Interview mit einem Kriegsherren - Erste Staffel

Moin zusammen und herzlich Willkommen,

es ist Donnerstag und ein neuer Interviewgast steht auf der Matte. Dass es sich dabei um Dage handelt, wurde bereits erraten, aber trotzdem will ich noch mal auf mein kleines Teaserrätsel eingehen: Der Abschnitt "auf die Wiedergeburt der vergangenen Tage wartend" bezog sich nicht nur allgemein auf das von ihm gespielte Volk der Eldar, sondern auch ganz speziell auf seine Armee. Er spielt nämlich Biel-Tan -- genaueres wird er Euch gleich selbst erzählen -- und "Biel-Tan" bedeutet übersetzt genau dies: Die Wiedergeburt der vergangengen Tage. Man kann den Satz darüber hinaus aber auch auf sein Hobbyleben beziehen, womit es ihm so geht, wie sicherlich vielen der eher älteren Semester hier im Forum. Ich selbst konnte zumindest sehr viele der Dinge, die er so beschreibt, sehr gut nachvollziehen. In vielen Punkten geht es mir ganz ähnlich. In diesem Zusammenhang bin ich auch schon auf Eure Kommentare und Anmerkungen gespannt. Nun kommt aber endlich Dage zu Wort, mir bleibt nur noch, ihm für's Mitmachen vielmals zu danken!

Wie und wann bist Du zu 40k gekommen? Wie sah Dein „Werdegang“ im Hobby aus?

Ehrlich gesagt, bin ich nicht mehr wirklich im Hobby drin. Zumindest wenn man darunter das Sammeln, Spielen und Bemalen/Basteln von und mit Miniaturen versteht. Das war aber nicht immer so. Ich komme aus einer Kleinstadt in Thüringen und wurde so ca. mit 15 von einem Kumpel auf das Hobby aufmerksam gemacht. Wir haben mit Epic angefangen und sind in der Endphase der 2. Edition zu 40k gewechselt. Mit Beginn der 3. Edition sind dann noch 1-2 weitere Freunde eingestiegen und wir hatten eine tolle Truppe beisammen mit zwei großen Spielplatten und einem genialen Hobbyraum! Nach Beginn meines Studiums konnte ich nur noch alle paar Wochen mit meiner Spielergruppe spielen, zudem mangelte es finanziellen Mitteln und das Malen und Basteln fiel auch langsam weg, da ich in meinem kleinen Wohnheimzimmer einfach nicht ausreichend Platz hatte. Allerdings waren ich trotzdem noch einige Jahre mehr oder weniger aktiv und zumindest Space Hulk spiele ich auch heute noch. Zwischenzeitlich hatte ich noch eine mehrjährige Vassal-Phase, wobei das in meinen Augen nur noch mit sehr viel Wohlwollen als das Hobby im engeren Sinne begriffen werden kann. Mittlerweile hätte ich zwar wieder Platz und ich kaufe mir auch noch regelmäßig Codizes, lese den ein oder anderen BL-Roman und verfolge (unter anderem hier im Forum) die aktuellen Entwicklungen im Hobby, da ich aber viel arbeite, fehlt es für größere Vorhaben an Zeit. Ach ja, die Computerspiele aus dem Fantasy- und 40k-Universum sind bei mir immer noch ein heißer Anwärter. Was würde ich nicht alles für eine Fortsetzung von Chaos-Gate tun ... Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin ein Hobbyist auf Abruf, habe nie die Liebe zum Hobby verloren, schaffe es allerdings nicht mehr, es so wirklich in mein Leben zu integrieren.

Was macht für Dich das Hobby aus? Was gefällt Dir daran am besten?

Mir gefiel der spielerische und soziale Aspekt immer am besten. Im Hobbyraum mit Pizza und lauter Mucke, an allen Ecken Regelbücher und Modelle, ausgebuffte Strategien, die sich schon beim Auswürfeln der Mission in Luft auflösen, Hände voller WÜRFEL (wer liebt sie nicht?), heroische Momente und Situationen voller Scham, wenn mal wieder der spielentscheidende Wurf auf die 2+ eine 1 ergab. Ja, das war für mich immer das Beste am Hobby.

Welches ist Dein bevorzugtes Volk bzw. Deine bevorzugte Legion oder Orden?

Ich habe nie was anderes als Biel-Tan gespielt. Da man mit dieser Armee so extrem unterschiedliche Listen basteln kann und sie durch die verschiedenen Editionen auch immer sehr großen Änderungen unterlag, wurde sie nie langweilig. Ich war sehr vertraut mit den Regeln der einzelnen Modelle und konnte, wenn wir uns am Wochenende trafen, einfach drauf los spielen.

Erzähl uns ein wenig über Deine Hauptarmee!

Wie eben erklärt, war und bin ich von Beginn an ein großer Fan von Biel-Tan. Das lag weniger am Farbschema, sondern eher am Fluff: Der Wille ein Imperium aus der Asche wiederauferstehen zu lassen; der grimmige Trotz den jungen Völkern nicht die Galaxis zu überlassen; diese Hybris eines sterbenden Volkes, das sich auf seine überlegenen Fähigkeiten und Technologie verlässt, um es allen noch ein letztes Mal zu zeigen. Und dann die Aspektkrieger, ich liebe einfach Aspektkrieger - vor allem Skorpionkrieger. Allerdings waren die Modelle der Skorpionkrieger in der 3. Edition ein Verbrechen, kein Vergleich mit den großartigen aktuellen oder den ursprünglichen klassischen Modellen. Sehr schade fand ich immer, dass man es nie richtig geschafft hat, den Avatar einzubinden. Der Weltenschiff-Codex der 3. Edition hat es probiert, aber gespielt hat den Zirkel aus Exarchen keiner - er sah schon auf dem Tisch optisch einfach nicht gut aus und dann ohne Transportoption? Einfach nur Mist. Überhaupt muss ich vielleicht noch etwas mehr auf den Avatar eingehen. Kennt ihr das Bild, in dem er breitbeinig über einem ausgebrannten Space Marine steht? Extrem geil, genau wie sein Fluff.

Leider wurde er im Rahmen der allgemeinen Abschwächung der mächtigen Charaktermodelle mit Einführung der 3. Edition in seiner Spielstärke deutlich reduziert. GW hat später dann zwar wieder den umgekehrten Weg eingeschlagen, den Avatar aber nicht mitgenommen, so dass wir Eldar-Spieler jahrelang mit einen ziemlich verkrüppelten 80-Punkte Modell leben mussten, das damals weder sprinten noch transportiert werden konnte. Im Preisleistungsverhältnis war es zwar nicht schlecht, aber es entsprach in keiner Weise mehr dem Fluff, was besonders für einen Biel-Tan Spieler sehr ärgerlich war.

Sammelst Du weitere Armeen?

Nein.

Zeige uns doch bitte ein Bild Deines Lieblingsmodells!

Mein Lieblingsmodell ist das Vyper-Jetbike. Als es erstmals erschien war es optisch konkurrenzlos: Elegant, tödlich, zeitlos. Es ist sicher kein Zufall, dass es nie eine Überarbeitung nötig hatte. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es mehrere Varianten gegeben hätte. Bei Epic konnte man beispielsweise die Kampfkuppel als Plattform für Charaktermodelle wie Runenpropheten verwenden. Was hätte das für geile Modelle gegeben?!

Wie würdest Du Deinen Spielstil beschreiben?

Ich habe meistens versucht, Nahkampflisten mit vielen Serpents zu spielen. Als es aber noch keinen eigenen Bausatz für das Modell gab (man konnte nur eigenhändig den Falcon umbauen), musste man sich allerdings anders helfen, um mit seinen W3 Modellen an den Gegner ranzukommen. Dafür waren Skorpionkrieger perfekt, auch wenn ich sie lieber im Serpent spielte. In der dritten Edition, in der man Transporter 12" bewegen, aussteigen und angreifen konnte, waren drei Serpents voller Skorpione unterstützt von Kampfläufern mit Sternenkanonen und ein- zwei Runenpropheten mit Gunst einfach nur imba!

Was war Dein größter Erfolg, dein schönstes Erlebnis im Hobby?

Na, das ist ja mal eine ganz schön kniffelige Frage. Mich verbinden viele schöne Momente mit dem Hobby, den einen ganz besonderen Moment gibt es so nicht. Erwähnenswert ist aber sicherlich der Moment als ich mir den Codex Eldar (2. Edition) im GW am Kurfürstendamm in Berlin gekauft habe. Das Format, das schwere Papier, die tollen Zeichnungen und Infos, inklusive der Kurzgeschichten. Ich war damals hin und weg. Oder der Moment als meine Spielgruppe (wenn ihr das hier lest: huhu!!) und ich zum ersten Mal auf einer fantastischen Platte gespielt haben. Und dann natürlich jedes Mal der kleine Schub Glück, wenn man eine Packung/Blister in der Hand hielt und die Verpackung entfernte...

Was war der größte Reinfall?

Ich glaube die größte Enttäuschung war die Bemalung meines Modells von Baharroth. Ein sehr schweres und sehr detailliertes Modell. Aber die saubere Bemalung war gar nicht so extrem das Problem, sondern die Farben. Ich habe den klassischen Anfängerfehler begangen: Abends im Schein einer ganz normalen Glühbirne euphorisiert die Pinsel geschwungen und mit dem Ergebnis rundum zufrieden ins Bett gestiegen, nur um am nächsten Morgen bei Tageslicht entsetzt das Ergebnis zu sehen. Es hat einfach gar nichts mehr gestimmt. Baharroth sah potthässlich aus. Habe dann, in dem verzweifelten Versuch das Modell halbwegs zu retten, ordentlich drüber gebürstet - was bei einem Phönixkönig der Eldar einfach mal richtig beschissen aussieht. Danach habe ich wochenlang keinen Pinsel mehr angerührt. Die zweite Enttäuschung betraf Epic: Armageddon. Ich bin nicht mit 40k ins Hobby eingestiegen, sondern mit Epic, nachdem ich zusammen mit einem Freund monatelang Bilder davon im White Dwarf angesehen hatte - in erster Linie weil wir Titanen so extrem cool fanden. Also Taschengeld zusammengekratzt und eine Art "Starterpaket" für Eldar-Infanterie gekauft. Die Enttäuschung war dann doch ziemlich groß, als ich sah, was ich für mein Geld bekam: Extrem kleine (okay, das wusste ich), extrem wenige (das war mir schon nicht mehr so klar) Balken, auf denen Miniaturen platziert wurden, die man nur mit viel Fantasie wirklich voneinander unterscheiden konnte. Das Ganze sah auf der Spielplatte reichlich bescheiden aus und wir sind dann ziemlich schnell zu 40k mit seinen sehr schönen Miniaturen gewechselt, obwohl uns der Skirmish-Charakter der 2. Edition gar nicht so zugesagt hat.

Welchen BL-Roman sollte man unbedingt mal gelesen haben?

Wie man im Forum ja schon mehrfach von mir lesen konnte, bin ich kein allzu großer Fan der 40k-Romane, was mich allerdings nicht davon abhält, sie trotzdem zu lesen. Es gibt einfach kaum etwas Besseres, um im Urlaub am Ostseestrand den Alltag zu vergessen – und als klassische Klolektüre sind sie auch zu gebrauchen! Wirklich gut ist allerdings die ursprüngliche Inquisitor-Reihe von Ian Watson, in der Jaq Draco für mich das 40k-Universum zum Leben erweckt. Es ist düsterer, abgedrehter und surrealer als der herkömmliche 40k-Roman, außerdem ist nicht mehr alles ganz fluffgetreu, da sich dieser die letzten 25 Jahre doch stark weiterentwickelt hat. In keinem anderen Roman wird man derart ins 40k- Universum hineingesaugt, ein einmaliges Erlebnis. Den sollte jeder mal gelesen haben!

Welche andere 40k-Publikation darf man nicht verpasst haben?

Sehr gut fand ich außerdem die Malus-Darkblade-Reihe. Schade, dass da nicht noch mehr Romane kamen, eventuell mit einem komplett anderen Haupt-Plot. Malus ist der klassische Antiheld und schafft es trotzdem, dass man extrem mit ihm mitfiebert; was z.B. in der neuen Archon-Trilogie überhaupt nicht der Fall ist.

Verfolgst Du regelmäßig Hobby-Blogs? Welchen kannst Du besonders empfehlen?

Nein.

Womit beschäftigst Du Dich aktuell im Hobby? Wie sehen Deine Pläne für zukünftige Projekte aus?

So richtig ist aktuell nichts geplant. Allerdings überlege ich ernsthaft, ob ich mir nicht doch die neue Deathwatch/Harlekin-Box zulegen sollte. Obwohl man weiß, dass die Zeiten von damals nicht wiederkommen werden, ganz los kommt man vom Hobby doch nie ...

Wenn Du drei Wünsche im Hinblick auf das Hobby frei hättest, welche wären das?

Ich würde mir wünschen, dass GW keinen Unsinn fabriziert, was die Endtime angeht. Wie einige vielleicht aus dem entsprechenden Thread hier im Forum wissen, bin ich kein großer Fan der Weiterführung der Timeline. Ich würde mir viel mehr wünschen, dass man die verschiedenen sehr spannenden, aber kaum weiter beleuchteten Kapitel zwischen dem Ende der Horus Heresy und dem 41. Jahrtausend näher beleuchtet. Außerdem würde ich mich über eine bessere Vereinbarkeit von Hobby, Beruf und Familie freuen, allerdings liegt das wohl vor allem an einem selbst. Ein größeres und bezahlbares Angebot an vorgefertigten Platten/Modulen, Gebäuden und auf Wunsch bereits colorierten Figuren, wäre da aber ein hilfreicher Schritt. Diese könnte man dann durch selbst bemalte und gebastelte besondere Stücke ergänzen und seine Sammlung auf diese Weise individualisieren. Hobbyisten, die (wie ich) vor allem am Spielen interessiert sind bzw. waren, könnten das Hobby so viel leichter in ihren Alltag integrieren. Als Drittes würde ich mir wünschen, dass das Hobby als Ganzes noch lange weiterbestehen wird, vor allem in Hinblick auf den Brexit hoffe ich, dass keine allzu negativen Auswirkungen auf die Fangemeinde zukommen.

Gibt es noch etwas, was Du immer schon mal loswerden wolltest oder hast Du einen speziellen Tipp für unsere Forumsmitglieder?

Nehmt nicht alles immer so ernst und zerstört die eigentlich sehr gute Atmosphäre hier im Forum nicht durch Streitigkeiten, die, wenn man ehrlich sind, fast immer vollkommen unnötig sind. Ich bin ja der Letzte, der einer harten Diskussion aus dem Weg geht, aber kriegt Euch nicht in die Haare und werdet persönlich. Ähnliches gilt für das Verhalten an der Spielplatte. Wir sollten uns bei allem Ehrgeiz immer darin erinnern, dass es letztlich darum geht, eine schöne Zeit miteinander zu verbringen (was leider beinhaltet, dass die am aufwändigsten bemalten Miniaturen und die zuletzt fertig gestellten Miniaturen regelmäßig als erste den Tisch verlassen müssen - das sollte man mal empirisch untersuchen!). Ansonsten: Immer weiter so und möge die 40k-Fanworld noch lange durch die Tiefen des Netzes der Tausen... ähm... des Internets vagabundieren!