache, und Sirqa gedacht, diese einzuhalten. Dennoch, sie konnte nicht verhindern, dass der Anblick ihr Freude bereitete. Schließlich streckte sie der Prinzessin ihre Hand entgegen.


    »Nun, meine Liebe. Lass uns diesen Tanz so beenden, wie es von Beginn an unausweichlich war.«


    Maelarah griff zu und ließ sich von ihrer Freundin an sie heranziehen. Doch noch bevor sich ihre Körper berührten, fuhr Sirqas Hekatarii-Klinge nur in Haaresbreite über Maelarahs Brust. Die Spitze war kurz davor, ihren Unterkiefer zu durchbohren, als Maelarah sich losriss und zurücksprang. Erbost und verwirrt sah sie ihre Freundin an.


    Sirqa lächelte siegessicher, das Messer mit der gebogenen Schneide schräg vor sich der Prinzessin entgegenhaltend, während sie ihr entgegenschritt.


    Maelarah wich zurück. Sie war unbewaffnet. Und selbst wenn es nicht so wäre, so musste sie sich eingestehen, war sie der ausgebildeten Hekatari im Zweikampf nicht gewachsen. Wieso griff ihre Freundin sie überhaupt an? Hatte sie die Seiten gewechselt? Noch bevor sie einen weiteren Gedanken fassen konnte, hatte Sirqa zum Sprung angesetzt. Ihr Messer fuhr von oben auf Maelarah herab. Diese reagierte grade noch rechtzeitig, um die Hand der Hekatarii mit beiden Händen abzufangen.


    Einige Sekunden rangen die beiden Drukharifrauen miteinander. Maelarah zischte Sirqa boshaft an, zu verwirrt, um Worte zu finden. Im nächsten Moment jedoch beugte Sirqa sich nach hinten und stieß Maelarah mit einem weit ausholenden Tritt die Beine unter dem Körper weg. Während die Prinzessin mit einem ächzenden Schmerzenslaut rücklings auf dem Marmorboden aufschlug, überschlug Sirqa sich in einem perfekten rückwärtsgerichteten Handstützüberschlag, bei dem ihr weiter, tiefblauer Rock zurückschlug und den Blick auf ihre schlanken, in eng anliegendem, mattschwarzen Stoff gehüllten Beine freigab, und stand im nächsten Moment wieder kerzengrade inmitten des Raumes.


    Ein Laut des Entzückens entfuhr Llvayarzh. Indes schritt Sirqa auf Maelarah zu, die, immer noch benommen vom Sturz, am Boden lag. Als sie über ihr stand, konnte sie sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Sirqa beugte sich herab und bohrte die gebogene Klinge langsam unter Maelarahs Brustpanzer.


    Fassungslos starrte Maelarah sie an und griff instinktiv mit zitternden Finger nach der Klinge. Unverständlicherweise verspürte sie keine Schmerzen, doch fühlte sich das warme Blut an ihren Händen, das aus der Wunde quoll. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.


    Sirqa zog das Messer zurück und wandte sich zur Azrushar um. Sie präsentierte ihm die Waffe, auf der das Blut tiefrot glänzte. Dann näherte sie sich ihm mit gemessenen Schritten, ihre tiefblauen Gewänder um ihre Hüften wogend. Llvayarzh konnte seine Erregung kaum zügeln, doch war er nicht so gedankenlos zu vergessen, dass die Prinzessin sich ihm mit einer Waffe in der Hand näherte. Augenblicklich fuhr seine eigene Hand zu dem prunkvollen Dolch, den er am Gürtel trug.


    Ehe er seine Klinge ziehen konnte,ließ Sirq ihr Messer zu Boden fallen, jedoch nicht bevor sie mit ihren schwarz behandschuhten Fingern das Blut von der Klinge gestrichen hatte. Mit geschmeidigen Bewegungen näherte sie sich der Azrushar bis auf Armlänge. Dann streckte sie die Hand aus und fuhr mit dem Finger über seine Maske, einen roten Streifen hinterlassend.


    »Wollt Ihr es nicht selbst spüren, auf Eurer eigenen Haut?« wisperte sie verführerisch.


    Llvayarzh kämpfte noch einige Sekunden gegen das Verlangen an, aber die schiere Präsenz der Hekatari war zu verlockend. All die Stunde, die sie zusammen verbracht hatten, war sie ihm nie so nahegekommen. Langsam, beinahe wie von einem fremden Willen gesteuert, hob er seine Maske ab.


    Sirqa lächelte hingebungsvoll. Sanft glitten ihre blutigen Finger über Llvayarzhs bleiche Wagenknochen und über seine Lippen. Die Berührung versetze ihn in ein Hochgefühl. Sein Herz begann zu rasen. Oder zumindest hätte es das tun sollen. Doch stattdessen schien es ihm, als ob sein Puls sich innerhalb von Sekundenbruchteilen verlangsamte. Zugleich begann sein Gesicht zu kribbeln. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, während sein Atem nur noch flach und stoßweise ging. Schließlich sacke er bewegungsunfähig auf seinem Sessel zusammen.


    Sirqa erhob sich und betrachtete zufrieden ihr Werk. Ganz so, wie sie es geplant hatte. Die Dosis war perfekt. Dann trat sie zu Maelarah herüber, die immer noch wie leblos am Boden lag. Einen kurzen Augenblick gönnte Sirqa sich noch, um sich an dem Anblick zu erfreuen. Dann kniete sie neben ihrer Freundin nieder und zog eine kleine Phiole mit türkisener Flüssigkeit aus ihrem Mieder. Ein scharfer, doch zugleich erfrischender Geruch breitete sich aus, als die den Deckel löste.


    Augenblicklich begann Maelarah zu husten und spuckte ein wenig Blut aus. Sie schlug die Augen auf. Sofort fuhr ihre Hand zu der Wunde an der Brust, doch war das Blut bereits zu rubinroten Kristallen geronnen. Dann fiel ihr Blick auf Sirqa. Maelarahs Züge wandelten sich von Ungläubigkeit zu Zorn.


    »Was hast du getan?!«


    Sirqa kicherte amüsiert.


    »Für eine gute Show gesorgt. Komm, steh auf.« Sie streckte Maelarah die Hand entgegen. Diese zögerte und erwartete bei jeder Bewegung einen unerträglichen Schmerz. »Keine Sorge«, lachte Sirqa, »das Gift mindert den Herzschlag und beschleunigt die Blutgerinnung. Du hättest keine Möglichkeit gehabt, zu verbluten. Und ich war so großzügig, einen Schmerzstiller mit beizumischen.«


    »Du hättest mich beinahe umgebracht!« fauchte sie feindseelig.


    Sirqa schob beleidigt vor. »Für so eine unfähige Hekatari hältst du mich, dass ich nicht weiß, wohin ich mein Messer zu stoßen habe?«


    Mealarah wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie musste sich eingestehen, dass Sirqa damit wohl auch recht hatte. Sirqas Geschick in der Arena war weithin bekannt.


    Etwas trotzig gab sie kleinlaut bei. »Aber wozu das alles?«


    Sirqa lachte und deutete in Richtung der Azrushar, die mit starrenden Augen reglos auf dem Diwan lag. Maelarah reagierte erst etwas Überrascht, ehe sich ihr Gesicht zu einer gehässigen, bösartigen Fratze verzog.


    »Kann er uns hören?«


    »Jedes Wort. Sehen ebenfalls.«


    Ein schrilles, höhnisches Lachen entfuhr Maelarah. Mit ein wenig Mühe erhob sie sich. Sirqa hatte die Wahrheit gesagt. Sie spürte keine Schmerzen, sondern lediglich ein Ziehen an der Stelle, an der die Klinge der Hekatari in ihr Fleisch geschnitten hatte. Mehr als eine oberflächliche Wunde schien sie tatsächlich nicht verursacht zu haben.


    Derweil zog Sirqa den Dolch des Archons aus der Scheide an dessen Gürtel und reichte ihn Maelarah. Mit Hass und Genugtuung nahm sie die Waffe entgegen und trat vor Llvayarzh.


    »Deine Hässlichkeit wird nur noch von deiner Dummheit übertroffen, Onkel!« zischte sie mit abgrundtiefer Verachtung. »Nun werde ich dich beerben.«


    Mit unheimlicher Präzision stieß sie den Dolch in das Schultergelenk des Archons, wo es die wichtigsten Nerven durchtrennte und seinem Arm sofort jegliche Funktion raubte. Der nächste Stoss galt der anderen Schulter.


    »Keine Sorge, ich werde mir viel Zeit nehmen. Ich werde es genießen!«


    ***


    Hector blickte auf die etwa ein Dutzend Leichen, die vor ihm auf dem Boden lagen. Die Männer hatten nicht die geringste Chance. Als den Dark Eldar bewusst wurde, was vor sich ging, reagierten sie blitzschnell. Die beiden Wachposten feuerten eine Salve kristallener Geschosse aus ihren Gewehren ab, wonach die getroffenen Menschen sofort verkrampft zu Boden sanken. Ihre Körper wandten sich noch einige Minute zitternd am Boden, bis der offensichtlich äußerst schmerzhafte Todeskampf endlich sein Ende fand. Den Xenos-Wächtern erging es aber kaum besser. Die von Hass geschwängerte Horde hatte schon einen Augenblick später zu ihnen aufgeschlossen und riss sie zu Boden, wo sie mit bloßen Händen in Stücke gerissen wurde. Einige der Sklaven waren so ausgehungert, dass sie wie wilde Tiere über die toten Aliens herfielen und ihr noch warmes Fleisch zu verschlingen begannen.


    Nun, der Kampf war weder ruhmvoll noch ehrenhaft. Nein. Er war schlicht und einfach ein heilloses Gemetzel. Aber zumindest hatten sie nun zwei der fremdartigen Gewehre und auch wenn Hector es anwiderte, die Technologie einer so verkommenen Spezies einzusetzen, war ihm klar, dass er gar keine andere Wahl hatte.


    Nach dem die beiden ersten Wachen erledigt waren, flutete die unzählbare Masse an menschlichen Sklaven mit einer eigenwilligen, unaufhaltsamen Dynamik die Gänge und Korridore der Xenos-Anlage. Hector hatte keinerlei Kontrolle mehr, denn der Drang nach Freiheit und Vergeltung war weit stärker als jede denkbare Autorität. Selbst der Imperator höchstselbst hätte diese Sturmflut nicht mehr aufhalten können. Eine Schande, dass die allermeisten jener wildgewordenen Sklaven einen grausamen Tod finden würden. Hector war sich sicher, dass die wenigstens überleben würden. Und noch weniger würden einen Weg finden, diese Welt zu verlassen.


    Langsam schritt er durch das aufgebrochene Tor, dass aus den höllischen Katakomben führte, in denen er wochenlang gefangen gehalten worden war. Jek folgte ihm auf Schritt und Tritt, ebenso wie eine kleine Gruppe gebrechlicher Sklaven, die entweder zu schwach oder zu feige waren, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Hector würde versuchen, so viele von Ihnen zu retten, wie er konnte.


    Hinter dem Tor befanden sich Räumlichkeiten, die Küchen, Werkstätte und Lagerhallen beinhalteten. Der Veteran hatte keine Ahnung, was für Arbeiten in welcher Form hier genau verrichtet wurden, und es war ihm auch egal. Er kam trotzdem nicht darum herum, sich eingestehen zu müssen, dass alles allzu bekannt schien. Menschen und Xenos hatten offenbar ebenso viele Gemeinsamkeiten wie auch unüberbrückbare Differenzen.


    Von überall hallten markerschütternde Schreie, Schüsse und zischende Energieentladungen durch das Gewölbe. Hector konnte den Boden vor lauter Leichen nicht mehr sehen. Wie zu erwarten, waren die meisten davon Menschen.


    Vorsichtig durchkämmte er mit seiner kleinen Gruppe das verwirrende Labyrinth aus endlosen Korridoren und unterschiedlichsten Räumen. Hector folgte einfach seiner Intuition, doch wusste er, dass sie nicht zu viel Zeit verlieren durften. Irgendwann würde der Sklavenaufstand niedergeschlagen sein. Die Reaktion der Xenos war zwar bemerkenswert zögerlich, doch Siegen war mitnichten realistisch. Der Veteran musste das Chaos nutzen und diese Welt so schnell wie möglich verlassen.


    Nach einigen Minuten gelangten sie zu einer noch geschlossenen Sicherheitstüre. Die Zahl der Leichen war stetig zurückgegangen, so dass Hector annehmen musste, dass dieser Bereich noch vollständig unter Kontrolle der Eldar stand.


    »Verdammt!«, fluchte er laut, als er feststellen musste, dass er nicht in der Lage war, die Türe zu öffnen. »Sollen wir einfach rumbrüllen, bis die Xenos die Türe von der anderen Seite öffnen?!«


    »Hehehe«, lachte Jek. »Nicht nötig, nicht nötig! Jek hat schnelle schnelle Finger!«


    Der Metzger nahm ein kleines ledernes Etui aus seinem Hosenbund und zog einen kleinen Kristall daraus hervor. »Hector ist schlau! Ja, das ist er!« quietschte er, währen der sich auf Hector zubewegte. »Habe ich von einem dieser Bleichhäuten genommen. S-c-h-l-ü-s-s-e-l!«


    Hector nickte Jek wohlwollend zu und versuchte die grässlichen Überreste von Jakub zu ignorieren, die sein Gefährte sich über die Schulter gehangen hatte. Mit jeder Bewegung schien Jakubs Kopf ihm zurückzunicken. Ein verstörender, überaus makabrer Anblick.


    Zielstrebig trat Jek vor die Türe und bewegte den Kristall über eine unscheinbare, leicht glasig scheinende Fläche. Sofort schob sich die Türe mit einem kristallenen Klirren in einen vorher kaum ersichtlichen Leerraum nach oben und gab den Weg frei. Dahinter lag ein weiterer Gang, der links und rechts mit einer Vielzahl von Türen versehen war.


    Vorsichtig betraten Hector, Jek und ihre Begleiter den Korridor.


    »Etwas kommt auf uns zu...«, flüsterte Jek. Hector warf sich geistesgegenwertig gegen die erste Türe zu seiner rechten, die aus fremdartigem, geschwärztem Holz zu sein schien. Sie barst sofort in unzählige Splitter und öffnete den Durchgang in eine kleine dunkle Kammer, die nur mit einem einfachen metallenen Bett ausgestattet war. In einer Ecke befanden sich mehrere schmutzige Tücher, die den Eindruck erweckten, als Sitzgelegenheit zu dienen. Jek folgte seinem Freund nach, gerade rechtzeitig, um einer Salve feiner Kristallsplitter zu entgehen, die zwei der nachfolgenden Sklaven niederstreckte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht krümmten sie sich am Boden in peinvollem Todeskampf. Sie würden den letzten Moment ihres Lebens mit unbeschreiblicher Qual ertragen müssen.


    Erst jetzt sah Hector die Kreatur, die etwa zehn Meter vor ihnen auftauchte. Ein unangenehm schleifendes Geräusch begleitete die etwa zwei Meter hohe Kreatur, die einer aufgerichteten Schlange glich. Ihr Brustkorb war mit einer schwarzen Panzerung gerüstet und in ihren vier Armen hielt sie sowohl eine Xenos-Pistole, als auch ein Gewehr, das der Bauart dessen entsprach, dass Hector dem Wachmann abgenommen hatte. Hector blieb in Deckung und feuerte blind eine ungezielte Salve in die Dunkelheit. Die Waffe der Eldar ließ sich ganz ähnlich wie ein imperiales Lasergewehr abfeuern. Wie bei diesem war keinerlei Rückstoß spürbar, was den Veteranen doch etwas irritierte, feuerte das Gewehr doch offensichtlich Projektile, die irgendwie beschleunigt werden mussten. Ein eindeutiges Zeichen der technologischen Überlegenheit der Xenos-Waffen.


    Ohne zu zögern, feuerte Hector eine weitere Salve und ein verzerrtes Zischen gab ihm die Gewissheit, sein Ziel getroffen zu haben. Erst jetzt wagte der Veteran einen zweiten Blick auf seinen Gegner. Das Biest war zu Boden gegangen, sein ganzer Leib krampfte unkontrolliert. Der beschuppte Schlangenkörper schlug wild um sich und hinterließ dort, wo er gegen die Wand schlug, tiefe scharten. Die Kristallwaffen der Xenos hatten auf diese Wesen offenbar eine ähnliche Wirkung wie gegen Menschen. Nur um sicherzugehen, feuerte Hector eine weitere Salve ab. Trotz der Unmöglichkeit, das tollgewordene Schlangenwesen richtig anzuvisieren, zerfetzten die Kristalle dessen Fratze. Wenn auch einige der Kristalle offenbar von der schuppigen Haut abgewehrt wurden, rissen andere tiefe Fleischwunden in das Reptil. Der Todeskampf schien sich kurz zu intensivieren, ehe das Wesen leblos erstarrte.


    Während Jek sich daran machte, neugierig die Physiologie des Aliens zu untersuchen, in dem er sein Messer immer tiefer in die fremdartige Kreatur trieb, bemächtigte Hector sich den Waffen und verteilte sie an die noch immer verängstigten Sklaven. Sie waren vielleicht keine Krieger und es war auch gar keine Zeit, sie auf einen echten Kampf vorzubereiten. Ihre Überlebenschancen - und auch die der beiden Gefährten - waren damit aber dramatisch gestiegen.


    »Durchsucht die Räume!« befahl Hector und war dann trotzdem etwas erstaunt, als die befreiten Sklaven gehorchten. »Sucht nach allem, was nützlich sein könnte!«


    Zwei weitere Räume waren ebenso karg ausgestatten wie der erste, aber leer. Erst beim dritten wurde einer der Sklaven fündig.


    »Sir... Ich... habe da was gefunden...«, stammelte einer der Männer der Gruppe. Sein linkes Auge war nur ein verkrusteter, entzündeter Hohlraum. Ein Zeichen grausamer Folter durch die Eldar. Hector kam sofort zu ihm und trat zu ihm in die Kammer. In der Ecke kauerte ein verdreckter Eldar. Seine Haut war etwas rosiger als bei ihren Peinigern und ein Bein war durch eine Stück Metall ersetzt worden, das auf brutale Weise und ganz offensichtlich ohne jegliche chirurgische Feinheit an den Oberschenkel genietet wurde. Die widerwärtigen Xenos schreckten selbst nicht davon ab, ihre Artgenossen zu versklaven.


    Hector war kurz davor, einfach abzudrücken. Alien-Abschaum. Für das, was die Eldar den Menschen angetan hatten, hätte ihre ganze Spezies den Tod verdient. Doch plötzlich erinnerte er sich an Kayrel. Auch er war ein Eldar. Ein Sklave seiner eigenen Art. Ehe sich ihre Wege getrennt hatten, war zwischen Kayrel und Hector eine Art Kameradschaft entstanden. Kayrel hatte eindrücklich gezeigt, dass nicht alle Eldar mit den perversen Praktiken dieser degenerierten Sklavenhändler einverstanden waren.


    »Verstehst du mich?« brüllte Hector den Xenos-Sklaven an, die Waffe noch immer am Anschlag. Die Hände vor der Brust verschränkt richtete sich das Alien auf. Die Handflächen hatte er gegen Hector gerichtet – eine Geste des Vertrauens, ein Beweis, selbst nicht bewaffnet zu sein. Der Eldar stand einfach nur da, schaute Hector aber mit eindringlichem Blick direkt in die Augen. Hector begriff. Der Eldar verstand seine Sprache nicht, war aber offenbar nicht feindselig gestimmt.


    Hector vernahm Schritte hinter sich, doch ehe er sich umdrehen konnte, zerfetzte eine Splittersalve den Brustkorb des gefangenen Eldar.


    »Feuer einstellen, verdammt!« rief Hector aufgebracht. »Die gehören nicht zu denen!«


    Ein einarmiger Sklave hatte den Raum betreten, bewaffnet mit der Pistole des Schlangenwesens, die Hector ihm zuvor gegeben hatte.


    »Dreckige Xenos!« fluchte der Sklave. »Sie sollen dafür büßen, was sie mir angetan haben!«


    »Schau ihn dir an, Soldat« antwortete Hector zornig. »Seine Brüder haben ihn ebenso zugerichtet, wie sie die unseren zugerichtet haben. Ich verstehe deinen Zorn. Vielleicht hat er es auch verdient, ich weiß es nicht. Wir sind aber Menschen. Wir sollten nicht... werden wie die.«


    Der Sklave richtete seine Pistole auf Hector.


    »Was hast du gesagt? Warst du Mensch, als du Jakub geschlachtet hast? Du hast uns nahezu darum gebettelt, dass wir diese Xenos vernichten! Du hast diesen Krieg begonnen, dann führe ihn auch!«


    Hector hatte seine Waffe inzwischen auf den Sklaven angelegt.


    »Weil es Notwendig war!« antwortete er. »Ich habe getan, zu was ihr nicht in der Lage wart!«


    »Und ich sage, dass es Notwendig ist, diese Xenos zu vernichten!«


    In dem Moment, als der Sklave fertig gesprochen hatte, erschien hinter ihm ein Schatten. Zwei mit Eiterbeulen übersäte Hände packten seinen Kopf und drehten ihn ruckartig um, so dass Hector nur noch den Hinterkopf der gequälten Seele sah, die ihr Leben so sinnlos hergegeben hatte.


    »Hehehe« grunzte Jek. »Wenn der Chef sagt, wir machen sowas nicht, machen wir sowas nicht!« Dann machte er sich daran, sein Opfer zu skalpieren. In erstaunlicher Geschwindigkeit hatte er den haarlosen Hautfetzten in seinen Pranken und schritt – den Skalp in seiner hoch erhobenen Hand -zurück in den Korridor.


    »Seht, meine Vögelchen! Seht! Ihr habt die Befehle vom Chef zu befolgen, ja das habt ihr! Wer nicht mit ihm mitspielen will, muss mit mir spielen!«


    Sofort wurde es still. Jakubs Methoden waren nicht vergessen und Jek war äußerst begabt, sie auch selbst anzuwenden. Hector folgte dem Metzger nach. Dann wandte er sich an die übrigen Sklaven, die alle ihr Gesicht unterwürfig abgewandt hatten.


    »Wir werden diesen Ort hinter uns lassen«, begann er mit eindringlichem Ton. »Solange ihr mit folgt, werden wir es schaffen. Wir haben kaum Waffen und keine Munition. Wir wissen nicht, wie lange diese Xenos-Gewehre einsatzbereit sind. Wir wissen nicht, was uns erwarten wird. Aber es nützt unserer Sache nichts, andere, welche ähnliche Schrecken erfahren mussten wie wir selbst, zu ermorden. Nein, wir könnten jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können. Ich sagte nicht, diese Xenos sind verbündete. Nicht, dass es Freunde sind. Aber allein unser selbst wegen, sollten wir zumindest versuchen, uns nicht noch mehr Feinde zu schaffen!«


    »Was für ein fortschrittlicher Gedanke...«, erklang im Dunkel hinter Hector eine müde Stimme.


    Hector hatte sie sofort erkannt. »Kayrel?«


    Der Eldar war wie bei ihrer letzten Begegnung mit einer schlichten, braunen Kutte bekleidet. Seine warmen, erschöpften Augen waren direkt auf Hector fixiert.


    »Ich bin es, Freund. Wie es scheint, war es Schicksal, dass wir uns wiedersehen. Aber sag, was hat das alles zu bedeuten?«


    »Wir wurden verraten«, antwortete Hector und wandte sich Kayrel zu. »Von Anton. Von den Eldar. Ich habe vor, von hier zu verschwinden.«


    »Von den Drukhari. Sie sind vielleicht von unserer Art, wissen aber nicht um die hohe Verantwortung, die unsere Spezies besitzt. Das solltest du wissen. Das habe ich dir alles schon einmal erklärt.«


    Hector nickte. »Das hast du. Aber ich habe all die schrecklichen Dinge erfahren, zu denen diese... Drukhari fähig sind... Ich glaubte zu wissen, dass es auch aufrichtige Xenos gibt. Dass es auch wohlgesinnte Eldar gibt. Das, was ich hier erlebt habe, lässt mich aber stark daran zweifeln. War das Gute, dass ich gesehen hatte, nur Fassade, um eure wahre Natur zu verstecken? Wem kann ich noch Vertrauen?


    »Ich kann dir nur mein Wohlwollen anbieten, Hector. Ich kann nur wiederholen, dass diese Drukhari nicht unser Volk repräsentieren. Wir sind nicht wie sie.«


    »Das sagst du immer wieder, ja. Und auch wenn es mir widerstrebt, das zu glauben... Etwas sagt mir, dass du aufrichtig bist. Dass ich dir Vertrauen kann. Es... tut mir leid. Ich hätte nicht an unserer Freundschaft zweifeln sollen.«


    »Ich verstehe dich, Hector. Ich kann deine Zweifel nachvollziehen.. Du hast bereits bewiesen, dass du weiser bist als die meisten deiner Spezies. Ich weiss, dass es nicht der ungeschlachte Hass ist, der dich antreibt. Wie dem aber auch sei, was sollte dieses Blutbad an eurer Lage ändern? Ihr werdet alle sterben. So oder so. Ihr werdet diese Welt nicht verlassen können, auch wenn ich es euch wünschen würde.«


    »Du unterschätzt uns, Kayrel. Die Sklavenquartiere sind bereits in unserer Hand. Wir können es schaffen. Wir könne fliehen. Komm mit uns. Hilf uns!«


    Kayrel lächelte müde. »Dein Volk ist so hoffnungsvoll. So unwissend. Ich träume manchmal davon. Von einem kleingeistigen Leben. Vom Unwissen. Ich träume von einem Leben ohne das ständige Geflüster von Ihr, die Dürstet.«


    »Kayrel« besänftige Hector. »Du denkst vielleicht, wir sind kleingeistig. Doch selbst wenn dem so ist: Wir geben nicht auf. Ich verstehe wahrhaftig nichts von eurem Glauben. Doch ich lebe im Hier. Dies ist meine Realität. Und solange ich atme, werde ich nicht aufhören zu kämpfen. Ich will, dass du mit uns kommst.«


    »Mein Freund...« sprach der Eldar, während er sich Hector näherte. »...ich bin bereits verdammt. Aber ich werde dir helfen. Vielleicht wird es mir ein Trost sein, dass mein Name in Erinnerung bleibt, wenn meine Seele schon lange eins mit dem Sha'eil geworden ist. Mein Schicksal ist vorbestimmt. Ich weiss nicht, was dir deine Zukunft bringen wird. Aber lass uns gehen. Ich kann dich führen - zu einem gewissen Punkt zumindest.«


    Hector nickte seinem Freund wohlwollend zu, der sich bereits wieder umgedreht hatte und in die Dunkelheit schritt.


    »Männer, wir brechen auf!« befahl Hector und folgte Kayrel nach.


    Für einige Minuten lief die Gruppe einfach den langen Korridor entlang. Ein paar der seitlichen Türen standen offen und jedes Mal wurden sie von verwahrlosten Eldar, die sich in den Kammern aufhielten, verächtlich angestarrt. Hector fragte sich, was diese stolzen Xenos so apathisch werden ließ. Wieso standen sie nicht auf und versuchten an ihrer Seite, die Freiheit zurückzugewinnen? Waren sie wie Kayrel an einen fatalistischen Schicksalsglauben gebunden? Verhinderte ihre Arroganz, sich an die Seite der Menschen zu stellen?


    Während Hector über das Wesen der Eldar nachdachte, fiel ihm plötzlich auf, dass sich etwas an Jeks Verhalten geändert hatte. Der Metzger war etwas zurückgefallen, sein unbesorgter, hüpfender Gang hatte sich in ein düsteres Schlurfen verwandelt. Seit dem Treffen mit Kayrel hatte Jek kein einziges Wort mehr gesagt. Da der Foltermeister über eine fast schon übernatürliche Intuition verfügte und Hector gelernt hatte, sich auf ihn zu verlassen, hielt er kurz inne, damit der Metzger zu ihm aufschließen konnte.


    Just in diesem Moment knickte der Korridor ab und endete vor einem größeren Tor, dass den Weg versperrte. Bevor Hector wie geplant etwas hätte zurückfallen könnte, hatte Kayrel den Mechanismus bereits aktiviert, der nun langsam den Durchgang freigab. Der dahinterliegende Bereich schien Hector nun vertraut. Es dauerte noch einen Moment, bis ihm klar wurde, dass es sich um den Bereich handelte, in dem sie nach ihrer Ankunft festgehalten worden waren.


    Kayrel passierte eine weitere Türe, die direkt zu ihren ehemaligen Kammern führte. Sie wurden von frischer, kalter Luft begrüßt, die ihnen einen Vorgeschmack auf die baldige Freiheit gab. Die fehlende Überdachung dieses Bereiches stand im krassen Kontrast zu dem einengenden, stickigen Gewölbe, aus dem sie sich langsam hochgekämpft hatten. Obwohl höchstens als diffus zu beschreiben, wirkte der fremdartige Schein der sterben Sonne fast blendend. Einige der Sklaven, die ihnen gefolgt waren, fielen auf die Knie, die Hände zum Himmel hin erhoben, als wäre diese fahle Sonne die Personifikation des Imperators höchstselbst. Seit Monaten oder sogar Jahren kannten sie nichts weiter als Gestank und Dunkelheit. Hector selbst wurde beinahe auch von der ungeheuerlichen Erleichterung übermannt. Er konnte sich kaum vorstellen, was dieser Moment in den befreiten Sklaven auslöste, die schon viel länger bei den Drukhari verweilt hatten.


    Trotzdem hielt sich seine Freude in Grenzen. Die Freiheit schien zum Greifen nah, doch war auch dieser Teil des Palastes nichts weiter als ein Gefängnis. Ehe sie wirklich frei sein würden, mussten sie sich noch durch die kristallene Halle der Azrushar durchkämpfen. Viele würden dort ihr Ende finden.


    »Ich kann dir nicht einmal sagen, wieso«, flüsterte Kayrel mit seiner sanften Stimme. »Aber nachdem sie euch gefangen genommen hatten, schien es mir das richtige zu sein, dies aufzubewahren.«


    Er öffnete die Türe zu seinem Privatgemach, verschwand einen kurzen Augenblick und kam mit einem großen Leinenbündel in der Hand wieder heraus. Er streckte das Bündel Hector entgegen, der es entgegennahm. Das Gewicht verriet sofort, was Kayrel versteckt gehalten hatte. Hectors treue Liebe. Unverkennbar. Abgenutzter Stahl, ein verkratzter Kunststoffgriff, der Geruch von Sprengstoff und Waffenöl. Sein treuer Granatwerfer, der ihm viele Male das Leben gerettet hatte. Er hatte ihn immer bei sich – schussbereit, natürlich. Bis Anton ihn dazu überredet hatte, ihn hier zurückzulassen, um die “Verhandlungen” mit der Azrushar nicht zu gefährden.


    Hector konnte nicht mehr länger Haltung wahren. Er umschloss den Griff der Waffe, so fest, dass seine Finger zu schmerzen begannen. Er würde diesen Griff nie wieder loslassen. Diese Waffe – wenn auch nur eine Waffe – war ein Teil seines alten Ichs. Eines, dass er in der Finsternis der unterirdischen Hölle, in der er die letzten Wochen gelebt hatte, nur mit großer Mühe hatte erhalten können. Die Waffe war eine Erinnerung an das, was ihm wichtig war und sogleich ein Versprechen, dass Hector stets wahrhaftig bleiben würde.


    Den Granatwerfer in der einen Hand, umarmte er mit der anderen Kayrel. Der Eldar war über die Geste dermaßen überrascht, dass er, mit der für die Eldar typische, arrogant-abschätzige Miene auf dem Gesicht, kurz ins Straucheln geriet. Hector lächelt das erste Mal seit langem. Sofort ließ er seien Freund los, denn es war natürlich nicht in seinem Sinn, dem Alien Unbehagen zu bereiten. Ein paar Sekunden später gehörte die allzu menschliche Szene der Vergangenheit an. Sie waren mitten in einem Sklavenaufstand und die schlimmsten Kämpfe standen noch bevor. Es war keine Zeit für Sentimentalitäten.


    »Ashenya... ist sie auch immer noch hier?« fragte Hector seinen Freund beiläufig. Er wusste nicht, wie er hätte reagieren sollen, wenn dem so gewesen wäre. Die Xenos war eine gute Freundin gewesen, wenn sie auch ihm nie so nahestand, wie sie es Anton tat. Trotz der guten Erinnerungen hatte sich aber eine unglaubliche Wut auf die Quarr’va angestaut. Anton war ihr zuliebe auf diese verfluchte Welt gekommen. Er hatte Hector ihr zuliebe verrate. Sie war schuld an all dem Elend und dem Leid, dass er die letzten Wochen ertragen musste.


    »Nein. Sie haben ihr Totenbett fortgebracht.«, gab Kayrel mit noch sanfterem Ton als sonst zurück. Ganz offensichtlich spürte er die destruktiven Gefühle, die Hector inzwischen mit ihrem Namen verband. »Ich weiß nicht, wieso, oder wohin. Sie ist aber nicht mehr hier.«


    »Nun... lass uns gehen«, antwortete Hector kühl.


    Seine Leute musste Hector unter Gewaltandrohung dazu bringen, sich wieder aufzuraffen. Sie waren erschöpft und derart von der kleinen Portion vermeintlicher Freiheit berauscht, dass sie am liebsten an Ort und Stelle geblieben wären. Kayrel hatte in der Zwischenzeit Hectors Granatentasche aus seinem Zimmer geholt, die er offenbar ebenfalls zur Seite gelegt hatte. Jek war die ganze Zeit über still im Hintergrund. Misstrauisch beobachtete er jede Bewegung des Eldars. Argwöhnisch lauschte er jedem Wort, mit dem er Hector umgarnte. Das boshafte Flackern in seinen Augen und das Krampfen seiner Finger hatte er dennoch geschickt versteckt. Er war für Hector nicht mehr von Nutzen, sein Xenos-Freund war nun viel wichtiger. Eine kleine Unannehmlichkeit, die aber glücklicherweise seinem Plan zugutekam.


    Von Kayrels Quartier durquerten sie den finsteren, bedrückenden Gängen, die direkt zum Kabalenpalast führten. Sie waren kalt und leblos. Die Sklaven, die hier normalerweise geschäftig durch die Schatten huschten, um die Wünsche ihrer Meister zu erfüllen, waren allesamt fort. Tot oder geflohen. Auf dem Weg zur Palasthalle zählte Hector mindestens die Leichen von dreißig Menschen, drei Eldarsklaven und vier Kabalenkrieger. Sämtliche Waffen fehlten – ein gutes Zeichen. Die Erfolgsaussichten des Aufstands waren verschwinden gering, stieg aber mit jedem Gewehr und jedem Messer, dass die befreiten Sklaven sich aneignen konnten.


    Je näher sie der großen Halle kamen, umso deutlicher wurden die zuerst nur dumpf wahrnehmbaren Geräusche, die sich schlussendlich als Kakophonie aus Schmerzensschreien, Explosionen und dem zischenden Feuer der fremdartigen Kristallwaffen offenbarten. Der Aufstand war in vollem Gange, traf aber offenbar auf heftigen Widerstand.


    »Etwas stimmt hier nicht«, flüsterte Kayrel. »So kühn dein Plan auch ist, so tapfer ihr Menschen auch kämpft, etwas stimmt hier nicht. Die Drukhari hätten schon lange zurückschlagen sollen. Ein Aufstand der bis in die Halle der Azrushar vordringt? Eine solche Schande wäre in keinem Fall auch nur ansatzweise akzeptabel.«


    Hector zuckte mit den Schultern. »Nun, diese Xenos sind uns womöglich nicht so überlegen, wie wir gedacht haben. Sie scheinen ebenso sterblich zu sein, wie wir.«


    »Bilde dir nichts ein«, lachte Kayrel düster mit ungewollt herablassendem Ton. »Ich weiß, über was für Mittel die Drukhari verfügen, um mit solchen Problemen umzugehen. Ihr könnt vielleicht einfache Kabalenkrieger oder die Sslyth überwältigen, aber hast du schon einmal gegen einen Incubus gekämpft? Gegen eine Hagashîn? Selbst die mächtigsten eurer Art sind ihnen weit unterlegen. Dabei gibt es noch weitaus unaussprechlichere Gefahren im Gefolge der Archonten. Die Götter mögen sich erbarmen!«


    »Hast du etwa Angst?« konterte Hector selbstsicher.


    »Angst? Ich habe bereits zu viel erlebt, um Angst zu haben. Außerdem habe ich die Gewissheit, dereinst von Ihr, die Dürstet, verschlungen zu werden. Was sollte mir Angst noch nützen? Es würde meiner Seele höchsten einen edleren Geschmack verleihen – etwas, das ich Sai'lanthresh jetzt und in Ewigkeit verwehren werde!«


    »Was auch immer«, gab Hector zurück. »Ich kenne weder die Wesen, die du genannt hast, noch weiß ich, was es mit diesem Seelen-Zeugs auf sich hat. Ich bin Soldat, ich weiß, was ich sehe. Der Widerstand der Xenos ist bemerkenswert... gering.«


    Kayrel nickte. »Und was das angeht, muss ich dir recht gebe. Es scheint, als hätte die Azrushar gar kein Interesse, euch aufzuhalten. Als würde sie abwarten, den Befehl zu geben, euch alle zu vernichten.«


    Schließlich kamen sie zu dem schwarzen Metalltor, das direkt in das Herz des Kabalenfestung führte. Hector hatte sich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, wie sie durch das Tor kommen sollten. Kayrel zu treffen, der einen Schlüssel besaß, war zu keiner Zeit ein Teil des Plans gewesen. Wie sich nun herausstellte, war diese Frage aber nicht mehr von Belang. Die eisernen Torflügel waren geborsten, ob durch eine Explosivladung oder unmenschliche Körperkraft, war nicht mehr festzustellen. Ein hüfthoher Leichenberg erschwerte den Durchgang. Der Kampfeslärm drang mit ungeschlachter Heftigkeit an die Gruppe heran. Während Hector mit stoischer Miene über die entstellten, teils gehäuteten Kadaver stieg, folgten die anderen Sklaven nur, weil sich Jek sabbernd hinter ihnen positionierte und ungeduldig mit einem boshaften, gezackten Xenos-Messer spielte.


    Endlich hatten sie den Palast erreicht. Keinen Augenblick zu spät ging Hector und Kayrel, der ihm ohne zu zögern gefolgt war, in Deckung. Erst nachdem die Splittersalve sich mit einem unappetitlichen Geräusch in das graue Fleisch ihrer Feuerstellung eingrub, realisierte Hector, dass ihre Deckung aus einem grotesken Wesen bestand. Das Monster, für das es schlicht keine bessere Bezeichnung gab, war ein bulliger Fleischhaufen von etwa der doppelten Größe eines Menschen. Der breitschultrige, von Muskelwucherungen übersäte Körper erinnerte etwas an einen Ork-Waaghboss, besaß aber unzählige furchteinflößende, kaum einzuordnende mechanische Implantate, von denen wohl die allermeisten dazu dienten, Schmerz und Zerstörung zu verursachen. Der Kopf war vollständig von einer schwarzen Eisenmaske umfasst.


    Kayrels Worte über die Unaussprechlichkeiten im Gefolge der Drukhari hatten plötzlich auf unangenehme Art und Weise deutlich an Bedeutsamkeit gewonnen. Hector war einfach nur froh, dass diese Kreatur ihr Unleben bereits hinter sich hatte.


    Der Schütze der Splitterwaffe schien sofort bemerkt zu haben, dass die nur zögerlich folgenden Sklaven ein besseres Ziel abgaben, und beschloss sein Feuer auf sie zu legen. Hector nutzte den Moment, den der Xenos brauchte, um seine Waffe neu auszurichten und erhob sich aus seiner monströsen Deckung. Seinen Granatwerfer fest umklammert, war er dieser wie ein Teil seines eigenen Körpers. Er war wieder vollständig. Ohne überhaupt nachzudenken, hatte er sein Ziel sofort anvisiert. Seine Instinkte hatten sofort regiert und noch ehe das Alien das Feuer wieder aufnehmen konnte, zischte das hochexplosive Projektil zielgenau auf den kristallenen Balkon, auf dem der Drukhari Stellung bezogen hatte. Ein gewaltiger Feuerball, begleitet von einem lauten, wiederhallenden Knall, beendete das Leben des Kabalenkriegers, dessen Gliedmaßen durch den direkten Treffer allesamt abgerissen wurden und zusammen mit unzähligen Kristallsplittern, die aus der Struktur des Palastes gerissen wurden, auf Hectors Gruppe hinabregnete.


    »Eure Waffen sind zwar primitiv« bemerkte Kayrel überzogen trocken. »Aber durchaus gut zu gebrauchen!« Hector war sich nicht ganz sicher, dachte aber kurz, ein anerkennendes Lächeln beobachtet zu haben.


    Bis schließlich auch Jek zu ihnen aufgeschlossen hatte, hatte Hector versucht, zumindest im Prinzip eine Art Rundum-Verteidigung zu organisieren. Sie waren nun mitten im Kampfgebiet und der Tonkulisse zu folge, tobten nicht weit entfernt heftigste Gefechte.


    »Wo lang?« fragte Hector in die kleine Runde, die er, Kayrel und Jek gebildet hatten, um das weitere Vorgehen zu besprechen.


    »Ich bringe euch hier weg«, erklärte der Aeldari-Exodit mit solcher Selbstverständlichkeit, dass sowohl Hector als auch Jek einen Moment sprachlos innehielten. »Aber ich werde nicht mit euch gehen. Ich habe keinen Platz in eurer Welt. Mein Schicksal ist schon lange vorbestimmt.«


    »Was redest du für Blödsinn?«, widersprach Hector erregt. »Wenn du weißt, wie wir hier wegkommen, bin ich dir für jede Hilfe dankbar. Aber ich gehe nicht ohne dich! Ich scheisse auf das Schicksal, ebenso wie ich auf den Imperator scheisse! Verdammt, ich lasse dich sicher nicht hier zurück! Bist du völlig bescheuert?!«


    Kayrel seufzte müde. »Hector. Du weißt, dass dem nicht so ist. Meine Seele ist verloren. Wenn ich das Netz der tausend Tore verlasse, bin ich Sai'lanthresh völlig ausgeliefert. Ehe sterbe ich hier. Lieber hunderte Jahre der Sklaverei als meine Seele freiwillig Ihr, die Dürstet, so unverantwortlich darzubieten. Ich fordere ja nicht, dass du das verstehst. Nein, ich weiss sogar, dass ihr Menschen das gar nicht verstehen könnt.«


    Hector blieb einen Moment ruhig. Er verstand wirklich nicht. Aber irgendwie fühlte er, dass das, was Kayrel sagte, zumindest für den Eldar von enormer Wichtigkeit war. »Ich will dich nicht zurücklassen... versuche doch, mit uns zu fliehen. Versuche es wenigstens. Bitte!«


    »Nein-nein-nein-nein«, schüttelte Jek den Kopf. »Das nicht-so-bleiche-Bleichgesicht will nicht mit‘m Chef mitkommen. Tragisch... Traaaagisch! Aber Chef, ich könnte ihn... dazu zwingen...?«


    »Halt dein verdammtes Maul!« fuhr ihn Hector heftig an und brachte ihn sofort zum Schweigen. Jek war vielleicht nützlich, ja vielleicht sogar im Grunde ein guter, treuer Begleiter. Sein Verstand war aber alles andere als menschlich. Ohne den Metzger mit weiteren Worten zu würdigen, wandte er sich wieder an Kayrel. »Begleite uns. Wenn wir es hier wegschaffen, werde ich dich noch einmal fragen, ob du mitkommen willst. Ich will dich nicht zurück lassen. Es scheint mir wahnwitzig, hier zu bleiben. Aber ich respektiere dich. Denk darüber nach – ich würde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht. Mit etwas Glück... nein... oder... doch... mit etwas Glück... Ich könnte vielleicht jemanden kontaktieren, der mit deiner Art besser zurechtkommt. Jemand, der deine Seele von diesem Etwas retten kann. Oder sowas in der Art.«


    Kayrel lächelte nachsichtig. Von was Hector auch immer zu reden glaubte, es gab keinen Weg, Sai'lanthresh zu entfliehen. Zumindest nicht, nachdem die Drukhari seinen Seelenstein zerstört hatten. Er würde Hector und die anderen zum Frachtdock bringen, einer der Barken den entsprechenden Kurs einprogrammieren, damit sie durch das Netz auf eine für Menschen bewohnbare Welt gelangen würde, und das Schiff verlassen, bevor Hector davon etwas merken konnte. Den Chem-Pan-Say war es unmöglich, ein Drukhari-Schiff zu steuern. Selbst wenn Hector zurückkommen würde wollen, würde ihm das nicht gelingen.


    »Lass uns gehen. Ich kenne versteckte Gänge, die wir Sklaven nutzen, um Waren zu transportieren. Gewisse Drukhari verabscheuen den Anblick anderer Spezies, sollte ihnen nicht gerade danach sein. Wir können so vielleicht fast gefahrlos fliehen.«


    Nachdem sie aufgebrochen waren, führte sie Kayrel tatsächlich zu einem gut versteckten Durchgang, der in einen engen Zwischenraum führte, der die Wand entlang verlief. Den heftigen Kämpfen konnten sie aus dem Weg gehen, wobei sich drei weitere Überlebende einer anderen Sklavengruppe ihnen anschlossen. Einer davon war schwer verletzt, aber am Leben. Durch einen Zusammenstoß mit einer kleinen Einheit aus Kabalenkriegern verloren sie jedoch wiederum zwei Mann. Die Waffen der Drukhari hatten eine schreckliche Wirkung und bereits ein kleiner Streifschuss konnte zum Tode führen.


    Nun drängten sie sich durch das enge Gangsystem, Kayrel führte die Gruppe an und die weniger kampferprobten Sklaven bildeten die Mitte. Hector und Jek stellten als Nachhut sicher, dass ihnen niemand in den Rücken fallen konnte.


    »Duuuu, Chef...«, flüsterte Jek leise, während sie zusammen durch die Dunkelheit zwängten. »Ich weiss, wie du den Xenos retten kannst.«


    »Was meinst du damit?«, antwortete Hector, unwillkürlich so leise flüsternd wie Jek.


    »Hör zu, ich glaube, ich weiss, wieso er bleiben will... Jaja... Er ist ganz lieb, will dich schützen... Weißt du... Der Xenos-Anführer... er würde ihn jagen... und jagen lassen... Und dich so in Gefahr bringen, jawohl...«


    »Und du denkst, wenn der Anführer der Xenos stirbt, würde er mit uns mitkommen? Das er meinetwegen bleiben will?«


    »Denken, ja, wissen nein. Ich kann Vögelchen lesen, ihre Gesichter. Muss nicht immer gleich hören, wie sie singen. Denke, dass Kayrel wirklich helfen will... Ihn retten... Möglich. Und gefährlich... jaaaaa. Sehr gefährlich. Aber Jek weiss nun, dass hier überall Geheimgänge sind. Jek kennt sich gut aus in dunklen, engen Gängen. Jaaaa, fast wie zuhause. Wir können es schaffen!«


    Hector hielt einen Moment inne. Jek war verrückt. Der Plan war völlig verrückt. Aber ihm lag eine gewisse Logik zu Grunde. Außerdem wussten sie, in welche Richtung Kayrel unterwegs war, und Jek war ein Meister des Spurenlesens. Er würde mit Sicherheit wieder einen Weg finden, wieder zu der Gruppe aufzuschließen, besonders weil sie durch den verwundeten Sklaven ohnehin nur langsam vorankamen.


    »Und du weißt, wo man ihren Anführer findet?«, fragte Hector noch nicht ganz überzeugt.


    »Jaaaaaaaha, Jek weiss das! Weißt du es nicht auch? Wir waren da, beim Thronraum. Ich habe mir alles gemerkt, ja, habe eine Karte, hier, im Kopf. Da lang! Dort lang! Dann im Thronraum... Die versteckte Türe, durch die sie Anton weggebracht haben... Ja, ich weiß es. Wir können es schaffen, du und ich...«


    Hector zögerte. Er vertraute dem Metzger zwar und die gemeinsame Zeit hatte sie fester zusammenschweißt, als Hector es hätte zugeben wollen. Aber vernünftig betrachtet, auch wenn der Plan an sich durchaus sinnig klang, glich er einer Selbstmordmission. Er dachte zurück an die vielen Einsätze an Antons Seite. Anton, der sie verraten hatte. Er hatte die Menschheit hintergangen, nur um ein Alien zu retten. Er hatte all das verraten, was er selbst immer gepredigt hatte.


    Doch wieso? Wie kam es so weit? Anton war schwach. Er war ein gebrochener Mann, der viel zu viel gesehen hatte, der viel zu viel zu verantworten hatte. Während Anton unter der Last seines Amtes zusammengebrochen war, konnte Hector die unzähligen Schrecken aber immer mühelos ertragen. Mit Ysraal VI war auch ein Teil seines Selbst gestorben. Seine Familie und der Schmerz, der ihr Verlust bedeutete, waren ebenso wie die hasserfüllte Rachsucht, die in ihm loderte, nur noch schemenhafte Erinnerungen ohne jegliche Relevanz.


    Er wähnte sich zu erinnern, dass er Anton mehrfach gewarnt hatte, dass dessen melancholische Seele dereinst zu einem Problem werden würde. Nun, er hatte recht behalten. Aber in einem letzten Akt der Treue würde er Antons Vermächtnis ehren. Ja, er würde Kayrel retten. Wo Anton versagt hatte, Ashenya zu retten, würde Hector dafür Kayrel retten. Danach würde er seinen eigenen Weg gehen und sich von der Inquisition abwenden. Vielleicht würde er auf einem zivilen Schiff anheuern und versuchen, das Vergangene hinter sich lassend. Vielleicht würde er sich als Söldner verdingen und dort gegen die Feinde der Menschheit kämpfen, wo er am meisten ausrichte konnte. Er wusste es nicht, aber die Idee, Kayrel zu befreien, hatte sich als unumgänglichen Entschluss manifestiert.


    »Ich habe keine Ahnung, wieso du auf so eine Idee kommst«, grinste er Jek wagemutig an. »Aber lass uns den Kopf dieses Xenos-Prinzen holen und dann alle zusammen verschwinden!«

    So, ich hab mein kleine Mini-Ziel gerade noch schnell erledigen können. Versinke aber in ganz viel Nicht-Hobby-Arbeit.


    Eigentlich wäre für nächste (zwei?) Woche(n) ein Joker angebracht...

    Aber ich denke, einen kleinen Text zu verfassen liegt drin. Und ich hab da im Armeeaufbau ja noch einige Lücken zu füllen :D


    Entsprechend bin ich mal semi-inaktiv und bleibe bei 15-Minuten-Mini-Zielen.

    Ansatz "Gensaat" ergänzt:


    Danke!


    Ja, das ist wirklich so... vor allem finde ich die CSM - auch wenn ich sie sonst super gerne hab - irgendwie mega langweilig zum bemalen. Die ganzen Beschläge, Pfeile und Zacken auf der Rüstung sind so Fleiss/Geduldsarbeit, da kostet dann einfach jeder Marine mehr Arbeit, als er Wert ist xD


    Will gar nicht dran denken, was dann mit meinen Dark Eldar ist, sollten die jemals Farbe bekommen xD


    Auf jeden fall: Die nächsten 2 Standards sind fertig. Beides ehemalige Blood Ravens (hab kürzlich DoW2 wieder durchgespielt, da war das ein muss, auch wenn sich ihr Farbschema nicht sehr gut eignet).



    Wochenziel erreicht. Nächste Woche gibts aber dann nur nen kleineren Lore-Text, da ich noch X Unterrichtslektionen vorbereiten darf und das doch recht Zeitaufwendig ist ;)

    In Star Wars gibt es keine Shotguns. Das sind alles natürlich Blaster. Und ein ausgebildeter Klon kann die natürlich auch einhändig abfeuern 😉

    Hm. Blaster-Shotguns halt xD

    Ne, weiss ja nicht, wie genau sich Battlefront damals an die Lore gehalten hat^^


    Vor allem, dann hab ich mich sowieso getäuscht. Dachte, normale Blaster sind irgendwie länger^^



    Und für den guten Kenobi and Any hab ich dir natürlich soeben deine 2 SVs eingetragen!

    Danke, das freut mich zu hören!


    Das mit der Distanz ist wirklich ein Ding; auf den Fotos sieht immer nur halb so gut aus, wie aufm Tisch :)


    Hier die nächste Mini:

    Noch-Kein-Name, ehemals Silver Skulls, 3. Kompanie. Hadert etwas, mit den Idealen seiner neuen Brüder, weswegen er vorerst verzichtet, das Ordenssymbol der Black Prophets zu tragen.


    Iron Skull Traitor 40k-fanworld.de/gallery/index.php?image/41243/40k-fanworld.de/gallery/index.php?image/41244/


    Ich hatte gar keinen Bock die Mini anzumalen, irgendwie. Das Ergebnis wurde dann auch sehr lustlos und wirklich zufrieden bin ich net... Aber es ist ja "nur" ein Standard.

    Dieses mal wie angekündigt mit chipping-medium gearbeitet... mit mässigem Ergebnis. Stellenweise (roter Schulterpanzer!) ists zwar super cool rausgekommen, aber an den meisten Stellen ging das medium gar nimmer ab (wohl zu dünn aufgetragen; es blieb durch die obere Farbschicht blockiert) oder es hat (für Infanterie) viel zu grosse Flächen "gechippt". Am Ende habe ich die meisten chippings trotz dem Medium wieder aufgemalt - unmotiviert, weswegen sie nun nur mässig aussehen. Ausserdem finde ich, ist die Haut (auch wenn sie sehr bleich sein sollte) etwas zu Weiss geworden.


    Bei den nächsten Modellen, versuche ich es nochmals mit dem Medium, trage es dann aber weniger und dicker auf.

    Sehen sehr gut aus Stahl-Opa. Freut mich immer wieder neue Miniaturen von dir zu sehen.

    Danke, das freut mich sehr, das zu hören :)

    Mutig von dem einen Klon, die Schrotflinte einhändig abzufeuern - oder ist das nur ein Blaster? Star Wars Battlefront 2 is schon ne weile her xD